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Erden, einst durch Agrippa dem rächenden Jupiter und allen Göttern erbaut, durch den römischen Bischof der Maria und allen Märtyrern neu geweiht [608] zum christlichen Pantheon wurde. Denn was sind diese Heiligen anders als christianisirte Heroen, verhalbgötterte Menschen! was diese römische Canonisation anders als die einstmalige Apotheose! mit dem allerdings bedeutsamen Unterschiede, dafs einst in Rom die Seele des Kaisers, nur weil die Götter in seine wennauch verbrecherischen oder schmutzigen Hände die Weltherrschaft gelegt hatten, in den Himmel erhoben wurde, jetzt auch arme nur mit christlichen Tugenden geschmückte Leute.

Aber auch der Segen ihres sittlichen Vorbildes ist nicht unbeschränkt anzuerkennen, diese Heiligen mit ihren überflüssigen Werken, ihren excentrischen Tugenden und unnatürlichen Entsagungen, haben manches edle Gemüth von der naturgemäfsen Bahn einfacher Pflichterfüllung hinweg irre geleitet und verstörend zwischen das höchste sittliche Vorbild in der Nachfolge Jesu sich gestellt. Gar manche Heiliggesprochene, die viel erduldet und viel gethan haben, nur nicht was der bescheidne Kreis häuslicher und bürgerlicher Pflichten, in welchen Gott sie gestellt hatte, ihnen auflegte, durften, bei aller Verschiedenheit der Tendenz, mit unsern demokratischen Landsleuten in London verglichen werden, in deren Sinn es durch einen schwer geprüften, nun verstummten Mund gesagt ist: 54) » Es scheint mir nur ein feinerer Egoismus darin zu liegen, wenn jemand seine eigene Schuldigkeit thut. Der höchste Grad von Edelsinn liegt darin, wenn man sogar auf den Genufs verzichtet seine Pflicht zu thun und sie lieber mit schmerzhafter Aufopferung versäumt um für höhere Ideen zu wirken!« Lieber als ihre Pflicht mögen gar manche Menschen von sehr zweifelhafter Sittlichkeit mehr als ihre Pflicht thun.

Hiernach was Möhler sagt: » sollen wir Christum anbeten, so sind wir genöthigt Heilige zu verehren, « und was er sogleich hinzufügt: » die Lehre der Kirche behauptet nicht, dafs man die Heiligen anrufen müsse, sondern nur, dafs sie angerufen wer

54) Im Hans Ibeles von Johanna Kinkel. Stuttg. 1860.

den können,« das ist nur ein einschmeichelnder, mit dem gläubigen Gedanken den abergläubischen Cultus umhüllender Ausdruck. Der ebenso wahre als gläubige Gedanke ist, dafs Christus, indem er den Schwung eines neuen religiösen Lebens in die Welt gebracht und eine zahllose Menge zum Heil geführt hat, in einzelnen hochbegnadigten Menschen die Macht seines Geistes absonderlich bewährte und zur Anschauung brachte, in denen wir daher, ohne darum ihre menschlichen Schwächen zu verkennen, einen Abglanz seiner eignen Herrlichkeit ehren. Gedeckt und gerechtfertigt soll dadurch werden, dafs der Spruch eines Menschen, der sich den Statthalter Christi auf Erden nennen läfst, sofort einem andern bereits verstorbenen Menschen Rangordnung und Macht im Himmel verleihe, also dass ihm Altäre erbaut, Weihrauch angezündet, vor seinem Bilde die Kniee gebeugt und Gebete an ihn gerichtet werden. Das ist der abergläubische Cultus, der stark nach Heidenthum schmeckt. Die katholische Kirche wird im einzelnen Falle nicht leicht jemand zwingen einen Heiligen anzurufen, aber sie wird denjenigen, der irgendwie erklärt dies grundsätzlich nicht zu thun, der also nicht mit dem Concilium von Trient es für gut und heilsam achtet, nicht für einen Gläubigen gelten lassen, 55) und mehr als ein wahrhaft Gläubiger ist einst defshalb, weil er sich weigerte Heilige anzurufen, in den Kerkern der Inquisition begraben oder auf ihren Scheiterhaufen geopfert worden, nach demselben Rechte, kraft dessen einst in Rom Gläubige zum Tode verurtheilt wurden, weil sie sich weigerten dem Jupiter oder den andern Göttern Weihrauch zu streuen. Noch ein Kirchenvater sagt mit frohem Stolze: »Der Herr hat seine Todten an die Stelle eurer Götzen in die Tempel eingeführt. << Aber es liegt eine tragische Ironie darin, dafs jene Märtyrer, die sich selbst geopfert haben um nicht falschen Göttern zu opfern, grade die Ahnenherren der Heiligen geworden sind, denen wiederum neben dem einen wahrhaftigen Gotte Altäre errichtet

