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für

katholisches Kirchenrecht

mit besonderer Rücksicht auf

Oesterreich und Deutschland

Gegründet von

Ernst Freiherrn von Moy de Sons.

Im Verein

mit den katholischen Canonisten Deutschlands und Oesterreichs

fortgeführt von

Dr. Friedrich H. Vering,
Professor der Rechte an der Universität zu Heidelberg.

Einundzwanzigster Band.

Neue Folge.

Fünfzehnter Band.

Mainz,

Verlag von Franz Kirchheim.

1869.

Printed in Germany

AUG - 5 1925

Mainz,

Druck von Franz Sausen.

Das Interdict.

Von Professor Dr. F. Kober zu Tübingen.

Erster Artikel.

§. 1. Die geschichtliche Entwickelung.

Das Interdict mit dem festbestimmten Inhalt und genaubegrenzten Umfang, welchen die kirchlichen Gesetzbücher des Corpus jur. dieser Strafe gegeben haben, ist das Resultat einer langen, durch Jahrhunderte sich hindurchziehenden geschichtlichen Entwickelung. Daher kann das jetzt geltende Recht nur unter Berücksichtigung seiner historischen Entstehung gehörig verstanden und allseitig gewürdigt werden. Indem wir, von diesem Gesichtspunkte ausgehend, es unternehmen, die verschiedenen Stadien, welche Praxis und Gesetzgebung in diesem Theile des kirchlichen Strafrechtes durchlaufen haben, darzulegen, muss sich unsere Aufmerksamkeit zunächst ganz besonders dem allgemeinen Localinterdicte zu wenden, welches über einen Ort, District oder ein ganzes Land verhängt wurde. Denn unter den mannigfachen Formen des Interdictes ist die genannte einerseits die wichtigste und häufigste gewesen, andererseits besteht über die Zeit ihrer ersten Anwendung eine grosse Verschiedenheit der Meinungen.

Viele der angesehensten Canonisten 1) glauben die geschichtlichen Anfänge des allgemeinen Interdictes in das vierte Jahrhundert versetzen und behaupten zu können, dass das Zuchtmittel, von welchem die Rede ist, in jenen Zeiten bereits allgemein bekannt gewesen und in seinem ganzen Umfange zur Anwendung gekommen sei. Sie verweisen auf die apostolischen Canones, welche sagen, dass ein consecrirter Bischof, welcher das übertragene Amt und die Sorge für das ihm zugewiesene Volk nicht annehme, auf so lange excommunicirt

1) Devoti, Instit. can. L. IV. tit. 19. §. 3. Ferraris, Prompta biblioth. s. v. Interdictum, art. I. n. 49 sqq. Phillips, Lehrbuch des Kirchenrechts 11, S. 566.

sein solle, bis er die Stelle antrete; dann werde beigefügt: — ἐι καὶ μὴ δεχθείη, ου παρὰ τὴν ἑαυτοῦ γνώμην, ἀλλὰ παρὰ τὴν τοῦ λαοῦ μοχθηρίαν, αυτὸς μενέτω ἐπίσκοπος, ὁ δὲ κλῆρος τῆς πόλεως ἀφοριζέσθω, ὅτι τοιόντου λαοῦ ἀνυποτάκτου παιδευταὶ οὐκ ἐγένοντο 1). « Habes hic, ruft Devoti voll Freuden aus, generale interdictum in totum clerum constitutum. Aber es handelt sich hier offenbar nicht um das Interdict über den Gesammtklerus einer Stadt, welche den selbstgewählten Oberhirten auf Anregung und durch die Schuld ihrer Geistlichkeit am Antritte seines Amtes gehindert hatte. Denn in vollkommener Uebereinstimmung mit dem ungefähr gleichzeitigen Concil von Antiochien?) sagt der Canon hinsichtlich des Bischofs, der das ihm übertragene Amt anzunehmen willkürlich sich weigert, »τοῦτον ἀφωρισμένον τυγχάνειν, ἕως ἂν καταδέξηται,« verhängt al sodie Excommunication über ihn und zwar mit dem für diese Strafe allgemein üblichen, technischen Ausdrucke. Nun wird auch von dem Klerus, der durch sein pflichtwidriges Verhalten dem gewählten Bischofe die Uebernahme des Amtes unmöglich macht, ganz der nämliche Ausdruck gebraucht ὁ κλῆρος τής πόλεως apoptow, folglich müssen wir die ihm in Aussicht gestellte Strafe gleichfalls als Excommunication auffassen.

