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Kaiser dient, dann dem Teufel, und als auch der sich fürchtet vor einem Kreuze, Christo allein. Wie wir dem meist nur dienen können, indem wir armen Menschen Dienste leisten, hat der gewaltige Riese sich zum Fährmann gemacht, der auf seinen Schultern Wanderer über einen reifsenden Strom trägt. Da trägt er einst im Morgengrauen ein Knäblein über und er seufzt mitten im Strome: Ist's doch nur ein Kind, und mir ist's so schwer als trüg' ich die ganze Welt! »Du trägst auch den Herrn der Welt, « spricht das Kind und ertheilt ihm die heilige Taufe. Nach der ältern Legende thut Christophorus fortan Christum verkündend viele Wunder, bevor er als Märtyrer endet. Erst die spätere Fassung hat mit Abschneidung des Wunderthuns und Märtyrerthums den rechten Abschlufs erfühlt, dafs der Heilige alsbald nach seiner Taufe in Folge der theuern Last, die er getragen, am Ufer stirbt; und die bildende Kunst hat das Sinnbild hinzugethan, wie Memling es auf dem Bilde in Brügge so schön dargestellt hat, dafs im Momente der Taufe im Hintergrunde des Felsenthals, durch das der Strom braufst, die Sonne aufgeht. Christophorus bedeutet einen Christusträger, die Bezeichnung kommt schon vollwichtig vor in den Briefen und Märtyreracten des heiligen Ignatius, der da will, dafs jeder Gläubige ein Christophorus sei und vor dem Kaiser sich rühmte, dafs er Christus im Herzen trage. Ächte Poesie hat dieses geistige, Tod und höchstes Leben bringende Tragen Christi im Herzen als des Höchsten aller Herren anschaulich, also äufserlich dargestellt in der Christophorus-Legende. Das geschichtliche Dasein des heiligen Ritter Georg, der den Lindwurm oder nach dem Georgsliede 29) den Höllenhund ersticht, mag dahingestellt sein, aber sicher ist, dafs er ein edles Sinnbild geworden ist für den Sieg des Christenthums über das Heidenthum.

Karl der Grofse, der an der Heiligenverehrung keinen besondern Geschmack fand, hat doch unwillkürlich zur Entstehung eines Heiligen Anlass gegeben, indem er auf den Wahlstätten seiner Siege über die Sachsen Kapellen erbauen liefs zum Danke

29) Aus dem 9. Jahrh. Der Heidelberger Handschrift des Otfried beigebunden.

für die heilige Hülfe von oben [Sancti Adjutorii]. Das niederdeutsche Volk nannte solch eine Kapelle Sanct Hülpes Kerke und hat sich einen heiligen Hülpe daraus gemacht. Insbesondre die Vermehrung der Heiligen zu ganzen Schaaren ist durch Mifsverständnisse der Sage entstanden, wie die Thebaische Legion, die sich mit ihrem Obersten Mauritius bei Sanct Moritz niederhauen läfst, um nicht den Götzen zu opfern, und die 11000 Jungfrauen, die mit der heiligen Ursula vor Cöln gestorben sind um Jungfrauen zu bleiben. Auch schon unter geordneten Verhältnissen hat die Naivetät des Volks in Südfrankreich den Hund, der im Walde das schlafende Kind seines Herrn gegen eine grofse Schlange beschützt und nachdem er sie getödtet sich aus seinen Wunden blutend über das Kind hingestreckt hatte, den der Vater als er kam für den Mörder des Kindes gehalten und im Jähzorn erschlagen hatte, als Sanct Guinefortis zum Märtyrer und Kinderheiligen gemacht, den die Mütter besonders für schwächliche Kinder anriefen.

Die Heiligenlegende ist auf geschichtlichen Grundlagen theils durch die Volkssage im Drange des Idealisirens und in der Neigung die christlichen Ideale verkörpert anzuschaun, theils in hierarchischer Absichtlichkeit, theils im poetischen Spiele, immer mit der Lust, die Prosa des alltäglichen Lebens durch die Poesie des Wunders zu durchbrechen, zu einer katholischen Mythologie geworden. Der Art sind die Fioretti di San Francesco ein Blumenkranz, in mehr als einem Frühlinge gewachsen, und in die Glorie des heiligen Bettlers von anmuthiger wunderlustiger Poesie eingewebt. Es würde eben so thöricht sein, das Wunderbare darin natürlich erklären, als geschichtlich erweisen zu wollen.

