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längst [April 4862] hat der Erzbischof von Toulouse ein Jubelfest ausgeschrieben zum frommen Andenken an das Vorspiel der Bluthochzeit, die verrätherische Ermordung, von 4000 Huguenotten am 16. Mai 1562 in Toulouse, nachdem sie gegen die Zusicherung freien Abzugs die Waffen niedergelegt hatten. Die kaiserliche Regierung hat kraft ihres Rechtes, Feierlichkeiten zu untersagen, die zu gegenseitiger Aufregung führen, solches Schandfest verboten, und gewifs unter dem Beifalle des ganzen gebildeten Frankreich. Aber die hierarchische Partei würde in einem Jahrzehente das Säcularfest der Bluthochzeit feiern, wenn sie dürfte, wie diese einst in Madrid und in Rom mit Festspielen und Lobgesängen gefeiert worden ist. Die neuern Concordate alle suchen wieder die freie Ausübung des canonischen Rechts zu erlangen, das in der zweideutigen Mischung des geltenden und des abrogirten Rechts die alten entsetzlichen Ketzergesetze enthält, wie auch das römische Brevier den heiligen Ferdinand, König von Castilien, rühmt, dass er die Ketzer eifrig verfolgt und mit eignen Händen Holz herbeigetragen habe zum Scheiterhaufen für die Verurtheilten.")

Das verhältnifsmäfsig milde Verfahren mit dem Knaben Mortara [1858] hat neuerdings gezeigt, was das römische Princip erfordre und zugleich wie schwer zu dieser Frist seine Durchführung sei. Die treulose christliche Magd einer jüdischen Familie in Bologna hat ein Kind derselben heimlich getauft. Sobald es kund wird, entreifst die päpstliche Regierung den Knaben seinen Ältern um seine katholische Erziehung in Rom, im Hause der Neophyten zu sichern. Alles Flehn des Vaters und der Mutter um Herausgabe ihres geraubten Kindes ist vergeblich; wollen sie sich selbst taufen lassen, dann haben sie wieder ein Kind, sonst nimmer.

Dies entspricht dem katholischen Herkommen, das zwar verbietet ein Judenkind gegen den Willen der Ältern zu

9) Propriis ipse manibus ligna comburendis damnatis ad rogum advehebat. In der durch Urban VIII. verbesserten Ausgabe des Breviarium ist allerdings zum 30. Mai der heilige Ferdinand vor dem Mitheiligen dieses Tages, dem Papst und Märtyrer Felix, ganz verschwunden, doch im Diario Romano ist sein Fest in S. Maria di Monserrato noch angezeigt.

taufen, 10) aber haben einmal die geweihten Wassertropfen seine Stirn berührt, so sind ihm die heiligen Bande des Bluts auf immer zerrissen, die alleinseligmachende Kirche ist verpflichtet die gerettete Seele dem ewigen Heile zu bewahren. Es ist durchaus correct was darüber aus Rom berichtet wird: 11) >> Während die Kirche die linke Hand schützend um den menschlichen Vater-schlingt, kann sie sich doch darum unmöglich entschliefsen, mit der rechten Hand die göttlichen Vaterrechte Christi Preis zu geben. Ist es daher geschehn, dafs ohne ihr Zuthun irgendein Judenkind getauft wurde, so hat sie die unabweisliche Pflicht, das allerhöchste Vaterrecht, welches Christus durch den Act der Wiedergeburt auf dieses Wesen gewonnen hat, mit aller Entschiedenheit geltend zu machen, und es von den Ältern in christlichen Staaten selbst mit Zwang zu ertrotzen. << Aber so mächtige Verwendungen geschahen bei der päpstlichen Regierung, so zürnend sprach die öffentliche Meinung aller gebildeten Völker über dieses Verbrechen gegen die Natur, so empört war jedes Mutterherz, das nicht blofs katholisch fühlt, über diesen Kinderraub im Namen eines heiligen Vaters, 12) dafs wahrscheinlich der kluge Cardinal Antonelli den getauften Judenjungen zu allen Teufeln wünschte, während er doch für nöthig hielt das einmal zur öffentlichen Verhandlung

40) Genauer: es ist eine alte Streitfrage, ob Kinder gegen den Willen ihrer nichtchristlichen Ältern zu taufen sind? Die Scotisten sind dafür, die Thomisten dagegen, denn, hat Thomas Aquinas gesagt: es ist eine Gefahr für den Glauben [wegen drohenden Abfalls] und gegen die natürliche Gerechtigkeit. Die Päpste haben für das Letztere entschieden.

