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legung des Festes Mariä Verkündigung (25. März) ganz willkürlich und unhaltbar ist, spricht schon das dem letzten n in dem Worte ann. übergeschriebene kleine o dafür, dass anno gelesen werden muss. Die Erklärung Haids, der Müller und Staiger) gefolgt sind, ist also entschieden unrichtig.

Ihr tritt entgegen Fr. X. Ullersberger in seiner verdienstvollen fleissigen Schrift: Beiträge zur Geschichte der Pfarrei und des Münsters in Überlingen, Lindau 1879, S. 25 und 26. Er liest: Anno Domini millesimo trecentesimo quinquagesimo tertio anno secundo decimo tertio die mensis etc., erklärt also das drittletzte Wort der ersten Zeile als II und bezieht diese Zahl, weil sie weder mit der Römerzinszahl, noch mit dem Regierungsjahr König Karls IV. stimme, auf Papst Innocenz VI (1352-62) oder auf den Bischof Johann IV. (III) von Konstanz (1352-56). Was soll aber »im zweiten Jahre« ohne nähere Angabe, wessen zweites Jahr gemeint ist, bedeuten? So drückt sich keine Urkunde und keine Inschrift aus. Jener Buchstabe ist aber, wie eine sorgfältige Reinigung der Schrift ergeben hat, ein deutliches y mit übergeschriebenem o. Wenn Ullersberger am Schlusse seiner Ausführung bemerkt: »Diesem Irrtum (Haids) muss mit aller Entschiedenheit entgegengetreten und der 13. Mai 1353, welcher durch die Inschrift am Hosannaturme und von sämtlichen Chronisten [es giebt keine gleichzeitige chronikalische Nachricht hierüber] als echt beglaubigt ist [?], als Grundsteinlegungstag festgehalten werden,« so erweist sich diese Erklärung trotz ihrer Zuversichtlichkeit ebenfalls als verfehlt. Angenommen haben sie L. Allgeyer in seiner Schrift: Die Münsterkirche zu St. Nikolaus in Überlingen, S. 16, und F. X. Kraus, Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden, S. 602. Letzterer hält indessen auch die Lesung: Anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo in anno secundo für möglich, womit aber der Sache nicht viel mehr gedient ist.

Um zur richtigen Lösung der Frage zu gelangen, müssen wir kurz auf die frühere Geschichte der Pfarrei und der Pfarrkirche zurückgehen.

Die ursprüngliche Pfarrkirche für Überlingen war die St. Michaelskirche des zwei Kilometer nördlich von der Stadt gelegenen und politisch zu ihr gehörenden Weilers Aufkirch (d. i. wohl Obere Kirche), deren Patron auf eine ehemalige heidnische Kultstätte hinweisen dürfte (s. Freiburger Kirchenlexikon, 2. Aufl., unter St. Michael). Das Patronat über die Kirche, zu der die Filialkirchen in Überlingen und Hödingen (2 km. w. von Aufkirch) gehörten, besassen die Herren über die Stadt und Umgegend, und zwar im 12. und 13. Jahrhundert die Staufer, nach deren Ausgang (1268) das Reich. Die Filialkirche

4) Dr. J. N. Müller, Bad Überlingen, S. 88. Stadt Üb. a. B. sonst und jetzt, S 19.