Als sich das Bedürfnifs ergab die Heiligsprechung in eine bestimmte Ordnung und für den einzelnen dadurch Geehrten zur allgemeinen Anerkennung zu bringen, war die römische Curie dazu für das Abendland die naturgemässe Behörde, sie hat Heilige creirt seit dem 10. Jahrhunderte, erst Einzelne, wie ihr grade das Verlangen entgegengebracht wurde, dann seit dem 12. als ausschliessliches Papstrecht, in das doch die reformatorischen Concilien des 15. Jahrhunderts eingriffen. Es erschien

als ein Theil der Machtherrlichkeit des Papstes, dass er, wie durch den Ablafs über das Fegfeuer, so durch die Heiligsprechung über den Himmel verfüge, und dies dem Himmelspförtner ganz besonders zukommend. Die Päpste, die nur während ihres vergänglichen Daseins den Titel der Heiligkeit führen,20) haben doch ihre Macht in Bezug auf ihre Amtsvorfahren sehr bescheiden geübt, aufser den Märtyrer-Päpsten, die noch naturwüchsige Heilige waren, sind nur wenige Päpste, und diese von wahrhaft kirchlicher Frömmigkeit, heilig gesprochen worden, keiner von den grofsen weltherrschenden Nachfolgern Sanct Peters. Zwar Gregor VII. wird hie und da als Heiliger verehrt, namentlich am Orte seiner Bestattung in Salerno neben dem Zöllner-Apostel, als aber Benedict XIII. eine förmliche Heiligsprechung » des Papstes und Bekenners Gregor << mit der üblichen Liturgie erliefs, da ist diese Schrift in den meisten katholischen Reichen als Anreizung zum Aufruhr gegen die legitimen Fürsten verboten worden, denn sie erschien als die Heiligsprechung nicht einer Person, sondern eines Princips; daher nicht anerkannt von Fürsten und Völkern ist Gregor, dem auch der Erste dieses Namens den wohlverdienten Titel des Grofsen vorweggenommen hatte, ein unentschiedner Heiliger geblieben. 31)

Die römische Heiligsprechung hat allmälig sehr umständliche Formen des canonischen Processes angenommen. Nie wird ein Lebender heilig gesprochen, noch in der Erregung der Pietät kurz nach seinem Ableben. Die Zeugnisse der Verdienste des Candidaten werden umständlich geprüft, wobei allerdings die durch die Entfernung von der Zeit seines Lebens geförderte Unparteilichkeit neutralisirt wird durch die Unmöglichkeit noch Zeitgenossen als Zeugen dieses Lebens abzuhören. Auch fehlt nicht ein gesetzlich aufgestellter Gegner der Heiligsprechung, volksmässig der Advocat des Teufels genannt. Erscheint die

30) Wenn derzeit römische Schriftsteller Pius IX. gern tituliren : Adoratissimo Sommo Pontefice, angebetetster Papst, sieht das wie ein Überbieten der Heiligen aus, das doch mit seinem Ableben ein Ende nehmen wird.

31) Vgl. Bowers Hist. d. Päpste. B. VI. S. 583 f.

Heiligsprechung noch nicht hinreichend gerechtfertigt, so geht ihr die Seligsprechung voraus. Das alte volksthümliche Element wird meist noch darin beachtet, dafs die Untersuchung sich auch darauf bezieht, ob in der Heimath, im einstmaligen Wirkungskreise des künftigen Heiligen das Verlangen nach seiner Anerkennung grofs, ja seine Verehrung schon vorhanden sei. So war Johann von Nepomuk seit fast einem Jahrhunderte schon verehrt als der Heilige des durch die » Seligmacher<< wieder katholisirten Böhmerlandes, auch in der unbewussten Mischung mit den Märtyrer Johann Hus, bevor er [1729] heilig gesprochen worden ist. 32) Man ist einigemal nahe daran gewesen auch solche zu canonisiren, die sich nachmals als Ketzer erfanden, freilich sehr fromme Ketzer: aber dieses ist durch die Genauigkeit jenes Processes unsers Wissens noch immer rechtzeitig an den Tag gekommen. Nur der geistreiche Übermuth Boccaccios erzählt, wie ein abgefeimter Schelm, der in der Fremde sein Ende herbeikommen sah, sich einen letzten Spas daraus machte, durch eine heuchlerische Beichte und den Schein eines goltseligen Sterbens als ein Heiliger bestattet zu werden. Das Urtheil in der katholischen Kirche ist allerdings über einige Personen wie Raymund Lullus, Jeanne d'Arc, Savonarola getheilt, ob sie als Ketzer oder als Heilige anzusehn sein.

