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tung verlieren, daß Bolingbroke mit der Schaffung des Friedens im wohlverstandenen Interesse seiner Nation gehandelt. Der von dem Oranier für die Aufrechterhaltung des europäischen Gleichgewichts gegen die Übermacht Frankreichs geführte Kampf hatte schließlich auf Grund desselben Princips eine für England befriedigende Lösung gefunden, und auch der englische Handel konnte mit dem von Boling= broke vereinbarten Vortheilen wohl zufrieden sein. Auf den leßtern Punkt macht auch die Times in ihrem Essay über das Buch von B. (vom 5. Aug. 1884) aufmerksam und bemerkt hierzu mit Bedauern, wie nach dieser Richtung die besten Intentionen dieses englischen Staatsmanns durch seine eigenen Landsleute vereitelt worden seien ').

In dem weiteren Verlaufe von Lord Bolingbroke's Lebensschilderung bringt B. neue Aufschlüsse über das Verhalten dieses Politikers zum stuartschen Prätendenten nach dem plößlichen Tode der Königin Anna. Während noch Noorden die Meinung aussprechen zu können glaubt, daß St. John als Staatssekretär den Unterhändlern des Stuart unbedingt die Thüre gewiesen, weiß B. wieder mit Zuhülfenahme der Depeschen des vorzüglich unterrichteten Venetianers Grimani zu melden, wie Bolingbroke in allem Ernste einen Versuch des Restaurationswerkes geplant. Er that dies deshalb, weil er, umgeben von einer Welt von haßerfüllten Gegnern oder lauen Freunden kein anderes Mittel fand, seine Rolle weiter zu spielen. „Nichts konnte ihn sichern“, schreibt B., „als die Wiederherstellung der Stuarts, die Aufnahme der Rolle eines in Civil gekleideten Monk, eines Königsmachers, der einzig den Undank seiner mit der Krone beschenkten Kreatur, nicht die unstillbare Wuth oder den unberechenbaren Wankelmuth der Parteien zu fürchten hätte". Mit dem Scheitern dieser Pläne durch das Ableben Anna's beginnt fortan Bolingbroke's Laufbahn sich in absteigender Linie zu bewegen. Die

1) „The treaty of Utrecht was his one notable achievement, and it was shorn of its most valuable adjunct, the commercial agreement with France an agreement which, if sanctioned by Parliament, would have established free trade between the French and ourselves 171 years ago and might have altered the course of modern history. His intentions on this head were very good; but a statesman's best intentions if unfruitful, subserve no better or more efficient purpose than those of lesser persons."

Times vom 5. August 1884: Lord Bolingbroke, kritischer Bericht über das Buch von Brosch und das von Robert Harrop: „Bolingbroke a Political Study and criticism."

Episode seines Aufenthalts unter den Getreuen des Prätendenten weiß B. in charakteristischer Weise wiederzugeben. Ein tiefes Mitleid kommt uns an, den geistvollen Mann in der Gesellschaft zu sehen, inmitten eines „Chorus von alten Weibern beiderlei Geschlechts, unter denen Marschall Berwick der einzige Mann“, inmitten von „intriguirenden Hofdamen, schielenden Priestern“, Abenteurern und Ränkeschmieden. Troß aller Treue und Ergebenheit, mit der er nach den Zeugnissen der Königin Wittwe Jakob's II. und des zuverlässigen Berwick der Sache des Prätendenten diente, vermochte er doch nicht die Ungnade seines neuen Herrn von sich abzuwehren.

Während der nun folgenden Jahre bis zu Bolingbroke's Amnestie beginnt in England die Whigpartei ihre Herrschaft zu sichern und zu befestigen, nachdem ein furchtbares Strafgericht ihre Gegner zu Boden geworfen. Mit großem Scharfblick und Beibringung mancher neuen Details wird von B. die innere Entwickelung Großbritanniens unter dem Regime Robert Walpole's geschildert, namentlich wie dessen tief korrumpirende Herrschaft endlich eine allgemeine Opposition im Lande hervorrief, innerhalb welcher sich mißvergnügte Whigs, gemäßigte Tories und ehemalige Jakobiten brüderlich zusammenfanden. Ein näheres Eingehen auf die Zeit Walpole's läßt den Betrachter immer wieder staunen, wie gesund doch im tiefsten Innern diese englische Nation sein mußte, um sich aus dieser Kloake wieder in die reineren Regionen der Herrschaft Pitt's emporarbeiten zu können. Die Seele dieses Kampfes der „Patrioten" gegen Walpole, in welchen Streit auch später Swift bei Gelegenheit des Erlasses über die „Wood'schen Halbpfennige" so schneidig mit den „Briefen eines Tuchmachers" eingegriffen hat, ist vor allem Bolingbroke gewesen. Nach seiner „Zweidrittelbegnadigung“ hat er als geistiger Leiter der Opposition, obwohl seine Zunge gebunden, ein offenes Auftreten in der politischen Arena ihm unmöglich gemacht worden war, doch die einflußreichste Rolle gespielt, mit geheimem Rathe und kräftiger publizistischer Thätigkeit jene mächtige Bewegung gefördert und die Lawine in Lauf gebracht, welche Walpole's Herrschaft zerschmettern sollte. Den Lohn des ganzen Kampfes einzuheimsen, war ihm jedoch nicht beschieden. In's Privatleben zurückgekehrt mußte er sich damit begnügen, den Rest seiner Tage als Autor politischer und philo= sophischer Werke zu beschließen. Der literarischen Thätigkeit Bolingbroke's hat B. ein ganzes Kapitel gewidmet und ein schönes Bild

