Sayfadaki görseller
PDF
ePub

der Kirche in jedem Jahrhunderte gewesen sei. Die Vulgata überbebt aller Sorgen wegen des hebräischen und griechischen Grundtextes der H. Schrift, wie derselbe Theolog so aufrichtig als folgerecht bekennt: » Die Katholiken sind nicht sehr besorgt um die Kritik und Auslegung der H. Schrift. Denn sie selbst, um es mit einem Worte zu sagen, haben den Bau schon fertig und vollkommen, in dessen Besitz sie fest und sicher bestehn; «< und wie er z. B. mit ältern katholischen Autoren es mindestens unentschieden läfst nach dem zweiten Capitel des Galaterbriefs, ob der von Paulus in Antiochien getadelte Petrus der Apostel gewesen sei oder ein anderer Schüler,24) haben wir ein hinreichendes Beispiel davon, dafs der gelehrte Jesuit um etwas ganz andres besorgt ist, als um das richtige Verständnifs der H. Schrift.

Hat dennoch die katholische Theologie nördlich der Alpen, wie sie vornehmlich in Tübingen seit mehr als einem Menschenalter eine Stätte begründet hat, sich auch auf diesen Gebieten kräftig erhoben und manches der protestantischen Theologie ebenbürtige Werk hervorgebracht, so mögen wir das willig anerkennen, auch da wo die neuen Mittel der Wissenschaft gegen protestantische Behauptungen gebraucht werden, alles Geistesmächtige und Freie ist am Ende doch dem Protestantismus blutsverwandt.

Um so härter ist dieser Aufschwung katholischer Theologie von den neuen Willkürschlägen römischer Verbote getroffen worden. Das erste Eingreifen der Art geschah gegen die Hermesische Schule. Sie war als solche nach dem Mafsstabe deutscher Wissenschaft durchaus nicht bedeutend, ein nachträgliches Gemisch Wolfischer und Kantischer Sätze. Hermes wollte vom Zweifel ausgehend die katholischen Dogmen beweisen und meinte sie beweisen zu können: aber als Lehrer in Münster und Bonn eine tüchtige Persönlichkeit war von ihm ein frischer Hauch des Lebens unter den Klerus von Westphalen und am Rheine gekommen, viele hochgeachtete Geistliche nann

24) Perrone, T. II. §. 496:

cum nondum inter eruditos conveniat, num Cephae nomine hoc in loco veniat Petrus an alius discipulus a Petro diversus.

ten sich seine Schüler. Da nach seinem Tode und nach dem seines Gönners des Erzbischofs Spiegel von Cöln erscheint plötzlich eine unbestimmt gehaltene päpstliche Verdammung seiner Lehre, ein Verbot seiner Schriften. Die theologische Facultät in Bonn, mit Ausnahme eines Neuberufenen dafür bekannt den Kern der Hermes - Schule zu bilden, behilft sich eine Weile in der Art, dafs sie » den grofsen Lehrer« nicht mehr mit Namen nennt, dafs sie bittet seine Compendien nicht mehr in die Vorlesungen zu bringen, und sie zu Hause desto fleifsiger zu studiren, bis endlich durch die Consequenz des Katholicismus und durch die Verlegenheiten der preufsischen Regierung der Hermesianismus dennoch unterlag. 25) Bald nachher wurde die Lehre eines hochgehaltenen französischen Theologen Bautain, der in entgegengesetzter Richtung einer Gefühlsreligion den trocknen Verstandesbeweis gänzlich von der Theologie ausschliefsen wollte, zu Gunsten desselben von Rom aus verdammt. Die letzten Hermesianer wehklagten, dafs der päpstliche Spruch an Bautain gerade das Gegentheil dessen verdamme, was an Hermes verdammt worden sei. Der Widerspruch der beiden päpstlichen Sprüche ist genau besehn nicht so unmittelbar, doch ist an Hermes die scholastische, an Bautain die mystische Richtung der Theologie verdammt worden, wie sie vordem harmlos in der katholischen Kirche neben einander bestanden.

