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gar nicht oder nicht ausgiebig benutzten Stadt- und Schöffenbücher, die Zins- und Geschossregister, die Rathscorrespondenzen. Den Herausgebern muss es überlassen bleiben, das Maass dessen, was aus diesen Quellen zur Aufnahme in das Urkundenbuch geeignet ist, festzustellen. Denn so Manches, was für die Lokalgeschichte von Wichtigkeit ist, kann für das Urkundenbuch nicht verwerthet werden, z. B. Notizen über einzelne Gebäude, Geschlechter, Personen, Strassennamen, Polizeistrafen, Statistisches aller Art.

Die Reihe der städtischen Urkundenbücher eröffnet der Zeitfolge der Bände nach das der Stadt Leipzig in zwei Bänden. Da bei der Zusammenstellung die Chartularien der vier städtischen Klöster und der dem Thomaskloster unmittelbar unterstehenden Kirchen und Capellen (zu S. Thomä, Nicolai, Petri, Katharinen und Marien) ein sehr reiches Material ergaben, schien es angemessen, dieselben zugleich mit dem Urkundenbuche der Universität in einem zweiten Bande vereinigt zu geben, dem ersten Bande dagegen ausschliesslich die Urkunden zur Geschichte der Stadt, des Stadtregiments, des Handels und der Innungen zuzuweisen und hier die der vorstädtischen Kirchen zu St. Georgen, Johannis und Jacobi einzureihen. Das städtische Archiv zu Leipzig bot für diesen ersten Band leider nicht die gehoffte reiche Ausbeute. In Folge einer wie es scheint im Ausgange des siebenzehnten oder zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts vorgenommenen Scheidung der Archivalien haben nur die die Erwerbung und den Besitz der städtischen Güter sowie die wichtige Privilegien und Freiheiten der Stadt betreffenden Documente sorgfältige Aufbewahrung unter mehrfachem Verschluss gefunden, während Zins- und Rechnungsbücher, Raths- und Stadtbücher, Correspondenzen u. A. ausgeschieden, später in einzelnen Bodenkammern niedergelegt und dort ohne genügende Aufsicht einem ungewissen Schicksale anheimgegeben wurden. Und dieses blieb nicht aus; im Laufe der Zeiten wurde Vieles durch Liebhaber von Alterthümern entfremdet, Vieles auch bei neuem Nachschub und eintretendem Raummangel vernichtet, wie denn noch im letzten Jahrzehnt bei einem innern Umbaue des Rathhauses eine grosse Partie alter Literalien und Akten auf Anordnung eines völlig unbefähigten Beurtheilers als werthlos zur Einstampfung verurtheilt worden ist. Eines Liber Civium, eines Buches, in welches die vor den Schöffen vorgenommenen Besitzübertragungen verzeichnet wurden, wird bereits in einer Urkunde von 1292 gedacht, aber dieses Buch ist sammt allen Fortsetzungen spurlos verschwunden und die Schöffenbücher, welche jetzt im Archiv des K. Bezirksgerichts aufbewahrt werden, beginnen erst mit dem J. 1422. Ueber die Schicksale eines 1359 angelegten Stadtbuches, welches durch ein glückliches Ungefähr wenigstens der Stadt erhalten worden ist, hat Gersdorf in den Mittheilungen der deutschen Gesellschaft I. S. 109 berichtet. Aus einem anderen Stadtbuche, welches mit dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts begonnen haben mag und auch Vogel an einigen Stellen seiner ungedruckt gebliebenen Leipziger Chronik (MS. der Stadtbibliothek zu Leipzig) erwähnt, hat der im J. 1816 verstorbene Gerichtsschreiber Karl Gottfried Barthel einzelne Einträge in sein eine Reihe von Foliobänden. füllendes, werthvolles Diplomatarium Lipsiense (MS. im Leipziger Rathsarchiv) aufgenommen und dieselben so der Vergessenheit entrissen; denn von dem Stadtbuche selbst wurde nur noch ein losgerissenes Blatt mitten unter werthlosen, z. Th. der neuern Zeit angehörigen Papieren aufgefunden. Ein drittes auch von Vogel erwähntes Stadtbuch aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts mag gleichfalls abhanden gekommen oder vernichtet worden sein; ein aus demselben herstammendes Fragment enthält die Verhandlungen über Aufnahme des Juden Abraham (No. 188 u. 189). Die im Rathsarchiv noch aufbewahrten Kämmereirechnungen beginnen erst mit der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Nachforschungen nach älteren Jahrgängen ergaben das Resultat, dass nur einige der auf Wachstafeln geschriebenen Rechnungen, offenbar als historische Curiosa, dem gemeinen Loose entgangen und aus den Händen sammelnder Liebhaber in die Zerstreuung gelangt sind, theils nach Schulpforta (Corssen in den N. Mittheill. d. Thür.- Sächs. Vereins X. I. S. 145), theils nach Dresden (Falkenstein Beschreib. d. K. öffentl. Bibl. z. Dresden S. 378), theils endlich in die Stadtbibliothek und in die Sammlungen der Deutschen Gesellschaft zu Leipzig, möglicherweise auch noch an andere Orte. - Auch das

