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daraus Schlüsse auf das Verhalten der Regierung gegenüber der aggressiven Tendenz der kath. Kirche gezogen werden können: nach rückwärts, . . . dass die Regierung es nicht für opportun gehalten hat, die Verkündigung der vatik. Beschlüsse zu verbieten, nach vorwärts, dass die Regierung unter Verzicht auf einen systematischen und prinzipiellen Widerstand der neuen Lehre auf dem geistigen Gebiet zunächst freien Spielraum lässt und ihre Wirkungen abwartend den Kampf erst dann und da aufzunehmen entschlossen ist, wenn und wo diese aus dem übernatürlichen Kreise des Glaubens hinaus in die rechtlich gebundene Sphäre der staatlichen und bürgerlichen Verhältnisse eingreifen." Der Verf. meint S. 61, die Strafverfügung gegen einen die vatik. Beschlüsse nicht anerkennenden Geistlichen, der sich nicht freiwillig füge, bleibe kraftlos, und die Regierung habe es in der Hand, die Verfechter der vatik. Lehre von Ämtern auszuschliessen, ja die ganze Organisation der kath. Kirche im Staatsgebiet lahm zu legen". Es war vorsichtig, nur das „Können" hinzustellen. Was mag Hinschius seines Ausspruchs S. 4: ,,Bei der Stellung, welche schon heute die einzelnen Regierungen eingenommen haben, ist es nicht denkbar, dass die deutschen Fürsten einen, dem Unfehlbarkeits-Dogma ergebenen Geistlichen für ein vakantes Bistum nominiren oder zur Wahl zulassen", gedenkend wohl gedacht haben, als in Trier, Breslau u. s. w. Infallibilisten einzogen? als gar Krementz durch die Regierung Erzbischof von Köln wurde?

Hermann Wasserschleben, „Die deutschen Staatsregierungen und die katholische Kirche der Gegenwart." Berl. 1872 fordert ganze Massregeln, hält die Regieruugen für berechtigt, Reverse von sämtlichen Geistlichen bezüglich ihrer Auffassung der neuen Dogmen zu verlangen, gelangt aber zu der Ansicht, es sei Trennung von Staat und Kirche notwendig. Emil Friedberg, „Das Deutsche Reich und die katholische Kirche" Leipz. 1872 ist gegen den Vorschlag der Lösung durch Trennung von Kirche und Staat, die er von Hinschius „mit mehr Entschiedenheit als Kenntnis der faktischen Verhältnisse empfohlen" findet (S. 29) und spricht den Satz aus: ,,Denn man kann im politischen Leben sich nicht in den schärfsten Extremen bewegen. Es bedarf allmählicher Übergänge, wie sie freilich nicht immer der bequemen Weisheit am grünen Tisch oder hinter der Studierlampe passend erscheinen." Er resumirt S. 34:,,1) Die katholische Kirche ist ein staatsgefährliches Institut. . 2) Die Gesetzgebungen der deutschen Staaten in ihrem dermaligen Zustande sind nicht im Stande die Gefahr zu überwinden. 3) Es muss die Gesetzgebung nach der angedeuteten Richtung umgeformt werden." Die Richtung ist S. 32 dahin angegeben: obligatorische Civilehe und bürgerliche Standesführung, Aufhebung

v. Schulte, Altkatholicismus.

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des Taufzwanges, Trennung von Kirche und Schule, Säkularisierung der Armenpflege; Strafgesetz gegen Missbrauch des Amts auf der Kanzel; Aufsicht über Bildung des Klerus; Einspruch gegen Anstellung von Geistlichen aus bürgerl. oder polit. Gründen; Oberaufsicht über Verwaltung des Kirchenvermögens; Vorlage jeder Verordnung ohne Placet; Austreibung der Jesuiten und jederzeitige Aufhebungsberechtigung andrer Orden; Rekurs an den Staat wegen Missbrauchs der geistlichen Amtsgewalt, aber so, dass die Behörde ihn nicht blos konstatiert,,,sondern auch in der Weise, dass diese durch Verhängung empfindlicher Geldstrafen und Entfernung von dem geistlichen Amte im Wiederholungsfalle ein heilsames Abschreckungssystem verwirklicht."

