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den lächelnden Troubadour zur Kemenåten seiner Schönen treibt. Hermann Reuter hat mit seinem historischen Scharfblick richtig erkannt, daß den Troubadours ein besonderes Kapitel in der Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter" gebührte. Es ist wahr", sagt er von ihnen, jene Dichter haben auch die Kirche verherrlicht, zu Kreuzfahrten aufgerufen, in begeisterten Worten das heilige Land als Ziel der frommen Sehnsucht zu schildern gewußt; neben den vielen fröhlichen, scheltenden, strafenden Sirventen weltlicher Art ist auch dieses oder jenes fromme Lied, in dem Metrum nicht weniger korrekt als in dem Dogma, gedichtet worden; aber Offenbarung ihrer eigentümlichen Stimmung ist das alles nicht. Beweglich genug, in den katholischen Volksglauben sich hineinzuleben, kannten die Troubadours denselben doch nicht als ihre geistige Heimat. Die Religion, welche sie täglich verkündigten, war die der Loyalität, der Ehre, der Courtoisie. Also bedurfte es nur eines Falles, welcher geeignet war, die herkömmlichen Illusionen über diese Vereinbarkeit der Interessen zu zerstreuen, und der Bruch mit der Kirche kam als vollzogener zum Bewußtsein. Das war in diesem Zusammenhang der Dinge die Bedeutung des Albigenserkriegs." Die natürliche Stellung der Troubadours war demgemäß auf seiten der Ketzer, und dort haben auch viele, ohne das katholische Dogma geradezu abzuschwören, mit ihren Neigungen gestanden, mit ihren Sirventen gekämpft. Wenn sich in jener Literatur keine ausgesprochene Häresien finden, so ist's wohl nur, weil man sie nachträglich vertilgt hat, Die erhaltenen religiösen Dichtungen der Waldenser aber gehören vermut

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1 Vgl. Felice Tocco, L'Eresia nel medio evo, Florenz 1884, S. 126 ff.

• Reuter, Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter, II. Band, Berlin 1877, Buch V, Kap. XV.

1.

lich erst in spätere Zeiten.1

Immerhin ist es schon

bezeichnend genug, daß ein rechtgläubiger Mann wie Peire Cardinal so schlimme Verse an Gott Vater richten durfte wie die folgenden:

Bel senher dieus, siatz desheretans

Dels enemicx enoios e pezans.

leu no mi vuelh de vos dezesperar,

Ans ai en vos mon bon esperamen;

Per que devetz m'arma e mon cors salvar,
E que m valhatz a mon trespassamen;
E far vos ai una bella partia,

Que me tornetz lai don muec lo premier dia,
O que m siatz de mos tortz perdonans;
Qu'ieu no'ls feira, si no fos natz enans.

S'ieu ai sai mal, et en yfern ardia,
Segon ma fe, tortz e peccatz seria;
Qu'ieu vos puesc be esser recastians,
Que per un ben ai de mal mil aitans."

Eines der merkwürdigsten Zeugnisse ketzerischer Lehren aus der provenzalischen Dichtung haben wir in dem Débat des Inquisitors Izarn, der mit dem Albigenserbischof Sicart von Figueiras disputiert, ihn seiner Irr tümer überführt und schließlich zum Widerruf bekehrt. 3

Aber weniger diese augenfälligen Spuren religiöser Heterodoxie beanspruchen unsere Aufmerksamkeit, als vielmehr die verborgenen Keime und Ansätze einer neuen Weltanschauung.

In dem Lebensideal des Ritters sind es vor allem die Wertschätzung der Körperkraft und der Point d'honneur,

1 Apfelstedt in Herrigs Archiv LXII, 273–288, und Zeitschrift für roman. Philol. IV, 330-346 u. 521-541.

Raynouard, Choix des poésies originales des Troubadours, Tome IV, Paris 1819, S. 365.

3 Appel, Provenzal. Chrestomathie, 2. Aufl., Nr. 107. Las novas del heretie, und P. Meyer, in Annuaire-Bulletin de la Société de l'Histoire de France, 1879, XVI, 233 ff.

die zu dem christlichen Ideal in Widerspruch stehen, die aber alsbald einen Vergleich eingehen mit den Zielen des Christentums, so daß die rohe Kraft des Kriegers sich dem Dienst des heiligen Kreuzes beugt, bis ihr der antike Gedanke der Renaissance wieder andere Werte und neue Ziele setzt.

Ungleich wichtiger in der Entwicklung der Weltanschauungen scheint uns zunächst ein anderer Punkt: die neue Auffassung der Frau, der Minnedienst, die Amour passion. Sie ist, so sehr sie auch mit den kirchlichen Anschauungen in Widerspruch steht, doch aus ebendiesen hervorgewachsen, offenbar als eine natürliche und notwendige Reaktion. Die Kirche erblickte in der Frau nur ein unerziehbares, wandelbares, unberechenbares, von bösen Eingebungen beherrschtes Geschöpf, das sich dem Manne unterzuordnen hätte und lediglich seinetwegen da sei, sah in ihr nur die Eva des Alten Testamentes, durch die der Mann zum Sünder geworden, ohne die Adam immer ein Heiliger geblieben und die Erlösung nicht notwendig gewesen wäre." In dieser Überzeugung wurde das mittelalterliche Publikum noch bestärkt durch antike Autoritäten wie Ovid, oder gar Aristoteles, der in dem Weibe eine nicht zu voller Entfaltung gelangte, sozusagen mißratene Entelechie erblickt. So hat die kirchliche Lehre zwischen Mann und Weib eine unheilvolle Kluft eröffnet, die im Leben zu schweren Miɓständen, zur Verachtung und Mißhandlung der Frau geführt hat, und die sie selbst durch den überschwänglichsten Marienkult nicht wieder auszugleichen vermochte.