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oder Kapelle hatte zum Patron den h. Bischof Nikolaus, der häufig an Überfahrtsorten der Gewässer verehrt wird. Im Jahr 1290 konsekrierte der Weihbischof Bonifatius von Konstanz zwei Altäre darin, von denen einer gegen die (Beinhaus-) Kapelle, der andere gegen den Berg lag1). Im Mai 1317 wurde der Pfarrkirche des h. Michael »außerhalb der Mauern« (zu Aufkirch), und der »Filialkirche des h. Nikolaus innerhalb der Mauern<< ein Ablass verliehen. Am 15. Mai 1311 verlieh König Heinrich VII. das Patronatsrecht der Pfarrei Aufkirch dem Benediktinerkloster Engelberg in Unterwalden, was König Friedrich der Schöne 1321 Januar 15 von neuem bestätigte 2). Aber schon 1343 Mai 29 schenkte Engelberg das Patronatsrecht, das ihm manches Ungemach bereitet hatte, dem Deutschordenshaus Mainau. 1344 Dezember 4 wurde der Dekan zu Überlingen vom Generalvikar in Konstanz beauftragt, den Deutschordensbruder, Priester Richard, genannt Phader, in die Pfarrei und Seelsorge zu Aufkirch, »der Mutterkirche von Überlingen«, einzuweisen nach der Verzichtleistung des früheren Kirchherren, Grafen Albrecht von Hohenberg, Domherrn von Konstanz 3). Die Bestätigung durch den Bischof Ulrich von Konstanz erfolgte am 4. Januar, durch König Karl IV. am 15. Januar 1348. Die Bemerkung Ullersbergers (S. 19), Papst Clemens VI. habe schon 1350 gestattet, die Kirche in der Stadt Überlingen zur Pfarrkirche zu erheben, so dass nun die zu Aufkirch deren Filialkirche geworden sei, lässt sich urkundlich nicht belegen, sie widerspricht vielmehr den schriftlichen Zeugnissen 4).

Dieses Verhältnis hatte nichts Auffallendes; auch bei anderen Städten war es ähnlich. So galt z. B. zu Villingen die 10 Minuten von der Stadt entfernte sog. Altstadtkirche noch bis ins 16. Jahrhundert als die eigentliche Pfarrkirche). In Überlingen aber konnte mit dem wirtschaftlichen und politischen Aufschwunge der Stadt die alte Kirche, die dem Namen nach zwar die Filialkirche, in der That aber die Hauptkirche war, nicht mehr genügen. Es wurde deshalb eine Erweiterung beabsichtigt, die durch die damaligen kirchlichen Wirren allerdings noch hintangehalten werden mochte. Jetzt, bei dem Patronatswechsel machte sich dieses Verlangen in der Bürgerschaft besonders nachdrücklich geltend. Dazu kamen nun noch andere bedeutsame Umstände.

1) Freiburger Diocesanarchiv VII, S. 214. 2) T. Neugart, Cod. dipl. Alem. II, S. 375 ff. und 401 ff. 3) Siehe über diesen Mann und die damaligen kirchlichen Zustände Regg. episcoporum Constant. Nr. 4697, 4711, 4763 und 4852. Albrecht hatte 10 Pfarrkirchen zugleich, einige, darunter jedenfalls die zu Aufkirch, auf unkanonische Weise inne, 4) Siehe die im folgenden angeführte Urk. von 1353, auch eine Urkunde von 1357 Aug. 23, in der genannt ist >ecclesia parochialis in Uffkilch cum sua filia in Überlingen bei Neugart cod. dipl. Alem. II, S. 454-56.) Kunstdenkmäler des Grossh. Baden II, S. 106.

Die Jahre 1348, 1349 und 1350 gehören zu den bewegtesten und merkwürdigsten des 14. Jahrhunderts. Es braucht nur an das grosse unter dem Namen >Schwarzer Tod bekannte Sterben und an das jenes begleitende traurige Schauspiel des Judenbrandes erinnert zu werden. Dass die Seuche wie anderwärts so auch in Überlingen ihre Opfer forderte, ist als sicher anzunehmen; doch fehlt es an zuverlässigen Nachrichten hierüber1). Die Juden fanden hier am 11. Februar 1349 ihren Tod in den Flammen 2). Die furchtbare Heimsuchung des Himmels stimmte die Menschen zur Busse und zur Ausübung guter Werke. Das schon längst gefühlte Bedürfnis eines der Bedeutung Überlingens entsprechenden Gotteshauses wies der Bevölkerung hier die Richtung. Zunächst handelte es sich um die Erweiterung bzw. um den Ausbau des Chors. Die Thatsache, dass mit der Ausführung des Baues damals begonnen wurde, lässt keinen Zweifel hierüber. Die Gaben flossen reichlich, die >>Deckungsfrages bezüglich der Mittel für das Ganze brauchte noch nicht abgeschlossen zu sein. Bekanntlich war das Mittelalter in dieser Beziehung weniger ängstlich, als es die Gegenwart ist. War ein Teil der Baukosten aufgebracht, so nahm man das Werk in Angriff, die Weiterführung und Vollendung überlies man getrost dem lebendigen Opfersinne der Gläubigen.

