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Die Zeit war kostbar. Was in der gegenwärtigen Verwirrung nicht gewonnen wurde, das mochte für alle Zukunft verloren gehen, und selbst den Verlust des schon Gewonnenen nach sich ziehen. Deßwegen trat Heinrich mit der Königin Sibylla in Unterhandelung. Er bot ihr, gegen Verzichtleistung auf Krone und Reich, für ihren Sohn die våterliche Grafschaft Lecce und zugleich das Fürstenthum Tarento an; überdieß fehlten auch hier große Versprechungen nicht. Sibylla, dastehend in der Mitte eines allgemeinen 3erfalles, ohne Hoffnung und ohne Zuversicht, wagte nicht, die Anerbietungen des Kaisers zu verwerfen. Sie überlieferte ihm die Burg, und vertrauete sich selbst seiner Großmuth an, so wie ihren Sohn, den König Wilhelm, ihre übrigen Kinder, ihre Schwiegertochter, die griechische Fürstin Irene, des Kaisers Isaac Tochter, Roger's Wittwe, andere Verwandte und Alle, die ihr treu geblieben waren bis zu dieser Stunde.

Nunmehr glaubte der Kaiser am Ziele zu sein. Deßwegen ånderte sich alsobald gänzlich sein Verfahren. Die nächften Tage waren Tage unerhörter Greuel. Heinrich ließ seinen Leidenschaften freien Lauf, und sein Ingrimm brach furchtbar hervor. Und doch fehlte es seiner Grausamkeit nicht an kluger Berechnung. Denn wer möchte es leugnen: er stand auf einem sehr schlüpfrigen Boden, am Rande eines Abgrundes; er hatte das Reich Sicilien nicht durch große Thaten be= zwungen, sondern er hatte nur den Thron der Normannen in feine Gewalt gebracht durch Ueberraschung und schlaue Künste. Nur der kleinste Theil des Landes war wirkich in seinem Befize. Nichts war gesichert. Die Seelen der Menschen waren nicht gebrochen, sondern nur eingeschüchtert, die Kräfte nicht vernichtet, sondern nur in Vergessenheit gerathen. Håtte nun der Kaiser in Sicilien zu bleiben vermocht, wäre er im Stande gewesen, sein Heer nach Bedürfniß und Gefallen zu erneuern und in gleicher Stärke zu erhalten: so möchten alle Wider

sprüche in seinen Verhältnissen leicht aufzulösen, alle Gefahren leicht zu beseitigen gewesen sein. Ihn aber rief Teutschland über die Alpen zurück, und das Heer, welches ihm gefolget war, stand ihm kaum zu Gebote, vielweniger war es in seiner Gewalt, dasselbe zu ergänzen und zu verstärken. Ueberdieß schätzten seine Krieger ihre Verdienste nach ihrem eigenen Maß, und verlangten die Forderungen erfüllet zu sehen, welche sie nach dieser Schäßung zu machen sich nicht scheueten. Deßwegen mußte er rasch thun, was er zu thun für nöthig hielt, und auf eine solche Weise, daß die Bestürzung, die er verbreitet hatte, nachhaltig fortwirkte. Es blieb ihm kaum etwas Anderes übrig, als dem Leibe die Knochen, dem Volke die Führer, zu entreiffen, und sich in den Besitz der Mittel zu sehen, welche gebrauchet werden konnten zu seiner und seines Heeres Vernichtung. Wenn man daher bei dieser Lage der Dinge bedenket, daß der Kaiser Heinrich seine Gemahlin als die wahre Königin des Reiches Sicilien ansah, welche durch Empórung und Arglist um den angestammten Thron betrogen war; wenn man zugleich bedenket, welche schlechte und niederträchtige Handlungen Manche für erlaubt gehalten haben, die nach der Herrschaft strebten oder die Herrschaft zu sichern suchten; wenn man überdieß die Sitten dieser Zeit in Erwägung ziehet, und endlich nicht vergißt, unter welchen Verhältnissen Heinrich gelebet hatte von Kindheit an: so wird man gewiß geneiget sein, Vieles zu entschuldigen, und gern zugestehen, daß ein gewaltsames Einschreiten, ein råuberisches Zugreifen kaum zu vermeiden gewesen sei. Diese arge Treulosigkeit aber, deren er sich schuldig machte, diese wilde Grausamkeit und diese teuflische Freude an der Mißhandelung, Verstümmelung und Marterung un glücklicher Menschen, die ihm zur Last geleget wird, findet keine Entschuldigung, weder in seinen Ansichten, noch in seiz nen Verhältnissen, weder in den Sitten seiner Zeit, noch in den Beispielen, die er erlebet haben mochte. Sie gehören ihm

