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Nun ist aber nach Thomas aller Motus appetitivus eine Kreisbewegung: sie geht aus von dem appetitiblen Gegenstand, der die Seele affiziert, den Appetitus bewegt. Der Appetitus seinerseits strebt nach Erreichung des Gegenstandes, nach Vereinigung mit ihm und kommt. dort wieder zur Ruhe. Betrachtet man den ersten Moment der Kreisbewegung: die Wirkung des Gegenstandes auf den Appetitus, so erscheint der Amor als eine Passio, betrachtet man den zweiten Moment: den Übergang des affizierten Appetitus in aktive Bewegung, so erscheint der Amor als eine Kraft: Virtus; und zwar als diejenige Kraft, die aller und jeder Bewegung im ganzen Universum zu Grunde liegt. Der Stein, der zur Erde fällt, gehorcht dem Amor naturalis, das Tier, das seine Nahrung sucht, dem Amor sensitivus, der Mensch, der sich zu Gott erhebt, und die englischen Intelligenzen, die den Himmel bewegen, dem Amor rationalis. Selbst der Haß ist nur eine Folge der Liebe; ja sogar die höchste Bewegung, die wir kennen, die Ausgießung: des heiligen Geistes durch Gott procedit per amorem. ,Omnibus est pulchrum et bonum amabile; cum unaquaque res habeat connaturalitatem ad id quod est sibi conveniens secundum suam naturam.“ 2 Das Gute also. ipsius appetentis, sed alterius: et huiusmodi dicitur appetitus naturalis ... Alius autem est appetitus consequens. apprehensionem ipsius appetentis, sed ex necessitate, non ex judicio libero. Et talis est appetitus sensitivus in brutis, qui tamen in hominibus aliquid libertatis participat, inquantum obedit rationi. Alius autem est appetitus consequens,. apprehensionem appetentis secundum liberum judicium: Et talis est appetitus rationalis sive intellectivus qui dicitur voluntas. In unoquoque autem horum appetituum. amor dicitur illud quod est principium motus tendentis in finem. amatum (Summa theol. I, 2, qu. 26, art. 1).

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1 Vgl. bes. Albertus Magn. in I. p. sum. theol. tract. VII,.

qu. 31.

2 Thomas, Summa a. a. O.

ist der Gegenstand, und die Anlage zum Guten, die Tugend ist das Prinzip der Liebe. Jetzt haben wir den Mittelsatz gefunden, der uns zu Guinicellis Lehre: „al cor gentil ripara sempre amore" noch gefehlt hatte.

Damit aber, daß der Gegenstand der Liebe das Gute ist, soll natürlich nicht gesagt sein, daß nun alle Liebe auch in Wirklichkeit gut sei. In einem anschaulichen Bilde erklärt uns das Dante: „Von der göttlichen Güte, die in uns gesät und uns eingeboren ist, sproßt ein Zweig: die natürliche Neigung des Herzens. Aber wie die Getreidearten, wenn sie aufkeimen und noch im Grase sind, sich ähnlich sehen und dann mit der Zeit sich unähnlich werden, . . . so macht sich auch in den Neigungen eine Verschiedenheit geltend: die eine geht dorthiu, die andere dahin, aber ein einziger Pfad nur führt uns zum Frieden."

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Die gemeinsame Ursache aller Liebe liegt in der Ähnlichkeit (similitudo) zwischen dem geliebten und dem liebenden Wesen. Ähnlich aber können sich die Wesen auf zweierlei Art sein: in actu und in potentia: ähnlich im fertigen Zustand, in der Form und ähnlich in der Anlage. Die aktuelle Ähnlichkeit erzeugt Wohlwollen: amorem amicitiae seu benevolentiae, die potentielle Ähnlichkeit erzeugt Sehnsucht: amorem concupiscentiae. Daraus folgt nun und diesen Schluß dürfen wir wohl ohne weiteres aus dem Geiste des thomistischen Systems entnehmen daß wir diejenigen Wesen, die auf derselben Stufe wie wir im Reiche der Schöpfung stehen oder auch unter uns, vorzüglich nur mit der Liebe des Wohlwollens lieben, denn mit ihnen allen haben wir eine aktuelle Ähnlichkeit. Den höheren Wesen jedoch gleichen wir nur in der Anlage, nur potentiell, und unsere Liebe zu ihnen kann darum nur der amor concupiscentiae sein. Nach unten ist es Freundschaft und Wohlwollen, nach oben ist es ein Sehnen und Streben.

1 Convivio, IV, 22.

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Andererseits besteht aber die Tatsache, daß unser Sehnen sich auch nach unten richtet, dann erzielt es aber nicht das absolut Gute, sondern das relativ Gute, das was gut scheint, nicht bonum simpliciter, sondern bonum secundum quid, dann ist es einfache concupiscentia, nicht concupiscentia amoris. In diesem Sinne, glaube ich, ist der thomistische Satz zu deuten: Amor non dividitur per amicitiam et concupiscentiam, sed per amorem amicitiae et concupiscentiae.“ 1 Um den für uns besonders wichtigen Fall zu wählen, wäre demnach der sinnliche Liebesgenuß ein Gut nur für die Sinne, für die apprehensio sensitiva", nicht für die Vernunft, oder für die Vernunft nur insofern er zur Kindererzeugung, zum höheren und göttlichen Zweck der Erhaltung der Species dient. Da nun im Stufenreiche der Schöpfung die Frau ein niedereres Wesen ist als der Mann, eine nicht zu voller Entwicklung gelangte menschliche Entelechie, ein mas occasionatus, hoc est occasionem privationis passus, wie Albertus sagt, oder, im besten Falle, als Mensch genommen, auf derselben Stufe steht wie der Mann, so kann sie von diesem entweder nur mit unvernünftiger sinnlicher Begierde oder mit Freundschaft und Wohlwollen geliebt werden, aber niemals mit dem nach oben strebenden, intellektuellen, vernünftigen und guten Amor concupiscentiae.

