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nicht Sache eines Richterspruchs. Ein Richterspruch kann nur eine

sprechen. Auch die römisch-katholische Kirche ist eine christliche Kirche, die im Reiche besteht."

Dass diese Exposition auf die wirklich vorfindlichen Gründe nicht passt, wird bei dem flüchtigsten Lesen jedem klar werden. Die Gründe des Urteils beziehen sich mit dürren Worten nur auf das Unfehlbarkeitsdogma, erklären dieses und seine Geltung als allgemeinen Glaubenssatz als einen Teil und unbedingte Folge der ganzen kirchlichen Lehre, nicht etwa bloss der jesuitischen Theologie. Gegen diese im Urteile geschriebenen Gründe

müssen wir lauten Protest erheben.

Wie kann ein reichsgerichtlicher Strafsenat sich die Fähigkeit und das Recht beilegen, zu erklären, dass die päpstliche Unfehlbarkeit unbedingte Folge der ganzen kirchlichen Lehre sei? Ist diese Behauptung nicht schon an sich sinnlos? Oder wie kann die römisch-kirchliche Lehre von dem Fegefeuer, vom Rosenkranz oder von der Transsubstantiation oder von der Rechtfertigung dazu beitragen, dass aus der Summe aller Lehren die persönliche Unfehlbarkeit des Papstes unbedingt folge? Doch lassen wir dies bei Seite. Die oberflächlichsten Studien setzen jeden in die Kenntnis davon, dass man vor 1870 die Behauptung der Protestanten: die Katholiken glaubten, dass der Papst unfehlbar sei, katholischerseits sogar für Verleumdung erklärte; dass der irische katholische Episcopat, als es sich um die Katholiken-Emanzipation handelte, diese Lehre als nicht katholische erklärte; dass der Papst von Päpsten, Konzilien und der Wissenschaft des ganzen Mittelalters als der Ketzerei fähig und wegen Ketzerei absetzbar angesehen wurde. Wer nur die geringste Kenntnis von dem Zustandekommen des Unfehlbarkeitsdogmas hat, kann eine solche Behauptung nicht wagen. In jenen Worten liegt eine Verwechselung von römisch, jesuitisch, päpstlich und katholisch vor, die absolut unzulässig ist. In dem Glaubensbekenntnisse, welches das allgemeine auch in der römisch-katholischen Kirche ist, dem sog. apostolischen, kommt der Papst gar nicht vor, ebenso. wenig in dem in der Messe gebrauchten. Ist es nicht geradezu ungeheuerlich, ein im Jahre 1870 unter Umständen, welche das Ärgernis von Hunderttausenden erregten und gegen den Widerspruch der fast die Mehrheit der Katholiken vertretenden Bischöfe, die allerdings den Mut nicht behalten haben, ihren Nichtglauben zu bekennen, von Pius IX. geschaffenes „Dogma“ als „unbedingte Folge der ganzen kirchlichen Lehre“ zu erklären? Keines der sieben Mitglieder des Reichsgerichts, die unter dem Urteile stehen, ist auch nur entfernt als eine wissenschaftliche Autorität bekannt, der ein Urteil darüber zustände, was zum katholischen Glauben wesentlich gehört oder nicht nach der Lehre der Geschichte.

Aber wir gehen auf die freiwillige Verteidigung ein die Infallibilität des Papstes ist nun einmal römisches Dogma, die römische Kirche anerkannt, ergo hat jenes den Schutz des Gesetzes, den diese hat, ergo ist eine Beschimpfung jenes Dogmas eine solche der Kirche. Diese Argumentation passt noch lange nicht. Die Regierung von Baiern hat die Publikationserlaubnis für die Bulle Pastor aeternus vom 18. Juli 1870 verweigert, die von Württemberg derselben jede Wirkung für das staatliche Gebiet abgesprochen, in Baden und Preussen sind durch besondere Gesetze die Katholiken, welche jene nicht annehmen, im Vollbesitze ihrer Rechte als Katholiken erhalten worden, ebenso in Hessen. Kein deutscher Staat hat jenes Dogma anerkannt. Das Infalli

