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lich gebildet hat, wohl bestehn. Entspricht es ja auch unserm religiösen Gefühl, dafs nicht nur über einen geliebten Sterbenden, sondern auch über den Tødten am offnen Grabe der Segen der Kirche gesprochen wird. Nur von irgendeiner besondern übernatürlichen Wirkung kann um so weniger die Rede sein, da die Gelegenheit es zu empfangen von so viel zufälligen Umständen abhängt; Cavour hat die letzte Ölung erhalten, wer kann wissen ob Antonelli sie erhalten wird! Aber selbst eine Continuität mit der apostolischen Überlieferung dürfte sich herstellen lassen, wenn bei dem aufrichtigen Geständnisse einer allmäligen Umwandlung, im Sinne der alten Kirche, welche den Todestag der Märtyrer ihren Geburtstag nannte, allenfalls auch im Sinne des sterbenden Sokrates, die heilige Handlung als das Sinnbild einer Heilung von den Gebrechen dieses irdischen Daseins betrachtet würde, die Weihe zu den Geheimnissen des Todes als der Aufgang eines höhern Lebens.

Drittes Buch.

Von Beisachen.

Erstes Capitel.
Cultus.

Der katholische Cultus hat, wie Luther noch in der Zeit bitterster Entzweiung erkannte, eine feine christliche Abkunft, 1) voll sinnbildlicher Gebräuche, nach denen wahrscheinlich ist, dafs auch das unverständlich Gewordene sinnigen Ursprungs sei; und wer möchte leugnen, dafs bei diesen heiligen Bräuchen, alltäglich Millionen Gläubige Erbauung finden und seit Jahrhunderten gefunden haben! Auch haben wir nicht zu rügen, dass Christus und die Apostel diesen Cultus nicht eingesetzt haben, wiefern wir mit einsichtigen Katholiken das Recht einer geschichtlichen Entwickelung in der Kirche anerkennen, noch haben wir Anstofs zu nehmen an der Pracht dieses Cultus, die ja doch nur an den reichen Sitzen der Kirche stattfindet, denn, so wenig die wahre Andacht dieser Äufserlichkeiten bedarf, warum sollen nicht auch die Schätze der Erde dem Heiligen dienen? Aber das liegt als eine Schuld auf der römischen Kirche, dafs sie den Gottesdienst, statt eine naturgemäfse Äufserung und Nahrung der Frömmigkeit zu sein, als einen Dienst für Gott und als ein Verdienst für den Menschen hingestellt hat, das daher so äufserlich hin abgemacht werden kann,

1) Von Ordnung des Gottesdienstes. [Werke. B. X. S. 262.]

und dafs sie die Verkündigung göttlichen Worts hintangestellt hat.

Wohl mag mancher auch dadurch, dafs er nur gleichgültig seine kirchlichen Pflichten erfüllend zur Messe geht, zu Ostern beichtet, zu einem Gnadenbilde wallfahret, doch unwillkürlich von der Macht der heiligen Handlung ergriffen, einen Segen davontragen aber die Kirche, indem sie die Menschen zum Gottesdienste locken wollte, ist ihnen zur Verführung geworden, dafs sie der Meinung, mit so aufserlichem Thun sei es abgethan, ohne innerliche Busse ein gleichgültiges, wo nicht ein ruchloses Leben fortführen.

Wie viele im katholischen Sinne fromme Räuber haben doch in Italien gewirthschaftet! Solch ein Räuber-Ideal ist in einem Volksbuche, gedruckt »in diesem Jahr« mit päpstlicher Censur in Rom auf der Gasse um ein weniges zu haben, »der grofse · Marziale, « weiter auf dem Lock-Titel angekündigt als »ein grausames Schauspiel, welches die Geburt, das Leben und den reuevollen Tod desselben erzählt, wie er das Erbarmen Gottes über sich leuchten sah und von der Hölle befreit wurde, ob er gleich Vater, Mutter, Schwester, Bruder, Magd und Knecht ermordet hatte und als Hauptmann von 170 Banditen täglich einen Menschen zu ermorden pflegte. « Er hat die unnatürlichsten Laster geübt, seine Bande erobert eine Grafschaft, da leben sie >> wie die Lutheraner. « Endlich wagt ein Mönch ihm entgegen zu treten, schon hat er eine der Geliebten des Räubers bekehrt, Marziale dringt racheschnaubend in die Kirche, der Mönch tritt ihm entgegen: » Gott hat geblutet um dir Vergebung zu erwerben, der barmherzige Gott hat dir bisher zugesehn, jetzt flehe um seine Vergebung, mit offnen Armen erwartet er dich im Himmel. << O Wunder Gottes! Marziale fällt auf seine Knie, verlangt sogleich zu beichten, wird absolvirt und communicirt. Während man eine feierliche Messe zurüstet, zerspringt dem Bufsfertigen das Herz, er stirbt mit den Worten: Gelobt sei Jesus Christ! Da bringt eine Taube vom Himmel einen goldnen Brief, daraus der Mönch mit grofsem Pomp vorliest, dafs Marziale in den Himmel aufgenommen sei, worauf Viele von der Bande nach der Beichte verlangen und die Mutter Gottes anrufen.

