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Die Synode von Trient, nach ihrer grofsen stillschweigenden Voraussetzung immer die Kirche selbst in ihrer Machtherrlichkeit, hat es doch vermieden einen Lehrsatz über die Kirche festzustellen, den erst der römische Katechismus aufgestellt hat. Hiernach umfafst die triumphirende Kirche die jenseitigen Verklärten, die auf Erden streitende Kirche Gute und Gottlose, beide in derselben Gemeinschaft des Glaubens und der Sacramente, aber sittlich verschieden;1) sie ist einzig und einig, allgemein, apostolisch, heilig, unfehlbar, alleinseligmachend, ihr sichtbares Haupt der Papst.

So hat sich in der katholischen Theologie und thatsäch– lich dieser Begriff der Kirche ausgebildet, dafs sie sei die vom Gottmenschen für alle Völker gestiftete und dem unter Leitung seines Geistes ununterbrochen fortbestehenden Apostolate übergebene Anstalt zur religiösen Zucht aller Getauften, zur jenseitigen Beseligung aller Gehorsamen.2)

Diese Kirche, wie sie zwar örtlich beschränkt, doch so weit reicht als die Sonne auf und nieder geht, wie sie rohe Völker zur Gesittung geführt, die Kunst und Wissenschaft der neuen Zeit vermittelt, so viele Märtyrer und Heilige erzeugt hat, wie sie lebt hier in fürstlicher Hoheit, dort in freiwilliger Armseligkeit, die Braut Christi und die Mutter der Gläubigen, denen się göttliche Wahrheit und ewiges Heil verbürgt: sie hat noch immer etwas, das die Phantasie erfüllt, das Gemüth beruhigt und gute Sitte wahrt.

Dennoch war es die tiefe Verdunkelung und Entsittlichung

1) Cat. Rom. I, 10, 6: In ecclesia militanti duo sunt hominum genera, bonorum et improborum; improbi eorundem sacramentorum participes, eandem quoque quam boni fidem profitentur, vita ac moribus dissimiles.

2) Bellarmin. Eccl. mil. c. 2: Nostra sententia est, ecclesiam unam et veram esse coetum hominum, ejusdem christianae fidei professione et eorundem sacramentorum communione colligatum, sub regimine legitimorum pastorum ac praecipue unius Christi in terris vicario. Möhler, S. 331: »Die von Christus gestiftete sichtbare Gemeinschaft aller Gläubigen, in welcher die von ihm während seines irdischen Lebens zur Entsündigung und Heiligung der Menschheit entwickelten Thätigkeiten unter der Leitung seines Geistes bis zum Weltende vermittelst eines von ihm angeordneten, ununterbrochen fortwährenden Apostolats fortgesetzt und alle Völker im Verlaufe der Zeiten zu Gott zurückgeführt werden.<<<

dieser Kirche im 16. Jahrhunderte, die das Ereignifs herbeiführte, das selbst bei seinen Gegnern den Namen der Reformation durchgesetzt hat. Zur Heilung jener offnen Schäden war eine Spaltung der Kirche nicht nothwendig, sie sind, allerdings erst gegenüber dem vollzognen und dem weiter drohenden Abfalle, auch in der römischen Kirche grofsentheils abgestellt worden. Die Reformatoren dachten nicht an diesen Abfall, am wenigsten Luther, der in der altväterlichen Kirche tief gegründet war. Als er aber die Mifsbräuche, deren Abstellung er forderte, von den bestehenden Kirchengewalten geschützt sah, als dem, was er im Namen seines lieben Herrn Christus thun zu müssen überzeugt war, römische Bannflüche entgegentraten: da hielt er's, abzusagen dem römischen Antichristen und seinen Greueln, nicht für einen Abfall von der wahren Kirche.

Er hätte wohl, da der gröfste und kräftigste Theil seines Volkes ihm zufiel, damals noch des mächtigsten Volks der Erde, und andere Völker bald nachfolgten, sagen können: wir sind die wahre katholische Kirche, die Päpstlichen die Häretiker! Es wäre dann nur eine Spaltung geworden wie zwischen der griechischen und der römischen Kirche, jede von beiden mit gleichen Ansprüchen die alleinseligmachende Kirche zu sein. Dafs es darauf sich nicht verschränkte, dazu hat beigetragen, dafs die Professoren in Wittenberg und die Pastoren in Zürich und Genf sich nicht wie die Kirche des Morgenlandes für ihre Satzungen auf eine ununterbrochene Reihe von Bischöfen bis hinauf zur apostolischen Zeit berufen konnten, entscheidend aber ist gewesen, dass ihnen halb bewusst eine neue Gestalt des Christenthums sich hervordrängte, deren Träger sie geworden sind.