Nachforschen nach ältern Geschoss- und Zinsregistern blieb ohne Erfolg; von der Rathscorrespondenz hat sich weniges, darunter aber durch das persönliche Interesse eines frühern Archivars eine wichtige Sammlung von Briefen aus den Jahren 1425 u. 1426 erhalten, welche ich von No. 140 an vollständig mitgetheilt habe. Briefbücher treten erst mit dem Ausgange des 16. Jahrhunderts auf.

So sind in Folge jahrhundertelang fortgesetzter Verwahrlosung des städtischen Archivs der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte Leipzigs Quellen von unschätzbarem Werthe entzogen worden. Wenn ich, trotz allen jenen Verwüstungen im Stande gewesen bin, vieles Neue und namentlich für die Geschichte des fünfzehnten Jahrhunderts Werthvolles mitzutheilen, so lässt dies einen Schluss auf die Reichhaltigkeit dessen thun, was im Laufe der Zeit dem Unverstand und der Sorglosigkeit zum Opfer gefallen ist.

Mit rühmenswerther Bereitwilligkeit wurde mir von dem verehrten Stadtrathe, welcher dem Entstehen und Wachsen dieses Buches ein lebhaftes Interesse zu Theil werden liess, die Durchsuchung der Bodenräume und entlegensten Winkel des Rathhauses gestattet und auch von Seiten der sämmtlichen Herren Rathsbeamten war man bemüht, meinen Wünschen und Gesuchen, welche sich während einer längern Reihe von Monaten vielfach wiederholen mussten, stets auf das zuvorkommendste und bereitwilligste zu entsprechen, wofür auch an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen mir angenehme Pflicht ist. Durch Ausbeutung der auf diesen Wanderungen durch die obern Räume des Rathhauses gewonnenen Materialien (ausser den oben bezeichneten Correspondenzen bestehen diese namentlich in zwei um die Mitte des 15. Jahrhunderts angelegten Rathsbüchern) wurde es möglich einen umfassenden Einblick in die Entwickelung der Stadt und ihre Beziehungen zu den Landesfürsten während des fünfzehnten Jahrhunderts zu gewähren und so die im Eingange bezüglich der Anlegung unserer sächsischen Städtediplomatarien aufgestellten Grundsätze in einer praktischen Verwerthung der Beurtheilung der Sachkenner vorzulegen. Bleibt in seiner jetzigen Gestalt das Leipziger Urkundenbuch ein in seinen Theilen ungleicher Torso, so ist doch die Hoffnung nicht ausgeschlossen, dass veranlasst durch die Veröffentlichung des gegenwärtigen Bandes einzelne noch in Privathänden befindliche Documente und Schriftstücke aus dem Dunkel hervortreten und Veranlassung und Gelegenheit zu recht zahlreichen Verbesserungen und Ergänzungen der ersten Publikation bieten werden.