Zweites Kapitel.

Die Stellungnahme der Staatsregierungen von Württemberg, Österreich, Baiern.

154. Die kön. württembergische Staatsregierung erliess die bereits S. 235 abgedruckte Erklärung vom 20. April 1871, womit sie dem Dogma „keinerlei Rechtswirkung auf staatliche oder bürgerliche Verhältnisse zugesteht." - Sie hat sich damit völlig abzufinden geglaubt und lässt den unterworfenen Hefele schalten und walten, der es denn auch fertig gebracht hat, das Dogma einzuschmuggeln.

155. Wunderbares trug sich in Österreich1) zu. Kultusminister v. Stremayr bewies in einem Vortrage an den Kaiser vom 25. Juli 1870, dass das neue Dogma im höchsten Grade staatsgefährlich sei, dass gegenüber einer solchen Gewalt, wie sie der infallible Papst sich beilegt, das bisherige Verhalten der Staatsgewalt nicht länger ausreiche; das Placet einzuführen nicht passe; ,,dass den mit dem neuen Dogma verbundenen Gefahren für das gemeine Wesen durch vollständige Abolirung des Patents vom 5. Nov. 1855 in hinlänglich wirksamer Weise begegnet werden könne"; dass dies ohne weiteres geschehen könne, weil der Kompaciscent ein anderer geworden; dass die Aufhebung des Konkordats zugleich jedem guten Österreicher und eifrigen Katholiken ermögliche, seinen Patriotismus mit der Glaubenstreue zu vereinen". Infolge dessen erklärte der Kaiser durch Handschreiben vom 30. Juli 1870 das Konkordat für hinfällig und gab Stremayr den Auftrag, die nötigen Gesetzesvorlagen auszuarbeiten; Graf Beust machte davon durch eine Depesche vom selben Tage an den österr. Geschäftsträger in Rom behufs Mit

1) Die betr. Dokumente bei Friedberg, Aktenst. S. 155. 626 ff. Vering, Archiv Bd. 24 (18) S. CXLII fg.

teilung an den Kardinalstaatssekretär Anzeige. Der Banus von Croatien erklärte am 26. Aug. 1876 infolge des mit kgl. Ordre vom 9. Aug. eingeführten jus placeti regii den Bischöfen, dass ohne königliche Genehmigung Beschlüsse oder Anordnungen des Konzils oder des Papstes weder promulgiert noch versendet werden dürfen; dieselbe Erklärung machte der ungarische Ministerpräsident Gf. Andrassy am 10. Aug. den ungarischen Bischöfen. Ohne sich darum zu kümmern verkündeten, wie gezeigt wurde, die Bischöfe nach und nach sämtlich; die Regierung hatte genug gethan, indem sie dem Bischofe von Stuhlweissenburg für die Publikation auf a. h. Befehl einen Rüffel erteilte1).

Derselbe Stremayr erliess am 20. Febr. 1872 eine Verfügung gegen kirchliche Funktionen altkath. Geistlichen. Ja in den Motiven der Gesetzentwürfe vom J. 1874 erklärt dieser selbe Mann, dass es auf das Glaubensbekenntnis gar nicht ankomme, erklärte die vatikanischen Dogmen für einen unzweifelhaften Bestandteil der katholischen Lehre. Mich hat das nicht gewundert, da ich in Österreich durch lange Jahre erfahren habe, dass auch Leute, die absolut ungläubig sind, es nicht blos verstehen unter Umständen zu heucheln und den Mund voll fromme Redensarten zu nehmen, als kaiserliche wirkliche Geheimräte den Hofgottesdiensten, der Fusswaschung, Frohnleichnamsprozession u. s. w. beizuwohnen, sondern auch alles zu proponieren und zu verteidigen, was man wünscht. Ich würde übrigens gar nicht bestreiten, dass der Stremayr'sche Vortrag vom 25. Juli von dem damaligen Dompropst, Weihbischof, Generalvikar und Ministerialrat Kutschker, dem spätern Erzbischof und Kardinal, gearbeitet sein könne, da ich in den Akten des Ministeriums. 1867 las, dass er in einer die Religion bzw. Taufe eines Kindes aus gemischter Ehe (in Salzburg) betreffenden Sache seine erste konzipierte Entscheidung kassierte und auf Verlangen des Ministers v. Hye, der mir selbst dies zeigte, eine entgegengesetzte gemacht.

