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Höchstens daß einmal der eine oder andere, z. B. Guido delle Colonne, versichert:

Che meglio m'è per ella pene avere

Che per un'altra bene con baldanza.1

Die Keuschheit als anerkanntes Prinzip der höfischen Liebe ist den Sizilianern durchaus fremd. Wenn wir es in späterer Zeit von mittelitalienischen Dichtern trotzdem vertreten finden, so darf man wohl annehmen, daß diese es zunächst auf direktem Wege über die Lombardei erhielten. Und hier hat uns, glaube ich noch immer, Monaci die richtige oder wenigstens die wahrscheinlichste Auskunft gegeben, indem er Bologna als den Punkt bezeichnet, wo die provenzalische Muse, und besonders die spätere, übersinnlich gesinnte, ihre erste Verbindung einging mit dem italienischen Minnesang. Selbst florentinische Dichter begnügten sich eine Zeitlang noch mit bloßer Nachahmung des Fremden. Das von A. Thomas angeführte Sonett des Guido Orlandi z. B. könnte, seinem Inhalt nach, ohne durch Fremdartigkeit aufzufallen, getrost im Liederbuch eines späteren Provenzalen Platz finden: Vita mi piace d'uom che si mantiene Cortesemente nella via d'amore,

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E che acconcia il suo amoroso core
In ciò che vuole onore e tutto bene.
Da indi nasce tutta fiata e viene
Quanto ch'uom face, che sa di valore:
Sicchè mi sembra che vivendo more

Quei che si parte da si dolce spene3.

1 Andere, ähnliche Bekenntnisse bei Gaspary, Die sizilianische Dichterschule, S. 39 f.

↑ Da Bologna a Palermo in Morandis Antologia 11 a ediz. S. 227 ff.

• In Ermangelung der Orlandi-Ausgabe von Lamma zitiert nach Nannuccis Manuale, I 2, S. 299. E. Lamma erbringt auch auf Grund der formalen Seite in Orlandis Lyrik den Beweis, dass sie noch der alten Schule beizuzählen ist: G. Orlandi e la scola del dolce stil novo in der Rassegna Nazionale, Florenz 1895, S. 767 ff.

Die große Kluft aber, die einen Orlandi noch von den Anschauungen des stil nuovo trennt, war selbst den Zeitgenossen aufs beste bekannt, und Guido Cavalcanti hat sich die Mühe genommen, es dem Orlandi persönlich zu sagen:

Perchè sacciate balestra legare

e coglier con isquadra archile in tecto,
e certe fiate aggiate Ovidio lecto
e trar quadrelli e false rime usare;

non po'venire per la vostra mente
là dove insegna Amor soctile e piano
di sua manèra dire e di su' stato.

Già non è cosa che si porti in mano;

qual che voi siate, egli è d'un 'altra gente;
solo al parlar si vede chi v'è stato.

Entschiedener, kühner und vielleicht auch schon etwas selbständiger als Orlandi tritt Chiaro Davanzati mit der Forderung reiner und übersinnlicher Liebe hervor in einer Kanzone, die wohl verdient, hier ungeschmälert wiedergegeben zu werden als Zeichen des höchsten Punktes, zu dem man sich vor dem Einsetzen des neuen Stiles verstiegen hatte.

Molti lungo tempo ànno

Del' amor novellato

E divisatamente

Che amore è, e dond'à nascimento,

Ed ancora non ànno

Propio vero trovato.

Meravigliosamente

Di zò mi fate lo conoscimento.

Mover mi facie im trovare canzone

Erro di lor casgione

Per diffinir tenzone,

Ragion provando ciò ched io dirone.

Voßler, Philosophische Grundlagen.

Dicie lo vangielisto

Che Dio fue primamente,
Ch'ello criò quanto eie

Con grande disidero de l'amore.
Dunque, l'amor è Cristo

E da lui è vengnente,
Dache l'amor non eie

A lui dato per altro criatore.
Que' son del vero amore inamorati
Ch'a Dio son servir dati:

Possono esser chiamati

Naturalmente dal'amor amati.

Non este omo vero

Se d'omo non è nato,

Nè l'amore non este

Disirar se dal'amore non vene.

Amore propio e vero

Non este di pecato,

E delo pecato este

Voler donna che su sposa non gli ène:

E gli erati si dicono ch'è amore

Trarla di suo onore

L'uno e l'altro amadore

A zò disiderare è apellatore.