Thatsche als vorhanden, oder nicht vorhanden konstatieren. In bilitätsdogma steht gar nicht unter dem Rechtsschutze weder des preussischen Staats noch des deutschen Reichs. Schon deshalb ist eine Beschimpfung dieses Dogmas keine Beschimpfung der anerkannten katholischen Kirche für den Juristen. Für Preussen ist das sehr leicht aus den Gesetzen seit 1872, deren amtlichen Motiven, den Erklärungen der Regierung zu erweisen und unbezweifelbar. Das Reichsrecht hat gar keine Bestimmungen über Anerkennung einzelner Kirchen; also muss die Frage, ob eine Kirche vorliege, nach Landesrecht entschieden werden. Da nun in Preussen die Bulle Pastor aeternus keinen Teil der vom Staate anerkannten römisch-katholischen Kirche bildet, so kann auf deren Beschimpfung juristisch die Beschimpfung der Kirche gar nicht basiert werden. Übrigens treffen beide Richter nur durch eine besondere Schlussfolgerung in der Annahme der Beschimpfung der Kirche zusammen, da eigentlich gar keine Beschimpfung des Infallibilitätsdogmas in dem inkriminierten Passus liegt, sondern in dem Zeitungsartikel wegen dessen Annahme eine Verhöhnung der Gläubigen geschieht und für die Zukunft Folgerungen gemacht werden, in welchen beiden Punkten der erste Richter die Beschimpfung der Kirche sieht, während der Revisionsrichter dies richtig findet, weil eine Beschimpfung jenes Dogmas eine solche der Kirche sei, „da jenes Dogma und seine Geltung als allgemeiner Glaubenssatz ein Teil und unbedingte Folge der ganzen kirchlichen Lehre sei". Doch ganz abgesehen hiervon, wollen wir wieder mit dem freiwilligen Verteidiger annehmen, der staunenswerte Satz sei nur in dem abstrakten Sinne zu nehmen (was nebenbei bemerkt, auch wieder sinnlos wäre, da das Dogma nichts anderes ist, als die kirchliche Lehre, und diese also ein Teil ihrer selbst und zugleich eine unbedingte Folge ihrer selbst sein müsste), nicht auf das Infallibilitätsdogma als solches zu beziehen. Also die Beschimpfung eines jeden Dogmas ist eine der betreffenden Kirche! Wohinaus käme man da? Der Begriff „Beschimpfung" ist sehr dehnbar. Welcher echte Päpstling würde z. B. nicht in der Erklärung oder Ausführung, dass das oder jenes Dogma absurd, mit den historischen Thatsachen im Widerspruche stehe, also erlogen sei, wenn das in recht derben Ausdrücken geschähe, eine Beschimpfung erblicken?

Es ist gewiss ziemlich bekannt, mit welchen derben, ja wohl beschimpfenden Worten der Papst, die Messe und noch andere Einrichtungen der katholischen Kirche in reformatorischen Schriften, selbst symbolischen Charakters, belegt werden. Wenn nun ein Protestant, der doch ebensogut als der Römische an seinem Glauben halten kann, sich über die betreffende Einrichtung in den Worten jener Schriften ergeht, diese drucken lässt, dann hätte er die römischkatholische Kirche beschimpft und fiele unter § 166 des Str.-G.-B. Ja, müsste nicht konsequent auch die Beschimpfung des einzelnen Papstes, namentlich des jeweiligen, als Beschimpfung der römisch-katholischen Kirche gelten, weil der Papst seit 18. Juli 1870 in dieser Kirche alles ist, der mit der göttlichen Eigenschaft versehene allmächtige Regierer der Kirche, keine einzelne Einrichtung derselben? Wer in Deutschland den Ereignissen nicht ganz fremd ist, weiss, dass die deutschen Bischöfe in ihrem Kollektiv-Hirtenbriefe vom Mai 1871 den dogmatischen Charakter der Bulle Unam sanctam von Bonifaz VIII. vom Jahre 1302 anerkannt haben. Daraus wird gewiss jeder Jurist folgern, dass diese Bulle unbedingt in ihrem unbestritten dogmatischen Schlusssatz Dogma ist, demnach mit der ganzen am 28. Juni 1883 dem Infallibilitätsdogma vom