von dessen schriftstellerischer Persönlichkeit entworfen, das gleich frei von übertriebenem Lobe und Unterschätzung ist. In schlagender Weise wird hier oft der Schriftsteller Bolingbroke als Zeuge gegen den Staatsmann, der Philosoph Bolingbroke gegen den eine eng= herzige Kirchenpolitik verfolgenden Tory Bolingbroke aufgerufen. Welch scharfes Urtheil oft der Politiker, der einmal Staatsgeschäfte geleitet, über historische Dinge erlangt, zeigt in den historischen Auffäßen das Urtheil über die Regierung der Königin Elisabeth. Besseres als hier über diese Fürstin gesagt wird, vermag auch der moderne Forscher troß aller neueren Publikationen nicht zu sagen. B. weist dann in gelungener Weise nach, wie die Bildung Bolingbroke's zu Werken philosophischer Art nicht ausreichend war. Durchbricht derselbe doch sein ausschließlich auf die Empirie des menschlichen Geistes gegenüber den Dingen dieser Welt angelegtes System plöglich mit der ganz unvermittelt auftretenden Einschiebung eines persönlichen Gottes, der das in Ewigkeiten sich fortbewegende Uhrwerk des Kosmus gefertigt. Über diesen Inconsequenzen finden sich allerdings auch manche glänzende Gedanken, deren Bedeutung von B. gebührend hervorgehoben wird. Interessant ist es, den Eindruck dieser philosophischen Geisteserzeugnisse Bolingbroke's auf seine eigene Partei zu beobachten. Der von den Tories so lange Gefeierte wird nun in die Reihen der Kezer gestoßen, während er doch für die Schaar der Freidenker wegen seiner einstigen torystischen Kirchenpolitik ein Verdächtiger bleibt. Wie nun auch die Beurtheilung Bolingbroke's als Schriftsteller ausfallen möge, immerhin hat er an Reichthum der Gedanken, an glänzender Rednergabe, an persönlicher Einwirkung auf die Zeitgenossen den ersten Persönlichkeiten jener Periode Englands zur Seite gestanden und sein Name wird unauflöslich mit einer der bedeutendsten Epochen englischen Geisteslebens verknüpft bleiben. Das Buch von B. kann zwar nicht als eine reine Biographie gelten, aber es bringt zur Beurtheilung Bolingbroke's, jenes merkwürdigen Mannes, reiches Material. Gewiß wird kein Leser die klare, lebendige und geschlossene Schilderung einer ereignißreichen Zeit der englischen Geschichte ohne lebhafte Anregung aus der Hand legen.

Karl Ringhoffer.

Lettres de Louis XI roi de France, publiées d'après les originaux pour la société de l'histoire de France par Joseph Vaesen et Etienne

Charavay. Tome I: Lettres de Louis dauphin 1438 1461, publiées par Etienne Charavay. Paris, librairie Renouard. 1883.