Gegenüber der noch immer unermesslichen Macht der bestehenden Kirche und ihrem durch die Jahrhunderte geheiligten Rechte griffen die Reformatoren hinauf zum Himmel nach dem ewigen Rechte der Idee, und der Geist der neuen Entwicklung sprach durch sie zur Kirche des Papstes: nicht wir sind die wahre Kirche, wie Christus sie gewollt hat, nicht ihr, sondern dieses Gottesreich, das mit seiner vollkommenen göttlichen Wahrheit und mit seiner vollkommenen sittlichen Frömmigkeit

die ganze Menschheit umfassen will, ist eine Idee, die nur allmälig und in mancherlei Gestalt sich verwirklichend der Weltgeschichte vorschwebt. Unser Recht besteht darin, dafs wir aus eurer Verdunkelung das Christenthum gerettet haben und dieser Idee näher gekommen sind.

So ist der Protestantismus entstanden: das Wort, indem eine kühne Protestation auf dem Reichstage zu Speyer, dafs in Sachen des Gewissens Majoritäten nicht entscheiden und kein Menschenwort dem siegreichen Fortschreiten der Wahrheit Halt gebieten könne, zum allgemeinen Begriff erhoben wurde; das Bewusstsein davon erst sehr allmälig durch die mifsverständliche Vorstellung einer unsichtbaren Kirche (vormals nur für die jenseitige, triumphirende Kirche gebräuchlich), die der sichtbaren, erscheinenden zu Grunde liege und ihren Werth bestimme, hindurchgehend; sein Inhalt die Unterscheidung jeder wirklichen historischen Kirche von jener idealen Kirche als ihr nur mehr oder weniger, nie vollständig entsprechend. Erst durch diesen Gegensatz ist auch der vorher nur thatsächlich bestandene und mächtige Gedanke des Katholicismus wenn zunächst auch nur seinen Gegnern klar geworden als die Behauptung, dafs die Idee der Kirche und diese bestimmte römische Kirche in allen wesentlichen Attributen derselben sich vollkommen decke, also diese Kirche zu jeder Zeit die vollkommne und ausschliefsliche Darstellung des Christenthums sei. Nur daraus erklärt sich ihr Rechtsbewusstsein, jeden, welcher der von ihr ausgesprochenen religiösen Satzung beharrlich widerspricht, auszustofsen, und dadurch ihn für ausgestofsen zu achten von der göttlichen Gnade.

Wie durch die Unterscheidung der Idee von der Wirklichkeit die neue Kirche ihr Recht neben der bestehenden alten darthat, durfte sie unbefangen anerkennen, wennschon der Groll des Kampfes dieses selten zu Worte kommen liefs, dafs auch in der römischen Kirche wahres Christenthum sei und Luther schreibt:3) » Wir bekennen, dafs unter dem Papstthum viel christliches Gutes, ja alles christliche Gut sei, und auch

3) Werke, Hallische Ausg. B. XVII. S. 2646.

daselbst herkommen sei an uns, nehmlich die rechte H. Schrift, rechte Taufe, recht Sacrament des Altars, rechte Schlüssel zur Vergebung der Sünde, recht Predigtamt etc. Ich sage, dafs unter dem Papst die rechte Christenheit ist, ja der rechte Ausbund der Christenheit und viel frommer grofser Heiligen.« So blieb der ganze herzerhebende Anblick des kirchlichen Alterthums mit seinen Märtyrern und Heiligen auch dem Protestantismus eigen, so weit er sich selbst verstand, und zugleich die Herzensgemeinschaft mit allen frommen Christen der katholischen Kirche des Abend- wie des Morgenlandes, so weit ein jeder die ideale Kirche in sich darstellt, während die römische Kirche, jemehr die Völker Europas sich von ihr abwandten, um so engherziger für diese nur den Fluch der Kirche, die Segnungen des Christenthums aber nur in den verengten Schranken der Anerkennung des Papstes als Haupt des Apostolats folgerecht hatte. Endlich, da die Zugehörigkeit zur idealen Kirche sich zwar auch äufserlich im Leben bewähren muss, doch im tiefsten Innern als christliche Gesinnung besteht, so trug der Protestantismus die Freiheit in sich, welche keiner menschlichen Kirchengewalt das Recht zugesteht von der idealen Kirche, sonach von der Gemeinschaft mit Christus selbst auszuschliefsen, die daher zwar nicht ohne eine geschichtlich wirkliche Kirche denkbar, doch durch keine bestimmte Form und durch kein Gesetz derselben nothwendig bedingt ist.

