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Das

Europäische Völkerrecht

der Gegenwart

auf den bisherigen Grundlagen.

Von

Dr. August Wilhelm Heffter,

Königl. Preuß. geheimem Ober. Tribunalsrathe, ordentlichem Professor des Rechts an der
Friedrich-Wilhelms-Universität und Ordinarius der Juristen - Facultät zu Berlin 2c.

Bierte Ausgabe.

Koninklighe
Bibliotheck

te's Käge

(Unter dem gefeßlichen Vorbehalt einer eigenen franzöfifchen Ueberseßung.)

Berlin.

Verlag von E. H. Schroeder,
Hermann Kaiser.

Unter den Linden 41.

1861.

Vorwort.

Dieses Werk erschien zuerst im Jahre 1844 in Folge einer Anregung von E. Gans († 1839). Im Jahre 1847 erlebte es feine zweite Ausgabe, 1855 die dritte, wovon Herr Dr. Julius Bergson zu Paris eine Französische Uebersezung veranstaltet hat'; eine Griechische mit sehr beachtenswerthen Beigaben ist so eben durch den Professor Herrn Diomide Kyriakou zu Athen erschienen.

Das andauernde große sociale Interesse an dem Gegenstande, so wie der bisherige Mangel einer vernichtenden Concurrenz hat nun noch eine vierte Ausgabe des Originals veranlaßt.

Die Bearbeitung und der Druck derselben im Laufe des abscheidenden Jahres ist in eine ziemlich ernste Zeit politischer Krisen hineingerathen, so daß wohl Mancher an einem Völkerrechte überhaupt verzweifeln mag, während Andere den Anfang eines neuen Völkerrechtes der Zukunft begrüßen.

Einem ruhigen und klaren Beobachter wird indeß Folgendes nicht entgehen.

Die Pentarchie hatte auf dem Boden der Wiener Verträge von 1815 auch die Geltung des durch früheres Herkommen, Praris und Doctrin begründeten Völkerrechtes hergestellt. Neue Grundsäße hat sie nicht eingeführt, sondern allein die bestehenden oder zweifel

1) Le droit international public de l'Europe. Par A.-G. Heffter. Traduit par Jules Bergson, docteur en droit. Berlin, Paris 1857.

haften bis gegen 1848 im Sinne der heiligen Alliance benußt und in Anwendung gebracht. Der Nachdruck lag in dem gemeinsamen Congreßverbande.

Die Revolutionsstürme von 1848 und 1849 haben dieses Völkerrecht nicht ausgelöscht, sondern nur die bisherige Anwendung bekämpft. Ebenso wenig ist es mit der Auflösung der Pentarchie (1854) beseitiget worden; im Gegentheil ist sein Bestand innerhalb der Europäischen Staatengesellschaft fort und fort anerkannt worden.

Auch Frankreich hat sich in seiner neuen Machtstellung nur gegen die Unabänderlichkeit der Wiener Verträge erhoben, nicht aber von den Grundsägen des internationalen Rechtes selbst lossagen mögen. Im Gegentheil hat es dessen Continuität gesichert und die Pariser Conferenz von 1856 zur Feststellung erheblicher völkerrechtlicher Grundsäge in einer neuen überraschenden Form und Ausdehnung dienen lassen. An Stelle der früheren pentarchischen Congresse bietet es die Hand zu allgemeinen Europäischen Congressen und will diesen sogar das alleinige Recht zu Interventionen vindiciren. (Man s. die Flugschrift, der Papst und der Congreß" Elfte These.) Und wenn Frankreich mit seiner ungetheilten Nationalkraft unter der Hand seines jezigen Beherrschers für die Existenz und Selbstständigkeit anderer Staaten kaum weniger, ja noch bei weitem mehr gefährlich erscheinen darf, als unter dem nach Universalherrschaft strebenden Ersten Imperator, so möchte wohl der tiefen Einsicht Napoleons III. eher als dem ungestümen Genius Napoleons I. zuzutrauen sein, daß er der Vergänglichkeit willkürlicher Schöpfungen eingedenk sein werde, Gefahr also nur da eintreten wird, wo Schwäche, Vernachlässigung, Verrath und Denationalisirung Anreiz und ein offenes Feld bieten.

Allerdings bedrohet auch das Nationalitätsprincip den Bestand mancher bisherigen Staaten und Dynastien. Allein das Völkerrecht im Großen und Ganzen wird davon nicht berührt. Es ist

zunächst eine Frage des inneren Staatsrechtes, ob der Drang nach National-Einheit die einzelnen Theile einer Nation, worin sie staatlich gespalten ist, berechtige, sich ihrer besonderen Staatsformen und Regierungen zu entäußern und einen Einheitsstaat zu bilden, eine Frage, worauf sich nach Rechtsgrundsägen schwerlich mit einer einfachen Bejahung antworten läßt. Nur die Idee der Volkssouveränetät hilft über alle Bedenken hinweg. Allerdings wird, wenn sich auf solche Weise ein compacter Nationalstaat gebildet hat, seine Eristenz nicht zu ignoriren sein und derselbe in dem schon vorhandenen internationalen Staatenverbande seine Stelle und gleiches Recht mit den anderen finden müssen. Einstweilen aber sind dergleichen Nationalitätsbewegungen und deren Beförderung gleich einer inneren Revolution bloße Thatsachen für das Völkerrecht. Dritte Staaten werden dadurch von ihren Verpflichtungen gegen die bisher als legitim anerkannten Staatsgewalten nicht frei und Interventionen gegen dieselben können den Charakter und das Recht eines legalen internationalen Kriegsstandes nicht beanspruchen, da ein solcher überhaupt inneren Kriegen nicht beiwohnt.

Was von willkürlichen Annerionen fremder Staatsgebiete ohne giltigen Abtretungsvertrag der bisherigen Regierung rechtlich zu halten sei, ist in § 29. 69 dieses Werkes angedeutet.

Wie weit jedoch immerhin das Nationalitätsprincip um sich greifen möge: die Völkerstaaten werden am wenigsten eines Völkerrechtes entbehren können und nur einzelne neue Ingredienzien und Motive mit sich bringen. Einstweilen haben wir für unsere Zeit fein anderes internationales Recht als auf den bisherigen Grundlagen; alles Recht ist zunächst für die Gegenwart; so habe denn auch ich kein Bedenken gehabt, noch einmal das alte Völkerrecht in seiner Fortentwickelung bis heut wieder zu veröffentlichen.

In der Einrichtung des Werkes ist nur wenig geändert. Alles Tadels ungeachtet erscheint mir noch immer die sogenannte privatrechtliche Anordnung der Materien als die lichtvolleste und durchaus

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