Durch die Verfügungen und Gesetze, welche derselbe Stremayr vorlegte, ist die Stellung der ultramontanen Hierarchie um nichts schlechter geworden. Gegen die Altkatholiken verfuhr man mit einer solchen Rücksichtslosigkeit, dass denselben nichts übrig blieb, um die Möglichkeit geordneten Gottesdienstes zu erlangen, als sich gemäss dem Gesetze vom 20. Mai 1874 als besondere Religionsgesellschaft zu konstituieren. Aber auch seitdem wird mit der offensten Verletzung und Missachtung des Gesetzes ihnen gegenüber verfahren 2). Ich gehe auf die Verhältnisse in Österreich nicht weiter ein.

1) 11. Sept. 1871. Friedberg, Aktenst. S. 775 u. 781.

2) Über diese Dinge sehe man (Rhein.) Deutsch. Merkur in den Jahrgängen seit 1874.

Es bleiben ausführlicher Besprechung vorbehalten die Zustände in Baiern, Baden, Preussen.

Baiern.

156. Mit Erlass vom 9. Aug. 1870 erklärte Minister v. Lutz auf a. h. Befehl den sämtlichen bairischen Bischöfen, dass die vatikanischen Beschlüsse dem verfassungsmässigen Placetum regium unterstellt werden müssten (Aktenst. des Münchener Ordinariats Nr. 43). Derselbe schlug (oben S. 210) die Erlaubnis zur Publikation, welche der Erzbischof von Bamberg nachgesucht hatte, ab, weil durch die vatikanischen Beschlüsse und deren Konsequenzen die Verhältnisse der kath. Kirche zwischen Kirche und Staat in Baiern eine grosse und durchgreifende Veränderung erleiden", ,,Fundamentalsätze des baierischen Verfassungsrechtes in Frage gestellt, und insbesondere die staatsbürgerlichen Rechte der Nichtkatholiken gefährdet werden“, das Staatsministerium in ihnen eine Gefahr für die politischen und sozialen Grundlagen des Staats erkenne". Es ist bereits berichtet worden (Seite 338 ff.), wie ausser Deinlein alle Bischöfe sich über den Erlass vom 9. Aug. 1870 hinweg gesetzt hatten und das Placet in einer Kollektiv-Eingabe vom 15. Mai 1871 perhorreszierten, wie diese frechen Übertreter der Staatsgesetze unausgesetzt den König um Gewaltmassregeln gegen die Altkatholiken angingen, wie das Ministerium dann am 27. Aug. 1871 grundsätzliche Stellung zu den vatikanischen Dekreten nahm, diesen alle Wirkungen absprach. Weiter geschah nichts gegen die Ungesetzlichkeit; wir enthalten uns hier jeder Prüfung darüber, ob die Verfassung kein Mittel bot, wegen deren Verletzung, wenn es dem Staatsministerium ernstlich darum zu thun gewesen wäre, die störrischen Bischöfe mürbe zu machen, weil es nicht unsere Sache ist hier zu untersuchen, was gegen die Römischen hätte geschehen können und müssen. Den Standpunkt des Erlasses vom 27. Aug. 1871 hat die Regierung bei wiederholten Gelegenheiten festgehalten, insbesondere am 14. Okt. 1871 in Beantwortung einer Interpellation in der AbgeordnetenKammer1).