Der Protestantismus, wie sein kirchlicher Gegensatz ein Princip, konnte erst im Laufe der Jahrhunderte sein volles Bewusstsein und seine Folgerungen entwickeln. Aber schon auf dem allgemeinen Concilium zu Constanz ist sein Gedanke ausgesprochen und eine Macht geworden als das Verhältnifs der wahrhaft allgemeinen, ideal-katholischen Kirche zu den verschiedenen historisch bestehenden Kirchen, wie das Verhältnifs des Geschlechtsbegriffs zu den Arten.*)

4) In der unter dem Namen des dort herrschenden Kanzler Gerson bekannten Schrift: de modis uniendi et reform. ecclesiam : Catholica universalis ecclesia ex variis membris unum corpus constituentibus, sive ex Graecis, Látinis et Barbaris, in Christum credentibus est conjuncta. Cujus corporis caput Christus solus est. In hac ecclesia, quae temporalia

Dem Begriffe der Kirche in der Augsburgischen Confession liegt derselbe Gedanke zu Grunde, denn nur sofern die neu sich gründende Kirche eine Gemeinschaft der Heiligen ist, sofern das Evangelium richtig in ihr gelehrt und die Sacramente recht verwaltet werden, hat sie Theil an der idealen Kirche; und sie ist, wie die Apologie hinzufügt, wesentlich eine Gemeinschaft des Glaubens und des Geistes in den Herzen.") Die päpstliche Theologie hatte sofort bemerkt, dafs hier der Accent auf das Innerliche gelegt sei, auf eine Verehrung Gottes im Geist und in der Wahrheit. Dem Vorwurfe daraus, der an Luthers früherer enthusiastischer Berufung gegen die bestehende Kirche auf das eigne vom H. Geist erfüllte Gemüth einige Berechtigung hatte, entgegnet die Apologie:) »Wir träumen aber nicht einen platonischen Staat, wie einige gottlos höhnen, sondern wir sagen, dafs diese Kirche existire, nehmlich die über den ganzen Erdkreis zerstreuten wahrhaft Gläubigen und Gerechten; « also nicht blofs die der reformatorischen Kirche Angehörigen. Wird sogleich hinzugefügt, dafs diese Kirche doch auch Kennzeichen habe, »die reine Lehre des Evangeliums und die Sacramente,« so bleibt da immer noch unbestimmt, worin diese Reinheit bestehe, und vorausgesetzt, dafs wahrhaft Gläubige und Gerechte sich auch in der Kirche des minder reinen Evangeliums finden, daher es zuletzt doch etwas Innerliches ist, darüber nur das eigne Bewusstsein, oder vielmehr nur der Allwissende selbst entscheiden kann, ob und wiefern einer der

ad instar Christi despicit, et in ejus fide omnis homo potest salvari, etiamsi in toto mundo aliquis Papa non posset reperiri. Causa est, quia in hac solum ecclesia est Christi fides fundata et huic soli ecclesiae est potestas ligandi et solvendi tradita. Haec ecclesia nunquam errare potest, nunquam deficere, nunquam schisma passa, nunquam haeresi maculata est. In ista omnes fideles, inquantum fideles sunt, unum sunt in Christo. Alia vero, particularis et privata, in catholica ecclesia inclusa, ex Papa, Cardinalibus etc. compaginata solet, dici ecclesia Romana, cujus caput Papa creditur. Haec errare potest, et potuit falli et fallere, schisma et haeresin habere, etiam potest deficere. Differunt ergo hae duae ecclesiae sicut genus et species.

5) Apol. Conf. p. 144: Ecclesia non est tantum societas externarum rerum et rituum, sicut aliae politiae, sed principaliter est societas fidei et spiritus in cordibus. 6) p. 148.

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