Kein billig Denkender wird an den Herausgeber eines Urkundenbuches die Forderung stellen, dass er die Hauptresultate, welche aus den von ihm erschlossenen Quellen sich ergeben, in eingehender Darstellung vorführe. Ich bitte deshalb festzuhalten, dass die nachfolgenden Erörterungen blos bezwecken, auf einige Momente aus der frühesten Geschichte der Stadt, für welche Urkunden entweder gänzlich fehlen oder doch nur in ungenügender Zahl vorliegen, aufmerksam zu machen, nicht aber die älteste Entwickelungsgeschichte im Zusammenhange darstellen sollen.

Nach einer alten Lokalsage (Peifer Memorabb. Lips. III. §. 2) gründete Bonifacius zwischen Elster und Pleisse die S. Jacobskirche, und bis in die neuere Zeit herein bezeichnete die lebendige Tradition einige sehr alte Bäume in der Nähe der Stadt als diejenigen, unter welchen der Apostel der Thüringer den heidnischen Sorben das Evangelium verkündigt habe. Allein diese Erzählungen sind nicht als dunkle Nachklänge geschichtlicher Ereignisse anzusehen; die Wirksamkeit des Bonifacius reichte etwa bis an die Unstrut (Rettberg Kirchengesch. Deutschl. II. 366), und auch die, welche nach seinem Tode das Bekehrungswerk fortsetzten und die Einrichtung kirchlicher Formen in Thüringen veranstalteten, werden nur ganz vereinzelt die Wohnsitze der übersalischen Slaven betreten haben. Unter diesen nahm erst nach Errichtung der Bisthümer Merseburg, Naumburg und Meissen eine systematisch betriebene Bekehrung ihren Anfang, wenn auch seit den Erfolgen des Königs Heinrich gegen die Dalaminzer durch die herbeiziehenden sächsischen und thüringischen Colonisten das Christenthum zwischen Saale und Mulde bereits eine Stätte gefunden hatte. (Vgl. auch Fraustadt, d. Einführ. d. Reform. im Hochst. Merseb. S. 1 fg.)

COD. DIPL. SAX. 11. 8.

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ין

5. Jacobi Whottorum" "zu Erfiěž, p. 438.

13.

1.145.

Es würde an sich nicht unzulässig erscheinen, in diese Zeit auch die Gründung der Jacobskirche durch schottische Mönche an der aus Thüringen nach dem Osten führenden Strasse zu setzen, wenn nicht das Schottenkloster zu Erfurt, welchem die Jacobsparochie zustand, erst im Jahre 1036 gestiftet worden wäre 1); auch die Annahme, die frühere Gründung sei erst später dem Schottenkloster zu Erfurt unterworfen worden, dürfte kaum Beifall verdienen. Im Uebrigen ist bei der Untersuchung über die ersten Anfänge der Stadt die Beantwortung der Frage nach der Entstehungszeit der Jacobsparochie von nicht allzu grosser Bedeutung; denn nicht diese war, wie zuweilen angenommen wird, der Kern, aus welcher die Stadt erwuchs, sie bestand vielmehr neben der letztern von Anfang her und bis zum J. 1484 (vgl. No. 527, 528 u. 530) als besondere Nachbargemeinde, deren Beziehungen zur Stadt durch Verträge geregelt wurden.

Von Einzelnen ist der älteste Anbau am nordwestlichen Ende der heutigen Stadt in der sogen. Altenburg gesucht worden; an der Stelle, wo noch vor Kurzem die Pleisse bis zu dem Punkte, wo die Parde einfiel, einen Bogen oder Winkel bildete, soll König Heinrich eine ,, Burgwarte" erbaut haben, deren Vertheidigung den, wie angegeben wird, schon zu den Zeiten der Karolinger bestellten fabelhaften Grafen von Pleissen obgelegen habe. Die Hauptautorität für diese Annahme ist David Peifer in seinen Memorabb. Lips. p. 73 u. 74. Obwohl die von ihm beigebrachten Gründe äusserst schwach sind, haben doch alle Spätern, auch noch Gretschel, die Burg am Zusammenflusse der Pleisse und Parde ohne weitere Prüfung als historische Thatsache hingenommen. Allein diese Annahme ist unerwiesen und unerweisbar; mag die Altenburg älter als die Stadt sein oder mit dieser gleiches Alter haben, auch sie ist während des Mittelalters nicht zur Stadt im engern Sinne gerechnet worden; ihren Bewohnern kam höchstens die Eigenschaft von Pfahlbürgern zu, übrigens bildeten sie eine besondere Gemeinde (Nachbarschaft) unter einem eigenen Richter. (Vgl. die Bem. zu No. 196.)

