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welchen Dante im 4. Traktat seines Gastmahls" zurückzuweisen für nötig hielt, um die Nichtigkeit des historischen Adels darzutun: eben der Satz: che dice il Filosofo che quello che pare alli più, impossibile è del tutto esser falso". Daß Dante das De regimine principum des Egidius gekannt hat, unterliegt keinem Zweifel. Er zitiert es sogar im Gastmahl", wenn auch bei anderer Gelegenheit.1 Es ist darum im hohen Grade wahrscheinlich, daß er bei seiner Behandlung der Adelsfrage vor allem diese Schrift im Auge gehabt habe. Der Standpunkt Dantes, die Verneinung des historischen Adels, setzt als Vorstufe den Standpunkt des Egidius voraus: die Trennung des Adels in einen historischen und einen seelischen. In dieser Hinsicht verhält sich also das Gastmahl" zum Traktat über die Fürstenerziehung ähnlich wie das De Monarchia zu einem anderen De regimine principum, nämlich zu dem des Thomas von Aquino. Wie Thomas in der kirchenpolitischen Frage, so hat Egidius in der Adelsfrage dem Dichter die Grundunterschiede und die Methode an die Hand gegeben; und dieser seinerseits setzt sich beide Male in Gegensatz zu seinen scholastischen Vorgängern, indem er zwar die wissenschaftliche Errungenschaft, die Scheidung beibehält, die durch die Scheidung gewonnenen Kategorien aber in ein verändertes praktisches Wertverhältnis zueinander setzt.

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Egidius läßt nun aber doch nicht den historischen Adel als gleichwertig mit dem seelischen gelten, sondern er fordert die Ergänzung des einen durch den andern und die Vereinigung beider Arten nennt er Curialitas. Derjenige Mensch, der die vier Tugenden des Adels (Großmut, Freigebigkeit u. s. w.) ausübt, nicht etwa nach dem eigenen Drang seiner Natur oder nach allgemeinen sittlichen Grundsätzen, sondern dem guten

1 Convivio, IV, 24.

Voßler, Philosophische Grundlagen.

Brauche des adeligen Standes zulieb, der ist Curialis. 1

Der Adel als historische Kaste wird von Egidius gerettet und gerechtfertigt, indem er ihn mit einer allgemein gefälligen Kastenmoral umgibt. Bei Dante aber wird die Moral als ein allgemeines, absolutes und unteilbares Prinzip vindiziert und die Kaste preisgegeben.

Ziemlich denselben Standpunkt wie Egidius vertritt in der vulgären Dichtung Brunetto Latini, wenn er die Cortezia zum Ritter sprechen läßt:

Ch'io gentil tengo quelli,
Che par che modo pilli
Di grande valimento
E di bel nudrimento,
Si ch'oltre suo ligniagio
Fa chose d'avantagio
E vive orratamente,
Si che piace ale gente.
Ben dicho, se'n ben fare
Sia l'uno e l'altro pare,
Quelli ch'è meglio nato,
Tenut'è più a grato;
Non per mia maestranza,
Ma perchè sia usanza,
La qual vince e abati,
Gran parte di mie' fatti

Si ch'altro non ne posso.

1 Sunt enim multi facientes opera virtutum ut bona sua aliis largientes, non agentes hoc quia eis placeat expendere nec quod delectentur in dando, quod facit liberalis, nec quia ex hoc velint implere legem hoc precipientem, quod facit justus legalis, sed quia volunt retinere mores curiae et nobilium quos decet dativos esse. Propter quod tales curiales dici debent. A. a. O., II, III, cap. XVIII.

2 Tesoretto, ediz. Wiese, Kap. XVI, v. 155 ff. in Zeitschrift für roman. Philol., VII, S. 365.

Die vox populi wird hier aber doch nicht mehr als Autorität im aristotelischen Sinne anerkannt, sondern eher als eine lästige konventionelle Lüge empfunden, der man sich fügt:

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An Äußerungen, die sich in ähnlichem Sinne bewegen, ist in den romanischen Vulgärliteraturen des Mittelalters kein Mangel. Sie sind ebenso häufig als belanglos für die philosophische Entwicklung des Problems.

Einen Schritt weiter als Egidius geht der Verfasser des De Eruditione principum. Daß die Schrift vom heiligen Thomas stamme, unter dessen Werke sie aufgenommen worden ist, kann man angesichts ihrer zerfahrenen und unordentlichen Denk- und Ausdrucksweise nicht glauben. Ohne dem verwirrten Gedankengang Schritt vor Schritt zu folgen, fassen wir dessen wichtigste Punkte zusammen: Es ist falsch, den Adel auf körperliche Vorzüge, auf physische Qualitäten oder materiellen Reichtum zu gründen, denn der Geist ist edler als Körper und Materie. Es ist falsch, den Adel von anderen, etwa von den Vorfahren auf dem Wege der Erbschaft herzuleiten, denn niemand ist weise durch die Weisheit anderer,

1 ibid. v. 172 ff. Noch entschiedener spricht sich Brunetto gegen den Geburtsadel in seinem Trésor aus: Car à estre de chaitif cuer et de haute ligniée est autressi com pot de terre qui est covers de fin or par dehors. Li livres dou Trésor, ediz. Chabaille, Paris 1863, S. 343f. u. 440.