Die Sammlung der Briefe Ludwig's XI. ist schon 1868 von Mademoiselle Dupont, der gelehrten Herausgeberin von Commynes, der Société vorgeschlagen worden; die mannigfachen Hindernisse, die sich der Herausgabe entgegenstellten, kamen der Sammlung insofern zu gut, als immer neue Nachforschungen die Zahl der Schreiben bis auf über 1800 gebracht haben, zu denen der vorliegende Band der Briefe des Dauphin nur als Einleitung anzusehen ist. Nicht nur die amtlichen und privaten Archive Frankreichs, sondern auch die des Auslandes, namentlich Italiens, sind dazu durchforscht worden. Die Missiven des Königs nur um solche, nicht um Urkunden handelt es sich - sollen wenigstens drei Bände umfassen. Der Band enthält zunächst 126 Schreiben des Dauphins, theils aus der Zeit seines Aufenthaltes in der Dauphiné, 1446–1456, theils aus der Zeit, wo er in Burgund lebte, 1456-1461. Sie sind fast alle nach den Ausfertigungen oder Konzepten abgedruckt. Da diese durchgängig der Jahresangaben entbehren, so war die Feststellung der Jahre eine mühevolle Arbeit, die mit Hülfe eines für die ganze Zeit Ludwig's angelegten sorgfältigen Itinerars bewältigt wurde, nur bei 16 Nummern ist es nicht gelungen. Alle Briefe sind in extenso gegeben, archivalisch genau, mit Angabe der Provenienz, nur über die Siegelung fehlt jede Bemerkung. Sehr sorgfältige Anmerkungen über die darin vorkommenden Persönlichkeiten begleiten den Text. In den französischen Stücken ist eine verständige Interpunktion angewandt, die in den lateinischen erschwert das Verständnis geradezu, vgl. Nr. 49. 108 u. s. w. Auch der Text scheint hier nicht immer korrekt wiedergegeben zu sein, vgl. Nr. 50. 110.- Auf die Missiven selbst folgen noch 100 pièces justificatives, größtentheils interessanter und wichtiger als diese selbst, und dann noch notices biographiques. Die Publikation läßt einen interessanten Blick thun in die früheste Entwickelung dieser mächtigen Herrschernatur, da Ludwig die Dauphiné ganz selbständig regierte, sie bringt ferner alles archivalische Material über den Konflikt zwischen Vater und Sohn zusammen, sie deckt endlich die intimen und lebhaften Verbindungen des Dauphins mit Mailand, auch mit Venedig auf; über die Führung der Armen Gecken nach der Schweiz und dem Elsaß ist sie sehr mager. Das Schreiben von Kolmar, Nr. 28 der pièces justificatives, hat sowohl im deutschen Text wie in der beigefügten Übersetzung einige Fehler. Die ganze Samm

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lung der Schreiben Ludwig's, in dieser musterhaften Weise fortgeführt, wird sowohl den Herausgebern aus der archivalischen Schule Frankreichs (archivistes paléographes) als der Société de l'histoire de France, an deren Spize jezt M. de Beaucourt steht, zu hoher Ehre gereichen. Mkgf.

Dom Jean Mabillon (1632-1707). Etude suivie de documents inédits sur sa vie, ses œuvres, sa mémoire par Henri Jadart. Reims, Deligne et Renart. 1879.

Der Begründer der Diplomatik, das hervorragendste Mitglied der Kongrégation de St. Maur, Dom Jean Mabillon, hat abgesehen von dem Lebensabriß, den sein Ordensbruder Dom Ruinart bald nach dem Tode des Genossen herausgegeben, noch keinen würdigen Biographen gefunden. Alle nach Ruinart unternommenen Versuche, uns ein Bild seines arbeitsvollen Lebens zu entwerfen, sind ungenügend. Jadart kommt also mit seiner Schrift einem langgehegten Bedürfnis entgegen. Leider kann man aber nicht sagen, daß er die Lücke ausgefüllt hat. Vergebens sucht man in dem Buche nach einer Schilderung der Congrégation de St. Maur, auf deren Boden Mabillon erwachsen ist; mit ein paar nichtssagenden Worten wird ihre Bedeutung in der Einleitung gestreift. Vergebens sucht man aber auch in dem ersten Theil des Buches, der das Leben Mabillons, seine literarischen Reisen, seine Arbeiten, vor allem seine Schriften polemischer Natur behandelt, endlich eine Charakteristik seiner Persönlichkeit gibt, nach wesentlich Neuem. Auszüge aus Ruinart, aus Valery: Correspondance inédite de Mabillon et de Montfaucon avec l'Italie, und aus anderen bekannten Werken und Abhandlungen, hie und da einmal einige unbedeutende Notizen aus handschriftlichen Quellen füllen hier die Seiten. Der zweite Theil gibt eine trockene Aufzählung aller Werke Mabillon's mit einzelnen Bemerkungen, die ebenfalls bekannten Werken entnommen sind. Auch der dritte Theil, welcher dem Andenken des großen Gelehrten gewidmet ist, bringt nichts Interessantes. Die Totenfeier des Verstorbenen, die Anerkennung, die er in Rede und Schrift bei seinen Zeitgenossen gefunden, die Bildnisse, die uns von ihm erhalten sind, die Grabinschriften, die Übertragungen seiner Leiche, alle diese mehr oder minder bedeutungslosen Äußerlichkeiten werden uns an der Hand Ruinart's und handschriftlicher Quellen geschildert. Verdienstvoller ist die Besprechung der verschiedenen über Mabillon in unserem

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