1

Der einzige kirchlich erlaubte Umgang mit dem verachteten Wesen: die Ehe, konnte wenig Lockendes mehr haben. Den ritterlich Denkenden aber mußte am Ende doch ein edles Mitleid zu der geknechteten Frau hinüber

1 G. Gröber, Die Frauen im Mittelalter und die erste Frauenrechtlerin in der Deutschen Revue. Dezember 1902.

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ziehen, um so mehr als der Priester den süßen Duft der Sündhaftigkeit über sie ausgegossen hatte. Vielleicht erklärt es sich so, daß gerade die Kaste der Ritter eine von edlem Erbarmen und unerlaubtem Gelüste getragene Emanzipation der Frau ins Werk setzte. Andererseits aber findet man schon in den ersten Anfängen der Dichtung, und zwar beim niederen Volke, nicht beim Ritter, eine andere und recht wunderliche Art von Frauenemanzipation, die freilich nur sehr vorübergehend und explosiv im Taumel der Maifeste, im Rausch des Tanzes stattzufinden pflegte. Beim Maifest entschlüpfen die jungen Mädchen der Obhut ihrer Mütter, die jungen Frauen der mürrischen Autorität ihrer Männer, sie laufen zur Wiese, nehmen sich bei den Händen und in den Liedern, die ihren Reigen begleiten, feiern sie die Freiheit und die Wahl der Liebe nach eigenem Gutdünken, und in einer Art von Meuterei verspotten sie jenes Joch, dem sie sich doch wie sie sehr wohl wissen nicht anders zu entziehen vermögen als eben nur mit Worten. Die übermütigen Herausforderungen dieser Volkslieder im Ernst und buchstäblich zu nehmen, hieße in einen groben Irrtum verfallen; sie entstammen vielmehr einer beinahe liturgischen Gepflogenheit, wie uns die Geschichte der Feste und Volksbelustigungen deren so manche bietet." Es ist nicht ausgeschlossen und kann eines Tages vielleicht ganz genau bewiesen werden, daß die Formen und Motive der provenzalischen Kunstpoesie auf solche Tanzlieder und Maigesänge zurückgehen. Dann wird es sich vielleicht auch zeigen, daß die vorübergehende und im Scherz gemeinte Ausgelassenheit für den verfeinerten Kunstdichter allınählich zu einem dauernd erstrebenswerten Zustand wurde; daß die Troubadours im Grunde

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1 Dies ist die von Fauriel und A. Bartoli vorgetragene Er klärung der Entstehung des Minnesangs. Vgl. A. Bartoli, Storia della letteratura ital., Bd. I, Florenz 1878, S. 323 f. 2 G. Paris im Journal des Savants, 1892, S. 417.

nichts anderes getan haben, als die flüchtige Feststimmung zu einer bleibenden poetischen Fiktion erhoben. Das ganze Wesen des südfranzösischen Minnesangs müßte uns dann als ein zur Gewohnheit gewordener Fest- und Frühlingstaumel erscheinen, und die unverkennbare Frivolität und Oberflächlichkeit der besungenen Frauenemanzipation ließe sich zum guten Teil aus ihrem bacchischsaturnalischen Ursprung erklären. Für die Entstehung der Troubadourlyrik ist auch diese zweite, von Gaston Paris mit Vorsicht und Mäßigung dargelegte Hypothese ernstlich in Erwägung zu ziehen.

Aber wie es immer zugegangen sein mag, jedenfalls trifft Gröber das Richtige, wenn er sagt: „Die Dichter des Mittelalters beschrieben nicht die Frauen, wie sie sie um sich sahen, sondern wie sie sie wünschten, oder vielmehr wie sie nach dem Reize, den sie ausübten, ihnen erschienen, und wie die Frauen selbst denen sich gaben, an deren Huldigung ihnen gelegen war. Die höfische Frauenverehrung im Mittelalter war Maske und Selbsttäuschung."1 Aber unter dieser Maske und unter dieser Selbsttäuschung lebte dennoch ein wertvoller philosophischer Keim, ein erster Ansatz zur Emanzipation der Sinne. Einer der kapitalsten und folgeschwersten Lehrsätze dieser Troubadours besagte, daß auch die Sinne und die darauf gegründete Geschlechtsliebe zu sittlicher Veredlung führen können. Man schwelgte in der Wiederholung und Beteuerung dieser gefährlichen These. Es genügt, das lyrische Repertoire im zweiten Teil des Breviari d'Amor zu durchblättern, um zahllose Belege dafür zu finden. Zunächst begnügt man sich damit, den wohltätigen Einfluß des Frauendienstes auf die äußerlichen und geselligen Eigenschaften des Mannes zu preisen:

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E per amor ten hom son cors plus gent,
En val hom mays e s n'efors e n'assaja

1 G. Gröber, a. a. ().

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