Ein befestigter Ort (urbs 2) Libzi wird zum ersten Male von Bischof Thietmar von Merseburg in seiner Chronik zum Jahre 1015 (VII. 18) erwähnt; hier starb am 20. Dec. d. J. Bischof Eid von Meissen. Die Kirche zu Libzi verlieh Kaiser Heinrich II. bei seiner Anwesenheit in Alstädt am 3. Nov. 1017 zugleich mit den Kirchen in Olscuizi und Gusua dem Bischof und Stift zu Merseburg. 3) Da nun, wie bemerkt, die Parochie S. Jacobi während des Mittelalters nicht zu Leipzig gehört hat, unter diesem Namen auch nicht mit inbegriffen worden ist, die zweite angeblich älteste Gründung aber, die Altenburg, nie eine eigene Pfarrkirche gehabt hat, so unterliegt es keinem Zweifel, dass die dem Stift Merseburg übergebene ecclesia in Libzi die dem heiligen Nicolaus geweihete Kirche war, in deren nächster Umgebung die ältesten Bestandtheile der Stadt zu suchen sind, der durch die klösterlichen Bauten der Dominikaner später umgestaltete Altmarkt), dann alte Neumarkt (jetzt Universitätsstrasse), die Nicolai- und Ritterstrasse.

-

1) Chron. Sampetrinum. Mencke SS. III. 202: Aedificatum est monasterium Scotorum in Erfordia per dominum Baltherum de Glisberg; ibidem sepelitur. Nicol. de Siegen chron. ecclesiast. ed. Wegele p. 220: monasterium Scotorum construitur Erfordiae atque fundatur a. d. 1036 per generosum dompnum Waltherum de Glisberg, qui et tandem ibidem sepultus fuit.

2) Ueber die Bedeutung von urbs vgl. Waitz Jahrbb. d. deutsch. Reichs unter K. Heinrich I. Exc. X, namentlich S. 231 fg. Zu dem, was dort über urbs und burc bemerkt wird, vgl. auch meine Abhandlung Zur Gesch. d. Verfassung d. Markgrafschaft Meissen S. 104 u. 105.

8) Thietmar VII, 48. Eine Verleihungsurkunde ist nur bezüglich der Kirche zu Gusua bekannt; die Abdrücke, (welche irrthümlich Gusne haben), sind bei Schultes direct. dipl. I, S. 141 verzeichnet. Gusua ist Geusa, die Urk. bezeichnet es ausdrücklich als im Hassagau gelegen, Olscuizi aber nicht wie noch die Ausgabe in den Monumenten annimmt Oelzschau, sondern das untergegangene Dorf Olschwitz, auf mässiger Erhöhung zwischen Probsthaida und Connewitz gelegen; in der Nähe des sogen. Marienborns wird die Kirche des Orts, eine vielbesuchte Wallfahrtskirche, gestanden haben.

*) Dieser Name soll hier nicht einen Platz bezeichnen, auf welchem Gegenstände zum Verkauf feil gehalten werden. Der Sachsenspiegel gebraucht die Bezeichnung market für einen mit Marktrecht versehenen Ort (vgl. Homeyer Sachsensp. I. Th. S. 458), und nichtjuristischen Schriftstellern des 12. und 13. Jahrhunderts scheint market und stat für ziemlich gleichbedeutend gegolten zu haben. Im Gegensatz zu dem Altmarkt, der alten Stadtanlage, steht der Neumarkt, der später entstandene und in die Stadt gezogene Anbau. In diesem Sinne heisst

XIX

9.974!