Hier ist sogar etwas Höheres als die gewöhnliche kirchliche Werkthätigkeit, und doch verführerisch genug für dieses Volk dargestellt. Wer aber seine kirchlichen Pflichten nur treibt wie ein Geschäft, das man abmachen mufs, steht jedenfalls religiös auf einem sehr niedern Standpunkte. Hier liegt kein Dogma vor, das wir anklagen, nur ein kirchliches Verfahren. Und doch auch ein wennschon jetzt verleugnetes Dogma, das hier erst auf den gesammten Gottesdienst erweitert recht praktisch wird, jenes von den Sacramenten [S. 373], dafs ihre wunderbare Wirkung nicht ausbleibe, falls nur im Momente der Vollziehung nicht eine Todsünde entgegentritt. Wie bequem und verführerisch ist es da nicht, seines Heils immer von neuem versichert zu werden, und doch ein heilloses Leben zu führen! Das Verfahren der Kirche wird da recht augenscheinlich, wo sie für die Erfüllung irgendeines religiösen Actes Ablafs verheifst und durch irgendeine willkürliche Bestimmung desselben die Gläubigen auf ein zwar Phantastisches, doch in bestimmter Äufserlichkeit zu Gewinnendes hinweist.

Vornehmlich während der Kar-Woche sieht man in Rom viel Volks die sogenannte heilige Treppe [scala santa] auf den Knieen hinaufrutschen. Sie gilt als die vom Erlöser betretene, mit seinem Blute benetzte Stiege zum Prätorium des Pilatus, von der heiligen Helena um das Jahr 326 nach Rom geschenkt. Die Stufen von weifsem Marmor sind wohl erhalten, darüber jetzt zur Schonung und zum bequemen Rutschen ein Holzüber zug. Nicht die fernste historische Nachricht, nicht die geringste Wahrscheinlichkeit ist vorhanden, dafs in dem Unwetter, das über Jerusalem hinzog um nicht einen Stein auf dem andern zu lassen, 2) dieses bedeutungslose Ding erhalten und nach Rom gebracht worden sei. Jene Rutschprocession sieht unheimlich aus, wie ein sich fortwindender, nimmer endender Wurm. Aber eine alte päpstliche, von Pius VII. wieder hervorgesuchte und bestätigte Bulle3) sichert für jede so bestiegene Stufe der Treppe

2) Matth. 24, 2.

3) Nach der amtlichen Verkündigung vom 2. Sept. 1817 ist dieser Ablafs bereits von Leo IV. um 850 und durch Paschalis II. in einer noch im Archiv der Laterankirche aufbewahrten Bulle v. 5. Aug. 1100 erlassen.

9 Jahre Ablafs. Auch Luther ist 1510 hinaufgerutscht und erzählt davon, dafs er dabei wie eine Stimme hinter sich gehört habe » der Gerechte lebt seines Glaubens ! « ihm unbewusst das Evangelium seiner Bestimmung. In der Bulle ist allerdings gesagt, dafs es geschehe bufsfertig und mit dem Hinblicke auf den Tod des Erlösers.4) Aber da ein reuiges, in das Leiden des Herrn sich versenkendes Herz des Hinaufrutschens nicht erst bedarf um den rechten Ablafs, nehmlich die Vergebung der Sünden zu erlangen, so wird durch die mathematisch genaue Bestimmung des Ablasses, durch die sagenhafte Treppe und durch die ungewöhnliche Art ihres Besteigens die Vorstellung auf jenes Äufserliche hingerichtet, nicht leicht wird ein Zweiter jenes Flüstern vom Leben durch den Glauben vernehmen, aber sicher werden Viele oben angekommen die Zahl der 28 Stufen mit der Neun multipliciren, falls sie soweit in den 3 species gekommen sind, und ihres Erwerbes sich erfreuen. Dazu hat Pius VII. ausdrücklich bemerkt, dafs dieser Ablafs auch den Seelen im Fegfeuer zugewandt werden könne,5) also unleugbar solchen, denen er nicht auf eine bewusste und sittliche Weise angeeignet werden kann.

Selbst einfache naturgemäfse religiöse Bezeugungen erhalten durch solche willkürliche Versprechungen der Kirche einen falschen verführerischen Zusatz. Die erhabenen Trümmer des römischen Coliseum sind zur Kirche geweiht, nicht sowohl durch die mit schlechten Bildern versehenen Capellchen als übliche Bezeichnung der Leidensstationen, die sich am Rande der Arena hinziehn und vor dem Riesenbau hinter ihnen verschwinden, sondern durch ein einfaches, in der Mitte aufgerichtetes hölzernes Kreuz. Nie hat das Christenthum mehr Recht gehabt sein Siegeszeichen aufzurichten als an dieser Stätte, geweiht durch das Blut so vieler Märtyrer im Kampfe mit den Thieren der Wüste, sein mildes Zeichen der Erlösung und des Friedens da,

4) Corde contrito orantibus vel meditantibus passionem Jesu Christi. 5) In dem Blättchen, das man dort auf einer profanen Nebentreppe hinaufsteigend zur Capelle Sancta Sanctorum gegen eine kleine Erkenntlichkeit für arme Mönche erhält Pio VII. di nuovo concedendo in perpetuo la sopraddetta Indulgenza, dichiarò potersi anche applicare alle anime del Purgatorio.

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