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De pretz aver e de valor veraia,

E vol hom mays cavalgar e garnir

E far que pros e donar e servir.1

Aber alsbald setzt man dem äußeren Anstand den inneren zur Seite, und Nat de Mons behauptet:

Sapchon li fin ayman
Que par amor si fan
L'ergolhos humilieu
E l'avol esforsieu
E lh peresos espert
E lh pec saben e cert
E lh nesci he noirit
E lh marrit yssernit
Li trist joios e gay
Elh 'ufanier veray
L'envios plazentier
E li mal mercenier
Li pelegieu suffren

Li fellon benvolen usw. usw.

Und Miravals faßt alles zusammen in dem Wort:

Et tot quant hom fay per amor es gen.

Ganz besonders typisch für die Art, wie gesellschaftlicher Anstand und sittliche Tüchtigkeit in der ritterlichen Minnelehre miteinander verquickt wurden, ist noch das Lehrgedicht des Arnaut Guilhem de Marsan."

So geschah es, daß unversehens die Moral auf eine ästhetische, man könnte sagen: eine sozial-ästhetische Grundlage gestellt wurde. Es sind keine hohlen Dichterphrasen, es ist derjenige Satz, der zur Verteidigung gegen die Feinde des Minnesangs dienen und die Daseinsberechti

Le Breviari d'Amor de Matfré Ermengaud publ. par la soc. Archéol. scientif. et littér. de Béziers, éd. G. Azaïs, Tom. II, S. 433f.

ibid. ibid. S. 434.

Bartsch, provenzalisches Lesebuch, Elberfeld 1855, S. 132-139.

gung dieses ganzen konventionellen Spieles erweisen mußte. Man scheute sich auch nicht, solche Lehren in lateinischer Prosa zu formulieren. In dem merkwürdigen Buche des Andreas Capellanus steht zu lesen: Effectus autem amoris hic est, quia verus amator nulla posset avaritia offuscari, amor horridum et incultum omni facit formositate pollere, infimos natu etiam morum novit nobilitate ditare, superbos quoque solet humilitate beare, obsequia cunctis amorosus multa consvevit decenter parare. O, quam mira res est amor, qui tantis facit hominem fulgere virtutibus tantisque docet quemlibet bonis moribus abundare! Est et aliud quiddam in amore non brevi serinone laudandum, quia amor reddit hominem castitatis quasi virtute decoratum, quia vix posset de alterius etiam formosae cogitare amplexu, qui unius radio fulget amoris. Est enim suae menti, dum de amore suo plenarie cogitat, mulieris cuiuslibet horridus et incultus aspectus.“ 61

So haben denn diese verliebten Ritter neben die christlich-theokratische Moral der Kirche ihre eigene, unchristlich-gynäkratische gesetzt, neben den biblischen, in der Liebe zu Gott und dem Nächsten wurzelnden Baum der Erkenntnis von Gut und Böse haben sie nun einen zweiten gepflanzt: Den arbre de saber ben e mal quez es plantat en l'arbre d'amor sus le celcle d'amor de mascle e de feme. Auf der Zeichnung in dem Werke Matfrés ist es deutlich zu sehen, was dieser, in der Geschlechtsliebe wurzelnde, moralische Baum außer Söhnen und Töchtern noch sonst für gute Früchte trägt: Largueza, Cortezia, Domnei, Passientia, Sen e Saber und so fort."

Gerade so wie die Gottesliebe und der Gottesdienst unter der Form eines Vasallitätsverhältnisses gedacht wurden, so geschah es nun auch mit Frauenminne und

Andreae Capellani regii Francorum de Amore libri tres, ed. Trojel, Hauniae 1892, S. 9f.

• Jetzt reproduziert bei Suchier-Birch-Hirschfeld, Geschichte der franz. Literatur, S. 91.

Frauendienst. Der Ritter bekannte sich als den Vasallen und Servidor seiner Domna.1

Diese ganze Gefühls- und Gedankenwelt wurde von Deutschen und von Italienern übernommen und von beiden in verschiedener Weise weitergebildet. In Deutschland, wo ohne Schmeichelei! bei den Frauen die Schönheit gerade so selten zu sein pflegt wie bei den Männern der Sinn dafür, in Deutschland trat das sinnliche und ästhetische Element nehr und mehr zurück. Die in der Provence begonnene Emanzipation der Sinne verlief in unserem heimatlichen Sande. Das nach innen gekehrte Auge des Germanen vergeistigte aber alsbald die Liebe zur Frau, und die Anmut der Seele ward hoch über die des Leibes gesetzt. Am schönsten und offensten vollzieht sich diese Wendung in den Gedichten unseres Walther:

Sie verwizent mir daz ich

so nider wende minen sanc
Daz sie niht versinnent sich

waz liebe sf, des haben undank!