Man darf aus dem Umstande, dass der Kaiser dem Hochstift Merseburg die Kirche zu Leipzig überliess, mit Recht schliessen, dass der Ort selbst, auch nachdem der denselben auf allen Seiten umgebende Forst 5) an Merseburg übergegangen war, noch unvergeben bei dem Reichsgut verblieben war und auch jetzt zunächst noch dabei verblieb. Wie und zu welcher Zeit er von diesem abkam und gleichfalls an Merseburg gelangte, ist eine schon vielfach erör- . terte aber bis heute noch nicht genügend beantwortete Frage.

Das Hochstift stützte, wie sich aus der Urkunde des Königs Rudolf von 1284 (No. 11) ergibt, seine Ansprüche auf eine im Merseburger Stiftsarchiv aufbewahrte angebliche Schenkungsurkunde Kaiser Heinrichs II. vom 5. Oct. 1021 (No. 1.), über deren Unächtheit kein Zweifel herrschen kann. Wurde auch dieses Document, welches die königliche Kanzlei 1284 für ächt hielt, frühestens in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts angefertigt, so ist doch nicht denkbar, dass der Schreiber ein geschichtlich nie bestandenes Verhältniss willkürlich erfunden haben sollte, die Fälschung geschah vielmehr wie in vielen anderen Fällen, um ein gefährdetes Recht, zu dessen Begründung die erforderlichen Documente fehlten, zu schützen. Welchen Erfolg hätte sich auch die Merseburger Kirche versprechen können, wenn sie, ohne die im Falsifikate zugesicherten Rechte thatsächlich lange Zeit und über Menschengedenken ausgeübt zu haben, plötzlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts dem Markgrafen mit der kaiserlichen Schenkungsurkunde gegenüber getreten wäre?

Die sächsischen Geschichtschreiber und Leipziger Specialforscher nehmen an, dass wenn nicht schon Markgraf Konrad, doch sicherlich Markgraf Otto († 1190) Leipzig von Merseburg zu Lehn getragen habe, da durch ihn die Bewidmung der Stadt mit Halleschem und Magdeburger Recht erfolgt sei. Dieser Schluss ist nicht richtig. Das Osterland, in welchem Leipzig liegt, wurde bis zur Ländertheilung Markgraf Heinrichs staatsrechtlich zur Markgrafschaft Meissen gerechnet), in welcher der Markgraf die landesfürstlichen Rechte, also ausser dem Heerbann vornämlich die Gerichtsbarkeit, Münzen, Zölle, Berghoheit ausschliesslich besass, insoweit nicht kraft besonderer königlicher Verleihung auch Stifter und Klöster eines oder das andere der nutzbaren Rechte erworben hatten. Nur wer innerhalb eines Territoriums die höchste richterliche Gewalt hatte, also in der Markgrafschaft der Markgraf, konnte die Genehmigung zur Erhebung neuer Städte und Märkte ertheilen '), und nur auf Grund dieses landesfürstlichen (richterlichen) Rechtes verlieh Markgraf Otto Leipzig Stadtrecht. In vielen einzelnen Fällen war der Territorialherr, welcher einen Ort mit Stadtrecht bewidmete, zugleich der Grundherr desselben; dieses Zusammentreffen fand bezüglich Leipzigs nicht statt, und es bedarf wohl kaum der Bemerkung, dass bei den Worten des Ottonischen Privilegiums: Lipz aedificandam distri- . 2. buit sub Hallensi et Magdeburgensi iure nicht an eine wirkliche Vertheilung, sondern an ein Aussetzen zu den genannten Rechten zu denken sei.