Baden, Hessen, Preussen, aber auch in Baiern1) ist die altka

dritten Strafsenat des Reichsgerichts beigelegten Bedeutung, wenn das Argu ment dieses Urteils richtig ist. Konsequent müsste jeder, der Pius IX. beschimpft, weil er die Anmassung hatte, in dem Briefe an Kaiser Wilhelm vom 7. August 1873 den Satz jener Bulle, dass Jeder bei Verlust des Seelenheils dem römischen Papst untergeben sein müsse, als praktisch geltend zu machen, jeder, der die dogmatisch von der päpstlichen Kirche behauptete Lehre von der päpstlichen Allgewalt über Fürsten und Völker, die mit der modernen Staatsgestaltung unverträglichen Sätze des Syllabus, die Stuhlsprüche über die Ketzer u. s. w. beschimpfte, nach § 166 Str.-G.-B. behandelt werden. Denn das sind nicht bloss Dogmen, sondern Dogmen, die Jahrhunderte hindurch vor 1302 und nachher praktisch angewandt wurden. Wir dürfen noch weiter gehen. Wenn die persönliche Unfehlbarheit des Papstes den ihr vom 3. Strafsenat des Reichsgerichts am 28. Juni 1883 beigelegten Charakter haben soll, dass jede Beschimpfung dieser Infallibilität unter § 166 Str.-G.-B. fallen soll, dann muss man konsequenter Weise zugestehen, dass derjenige kein Unrecht thut, welcher die logischen Folgerungen jenes Dogmas, welches unbedingte Folge der ganzen kirchlichen Lehre“ sein soll, praktisch zieht und anwendet. Denn da der Rechtsschutz für das Dogma vorliegt, hat offenbar der Gläubige auch das Recht an ihm zu halten. Nun mache man sich einmal klar, was alles aus ganz unzweifelhaften Stuhlsprüchen, also Dogmen, gefolgert werden kann für die Stellung des Staatsbürgers, wenn er römisch-katholisch ist, gegenüber dem protestantischen Mitbürger, der protestantischen Obrigkeit, welche etwas mit dem kanonischen Rechte kollidierendes befiehlt? Wir brauchen das wohl nicht weiter auszuführen, da jeder Gebildete die Gelegenheit hat, sich aus Schriften der neuesten Zeit zu belehren. Wenn man der Infallibilität einen absoluten Rechtsschutz und konsequent eine Geltung seitens des deutschen Reichs beilegte, dann wären morgen nicht mehr Kaiser, Landesherren, Bundesrath, Reichstag, die massgebenden Faktoren, sondern der römische Bischof. Natürlich hat daran der dritte Senat des Reichsgerichts nicht im Traume gedacht. Aber dahin kommt man logisch, wenn sein „Grund" richtig wäre, mag derselbe nun wirklich das Dogma abstrakt nehmen, oder nur dieses allerneueste „Dogma“ der persönlichen Unfehlbarkeit des jeweiligen Papstes, also jetzt des Papstes Leo XIII., vorher Herrn von Pecci, der das deutsche Reich als solches gar nicht kennt, im Auge gehabt haben. Und in dieser kolossalen Tragweite liegt der Grund, weshalb man vom Standpunkte der Wissenschaft, der alten unverfälschten katholischen Kirche, der Liebe zum deutschen Vaterlande, laut Einspruch zu erheben berechtigt ist, wenn ein Gericht, und sei es auch ein einzelner Senat des höchsten, in der Begründung eines Urteils Ansichten ausspricht, welche vor dem Forum der wissenschaftlichen Forschung nicht bestehen können, aber geeignet sind, bei den zerfahrenen Zuständen Verwirrung anzurichten.

Das vorliegende Urteil würde wohl anders motiviert worden sein, wenn der Verfasser der Gründe, der vielleicht beim Niederschreiben einem ganz harmlosen Gedanken Ausdruck gegeben zu haben glaubte, sich der Tragweite bewusst gewesen wäre, die es hat, wenn von einem höchsten Gerichte Aussprüche über ein Objekt gefällt werden, das nie und nimmer vom staatlichen Richter festgestellt werden kann. Es soll uns jenes Urteil nicht weiter beunruhigen, da in einem zweiten derartigen Falle die Motivierung kaum wiederkehren dürfte und

tholische Gemeinschaft, sind die Altkatholiken als katholisch anerkannt.

Ob nun der Staat vor dem Ultramontanismus die Waffen strecken oder ob er den Kampf gegen denselben durchkämpfen will, das mag er selbst wohl überlegen; hier braucht darauf nicht weiter eingegangen zu werden. Im Kampfe mit ihm bildet der Altkatholicismus die einzige katholische Stütze, nicht der vom kirchlich-religiösen Gesichtspunkte aus falsche und halbe Staats katholicismus 2), mag er auch hoffähig sein, und vollends nicht das Heer der Indifferenten und kirchlich Radikalen.

Keinem Zweifel unterliegt und wird durch die Geschichte bewiesen, dass der Staat den Ultramontanismus besiegt, wenn er sein Gebiet feststellt und regelt ohne Eingriff in das kirchliche, seine Gesetze dann aber auch fest und folgerichtig dauernd, nicht drei oder vier Jahre lang, ausführt. Sollten aber die Staaten besser zu fahren vermeinen, wenn sie dem Gegner zu Diensten seien und mit ihm Verträge schliessen, und sollte gar ein Staat es in seinem Interesse gelegen erachten, die Altkatholiken zum Danke für ihre Loyalität den Gesetzesverächtern zu opfern, soweit das in seiner Macht steht, so würde der Altkatholizismus auch dadurch noch nicht aus seiner rechtlichen Position gedrängt werden, wenn die Aufhebung der Gesetze, die Baden und Preussen erlassen hat, erfolgte, oder wenn gar die Entziehung der Staatsdotation in beiden Ländern platz griffe. Denn wenn dies geschähe, befänden sich die Altkatholiken in diesen Ländern einfach in derselben Lage, in welcher sie sich in Baiern befinden, sie bleiben auch rechtlich Katholiken. Sollte man aber jemals so weit gehen, durch gesetzliche oder Staatsakte zu erklären, dass der Staat die Altkatholiken nicht mehr als Mitglieder der katholischen Kirche anerkenne- dazu gehörte aber die Zurückziehung der Anerkennung des Bischofs, welche ohne dessen sicher niemals eintretendes strafbares Verschulden ein Akt der reinsten Willkür sein würde, deren so hehre Monarchen unfähig sind, und die Nichtanerkennung späterer, so würde auch das die Altkatholiken nicht