Über Schenkungen zugunsten des Münsterbaus ist wenig bekannt. Am 27. August 1353 bestätigte der Generalvikar des Bischofs Johann (von Windeloch) von Konstanz ein namhaftes Vermächtnis, das der verstorbene Priester Eberhard von Frickenweiler (bei Mahlspüren BA. Stockach) zu seinem und seiner Eltern Seelenheil für den S. Katharinaaltar auf der linken Seite der S. Nikolauskirche hinterlassen hatte (que est filialis ecclesie sancti Michaelis in Vfkilch). Das Vermächtnis Eberhards begriff in sich dessen Haus mit Torkel zu Überlingen am Fusse des Blüzenbergs, den Weingarten daneben, einen Hof zu Eggenweiler (b. Frickenweiler) u. a. Testamentsvollstrecker waren Johann Besserer und Konrad Strebel, Bürger zu Überlingen 3).

Ganz besonders trug zur Förderung des Baues das Jubiläum von 1350 bei. Nachdem nämlich Papst Bonifaz VIII. schon für 1300 ein allgemeines Jubeljahr in Rom ausgeschrieben hatte, verkürzte Clemens VI. (zu Avignon) auf die Bitten der Römer

1) In Villingen wütete die Krankheit am stärksten anfangs September 1349. Schriften des Vereins der Baar, 1885, S. 98. 2) S. hierüber Mor. Stern, Die isr. Bevölkerung der deutschen Städte, S. 1 ff.: Die Juden in Überlingen. (Die zum Regest, S. 16, ausgesprochene Vermutung ist richtig, der Text der Urk. von 1349 Juli 13 lautet: >>Wan vns vnser gnådiger herr kúng Karl von Rome ergeben hat etc.) Zu den S. 8 angeführten Quellen kann noch nachgetragen werden: Quellen z. Gesch. der Juden in Deutschland. Berlin 1898, III: Das Martyrologium des Nürnberger Memorbuchs, herausg. von Salfeld, S. 245. — 3) Urkunde im Stadtarchiv Abt. LX.

die Zeit von einem Jubeljahr zum andern auf 50 Jahre und erliess am 27. Januar 1349 eine Bulle hierüber. Die Begehung eines Jubeljahrs galt immer als ein grosses für die ganze Christenheit wichtiges Ereignis. Tausende von Menschen aus allen Ländern, auch aus Deutschland, strömten damals, trotz des herrschenden allgemeinen Sterbens, zur Gewinnung des grossen Jubelablasses nach Rom. Die ständige Zahl der dort anwesenden Pilger soll eine Million betragen haben 1). Dass das Bestreben der Gläubigen, sich des Ablasses teilhaftig zu machen, ihren Opfergeist mächtig anregte, versteht sich von selbst 2). Was ist nun natürlicher, als dass in der Gedenktafel, welche die Grundsteinlegung des neuen Baues verewigen sollte, auch des für sie bedeutsamen Jubeljahrs Erwähnung geschah?

So treffen also alle Momente zusammen, welche das Jahr 1350 als das Jahr der Grundsteinlegung des Münsterchors in Überlingen erscheinen lassen. Jenes rätselhafte y° ist nichts anderes als die Abkürzung des Wortes »yubileo«. Die Schreibung desselben mit y statt mit j oder i wird Kundigen ebensowenig auffallen als die Anwendung des >in<< vor anno, was beides damals ganz gewöhnlich war 3). Die Inschrift lautet demnach vollständig (bereinigt):

Anno Domini mcccl in anno jubileo XIII die

mensis Maii hora octava positus

est primus lapis ad hunc chorum, qui in

nomine sancti Nicolai est constructus,

per magistrum Eberhardum

Raben, lapicidam de Franken.

Dass der hier genannte, sonst nicht näher bekannte Steinmetzmeister aus Franken Eberhard Rab, nicht Raben hiess, mag nebenbei bemerkt werden.

Überlingen.

Roder.