Die einzelnen Bestimmungen der Urkunde des Markgrafen Otto (No. 2) betreffen zunächst theils die Stellung der Stadt zu dem Markgrafen, theils das in ihr zur Anwendung gelangende Recht. Zu der ersten Classe gehören die Festsetzung der Abgabepflicht und die Nachlassung eines ausgedehnten Nutzungsrechtes an dem markgräflichen Walde Luch), zu der

auch z. B. in Merseburg der auf dem rechten Saalufer liegende Theil der Stadt Neumarkt. Kaiser Heinrich II. gestattete 1195 dem B. Eberhard von Merseburg ut ultra pontem iuxta ecclesiam beati Thomae martyris intra duos pontes de novo forum instituat. Schultes direct. dipl. II. 370.

5) Urk. v. 30. Aug. 974. Höfer Zeitschr. I. 153. Vgl. Thietmar VIII. 10.

6) Vgl. v. Posern-Klett Z. Gesch. d. Verfass. d. Markgrafsch. Meissen S. 7 u. 9.

7) Sächs. Landr. II. 26. §. 4. Nieman ne mut market noch monte erheven ane des richteres willen binnen des gerichte it leget. (Ueber die Bedeutung von Richter in diesem Zusammenhange s. Homeyer S. 471). Rechtsbuch nach Distinctionen VI Cap. 20 D. 2: Man en sal ouch keyne burg noch stad buwen noch festen mit blancken noch mit muren noch mit monczen bestellen noch berg noch werde buwen in dorfern ane des lantrichters orlob.

8) Ipsius vero silvam quam Luch dicimus ad usum civium tam in gramine quam lignis et piscibus collocavit. Es wird von dem Markgrafen den Bürgern nur ein Nutzungsrecht, das Recht Brenn- und Bauholz, Gras b*

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zweiten die Bestimmung der Weichbildgränzen, das Verbot der Anlegung eines Marktes inner-
halb der Bannmeile), die Bestätigung der in Magdeburg herkömmlichen Mühlenabgabe 10), der
Satz, dass der Bürger, welcher Lehn oder Erbe kauft, dieselben nach Weichbildrecht (secundum
fori conventionem) besitzen soll, endlich ein sehr summarisches von dem Magdeburger abwei-
chendes Verfahren gegen säumige Schuldner 11), welches durch Markgraf Friedrich von Landsberg
1287 ausdrücklich bestätigt wurde (No. 14). - In der die Ausübung der Gerichtsbarkeit betref-
fenden Bestimmung bestätigte der Markgraf nur Hergebrachtes, neue Anordnungen wollte und
konnte er in dieser Beziehung nicht geben. Leipzig musste, bevor es Stadtrecht erhielt, doch
wenigstens die Verfassung einer villa gehabt haben, und aus dieser sind der Decan (Schultheis)
und.der von dem Immunitätsherrn, dem Bischof von Merseburg bestellte Erbvogt (iudex, advo-
catus civitatis) herübergenommen worden. Die Urkunde bestimmt: Et quam diu suo decano 12)
inobedientes non invenirentur, ne aliud sequerentur iudicium imperavit. Suo etiam iudici sub-
ditos esse eos edocuit, et sibi in bonis suis iniuriare volentibus ut se communiter opponerent
suo solamine compulit. Hiernach könnte es scheinen, als habe dem Schultheisen die Gerichts-
barkeit in ihrem vollen Umfange zugestanden und die Bürger seien nur für den Fall des
Ungehorsams an das Gericht des Vogtes, (welcher ja ausdrücklich als ihr Richter bezeichnet
wird) gewiesen gewesen. An eine solche Deutung aber ist wohl kaum zu denken; wahrscheinlich
waren dem Vogte, wie in Magdeburg dem Burggrafen, gewisse Fälle vorbehalten 13) und die
Bestimmung der Urkunde bezieht sich nur auf den Ungehorsam der Bürger innerhalb der dem
Decan (Schultheis) zugewiesenen Rechtssphäre. Die Vogtei befand sich in dem Besitz eines
edlen auch in Leipzig angesessenen Geschlechts, welches sich nach seinem an der Halle-Leip-
ziger Strasse gelegenen Stammsitze de Scudiz (Schkeuditz) nannte. 14) Nachdem die Stadt als
bischöfliches Lehn an die Markgrafen von Meissen gelangt war, trat in diesen Verhältnissen