55) In der Professio Fidei Tridentina tritt auch über das blofse Können sehr entschieden das Sollen hervor: Constanter teneo — sanctos una cum Christo regnantes venerandos atque invocandos esse, eosque orationes Deo pro nobis offerre. Ebenso Cat. Rom. III, 2, 44 sqq.

und Weihrauchfässer geschwenkt werden. Mag denn der Heiligendienst viel Schönes in sich tragen und es der bildenden Kunst gebracht haben: die Götter Griechenlands sind noch schöner gedacht worden und haben noch Schöneres in der Kunst hervorgebracht; dennoch war ihrer Religion von Anfang an das Zeichen der Vergänglichkeit aufgedrückt.

Einigermafsen ist der Cultus des Genius an die Stelle des Heiligendienstes getreten. Unlängst bei der Fichte-Feier in Wien sprach Giskra: »Wir feiern heut Fichte, den Mann des Geistes: und sie, sie feiern den heiligen Wenzel!« Wie die deutsche Nation, Protestanten und Katholiken, in den Novembertagen 1859 das Säcularfest Schillers begangen hat, so herrlich wird sie schwerlich je das Andenken eines Heiligen feiern, wie denn auch keiner diesen mächtigen Einfluss auf die Gedanken unsers Volkes geübt hat.

Unter dem lutherischen Landvolk in Schwaben geht die Rede, dafs jeder Katholik unmittelbar vor seinem Tode noch evangelisch werden müsse: nach der letzten Ölung eröffne der Priester dem Sterbenden, dafs er sich allein an Christus zu wenden habe, da es mit den Heiligen nichts sei. Schon in der Reformationszeit zeigen sich die Spuren dieser Ansicht, dafs man's für einen Übertritt zum Evangelium hielt, wenn jemand in grofser zumal in der letzten Noth sich unmittelbar an Christus wandte. »Grad aus gibt einen guten Renner!« sagte der. Leibarzt zu dem sterbenden Herzog Georg, dem redlichen Feinde des Lutherthums, und soll ihn bewogen haben seine Seele allein dem Erbarmen des treuen Heilandes zu übergeben. nun, wie das auch Luther bemerkt hat, altkatholische Sterbegebete und Scheidebüchlein im Ernste der Todesstunde vorzugsweise den Erlöser anrufen, auch das vorgehaltene Crucifix auf das Leiden Christi hinweist, mag jene Meinung entstanden sein, deren ahnungsvolle Wahrheit ist, dafs der Heiligendienst früh oder spät untergehn und alles Christenthum wieder evangelisch werde.

Da

Drittes Capitel.

Die heilige Jungfrau.

I.

An die Spitze der heiligen Schaar trat die jungfräuliche Gottesmutter, als welcher nach der theologischen Begriffsbestimmung ihres volksthümlichen Cultus eine übergrofse Verehrung, Hyperdulia, gebühre.

Durch die ersten Capitel des Matthäus und Lukas war ihre jungfräuliche Empfängnifs des göttlichen Sohnes gegeben. Wie dieser als der zweite Adam, der Vater des erlösten Menschengeschlechts, dem ersten Adam entgegengesetzt wurde, so lag es nahe Eva und Maria einander gegenüber zu stellen. Schon Irenäus schreibt: »Durch eine Jungfrau ist das menschliche Geschlecht dem Tode verfallen, durch eine Jungfrau wird es gerettet. «1) War hiermit der Ton angegeben Maria als das Ideal des weiblichen Geschlechts zu betrachten, so musste in einer Zeit und Kirche, der die Jungfräulichkeit auch als leibliche Tugend auf's höchste galt, ihr diese unbedingt gegen jedes Gesetz der Natur bewahrt werden, daher die Meinung, dass eben durch die Geburt das Zeichen jenes Standes verletzt worden sei, oder dafs unser Herr nachmals Geschwister erhalten habe, bereits im 4. Jahrhunderte als frivol und ketzerisch bestritten wurde. Es geschah was geschehn mufs, wo ein besonderes Gewicht auf dieses Natürliche gelegt wird, dafs verherrlichende und doch freche Gedanken dasjenige berührten und entblöfsten, was sonst die Natur und die Sitte schweigend verhüllt.2)