an und erregen Entsehen, Abscheu und Ekel. Glücklicher Weise ist nicht nöthig, die Gråuel, die Statt gefunden haben, hier zu beschreiben. Nur Folgendes mag angemerket werden, weil es nicht ohne Einfluß geblieben ist auf die Schicksale des teutschen Volkes.

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Dem Kaiser war seine Gemahlin Costanza über die Alpen gefolget, nicht nach Sicilien. Sie hatte acht Jahre mit ihm in kinderloser Ehe gelebet. Jeht gebar fie, am Tage des heiligen Stephanus, zu Jesi in der Mark Unkona, einen Sohn, der Friedrich genannt worden, und in der Folge als der Zweite seines Namens zum Kaiserthume gelanget ist [5]. 3u derselbigen Zeit, zum Weihnachtsfeste, hatte der Kaiser die großen Herren auf Sicilien zu einer Versammlung in Palermo berufen, unter dem Vorwande, von ihnen im Namen seiner Gemahlin den Eid der Treue zu empfangen, und mit ihnen die Angelegenheiten des Reiches zu berathen. In dieser Versammlung aber kamen Briefe zum Vorscheine, welche aufge= fangen sein und von einer Verschwörung gegen das Leben des Kaisers Zeugniß geben sollten, die von einigen Baronen des Landes angezettelt worden wåre, wenn nicht mit Vorwissen der Königin Sibylla, doch zu ihrem und ihres Sohnes Vortheile. Wie aber ist es möglich, an die Aechtheit dieser Briefe zu glauben, wenn man sich nur an die Kürze der Zeit erinnert, die zwischen dem Einzuge des Kaisers in Palermo lag, zwischen dem Vertrage desselben mit der Königin Sibylla, und dem Weihnachtsfeste? Wohl mochte der Unmuth, die Erbitterung groß sein überall; wohl mochten eben deßwegen in gar vielen Menschen Rachegedanken aufsteigen: jene Zeit aber reichte nicht hin, die Besinnung zurück zu rufen, viel weniger ein Einverständniß zu bewirken, oder einen Briefwechsel einzuleiten. Dennoch verfuhr Heinrich, als wäre die Verschwörung nicht zu bezweifeln, und die Schuld der Verdächtigten erwiesen. Er ließ, vielleicht in derselben Stunde, in welcher fein Sohn ge

