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Die verschiedenen Antworten, die auf diese düstere Frage gegeben wurden, lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen: 1) die dualistischen Lehren, die das Böse als ein selbständiges und positives Prinzip anerkennen und es in einem ewigen Kriege mit dem Guten liegen lassen. Die folgerichtigsten Vertreter dieser Lehre waren die Katharer. Die ganze Welt erscheint ihnen als die Ausgeburt eines tückischen Dämons; 2) die aristotelischscholastische Lehre, oder wie wir sie, wiederum mit einem Blick auf unsere deutsche Aufklärung, nennen könnten: die optimistische. Sie läßt das Böse nicht als ein Positives gelten, sondern als eine Privatio, einen Defekt und zwar einen Defekt, der zur Vollkommenheit der Weltordnung unentbehrlich ist 1: „Si malum a quibusdam partibus universi subtraheretur, multum deperiret perfectionis universi, cujus pulchritudo ex ordinata bonorum et malorum adunatione consurgit . . . sicut et silentii interpositio facit cantilenam suavem". Um es in einem Wort zu sagen: „Bonum totius praeeminet bono partis“. Dies die Lehre des Thomas von Aquino.2

Als dritte Gruppe ließe sich, der Vollständigkeit zuliebe, noch die pantheistische Lehre aufführen, die in der Aufklärungsbewegung des Mittelalters so wenig gefehlt hat als in derjenigen der Neuzeit. Ihr Hauptvertreter ist Amalrich von Bennes († 1207). Insofern aber die Amalricaner, in gleicher Weise wie die Spinozisten, die Frage nach Ursache und Zweck des Bösen als ein zu lösendes philosophisches Problem überhaupt nicht anerkennen, kommen sie an dieser Stelle für uns nicht in Betracht. Vgl. B. Hauréau, Histoire de la philosophie scolastique, Paris 1880, II, 1, S. 84 ff., und für Spinoza Kuno Fischer, Spinozas Leben und Werke, 4. Aufl., Heidelberg 1898, S. 347 ff.

2 Näheres bei A. Stöckl, Geschichte der Philosophie des Mittelalters, Bd. II, Mainz 1865, § 161. Beinahe mit denselben Worten und in demselben Zusammenhang sagt später Leibniz: Les ombres rehaussent les couleurs; et même une

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Um diese Welt zu verstehen, muß man also in den Teilen immer das Ganze, im Einzelnen immer das Allgemeine und selbst in den menschlichen Einrichtungen und Handlungen den großen Weltsinn, den metaphysischen Hintergrund suchen. Aus solch rationalistischer Geistesrichtung beraus entsprang jene Spiritualisierung der Priesterherrschaft, wie wir sie z. B. in Bonaventuras De Ecclesiastica Hierarchia finden, oder jene metaphysischen Auslegungen von Kaisertum und Papsttum in den kirchenpolitischen Schriften des heiligen Thomas und Dantes. Der gemeinsame Grundgedanke dieser Schriften ist in seinem innersten Wesen ein aufklärerischer: die bestehenden Vorrechte des Priesters und des Fürsten werden auf ihre natürlichen Grundlagen hin geprüft. Ihre Daseinsberechtigung wird auf Grund einer vernunftgemäßen, teleologischen Weltanschauung bejaht und verteidigt oder auch verneint. Einen ähnlichen Bund hat im 18. Jahrhundert der Absolutismus mit dem aufgeklärten und ebenfalls teleologischen Deismus eingegangen. Man beginnt nun eindringlicher als je nach den höheren und letzten Zwecken, nach den metaphysischen Aufgaben der geistlichen und weltlichen Machthaber zu fragen und ihre Handlungen danach zu beurteilen. Diese neue Denkgewohnheit bemächtigt sich alsbald auch der Adelsfrage und gibt ihr eine philosophische Wendung.

Besonders am Hofe Friedrichs II., wo der feudale Adel mit dem Bürgerstand sich mischte, und wo die Klassen zuweilen feindlich aufeinander prallten, muß diese Frage viel besprochen worden sein. Von Dante wissen wir, daß selbst der Kaiser dazu Stellung nahm und die Nobiltà als antica ricchezza e bei costumi definierte.1

dissonance placée où il faut, donne du relief à l'harmonie." Theodicée, I. P., Essai sur la bonté de Dieu, Nr. 12.

1 Convivio, IV, 3.

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Demnach hätte er was bei einem Kaiser durchaus glaubhaft und angemessen erscheinen muß einen vermittelnden Standpunkt eingenommen zwischen der historischen und der moralphilosophischen Auffassung des Adels.

In dem Briefe eines Ungenannten an Pier della Vigna, den bürgerlichen Protonotarius des Kaisers, lesen wir die folgende interessante Stelle: In scolis nostris jocoso quodam incidente litigio, de nobilitate generis et animi probitate facta est contentio quae illarum videretur esse major, et hinc et inde satis probabiliter disputatum. . Demum si nobilitas est quaedam laus ex meritis parentum proveniens et solae virtutes merentur, merita ex virtutibus acquiruntur, ex qua re est in virtutibus nobilitas; et si per medium a probitate tantum comparantur (virtutes), habeo igitur probatum probitatem modis omnibus esse nobilitati generis praeferendam."1 Dieser Schulphilosoph steht zwar noch auf historischem Boden, aber er sucht schon das historisch Gewordene auf ein moralisches Prinzip, auf das Verdienst und weiterhin auf die Tugend zurückzuführen.