jedenfalls das deutsche Reich und die deutschen Staaten sich besinnen werden, ehe sie dem Unfehlbaren ihr Szepter zu Füssen legen als gehorsame Unterthanen. Bonn, 3. Dezember 1883. Die Synodal-Repräsentanz."

1) Oben S. 417 ff. gezeigt. Die Nichtanerkennung des Bischofs Reinkens ist nicht dadurch motiviert worden, dass die Altkatholiken keine Katholiken seien, sondern dass das bairische Recht dieser Anerkennung des Bischofs im Verwaltungswege entgegenstehe. Als Katholiken sind die Altkatholiken stets behandelt worden von der Staatsregierung.

2) Über ihn ist ein mit interessantem Material versehenes Kapitel ausgearbeitet, aber vom Drucke ausgeschlossen worden, weil ich für besser halte, in diesem Buche ausschliesslich die altkatholische Sache zu behandeln.

beirren. Sie würden dann allerdings gewaltsam aus einer anerkannten Landeskirche gedrängt und in die faktische Lage einer nicht gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft gestossen werden. Aber sie selbst würden das niemals anerkennen, würden sich nach wie vor als Katholiken ansehen, würden den Staatsgesetzen folgen, so lange diese solches fordern die anzustellenden Geistlichen anzeigen, kurz in jeder Weise die Gesetze faktisch befolgen. Wiese die Regierung dies zurück, weil sie in den Altkatholiken keine Katholiken sehe und darum die für die anerkannten Landeskirchen gegebenen Gesetze auf sie nicht anwendbar erachte, so würden die Altkatholiken das in jedem Falle übersehen und nur praktisch durch die Gesetze nicht geniert werden. Nie würden sie der Regierung und den Ultramotanen den Dienst erweisen, aus der katholischen Kirche förmlich auszutreten. Sie würden dann nicht nur keine Kirchen bekommen, sondern überhaupt rein auf sich bezüglich der Gelder angewiesen sein. Ich bin aber überzeugt, dass sie zu formellen Opfern der Staatsweisheit, zu faktischen Märtyrern gemacht, an Opferwilligkeit zunehmen würden. Und wenn selbst die Regierungen verhindern sollten, dass evangelische zur evangelischen Landeskirche gehörige Gemeinden ihnen die Benutzung ihrer Kirchen gestatten dürften, so müssten sie auch das über sich ergehen lassen, würden die nicht zur Landeskirche gehörigen Gemeinden darum bitten, selbst Kirchen bauen, äusserstenfalls in Privathäusern Gottesdienst halten. Die Religionsübung kann der heutige Staat nicht mehr hindern. Darin liegt der grosse Unterschied gegenüber dem 16. Jahrhundert. Wenn also alles Gesagte ist ja nur problematisch gesagt das einträte, so hielten die Altkatholiken ihren Standpunkt unverrückt fest, sich als Katholiken zu betrachten; sie blieben der lebendige und organische Protest gegen die römische Vergewaltigung. Und wenn dann je die Trennung von Kirche und Staat eintreten sollte, wäre die altkatholische Gemeinschaft in der Lage, ihre vollen Rechte auch auf die Kirchen und das Kirchenvermögen geltend zu machen. Sie dürfen niemals den Ultramontanen die Freude machen, einen andern Standpunkt einzunehmen, selbst dann nicht, wenn es sicher wäre, dass mit deren Hülfe, wie Herr Windthorst vielleicht nach seiner Meinung schlauerweise einmal im preussischen Abgeordnetenhause in Aussicht gestellt hat, alsdann viel grössere Staatszuschüsse zu erlangen wären. Kurz, die Altkatholiken können, so lange sie das Vertrauen in ihre Sache nicht verlieren, der Zukunft getrost entgegen gehen.

Heute ist die Lage überhaupt geklärter. Das berechtigt mich, auch meine persönliche Auffassung auszusprechen. Die Hoffnung, dass die Massen zur Erkenntnis von der Unwahrheit der vatika

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