und Streu aus dem Walde zu holen, in dem durchfliessenden Strome zu fischen eingeräumt, ohne dass der Mark-
graf sich seines Besitzrechtes begeben hätte. Auch ich bin der Meinung, dass der Wald Luch die Burgaue sei, serave
wie Gretschel Beitr. z. Gesch. Leipz. S. 91 annimmt, wenn ich auch nicht abzusehen vermag, woher derselbe weiss,
dass Lych soviel als Ebene bedeute. Ich denke an mhd, lô, lôch (lucus, Wald), welches nicht nur niedriges Holz,
Busch (Mhd. Wörterb. I. 1041), sondern auch einen wirklichen Wald bezeichnet. (Vgl. Dieffenbach Nov. glossar.
240: Lucus dicker walt, wold, lôch, poschs.) Auch hat die Stadt in der Folge diesen Wald nicht wieder verloren
(wie Gretschel a. a. O. will), weil sie ihn nie besessen, sondern erst im J. 1367 von dem Ritter Hans Porzk, der
ihn vom Markgrafen zu Lehn trug, durch Kauf erworben (No. 69).

9) Infra spatium vero miliaris unius a civitate ut nullus haberetur fori tractatus civitati nocivus con-
stituit. Vgl. Sächs. Landr. III. 66 § 1 Man ne mut nenen market buwen deme anderen ene mile na.

10) Ad ius vero molendini octodecimam mensuram constituit. Vgl. Rechtsweisung der Magdeburger Schöffen an Herzog Heinrich von Schlesien (Tzschoppe und Stenzel Urkb. S. 272.): Ius molendini apud nos tale est et ab antiquo servatum, ut quilibet adveniens et molere volens decimam octavam partem annonae quam attulerit molendinario praesentabit.

11) Si vero quidquam bonorum suorum cuiquam concederent, quem ad solvendum non benivolum invenirent, assumpto marchionis nuntio eum vadiabunt et ad solvendi inducias nihil ultra XIIII noctes administrabunt. Vgl. hiermit die Magdeburger Rechtsweisung nach Breslau 1261 § 25, nach Görlitz 1301 § 64 u. Sächs. Weichb. Art. 74 § 2, 3 (ed. Daniels.)

12) Die gewöhnliche Ansicht, beide seien landesherrliche Beamte gewesen, erklärt sich daraus, dass man in der angef. Stelle irrthümlicher Weise suus auf den Markgrafen bezog, anstatt auf die Bürger. Decanus war in der frühesten germanischen Zeit wie unter den fränkischen Königen der Schultheis in einer Dorfgemeinde oder auch ein herrschaftlicher Beamter auf den grössern Besitzungen des Königs, einer Kirche oder eines Privaten. Vgl. Waitz Verfassungsgesch. II. s. 317 und III. S. 340 (der an der letztern Stelle A. 3. gegebenen Deutung ist jedoch in ihrer Allgemeinheit nicht beizustimmen). Merkwürdig ist das Vorkommen dieser Bezeichnung für den Richter, welche sich in Dorfweisthümern aus rein deutschen Gegenden findet (vgl. Maurer Dorfverf. II. S. 28-30), im Osterlande und auf ehemals slavischem Boden; es gewinnt dadurch die Annahme, dass Leipzig in ziemlich früher Zeit als eine auf deutsche Weise organisirte Colonie unter den Sorben gegründet wurde, an Glaubwürdigkeit.

13) Vgl. Rechtsweisung nach Breslau 1261 § 8, nach Görlitz 1304 § 4. Sächs. Weichb. Art. 42 § 3 (Daniels). 14) Unter den nobiles führt den Godescalcus de Zcuthitz auf eine Urk. Markgraf Conrads v. 30. Nov. 1156, zuletzt gedruckt bei Köhler das Kloster des h. Petr. auf d. Lauterberge S. 47, unter den laici liberi 1168

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