2 So z. B. die Canzone des Monte Andrea: Ancor di dire

non fino in Ant. Rim. Volg., III, S. 278ff.

• Ich benütze die Ausgabe Paris 1660, Tom. XX, S. 678, Lib. I, Cap. IV. Die Verfasserschaft des Thomas ist schon lange angezweifelt worden.

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noch reich durch den Reichtum anderer, sofern er diese Vorzüge nicht tatsächlich auch besitzt. Es ist ebensofalsch, den Adel auf einen gesonderten, natürlichen Ursprung zurückzuführen, denn der natürliche Ursprung ist allen Menschen ein gemeinsamer: Adam und Eva. Demnach müßten wir alle entweder adelig oder unadelig sein. Auch steht nirgends geschrieben, Gott habe einen silbernen Menschen geschaffen, aus dem die Adeligen, und einen irdenen, aus dem die Gemeinen hervorgehen sollten. Aus einer einzigen Wurzel wächst in gleicher Weise Edles und Gemeines, aus einem einzigen Keim das Mehl und die Kleie, die Rose und der Dorn; an einem Stamm der gesunde Apfel und der wurmstichige, aus einem freien Willen das Gute und Böse. Ritter", „Knecht“ und „Freigeborener“ sind leere, vom Ehrgeiz und vom Unrecht erfundene Namen. Es gibt keinen König, der nicht Knechte, keinen Knecht, der nicht Adelige unter seinen Vorfahren hätte, denn all das ist im Wechsel der Zeiten und der Fortuna schon vielfach durcheinander geschüttelt worden. Der Geld- und Geburtsadel hat höchstens einigen Wert, insofern er seinen Inhaber zu rechtschaffenem Leben veranlassen kann.

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Mit diesen Sätzen ist die Frage vollständig aus dem Bereich der historisch gewordenen Gesellschaft entrückt, und der Adel zu einer rein seelischen Eigenschaft erhoben. Die positive Definition lautet jetzt: „Vera nobilitas animi est secundum illud: Nobilitas sola est animum quae moribus ornat." Und dieser Seelenadel wird auf zwei große Prinzipien zurückgeführt: Natur und Gott: eine natürliche Anlage des Menschen zum Guten und eine Gnadengabe Gottes zu unserem Heil. Die zwei Klassen, die sich jetzt ergeben, sind grundverschieden von denen des Egidius: „Et haec (nobilitas) duplex est: quaedam naturalis, de qua dixit Sapiens: Quis est generosus ad virtutem? Bene a natura compositus. Item, nemo altero nobilior nisi cui rectius est ingenium

et bonis artibus aptius. Altera est gratuita: quae filios Dei et Christi coheredes facit."1

So erscheint denn der Adel als ein ethischer Begriff und wird als solcher in das große, auf Naturreich und Gnadenreich gegründete thomistische Lehrgebäude eingegliedert.

Dem gegenüber bedeutet nun die Kanzone Dantes mit ihrem Kommentar nur noch den letzten Schritt auf der betretenen Bahn. Dante ist, vermutlich unabhängig vom De Eruditione. Die Ordnung seiner Gedanken schreitet bedeutend klarer, seine Dialektik lebendiger und eindringlicher dahin. Die negative Seite seiner Beweisführung mußte in ihren Hauptpunkten wohl ganz von selbst mit derjenigen des De Eruditione zusammenfallen. Auch Dante stützt sich 1) auf den untergeordneten Wert der Materie:

Le divizie ...

Non posson gentilezza dar nè tôrre,
Perocchè vili son di lor natura,

und 2) auf den gemeinsamen Ursprung aller Menschen:

Ancor segue di ciò che innanzi ho messo
Che siam tutti gentili ovver villani,

O che non fosse all'uom cominciamento,
Ma ciò io non consento.

Etwas Neues aber bringt der positive Teil, insofern 'die im De Eruditione kaum angedeutete Eingliederung der Nobilitas in die Ethik nun aufs genaueste erwiesen und umschrieben wird. Die Hauptgedanken reihen sich folgendermaßen aneinander: die weltlichen Tugenden des aktiven Lebens (von diesen geht Dante zunächst aus) entspringen alle aus einer gemeinsamen Anlage, einem „habitus (abito eligente). Nun haben diese Tugenden aber ganz dieselbe Wirkung wie gentilezza. Beide bringen ihrem Inhaber Lob und Preis. Also sind zwei Fälle möglich: entweder Tugend und gentilezza bedingen sich 1 a. a. O., Kap. V.

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