Zu demselben Schlusse führt uns Thomas von Aquino noch auf einem anderen Wege. Im ersten Teil seiner Summa (I, 1, qu. LX) handelt er von der Liebe der Engel. Er geht dabei vom Begriff der natürlichen Liebe (Dilectio naturalis) aus und zeigt, daß auch die Engel

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1 a. a. O., artic. 4.

2 in Sum. I, tract. VI, qu. 29, membr. 2.

'Thomas sagt: dilectio, nicht amor naturalis, denn unter den Begriff des amor naturalis fällt auch die fleischliche concupiscentia, die ja eben ausgeschlossen werden soll.

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mit natürlicher Liebe sich untereinander lieben: festum est autem, quod id quod est unum cum aliquo, genere vel specie, est unum per naturam; et ideo dilectione naturali quaelibet res diligit id quod est secum unum secundum speciem, inquantum diligit speciem suam (artic. IV). Die natürliche Liebe geht also nicht auf das Individuum, sondern auf die Gattung, aufs Ganze. ,Videmus enim quod naturaliter pars se exponit, ad conservationem totius: sicut manus exponitur ictui, absque deliberatione, ad conservationem totius corporis. Quia igitur bonum universale est ipse Deus, et sub hoc bono continetur etiam angelus et homo et omnis creatura naturaliter secundum id quod est, Dei est, sequitur quod naturali dilectione etiam angelus et homo plus et principalius diligat Deum quam se ipsum (artic. V).“ Demnach kann der Mann vermöge der dilectio naturalis in der Frau höchstens dasjenige lieben, was sie mit ihm gemeinsam hat: die Menschheit, nicht aber dasjenige, was sie von ihm unterscheidet: die Weiblichkeit, das Geschlecht. Dasselbe, was von den Engeln gilt, muß sich auch auf den Menschen anwenden lassen: Unus Angelus diligit alium naturali dilectione inquantum convenit cum eo in natura. Sed inquantum convenit cum eo in aliquibus aliis, vel etiam inquantum differt ab eo secundum quaedam alia, non diligit eum naturali dilectione." Eine natürliche und rationale Liebe zum Weib als Weib ist auch damit wieder ausgeschlossen.

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Es ist also eine ebenso unstreitbare als beachtenswerte, und wie mir scheint, bis jetzt noch nicht genügend betonte Tatsache, daß in dem ganzen Lehrgebäude der Scholastik keinerlei Raum vorhanden ist für jene ideale, sinnlich-übersinnliche Frauenminne, wie sie von den letzten Troubadours gesungen wird. Die neue, dem dolce stil nuovo wesentliche Auffassung der Minne beginnt gerade hier, an diesem Punkt: d. h. in demselben

Augenblick, wo sich der Liebesdichter des Widerspruches bewußt wird, in den er unvermerkt geraten ist.

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Die Troubadours, die von der reinigenden Wirkung der Frauenminne soviel Schönes zu erzählen wußten, wiegten sich in einer kindlichen Täuschung. Ihr anbetender Frauendienst beruhte auf der Voraussetzung, daß die Frau ein höheres Wesen sei als der Mann eine Voraussetzung, die von den Damen gefordert, vom tadellosen Ritter geglaubt und verfochten, oder wenigstens als eine respektable Konvention geachtet wurde. Die Comtesse de Die, erzählt uns Francesco da Barberino, habe die Überlegenheit der Frau behauptet, indem sie zu bedenken gab, daß der Mann aus Kot, das Weib aber aus der hochadeligen menschlichen Rippe" geschaffen sei, daß dem Manne die physische Stärke eben zum Dienen, dem Weib die zarte Schönheit eben zum Herrschen verliehen wurde. Guilhem Magret räumte der Frau mindestens intellektuelle Ebenbürtigkeit ein, Arnaut Catalan sagte, daß man die Frau mit gutem Grunde höher achte, weil alle Tugenden auf dieser Welt durch sie allein bewirkt werden. Auch andere, z. B. R. Vidal haben sich in ähnlichem Sinne geäußert.1

Ist es nur Zufall, daß die natürliche Überlegenheit des Mannes in der italienischen Dichtung fast niemals ernstlich in Frage gestellt wurde? Sei dem, wie ihm

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A. Thomas, Fr. da Barb., S. 174f.

Der einzige, der, meines Wissens, in Betracht kommen kann, ist Guittone von Arezzo mit seiner Kanzone: Ai, lasso, che li boni e li malvagi (Le Rime di Fra G. d'A. ediz. Pellegrini. Bologna 1901. S. 326 ff.). Die beiden letzten Strophen dieses Liedes (male san dir und rale per se) entwickeln in matter Form allerdings noch die galanten Beweisgründe der Provenzalen zugunsten der Frau. Alles übrige aber ist moralisierend und schon asketisch gedacht. Der Hauptgrund für die Überlegenheit der Frau wird in ihrer größeren Zurückhaltung den Leidenschaften gegenüber gesucht. Man hat

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