11) Stimmen aus Rom. Von den Benedictinern in St. Paul. Schaffhaus. 1860. S. 212. Wir erfahren da auch durch einen Augenzeugen über den damals siebenjährigen Edgardo Mortara, dafs er auf die Frage, ob er gern Christ geworden, ob er froh und glücklich sei? statt der Antwort seine ehrlichen schwarzen Augen vor Freude glänzend gegen den Himmel wandte; dafs er auf die Frage, ob er nicht gern nach' Hause zu seinen Ältern zurückkehren möchte? antwortete: »sehr gern, wenn sie Christen werden!«<

42) Noch im Sept. 1864 auf der Hauptversammlung der Evangelischen Alliance zu Genf sprach Sir Culling Eardley: »Was den jungen Mortara betrifft, wenn wir trotz der höchsten Verwendungen nichts haben erlangen können, so ist klar, dafs Gott die Augen der Christenheit offen halten will für die grofse Wahrheit, dafs zwischen Rom und dem Recht, zwischen Rom und der Familie kein Band existirt.<

gebrachte Princip hier in des Papstes eignem Staate aufrecht zu erhalten. Aber man darf sicher sein, wie lang oder kurz dieser Staat noch bestehn sollte, es werden darin Judenkinder so bald nicht mehr hinter dem Rücken ihrer Ältern getauft werden. Unserm berichterstattenden Augenzeugen in Sanct Paul kommt freilich das salbungsvolle Gerede, dafs hier das Recht des natürlichen Vaters durch den Vater der Christenheit verletzt worden sei, vor wie » Pomadengeruch aus der Parfümerie Joseph des II. «13) Aber das gastliche Haus in Bethanien ist vom Dufte der köstlichen Narde nicht mehr erfüllt worden, als dieser Salbengeruch die ganze gebildete Welt erfüllt.14)

In Frankreich ist doch gegen die Kinder protestantischer Familien mehrfach Ähnliches geschehn, dafs sie durch irgendwelche Mittel angelockt in Klöstern verschwanden, um nach Jahren als eifrige Katholiken ihrer Familie entfremdet wieder zu erscheinen. Es hält meist nicht schwer ein Kinderherz, das jahrelang in einer alles andre ausschliefsenden Atmosphäre klug und enthusiastisch behandelt wird, zu bekehren oder zu bethören. Unter den Bourbonen war dagegen Hülfe nicht zu finden. Durch gerichtliche Verhandlungen sind auch später einige Fälle der Art bekannt geworden. Ihr häufiges Vorkommen und die Ungunst der öffentlichen Meinung dagegen bezeugt ein Erlafs des Unterrichts-Ministers Rouland [31. Dec. 1861], welcher geistliche Genossenschaften wegen der ungesetzlichen Aufnahme Minderjähriger mit gerichtlicher Verfolgung und Auflösung bedroht. Es heifst darin: »Neuerdings sind Directoren

43) Stimmen aus St. Paul. S. 241.

14) Weltkundiger als unser Landsmann in St. Paul urtheilt Döllinger [S. 622]: »Jeder der die europäischen Zustände und Machtverhältnisse kennt, wird doch sagen müssen, dafs drei Ereignisse, wie der Fall mit Achilli, das Edict des Airaldi (und frühere ähnliche) und die Angelegenheit Mortara, in der Wagschale, in der die Frage des Kirchenstaats gewogen wird, stärker in's Gewicht fallen als eine gewonnene oder verlorene Schlacht.« Des Achilli- und des Airaldi-Falles haben wir später zu gedenken, aber schon die Mortara-Angelegenheit hat dem Papstthum mindestens eben so viel Leid angethan als die Schlacht bei Castelfidardo. Und nicht blofs um den Kirchenstaat handelt sich's, sondern um den römischen Katholicismus, denn aus den Principien desselben ist das Verfahren gegen den Judenknaben hervorgegangen.

und Almoseniere geistlicher Genossenschaften so weit gegangen zu behaupten, dafs die Förderung des Bekehrungsgeschäftes wichtiger sei als die Befolgung der bürgerlichen Gesetze.« In der That, wenn es wahr ist, dafs nur im Übertritte zur römischen Kirche die Rettung liegt aus ewigem Verlorensein: so gehört nur ein wenig Übergewicht des religiösen Eifers über das Rechtsgefühl und über die natürliche Achtung vor dem Heiligthum der Familie dazu, um bei vorkommender Gelegenheit der Rettung einer jungen Seele vor ewiger Qual, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen.