Ein Brief J. G. Schlossers an J. C. Lavater. In dem von Eb. Gothein verfassten diesjährigen Neujahrsblatte der Bad. Historischen Kommission »Johann Georg Schlosser als badischer Beamter<< findet sich inbetreff der Übersiedelung Schlossers nach Emmendingen S. 72 folgende Bemerkung:

>>Die betreffende Verfügung zur interimistischen Vertretung [des Landschreibers in Emmendingen] ist erst am 6. Juni 1774 erlassen, erst am 21. November findet die feste Anstellung als

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1) S. den Artikel Jubiläum im Freiburger Kirchenlexikon, 2. Aufl., und Du Cange, glossarium unter annus jubilaeus. - 2) Die Wallfahrten des Jubeljahrs 1450 waren auch dem Baue des ausgebrannten Domes zu Speier günstig. Mone, Quellensammlung I, S. 386. 3) z B. Fürstenb. Urkdb. V, S. 333, (1316) ydoneos, S. 198 (1321) 4 ydus Nov., S. 403 (1339) ydolatrie, S. 281 (1309), eadem anno in die s. Thome, S. 362 (1324) anno 1324 in die b. Siluestri, S. 403, anno dom. 1337 in Augusto.

Landschreiber statt. Danach würde also das Ehepaar das erste Halbjahr in Karlsruhe verlebt haben [seit November 1773], wohin auch ein erhaltenes Schreiben des Fräulein von Klettenberg gerichtet ist. Auch Schlosser schreibt am 22. Oktober 1774 nur von einer halbjährigen Administration.<«<

Es sei mir gestattet, hier einen Brief zum Abdruck zu bringen, in welchem von Schlosser ganz genau der Zeitpunkt seiner Übersiedelung nach Emmendingen angegeben wird. Dieser Brief ist an Lavater gerichtet, der am 12. Juni 1774 seine bekannte Emser Badereise antrat. Das noch ungedruckte, mir vom Urenkel Lavaters freundlichst zur Veröffentlichung überlassene Originalschreiben lautet:

Emmendingen '), den 1oten Juni 1774.

Nicht in Carlsruhe, mein bester Lavater, in Emmendingen im badischen Oberamt Hochberg müssen Sie mich nun sprechen, wenn Sie mich sprechen sollen. Seyt heut bin ich da, und seyt vorgestern ist der Befel dazu gekommen. Ich werde viele Monate da bleiben, um das Oberamt zu besorgen, biss es seinen vorigen Landschreiber wieder bekommt. Hier also! wo nur von weitem möglich. Kein Mensch soll Sie sehen, denn ich hasse die gelehrten Eitelkeiten, und liebe in Ihnen nur Sie! - Wenn Sie nur den Brief noch erhalten! Ich habe Ihren samt der Strassburger Adresse, da er mir gerade unter dem Packen zukam, liegen gelassen. Aber es wird gewis noch Zeit seyn; ich weis es und hoff es. Göthe ist mir zu stark. Sie haben recht; er ist wieblich! Wenn er aber nicht in den nächsten 10 Jahren ganz zerbricht, so werden wir uns gewis nähern 2).

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Ich dank für das Bild Ihres verstorbenen Vaters. Der redliche Schweitzer sieht ihm aus der ganzen Reise-Gestalt hervor! Gott seegne seinen Sohn! Sie haben mich unrecht verstanden. Ich weis dass Sie beym Schreiben viel thun, aber ich gestehs, dem Bücher schreiben bin ich nicht gut. Durch Correspondenz sagten Sie neulich komt man weiter und gewis das ist wahr. Aber Ihr Denkmahl Hessens, ist mir immer kostbahr lieb.

Ob ich lang oder kurz hier bleib, weis ich nicht. Wenn meine beste Frau hier wär, blieb ich sehr gern. Nun ists einigermassen Verleugnung, die aber durch die herrlichste Ausicht vergolten wird, dass ich Gelegenheit bekomme noch unmittelbahrer zum Besten guter Menschen zu wirken. Beten Sie aber für mich, mein lieber Lavater. Mein Posten hier, obgleich nur interimistisch, ist schwehr und mühsamm und voll Verantwortung!

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1) Der erst von Karlsruhe gekommene, noch in den Reisekleidern schreibende Schlosser wollte zuerst Karlsruhe statt Emmendingen schreiben. 2) Die Goethe betreffende Stelle wurde bereits in der Wochenschrift >Im neuen Reich 1879 Nr. 8, S. 284 aber ungenau mitgeteilt.

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