Sie getraf diu liebe nie.

die nach dem guote und nach der schoene minnent,
we wie minnent die?

Bi der schoene ist dicke haz:
zer schoene niemen sf ze gâch.
Liebe tuot dem herzen baz:

der liebe gêt diu schoene nåch.

Liebe machet schoene wip:

desn mac diu schoene niht getuon, sin machet niemen lieben lip.❜

Schönheit wird als etwas rein Äußerliches auf eine Stufe mit dem Reichtum gestellt. - Wohl geben auch französische Dichter und Theoretiker hin und wieder

E. Wechssler, Frauendienst und Vasallität in der Zeitschr. für franz. Sprache u. Litteratur, XXIV, S. 159 ff.

2 Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, Ausg. H. Paul, Nr. 12.

einen beherzigenswerten Ratschlag wie den folgenden: Sicut igitur in masculo diximus, ita credimus, in muliere non formam tantum quantum morum honestatem sectandam... Doctus enim amans vel docta deformem non reiicit amantem, si moribus intus abundet." 1 Oder:

Don val mais azauts que beutatz

En ben amar ni que rictatz.

Aber wo bleibt hier der dichterische Schwung der Überzeugung? Wie wenig ernst solche Behauptungen genommen wurden, das beweist bei den Provenzalen sowie bei den Italienern die ofte Wiederholung und die allgemeine Gültigkeit der Lehre, daß die Liebe durch den Sinn des Auges zum Herzen gehe.

Quar li uuelh son drogoman

Del cor e lh'uel fan vezer
So qu'al cor platz retener,
E quan be son acordan

E ferm tug trey d'un semblan,
Adoncas pren verai amors valensa

De so que lh'uel fan al cor agradar.
Estiers no pot naisser ni comensar

Mais per lo grat dels. III. nais e comensa.

Matfré Ermengaud bemüht sich, diesen Satz zu widerlegen, indem er das Beispiel des Jaufré Rudel ins Feld führt, der sich vom bloßen Hörensagen in seine Dame verliebt haben soll. Aber gerade damit beweist er erst recht, wie stark der Sinn für regelmäßige Frauenschönheit war, und wie energisch die schauende Phantasie in diesen Leuten arbeiten mußte, um sich selbsttätig ein Frauenbild zu schaffen, das ihrer Leidenschaft genügte. Von dem innigen Zusammenhang von Schauen und Lieben war man so sehr überzeugt, daß man dem Blind

1 Andr. Capellanus a. a. O., S. 16f.

• Breviari d'Amor, S. 460.

• Aimeric, zitiert von Matfré im Breviari, S. 490.

"

geborenen die Möglichkeit sich zu verlieben schlechterdings absprach: Caecitas impedit amorem, quia caecus videre non potest, unde suus possit animus immoderatum suscipere cogitationem, ergo in eo amor non potest oriri, sicut plenarie supra constat esse probatum."1 Offenbar in bewußtem Gegensatz dazu betont nun der Asket, daß die Gottes- und Nächstenliebe durchs Ohr zum Herzen gehe: Et entra l'amor di Dio ne la mente degli uomini per l'orecchie, per spiramento di Dio. Et, secondo che la Vergine sempre Maria, odendo coll'orecchie l'annunziazione dell'angelo, concepette lo figliuolo di Dio Segniore nostro; così l'amor di Dio e la sua dileczione entra per gli orecchi.... E un altro amore si può appellare cupidità, del qual trattò Gualtieri, e diffinillo così: l'amore è una passione inata che move del vedimento e del temperamento e pensamento della forma dell'altro sexo.“ *

Es ist in hohem Grade bezeichnend, daß diese Lehre vom visiven und ästhetischen Ursprung der Liebe bei den Deutschen keine weitere Ausbildung, sondern höchstens einen schwachen Widerhall fand, während sie sich in der italienischen Lyrik zu einem der fruchtbarsten und wesentlichsten Motive gestaltete. Man braucht nach Belegen nicht lange zu suchen. Wir schlagen auf gut Glück die fünfbändige Sammlung der Antiche Rime Volgaris

Andr. Cap. a. a. O., S. 12f.

Albertano da Brescia, Trattati Morali volgarizz., Bologna 1873, S. 187 und 203.

Le Antiche Rime Volgari ediz. D'Ancona-Comparetti, vol. III, Bologna 1884, S. 129 ff. u. 204 ff. Die wichtigsten theoretischen Ausführungen über die Entstehung der Liebe hat Gaspary zusammengestellt: Die sizilianische Dichterschule, Berlin 1878, S. 68ff., und eingehender L. Goldschmidt, Die Doktrin der Liebe bei den italienischen Lyrikern des 13. Jahrhunderts, Breslauer Dissert. 1889. Nicht zugänglich war mir: Freemann Mott, The System of Courtly Love as an Introduction to the Vita Nuova of Dante, Boston 1896.

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