157. Was nun das praktische Verhalten der Regierung betrifft, so ist erstens anzuerkennen, dass die Regierung theoretisch und soweit es auf nichthandeln gegen die Altkatholiken ankam auch praktisch ganz konsequent den hervorgehobenen grundsätzlichen Standpunkt festgehalten hat, und ebenso dort dies gethan hat, wo sie sich entweder in der Lage befand, von jenen begehrte Rechte aufrecht zu halten, deren Versagung eine direkte Anerken

1) Siehe die Darstellung im Merkur 1871 S. 423 ff., bei Friedberg, Aktenstücke S. 833. 835 ff.

nung der verfassungswidrig verkündeten, also juristisch nicht existierenden, vatikanischen Dekrete enthalten haben würde, oder wo darauf ankam, gegen den Widerspruch der Römischen Massregeln der Gemeinden bezw. Behörden zu Gunsten der Altkatholiken durchzuführen, zu denen sie unzweifelhaft gesetzlich berechtigt waren. So hielt sie den Pfarrer Renftle gegen alle Schritte des Augsburger Bischofs in seiner Stellung als Pfarrer, wies alle Versuche, den Altkatholiken die ihnen vom Magistrate München eingeräumte Nikolai-Kirche zu entziehen ab, beantwortete am 12. Jan. 1872 eine Interpellation ablehnend, welche gegen den von der Regierung bestätigten Beschluss des Magistrats in Amberg gerichtet war, der ein Trauergeläute für einen Altkatholiken bewilligt hatte, erhielt trotz aller Beschwerden des Münchener Erzbischofs die Professoren v. Döllinger, Friedrich, Messmer, Hort in ihren Staatsämtern, die Pfarrer Bernard und Hosemann in ihren Pfründen, bis sie dieselben freiwillig niederlegten, wies alle Beschwerden und Gesuche um gewaltsame Verhinderung gegen die Vornahme von bischöflichen Funktionen des Erzbischofs Loos im Jahre 1872 und des Bischofs Reinkens in den Jahren 1874, 1875, 1876, 1877, 1879, 1881, 1882, 1884 stets zurück.

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Fragt man aber zweitens, ob die Regierung zu Gunsten der Altkatholiken etwas that, was sie nicht streng rechtlich thun musste, so muss die Antwort anders lauten. Sie lehnte es ab (Seite 417), dem König die Anerkennung des Bischofs Reinkens vorzuschlagen, indem sie sich hinter das sophistische, nach Wunsch ausgefallene Gutachten versteckte, obwohl es in dem positiven bairischen Rechte keine Begründung findet. Wie der König persönlich gesinnt war, beweisen die oben abgedruckten Briefe desselben (Seite 337); sie liefern zugleich den Beweis, dass andre Personen die Schuld trugen, wenn der König sich nicht, wie man gebeten hatte, an die Spitze der Bewegung stellte und sich fortan passiv verhielt1).

Wohl räumte Herr von Lutz den Altkatholiken im Staatseigentum befindliche Kapellen bezw. Lokale in Straubing und Kempten ein, aber das Gesuch des Münchener Centralkomitee's vom 1. Juli 1871 (oben Seite 341), unter dem sich die Namen hoher Staatsbeamten befanden, wurde keiner Antwort gewürdigt. Herr v. Lutz hatte als Sekretär des Königs erlernt, den König zu behandeln und wusste, dass er, wenngleich ein nicht zu ihnen gehöriger katholisch.

1) Dass seine persönliche Überzeugung keine andre geworden ist, beweist wohl die Ernennung Döllinger's zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, die Erhaltung dessen und Friedrichs in ihren Pfründen an der Hofkirche trotz aller Gesuche des Herrn Scherr, die alljährlichen Glückwunschschreiben an Döllinger zu dessen Geburtstage u. s. w.

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