Ogni disio carnale

Ello è tentamento

Che lo domonio facie

E lo mantene e va sormontanno;

E se saver ne sale

E hello portamento

Ed altro assai che piacie,

Suo' giengno il fa per covrire lo 'nganno,

Guai a chi si dona a tal disire!

L'aquisto del piacire

Tornar li fa i'languire,

Com'Adamo feri, ch'e[se]mpro miri.

Non è rasgion nè bene

Ch'el mastro sia levato

Dela catedra sua,

E posto un uomo ch'è sanza valere.
A cui e'si convene

L'oro de'esser dato,

E'l piombo chi più sua

Non è dengno che dea prosedere.

Amore per amore s'inantisca,

Nom per amor fiorisca:

Nè dar presgio gradisca

Voler donna che com pecar seguisca.'

Cesare De Lollis hat die enge Abhängigkeit Davanzatis von den letzten Provenzalen außer Zweifel gestellt und auch für dieses Lied einige Parallelen aus Montanhagol nachgewiesen. Immerhin tritt das asketische und metaphysische Element hier viel deutlicher hervor, als man bei den Troubadours bis jetzt zu beobachten vermochte. Jenes Zugeständnis an die christliche Weltanschauung, das wir bei den höfischen Dichtern Südfrankreichs in Abrede stellten, das ist hier nun allerdings vorhanden und nach dieser Seite hin berührt sich Davanzati mit Männern wie Matfré Ermengau, die den Gegensatz zwischen Frauenminre und Gottesminne gefühlt, aber nicht auszugleichen vermocht haben. Noch deutlicher tönt die theologische Stimme aus dem übernächsten Liede heraus. Alle, die das Wesen der Liebe richtig verstehen wollen, werden auf die heiligen Schriften verwiesen:

Ale verè scriture omo dee

Ricorrer per savere

Le diffinite sentenze e le cose.

in der Hs. steht: cafera.

Ant. Rim. Volg. III, S. 89 ff.

• Sul Canzoniere di Ch. Dav. im Giorn. stor. della lett. ital. Supplem. I, 1898. S. 82 ff. u. bes. 111 ff.; demgegenüber hebt nun Zingarelli in seinem Dante (Mailand, Vallardi, S. 57 f.) einige Berührungspunkte Davanzatis mit Guinicelli hervor.

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Fast noch nachdrücklicher hat Davanzati seine theologische Auffassung der Liebe in dem Sonettenwechse mit Pacino di Ser Filippo vertreten. Im Grunde aber gehört dieser poetische Streit doch noch in eine und dieselbe Klasse mit den vorausgehenden Tenzonen über die göttliche oder weltliche, abstrakte oder konkrete, unsichtbare oder sichtbare Natur Amors, Tenzonen wie sie schon durch Jacopo da Lentino und den Abt von Tivoli, Mostacci und Maestro Torrisgiano u. a. in halb spielender, halb sophistischer, klügelnder, plumper und immer noch recht unphilosophischer Weise ausgefochten wurden. Der Unterschied den Provenzalen gegenüber bleibt in der Hauptsache ein quantitativer. Es handelt sich um ein Mehr oder Weniger von Spitzfindigkeit und Lehrhaftigkeit. Der entscheidende Schritt ist noch nicht getan. Dieser geschieht auch diesmal wieder erst kraft der philosophischen Aufklärung, kraft einer ernstgemeinten, wissenschaftlichen Elaboration der Begriffe, die man nicht zur Ergötzung, sondern zur eigenen inneren Festigung vornimmt.

Der Umschwung vollzieht sich natürlich nicht sprungweise und plötzlich. In der Mitte stehen Männer wie der Verfasser der Intelligenza oder Francesco da Barberino, der, obgleich Zeitgenosse Cavalcantis und Dantes, sicher noch nicht zur Schule des neuen Stiles gehört, aber auch den Standpunkt der späteren Provenzalen in seiner Art schon überwunden hat. Die wichtigsten Gewährsmänner, die er in seinen Documenti d'Amore aufzuführen weiß, sind freilich noch Provenzalen. Z. B.: „Inquid monachus de Montalto: Amabo dominam meam propter me, ut

1 Ant. Rim. Volg. IV, S. 367 ff.

2 Näheres bei L. Goldschmidt, Die Doktrin der Liebe bei den italiänischen Lyrikern des 13. Jahrhunderts, Breslauer Diss. 1899, S. 16 ff., der all diese Sonette in ein Büschel zusammenfaßt und ihren dichterischen und philosophischen Unwert richtig erkennt.

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