Perrone gibt uns zu bedenken:15) kein Grund sei vor¬ handen, wefshalb wir uns gegen die Katholiken erzürnten, da sie doch nur lehrten, was unsre eignen Secten früher gelehrt hätten. Wenn wir selbst aber nachmals diese Meinung verändert hätten, wie so vieles andere, warum sollten auch die Katholiken sie ändern? » Der Irrthum kann verändert werden, nicht die Wahrheit. «

Protestanten haben im Widerspruche mit dem Wesen ihrer Kirche einst so gehandelt, als achteten sie diese in ihrer vergänglichen Erscheinung für unfehlbar und alleinseligmachend: der Katholik handelt folgerecht in diesem Glauben. Von einem Erzürnen kann gerechter Weise nicht die Rede sein, wenn aus einem geschichtlich doch auch für eine Zeit berechtigten oder berechtigt gewesnen Princip seine Folgerungen zu Tage kommen, sondern nur vom Kampfe gegen dieses Princip selbst und gegen seine mehr oder minder unmenschliche Durchführung. Hätte nicht ein milderes Gefühl sich dagegen gewehrt, hätte nicht das Christenthum, das doch auch im Katholicismus mächtig ist, im Stillen immer dagegen protestirt: so würden diese Folgerungen noch mit ganz anderer Härte hervorgetreten sein, man würde z. B. soweit der katholische Staat ihrer mächtig war, allen Juden ihre Kinder entrissen und sie getauft haben, denn ist die Taufe und katholische Erziehung der einzige Weg des Heils, so wär's ja Christenpflicht diese Unschuldigen vor

15) T. I. §. 270.

ewiger Qual zu retten, mögen ihre Mütter wehklagen wie die zu Bethlehem und sich nicht wollen trösten lassen.16)

Es ist aber das Gesetz des Unnatürlichen und Unwahren, dafs es nicht bis zu seinem letzten Ziele folgerecht durchgeführt werden kann. Daher haben sich gegen das Monopol des Seligmachens Inconsequenzen und mildernde Auslegungen innerhalb der katholischen Kirche selbst geltend gemacht.

So die Anerkennung, dafs auch aufserhalb der katholischen Kirche eine gültige Taufe vollzogen werden könne, also auch in ketzerischen Genossenschaften Vergebung der Sünden und Mittheilung göttlicher Gnade bewirkt werde. Sodann die Excommunication ist dem katholischen Gedanken nach eine Ausschliefsung aus der alleinselig machenden Kirche, eine Übergebung der ausgestofsnen Seele an den Satan: nicht unwiederbringlich, denn der Fluch kann zurückgenommen werden, aber so lang er auf einem Haupte lastet, soll dieses ausgeschlossen sein von der Gnade Gottes, und stirbt der Gebannte ungesühnt, auf ewig. Soll es also in eines Priesters Willkür stehn, ja möglicherweise nicht einmal eines Priesters, denn nach dem Rechte des Mittelalters können auch päpstliche Legaten, welche nicht die Priesterweihe empfangen haben, den Bann aussprechen, eine arme Menschenseele auf immer von ihrem Schöpfer zu trennen! Es ist eine anerkannte Sache, dafs der Bann zuweilen ausgesprochen wird aus Irrthum, oder aus weltlicher Absicht, oder doch nur um zeitliches Gut, wie noch kürzlich in Spanien üblich war, denen welche Kirchengut erworben hatten und das im guten Glauben gekaufte

16) Controvers unter den katholischen Theologen ist nur, ob erlaubt sei Nichtchristen durch Strafen zur Taufe zu bewegen? Geschehn ist es oft durch politische wie durch kirchliche Gewalten. Ebenso controvers, ob die durch Furcht erzwungene Taufe eines Erwachsenen gültig sei? Die römische Ansicht ist dafür und in Spanien sind Juden, die aus Furcht getauft wieder abfielen zur altväterlichen Religion, die sie immer im Herzen trugen, gewöhnlich hingerichtet worden. Perrone, T. VIII. de Bapt. §. 187: Verior et communior sententia stat pro valore [Baptismatis], quando quis timore inducitur ad illud suscipiendum; quia non censetur omnino et simplice invitus, qui ex timore nec gravi neque cadente in virum constantem movetur.

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