Mit nicht grösserem Rechte scheinen uns die kirchlichen Schriftsteller, welche die Anfänge des Interdictes in's vierte Jahrhundert verlegen, sich zum Beweise ihrer Behauptung auf den heiligen Basilius zu berufen. In einem seiner Briefe 3) tadelt er den Priester einer Landgemeinde, weil derselbe gegen einen Mädchenraub, ein Verbrechen, das in jenen Gegenden allgemein um sich gegriffen habe, nicht mit der nöthigen Energie eingeschritten sei und trägt ihm auf, die Entführte, wo er sie finden möge, unverzüglich den Eltern zurück zu geben, den Entführer von den öffentlichen Gebeten auszuschliessen und mit der Excommunication zu belegen 4), seine Helfershelfer sowie deren Familien gemäss einer schon früher gegebenen Vorschrift auf drei Jahre von den kirchlichen Gebeten fernzuhalten 5)

1) Can. Apost. c. XXXVII.

29.

2) Conc. Antioch. an. 341. c. 17.: τοῦτον εἶναι ἀκοινώνητον, ἔς ̓ ἂν ἀναγκασθείς καταδέξοιτο.“ Hard, l. p. 601.

3) Epist. CCLXX.

4) „,καὶ ἀυτὸν δὲ ἐκεῖνον ἐξόρισον τῶν ἐυχῶν καὶ ἐκκήρυκτον ποίησον.“

5) „καὶ τοὺς συνεπελθόντας αυτῷ κατὰ τὸ ἤδη προλαβὸν παρ ̓ ἡμῶν κήρυγμα τριετίαν πανοικεὶ τῶν ἐυχῶν ἐξόρισον.

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und selbst das ganze Dorf, wenn es die Entführte aufnahm, sie gefangen hielt oder ihrer Herausgabe mit Gewalt sich widersetzte, von den kirchlichen Fürbitten auszuschliessen 1). Wir vermögen in der letzteren dem ganzen Orte oder der gesammten Parochie zugedachten Strafe keinerlei Art von Interdict zu erblicken. Basilius weist den in seiner Pflichterfüllung bisher lässigen Priester an, den eigentlichen Raptor mit der Excommunication zu belegen, eine Strafe, die in den Worten des Textes deutlich ausgedrückt ist und damals auch anderwärts 2) den unmittelbaren Urhebern des in Rede stehenden Verbrechens angedroht war. Diejenigen aber, welche ihm bei Verübung der Frevelthat Hilfe leisteten, schliesse er auf drei Jahre von den Gebeten aus Tv Eʊxy tópicov. Wir sehen, Basilius will τῶν ἐυχῶν ἐξόρισον. die Helfershelfer milder als den Thäter bestraft wissen und was unter dem opílε τ@v èuyov näherhin zu verstehen sei, sagt er in einem seiner Canones, welcher von der Fornication handelt, klar und deutlich »χρὴ ἐκβάλλεσθαι τῶν προσευχῶν καὶ προσκλαίειν αυτοὺς τῇ θύρᾳ τῆς ἐκκλησίας 3). « Das Ausschliessen von den Gebeten ist also die erste und unterste Stufe der öffentlichen Kirchenbusse, die Helfershelfer sollen auf drei Jahre unter die flentes gestellt werden und zwar navoxsí je mit der ganzen Familie, was voraussetzt, dass die letztern am Raub irgend wie betheiligt waren, denn die öffentliche Busse wurde Niemanden ohne eigene Schuld auferlegt. Der Umstand aber, dass Alle, die bei Verübung des Verbrechens mitgėholfen, von den Gebeten ausgeschlossen und unter die Pönitenten versetzt wurden, zeigt unwiderleglich, dass in jener Gemeinde der öffentliche Gottesdienst nicht sistirt, sondern nach wie vor abgehalten wurde, denn sonst wäre nicht nöthig gewesen, den Uebelthätern die Theilnahme an demselben speciell zu entziehen und eben hierin liegt ein entscheidendes Moment für das richtige Verständniss der nachfolgenden Worte. Basilius trägt dem Priester auf, selbst das ganze Dorf, wenn es die Entführte aufnahm, sie gefangen hielt oder ihrer Auslieferung an die Eltern sich widersetzte, von den öffentlichen Ge

1) καὶ τὴν κώμην τὴν ὑποδεξαμένην τὴν ἁρπαγεῖσαν, xai φυλάξασαν ἤτοι ὑπερμαχήσασαν, καὶ ἀυτὴν ἔξω τῶν ἐυχῶν πανδημεί ποίησον.

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2) Can. Apost. c. LXVII.: Έι τις παρθένον ἀμνήςευτον βιασάμενος ἔχει, ἀφοριζέσθω. Conc. Chalced. ann. 451. c. 27.: „Τοὺς ἁρπάζοντας γυναῖκας . . ἐι μὲν κληρικοὶ εἶεν, ἐκπίπτειν τοῦ οικείου βαθμοῦ· ἐι δὲ λαϊκοί, ἀναθεματίζεσθαι αυτους." Hard. II. p. 611.

3) Epist. CXCIX. c. 22.

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