Darnach wurde die Philosophie Günthers in Anklagestand versetzt. Dieser Wiener Geistliche war alt geworden in einer so glänzenden Verherrlichung der katholischen Kirche, ein wenig im Style Jean Pauls, dafs er von Protestanten der römische Hofphilosoph genannt wurde. Das Unternehmen, selbst

25) Die letzten Hermesianer,« die Bonner Professoren Braun und Elvenich hatten versichert, dafs an Hermes Lehren verdammt worden sein, die er nie gelehrt habe. Nach Rom gefordert sind sie, ohne gehört zu werden, zurückgewiesen worden, ihr letztes Schreiben wurde vom Cardinal - Staatssecretär Lambruschini ihnen uneröffnet zurückgeschickt mit der Ermahnung: »Ihr habt den Weg des Irrthums betreten. Statt euch zu unterwerfen, greift ihr zu der von den Jansenisten erfundenen distinctio juris et facti. Schreibt mir in Zukunft nicht wieder. Der Procefs ist beendigt, causa finita est, utinam aliquando finiatur et error.<<

im Gegensatze einer herrschenden pantheistischen Philosophie die kirchlichen Dogmen über die Geheimnisse Gottes der Vernunft zugänglich zu machen, kommt immer in Gefahr diese Satzungen ein wenig umzudeuten. Auf hartnäckige Denuntiation von Trier aus nach langer Verhandlung hat man sich in Rom zu einem Verdammungsbreve entschlossen [1857], das allerlei Irrwege, vor allem dies rügt, dafs sich die Philosophie ihrem Magddienste zu entziehn suche; und Günther hat sich demüthig unterworfen. Auch bei dem Verbote der letzten Schriften von Lasaulx, der in fromme Sinnbilder vertieft doch als ein Philolog in der Art der alexandrinischen Kirchenväter die Griechen lieber hatte als die Juden, und den Sokrates etwas nah an Christus heranstellte, wird es gerühmt, dafs er vor seinem Tode sich dem Urtheile der Kirche unterworfen habe.26) Er hat es allerdings in der Voraussicht des heranziehenden Unwetters gethan falls sich in seinen Schriften je nach der Gröfse der behandelten Probleme Irrthümer fänden, und man es zu Rom im Interesse der katholischen Kirche finden sollte, sie defshalb auf den Index zu setzen, dafs er dieses Urtheil als ein begründetes ansehn würde, wenn er auch den Glauben hege, dafs derartige Mafsregeln im Interesse der katholischen Kirche aufser der Zeit seien.

Das bedeutungsvolle Ereignifs ist nicht die nächste Wirkung dieser Verdammungsdecrete gegen Bücher und theologische Richtungen, die ohnedem würden vorübergegangen sein, sondern der Sinn der in solcher Machthandlung gegen die Wissenschaft liegt. Statt die wissenschaftliche Verhandlung gewähren und die Geister auf einander treffen zu lassen, im Vertraun, dafs, wie diese Kämpfe aus der Zeit hervorgehn, sie mit ihr verlaufend auch zur tiefern Erkenntnifs der Wahrheit führen werden will der Papst unwidersprechlich entscheiden, nicht blofs über ein bestimmtes Dogma, sondern über die wissenschaftliche Methode selbst, wie etwas gelehrt werden soll und welche andre Lehrweise zum ewigen Stillschweigen zu verur

26) Im Urtheilsspruche: Auctor ante mortem laudabiliter se subjecit ecclesiae judicio.

theilen sei. Ganz andre Gegensätze hat die Hierarchie des Mittelalters unter sich ertragen.