Der Canonisationsprocefs kostet natürlich mehr als eine Doctorpromotion, aber das Aufbringen dieses grofsen Aufwandes selbst gilt als ein Zeichen von dem Interesse, das eine Familie, ein Orden, eine Stadt, eine Provinz an der Anerkennung ihres Heiligen nimmt, sonach auch an seinem Cultus nehmen. wird. Ist endlich alles geordnet, so wird die Feier der Heiligsprechung in der Peterskirche vollzogen aufgestellte Bilder verkünden die verdienstlichen Werke des neuen HimmelsAristokraten, die Legende seines Lebens wird verlesen, der Papst selbst hält am Hochaltar die Messe und für den bisher gebetet worden ist, der wird zum erstenmal durch den Statthalter Christi angerufen: Sancte N. N. ora pro nobis !

Für einen Papst, der es wagt zuweilen über die erhabenen

32) O. Abel, die Legende v. h. Joh. v, Nepom. Berl. 4853.

Schranken seines Amtes hinauszublicken, vielleicht auch einmal an die Apotheose der alten Cäsaren an dieser Stätte zu denken,33) mag es ein seltsames Gefühl sein zu glauben, dass sein durch so vielfache menschliche Vermittelung bedingter Spruch wirklich eine Rangerhöhung im Reiche der Seligen hervorzubringen vermöge, wiederum dafs diese nicht stattfinde, wenn eine in Rom beabsichtigte Heiligsprechung aus fremdartigen politischen Gründen, etwa wie die Bellarmins durch den Widerspruch der französischen und spanischen Krone, verhindert wird, also unser Herr Christus selbst da, wo sein Statthalter den guten Willen dazu hat, durch Rücksichten auf das spanische Cabinet in der Zusammensetzung seines himmlischen Hofstaats beengt werde. Denn als solcher wird die heilige Schaar gedacht, den Gottmenschen und seine jungfräuliche Mutter im himmlischen Paradiese umgebend, fürbittend für ihre Günstlinge und hülfreiche Schutzpatrone in ihren Nöthen, dereinst das glänzende Gefolge, jeder in der durch die Legende seines irdischen Daseins gegebenen individuellen Gestalt, wenn Christus wiederkehrt zum Weltgerichte. Von dem gelehrten und scherzhaften Papste Benedict XIV., der ein weitschichtig Werk von nicht geringer wissenschaftlicher Bedeutung über die Heiligsprechung der Knechte Gottes verfafst hat, wird erzählt, dafs er in seiner letzten Krankheit auf sein schadhaftes Bein sich das Bild eines Mannes, um dessen Heiligsprechung sich's damals handelte, mit den Worten gelegt habe: Thust du mir Gutes, so thu ich's dir auch! heilst du mich, so will ich dich heiligsprechen!

Es wird uns doch schwer zu denken, dafs bei dem grofsen Heiligenschub am Pfingstfeste nicht ein leises Bedenken der Art

33) An den Adler, der vom Rogus der Cäsarenleiche aufstieg, erinnern wohl auch in christlicher Umwandlung die beiden Turteltauben, die unter andern alterthümlichen Opferspenden dem Papste bei der Canonisation dargebracht und in Begleitung andrer kleiner Vögel freigelassen wurden. Die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf diese in der Peterskirche umherflatternden Wanderer, auch mitunter einiger Tumult der Jugend um sie einzufangen, hat seit Benedict XIII. [1726] die Abstellung dieser volksbeliebten Ceremonie veranlafst.

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