boren ward, eine große Anzahl vornehmer Männer ergreifen und zur Haft bringen, Geistliche und Laien, Bischöfe, Grafen und andere Herren vom Adel. Die königliche Familie wurde gleichfalls ergriffen und ins Gefängniß geworfen. Und diese Hårte, welche als die erste Folge einer großen Aufwallung über eine entdeckte Verschwörung hätte betrachtet werden mö gen, wurde nicht gemildert durch die Nachricht von des Sohnes Geburt. Die Gefangenen wurden vor ein kaiserliches Gericht gestellet, und zu gråßlichen Strafen verurtheilet: zum Feuertode, zum Galgen, zum Ersåufen, zur Blendung. Die geringste Strafe war die Verbannung nach Teutschland. Ein schreckliches Schicksal ward über die königliche Familie verhänget. Der junge König Wilhelm wurde wohl nicht entmannet, aber geblendet [6], und alsdann nach der Burg Ems, in Vorarlberg, gebracht. In dieser Burg hat der unglückliche Knabe erst nach einigen Jahren sein jammervolles Leben unbemerket beschlossen [7]. Die Mutter desselben, die Königin Sibylla, › wurde gleichfalls über die Alpen geschleppet, und mit drei kleinen Töchtern in dem Schlosse Hohenburg im Elsaß den Augen der Welt entzogen. Zwei Verwandte des königlichen Hauses wurden, geblendet, in der schrecklichen Burg Trifels eingeschlossen, welche nicht leicht einen Gefangenen aus ihren Mauern dem Lichte der Sonne und des Lebens zurück gab. Nur die Fürstin Irene, Roger's Wittwe, wurde verschonet, weil Philipp, der Bruder des Kaisers, sich dieselbe, wie es scheinet, zur Gemahlin erbeten hatte [8], wie er denn wirklich sich mit ihr vermählet hat. Dagegen wurde selbst den Gebeinen Tancred's und Roger's keine Ruhe gegönnet. Ihre Gråber wurden geöffnet, die Kronen von ihren Häuptern ge= rissen, alle Dinge von Werth hinweg genommen. Es bleibt aber ungewiß, ob es dem Kaiser Heinrich mehr um die Mißhandelung der Leichname zu thun gewesen, oder um den Fund, den er in den Gråbern zu machen gehoffet hatte. Denn wåh

rend er die Menschen verfolgte, mißhandelte, vernichtete, griff er auch mit gieriger Hand nach den Dingen, welche diesen Menschen gehöret hatten, oder noch gehörten. Er hob den alten Schaß, welchen die normannischen Eroberer und Fürsten seit einem Jahrhundert aufgehåufet hatten [9]; er entzog dem Palaste der Königin zu Palermo alle Kostbarkeiten; er ließ rauben und plündern überall, behielt für sich, was er behalten mochte oder durfte, und vertheilte den Rest an sein Heer, Hohe und an Geringe. Die Beute war so groß, daß die Ueberlieferungen aus dieser Zeit kaum einen Ausdruck zu finden wissen für solchen Reichthum. Ein Hundert und sechszig SaumThiere sollen, mit Gold, Silber, Edelsteinen und Kleinodien beladen, über die Alpen gesendet worden sein.

an

Nach solchen Thaten und solchem Gewerbe verließ der Kaiser, im Monate Februar des folgenden Jahres eilf Hundert fünf und neunzig, die Insel Sicilien und kam wieder nach Apulien herüber. Er rechnete ohne Zweifel auf die Nachwirkung, welche sein Verfahren in der Brust der Sicilianer zurück gelassen haben müßte. Er rechnete wohl auch auf die Gesinnung seiner Gemahlin, welche, ihren kleinen Sohn in Jesi zurücklaffend, nach Sicilien hinüber ging und in Palermo ihren Sih nahm. Denn er mochte wohl hoffen, daß sie nicht unterlassen würde, fort zu bauen an seinem Werke, wenn nicht mit demselben Nachdrucke, doch in demselben Geiste. Er rechnete nicht minder auf den habsüchtigen Eifer wohl bezahlter Scharen, von welchen er den Thron seiner Gemahlin umgeben sah. Also glaubte er ohne Zweifel, daß seine Gegenwart in Sicilien für die Erhaltung des Reiches nicht länger nothwendig sei, sondern daß seine Entfernung aus diesem Eilande nur dazu dienen würde, die Widerspånstigen von den Unterwürfigen dergestalt auszuscheiden, daß sie leicht unschädlich gemacht werden könnten. In Apulien angekommen, berief er die Herren und Vassallen des Landes zu einer großen Versamm

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