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1) V, 19: Quemadmodum adstrictum est morti genus humanum per virginem, salvatur per virginem: aequa lance disposita virginalis inobedientia per virginalem obedientiam. III, 22, 4: Quod alligavit virgo Eva per incredulitatem, hoc virgo Maria solvit per fidem. Mitveranlassend zur frühen Verherrlichung Marias mochte die jüdische Verleumdung sein gegen ihre Ehrbarkeit.

2) Virgo in partu et post partum. Ältere Kirchenlehrer führten doch ähnliche Reden entgegengesetzten Zweckes in der Scheu vor einem doketischen Hindurchgehn: Tertul. de carne Christi c. 23 : Virgo quantum a viro, non virgo quantum a partu. Virgo concepit, in partu suo nupsit. Haec

Als in den schweren Kämpfen des 4. Jahrhunderts die Kirche zum Bewusstsein gekommen war, was es sagen wolle eine vollkommen göttliche Natur neben der menschlichen im Erlöser anzuerkennen, war unbeachtet üblich geworden und in einer Sprache, der die Göttermutter vom Ida noch in naher Erinnerung stand, Maria die Gottesgebährerin zu nennen. Dagegen erhob sich Nestorius, der Patriarch von Constantinopel : >Hat Gott eine Mutter? Also ist das Heidenthum entschuldigt, das Mütter der Götter eingeführt hat, und Paulus ist ein Lügner, der von der Gottheit Christi sprach, sie sei ohne Vater, ohne Mutter, ohne Stammbaum. Lafst uns Maria nicht mehr die Gottesgebährerin nennen, dass wir nicht in Versuchung kommen sie zu einer Göttin zu machen und also Heiden werden. «< Da wurde die Predigt unterbrochen durch den Ruf: Das ist Gottesleugnung!

Seitdem erschien die rechte Erkenntnifs des Verhältnisses der beiden Naturen in Christo bedingt durch die Verherrlichung der Maria. Vordem war er dargestellt worden als der gute Hirt, der das verlorne wiederaufgefundene Lamm heimträgt, als Weltlehrer inmitten der Apostel, oder als Welterlöser am Kreuze: nun ward üblich ihn darzustellen als das göttliche Kind im Schoofse der jungfräulichen Mutter. Poesie und Geschmacklosigkeit wetteiferten in Verherrlichung derselben. In Constantinopel predigte gegen seinen Patriarchen der Presbyter Proklus: >>Hier hat die heilige Gottesgebährerin und Jungfrau

vulva est, propter quam et de aliis scriptum est: omne masculinum adaperiens vulvam sanctum vocabitur Domino. Orig. Hom. 14 in Luc.: Omnium mulierum non partus infantis, sed viri coitus vulvam reserat: matris vero Domini eo tempore vulva reserata est, quo et partus editus, quia sanctum uterum et omni dignatione venerandum ante nativitatem masculus non tetigit. Und noch Epiph. Haer. 78, 19: Ovrós kotiv åky9õs àvoíyov μntoav μntoós. Dagg. Hieron. adv. Pelagian. II: Solus Christus clausas portas vulvae virginalis aperuit, quae tamen clausae jugiter permanserunt. Haec est porta orientalis clausa, per quam solus Pontifex ingreditur et egreditur, et nihilominus semper clausa est. Zum Zeugnisse gegen einige deutsche Neuerer, qui haud erubuerunt docere B. Virginis uterum in partum reseratum esse, beruft sich Perrone [T. III. §. 445] auf die Stelle der gothisch-spanischen Liturgie: Salvator omnium intra urbis Bethlemiticae septa genetricem Mariam, - cujus uterum nec ingrediens reseras, nec egrediens violas.

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