Man wird sich erinnern, wie jene Machtsprüche in Rom zustandekommen. Was wissen sie da vom Verlaufe deutscher Wissenschaft! Sondern irgendjemand aus Deutschland selbst, sei's aus Gewissensdrange sei's aus andern Gründen macht in Rom Anzeige von einer gefährlichen Lehrweise. Erscheint die Sache oder Person bedeutend genug, so wird sie der Congregation des Index zur Untersuchung übergeben. Die Cardinäle darin lesen deutsche Bücher nicht, verstehn sie auch nicht, höchstens Cardinal Reyscher würde einige Auskunft geben kön– nen. Die Entscheidung liegt meist in der Hand eines der theologischen Consultoren. Wen haben sie dazu als wahrhaften Kenner gehabt seit den angeführten Verdammungen? Theiner möcht' es wohl verstehn, aber der kümmert sich lieber um alte Urkunden. Die Hermesische Entscheidung ist durch Perrones Hand gegangen, der versteht nicht Deutsch, kennt selbst Möhlers Symbolik nur aus der französischen Übersetzung, und damals ist ihm von katholischen Theologen ergötzlich nachgewiesen worden, da seine Kunde protestantischer Theologie vornehmlich aus Wegscheiders Dogmatik, als lateinisch geschrieben, geschöpft ist, welche lächerliche Mifsverständnisse hinsichtlich der deutschen Anführungen darin ihm untergelaufen sind.27) Vom Papste ist natürlich nicht zu verlangen, dafs er diese Bucher verstehe, oder auch nur gelesen habe. Hohe wissenschaftliche Bildung ist zuweilen eine Zierde des Papstthums gewesen, nie dessen Erfordernifs, vielmehr im katholischen, sogar im christlichen Sinne konnten Päpste gelegentlich es rühmen lassen, dafs sie so wenig als Sanct Peter theilhätten an weltlicher Wissenschaft, da Gott nicht die Weisen vor der Welt, sondern die Einfältigen erwählt habe, auf dafs er die Weisen zu Schanden mache.28) Der Papst unterschreibt das Urtheil der betreffenden

[ocr errors]

27) Perronius vapulans Theologus Romanus. Colon. 1840.

28) So im Schreiben des päpstlichen Legaten in der Streitsache gegen Gerbert von Rheims, den nachmaligen Papst, an den König von Frankreich [Monumenta Germaniae. T. V. p. 687]: Quia vicarii Petri et ejus discipuli nolunt habere magistrum Platonem, neque Virgilium, neque

Congregation, etwa noch bestimmt durch den Rath seines Staats-
secretärs über die politische Angemessenheit. Hierdurch erklärt
sich auch das Zufällige in diesen Vernichtungsdecreten, dafs
z. B. die harmlosen Bücher des katholisch so wohlgesinnten La-
saulx verdammt wurden, aber die Schriften seines Collegen
Baader, die auf katholischem Standpunkte eine Verdammung
so ehrlich verdient hätten, ungekränkt geblieben sind.

Diese Verhältnisse sind in Deutschland hinreichend be-
kannt und wurden zur Zeit des Hermesischen Streites sogar
auf's robeste ausgesprochen, z. B. in einem offnen Briefe an Pro-
fessor Achterfeld: »Sie können nicht glauben, wie mich die
Schmach bewegt, die dergleichen unselige Mifsgriffe der ober-
sten Kirchengewalt über die Kirche selbst herbeiführen. Und
wenn man erst die schmutzigen Hände kennt, welche die Kar-
ten mischen, die alsdann der arme Papa herausspielen muss,
die unter dem Tische den Faden ziehen, der seine Hände in Be-
wegung setzt zu solchen Damnationen! <<

Wie mag es doch einem Gelehrten zu Muthe sein, der seine
katholische Überzeugung redlich begründet und als Lehrer oder
Schriftsteller geltend gemacht hat, vielleicht nach einer langen
gesegneten Wirksamkeit, am Abende eines würdigen Lebens,
wenn ein Befehl aus Rom ihm sofort gebietet nach dieser Über-
zeugung nicht mehr zu lehren, ja sie nicht mehr zu haben, und
so in seiner Unterwerfung den Bankerot des Gelehrten zu er-
klären.

Wir haben unlängst einen Stofsseufzer aus solcher Be-
drängnifs vernommen.29) Recht eindringlich hat sich uns dieses

Terentium, neque ceteros pecudes philosophorum, dicitis eos nec ostia-
rios debere esse. Petrus non novit talia et ostiarius coeli effectus est.
Unde ejus vicarii et discipuli apostolicis instituti sunt doctrinis, non or-
natu sermonum, quia scriptum est: stulta mundi elegit Deus, ut confun-
dat fortia. Et ab initio mundi non elegit Deus oratores et philosophos,
sed illiteratos et rusticos.

29) Frohschammer, die Lage des kath. Schriftstellers u. die Frei-
heit der Wissensch. 1862. Diese Wehklage eines zum Index verurtheilten
katholischen Philosophen, der über die Fortpflanzung der menschlichen
Seele etwas anders gedacht hat als Thomas Aquin, wesentlich des In-
halts: »Die Lage eines katholischen Schriftstellers, der es Ernst nimmt
mit seiner Wissenschaft und nicht blofs Vorhandnes wiederkauen will,

« ÖncekiDevam »