Viel charakteristischer noch ist die Art, wie ein Schüler des Thomas von Aquino, Egidius de Columna Romanus, der selbst aus adeligem Geschlechte stammt und sogar der Erzieher des späteren Königs Philipp des Schönen von Frankreich wurde, wie dieser Mann, gestützt auf die aristokratischen Anschauungen, des Aristoteles, die Vorrechte des Adels auf eine Art Naturgesetz, auf ein Prinzip anthropologischer und moralischer Zuchtwahl zu gründen sucht. Vier löbliche Grundeigenschaften, lehrt Egidius in seinem De regimine principum, eignen dem Adel: Primo enim sunt magnaniini, secundo magni

1 Huillard-Bréholles, Vie et correspondance de P. de la Vigne, Paris 1865, S. 319f.

2 Ich benütze den Druck des Jahres 1473.

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fici, tercio dociles et industres, quarto sunt pollitici et affabiles." Diese Tugenden sind nicht etwa akzessorisch oder nachträglich erworben, sondern von Anfang und von Natur aus eingeboren: eine Art Familieneigentum. Quia ergo nobiles ex antiquo fuerunt presides et in suo genere fuerunt multi insignes et divites, elevatur cor nobilium ex exemplo parentum ut tendat in magna et sint magnanimi. Naturale est enim, quod semper effectus vult assimulari causae; cum filii sint quidam effectus parentum, naturale est filios imitari parentes nobiles. Ideo animadvertentes quod in eorum genere fuerunt multi insignes et tendentes in ardua, ut imitentur parentes, affectant magna et contigit eos esse magnanimos."

Auf dieselbe Weise: durch Nachahmung, Wetteifer und Familientradition mehren sich im adeligen Geschlecht die Reichtümer und mit ihnen die Freigebigkeit.

Die dritte Tugend, die Docilitas und Industria, erklärt sich auf doppeltem Wege: physiologisch und soziologisch. Cum enim nobiles cum magna diligentia nutriantur et cum magna cura corpus proprium custodiunt, rationabile est eos habere corpus bene dispositum et bene complexionatum; cum enim molles carne aptos mente dicimus, ut vult philosophus (.II. de anima), contigit nobiles habere mentem aptam et esse dociles et industres; quia in eis viget carnis mollicies et bonitas complexionis.

Rursus hoc idem contigit ex conversatione et societate aliorum. Nobiles enim, quia multos habent respicientes ad eos et considerantes eorum facta, incitantur ut sint viri meditativi subtiliter investigantes quid deceat eos facere, ne opera eorum, quae multi considerant, reprehensibilia videantur." 1

1 De regimine principum, libri primi pars quarta, cap. V. Dieselben Gedanken finde ich schon bei Albertus Magnus, Quaestiones super Evangelium, XXV, § 4, Band 37 der Ausgabe Paris 1898.

Auch die vierte und letzte, die politische Tugend, ist eine Frucht der gesellschaftlichen Stellung und Übung des Adels.

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Im weiteren Verlauf seines Traktats kommt Egidius noch einmal auf die Adelsfrage zu sprechen, wiederholt und bekräftigt seine obigen Ausführungen durch einen erneuten Hinweis auf Aristoteles: Videmus enim ut plurimum quod nobiles genere sunt nobiliorum morum quam alii, nam, ut dicitur (.I. polit.): sicut ex homine nascitur homo et ex bestiis bestia, sicut plurimum ex bonis nascitur bonus et ex prudentibus nascitur prudens." Zugleich aber führt ihn die Erläuterung des Begriffes der Curialitas dazu, zwei Arten von Nobilitas zu unterscheideu: Sicut ergo sunt duo genera bonorum magnorum quia quaedam sunt magna bona secundum opinionem, ut corporalia et extrinseca, quaedam vero sunt magna secundum veritatem, ut virtutes et bona animae sic duplex nobilitas habetur esse: una quae fundatur in excessu magnorum bonorum secundum opinionem, alia quae fundatur in magnis bonis secundum existentiam et veritatem."

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Egidius ist nun aber weit entfernt, den äußeren, auf den vermeintlichen Gütern" beruhenden Adel zu verwerfen und durch den wahren Seelenadel zu verdrängen. Er läßt beide Kategorien nebeneinander bestehen, und zwar mit der Begründung, daß die Meinung des Volkes, die Opinio, unmöglich ganz falsch sein könne. Und auch hier wieder muß Aristoteles helfen: „Quia nunquam fama totaliter proditur, et quod comuniter dicitur impossibile est esse falsum secundum totum, ut videtur velle philosophus (.VII. ethic.). Hiusmodi vulgaris opinio probabilitati innititur.“ 1

Es wird also von Egidius ganz derselbe aristotelische Satz zu gunsten des historischen Adels ins Feld geführt,

1 ibid. lib. II, pars III, cap. XVIII.

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