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dem Standpunkte einer specifisch österreichischen Politik begreiflich finden: aber deutlich ist dann auch, daß ein Bündniß schlecht bestellt ist, dessen stärkstes Mitglied jedes Wachsthum des schwächern Genossen nicht als Nuzen für die Gesammtheit sondern als Schaden und Gefahr für sich selbst betrachtet. Wenn inmitten der französischen Kriegsgefahr der Kaiser sich so feindselig gegen Preußens Interessen verhielt, was sollte erst werden, nachdem die österreichischen Waffen die Revolution zu Boden geschlagen und damit die kaiserliche Macht verzehnfacht hätten? würde nicht die preußische Regierung unter solchen Umständen selbstmörderisch handeln, wenn sie Oesterreich zu entscheidenden Triumphen über Frankreich verhelfe? So kamen die kriegerischen Operationen am Rheine, noch dazu von Wien aus in militärisch unbegreiflicher Weise gelenkt, seit August 1793 ins Stocken: Preußen begnügte sich, französische Angriffe abzuwehren, war aber zu durchgreifenden Offensivbewegungen nicht mehr zu bringen, und gelangte, durch die wachsende Erbitterung des polnischen Haders zu der Erklärung, daß es nur gegen Anerkennung seines polnischen Besiges ferner in der Coalition gegen Frankreich verbleiben werde. Indeffen hielt noch einmal Englands Bemühung den König 1794 bei dem Kampfe fest, durch einen im Haag abge= schlossenen Subsidienvertrag. Fast in demselben Augenblicke aber brach in Polen die Erhebung Kosciuskos sowohl gegen Preußen als gegen Rußland los; der preußische König führte in Polen 50000 Mann in das Feld und nahm im ersten Anlauf Krakau ein; vom Beginne dieses Kampfes an verstand es sich von selbst, daß der Sieg die gänzliche Vernichtung Polens bringen würde. Thugut war entschlossen, dieses Mal nicht leer auszugehn und vor allem Krakau und das umliegende Land den Preußen wieder zu entreißen. Er sammelte so viel wie möglich auf dieses Ziel die Kräfte und das Interesse der österreichischen Regierung, was zunächst die Einbuße Belgiens an die Franzosen zur Folge hatte. Er bestürmte fort und fort die Russen, Preußen keine weiteren Concessionen zu machen, worauf dann die preußische Rheinarmee doppelt bestimmte Weisung empfieng, an der vorsichtigen Weise der vorigjährigen Kriegführung festzuhalten, und im Herbste die Rathgeber des Königs die Vorbereitung eines Abkommens zwischen der französischen Republik und dem deutschen

Reiche beantragten. Thugut aber gewann unterdessen die russische Freundschaft vollständig, indem er Oesterreichs Bereitwilligkeit zu einer Theilung der Türkei erklärte: dafür verhieß ihm die Kaiserin Catharina den Besit von Krakau, die Anwartschaft auf Bayern und die Erwerbung Venetiens und für dieß alles Waffenhilfe wie gegen die Türken so auch gegen Preußen, wenn dieses sich wiedersehen sollte. Am 3. Januar 1795 schlossen die beiden Kaiserhöfe hierüber ihren Vertrag. Die Einzelnheiten desselben waren damals in Berlin unbekannt; die Minister aber beurtheilten die allerdings seit Monaten höchst unverkennbare Gesinnung der beiden Höfe vollkom= men richtig und begriffen die Unmöglichkeit, ferner noch gegen die Franzosen als Genossen desselben Oesterreich zu kämpfen, welches so eben die russische Waffenhilfe gegen Preußens Ostprovinzen aufbot. Nichts war also natürlicher unter solchen Verhältnissen, als Preußens Versuch einer Friedensverhandlung mit Frankreich. Was man tadeln muß, ist nicht die Eröffnung derselben, sondern die ha= stige Unsicherheit, mit der man sie führte. Die Lage war freilich seit dem österreichisch-russischen Bunde für Preußen höchst gefährlich: aber wenn der Friede mit Frankreich für den König, so war um= gekehrt der Friede mit Preußen auch für die Republik eine Lebensfrage, und ohne Zweifel hätte bei stärkerem Muthe und frischerer Ausdauer Preußen viel bessere Bedingungen durchgesezt. Aber völlig kindisch scheint es doch, Preußens Gesinnung zu tadeln, weil es im April aus dem österreichischen Bündniß in die Neutralität zurücktrat, nachdem Oesterreich im Januar ein russisches Offensivbündniß gegen Preußen eingegangen war. Was aber Deutschland betraf, so ließ Basel die Entscheidung über das linke Rheinufer für den künftigen allgemeinen Frieden offen; Oesterreich kämpfte noch in zwei Feldzügen, bis Bonaparte, im Sinne des Petersburger Vertrages, ihm Venetien überließ: hierauf trat es in Leoben und Campoformio das linksrheinische Land ohne Widerstreben an Frankreich ab.

Dieser Thatbestand wurde in den oben genannten Werken nach den Acten der preußischen, russischen, englischen und französischen Archive mitgetheilt. Es lag in der Natur der Sache, daß aus denselben gerade an den entscheidenden Punkten auch auf die Schritte der österreichischen Politik ein helles Licht fiel und das Gesammt=

ergebniß also mit einer für historische Schlüsse ausreichenden Sicher-. heit festzustellen war. Ebenso gewiß war es aber auch, daß für eine Menge von Einzelnheiten, für die momentanen Entschließungen, die persönlichen Stimmungen und individuellen Motive der Wiener Staatsmänner die volle Aufklärung erst mit der Eröffnung des bis dahin unzugänglichen österreichischen Archives erwartet werden konnte.

In den Vorreden meiner Bände habe ich hierauf mehrfach hingewiesen, und die stete Verschlossenheit der Wiener Archivalien wiederholt beklagt. Es war traurig zu sehen, daß in der Erforschung und Aufhellung jener weltgeschichtlichen Katastrophen Oesterreich sich sogar von Rußland den Rang ablaufen ließ, daß es fort und fort seine Dokumente über den Revolutionskrieg unter sieben Siegeln hielt, während die russische Regierung den Arbeiten Smitts, Miliusins, Ssolowjoffs jeden wünschenswerthen Vorschub leistete und damit die wissenschaftliche Erkenntniß der Revolutionszeit in den wichtigsten Beziehungen förderte.

Für einen jeden, der sich für das Studium neuerer Geschichte interessirte, konnte also nicht leicht eine erfreulichere Nachricht erscheinen, als die Ankündigung eines Buches, welches einen wichtigen Theil des Revolutionskrieges endlich mit unbeschränkter Benuzung der österreichischen Acten darstellte. Endlich durfte man glauben allerdings nicht, daß die Gesammtansicht der Zeit in ähnlicher Weise verwandelt werden würde, wie es durch die Benutzung der preußischen und russischen Staatsschriften gegenüber der bisherigen Me= moiren- und Zeitungsliteratur geschehen war - wohl aber daß bei einer Reihe erheblicher Punkte jezt erst der Zusammenhang erhellen, der Antheil der einzelnen Personen an den Ereignissen deutlich wer= den, die treibenden Motive der kaiserlichen Politik in volles Licht treten würden. Mit solchen Erwartungen nahm ich das am Eingang dieser Blätter bezeichnete Buch zur Hand. Die lezte Lücke, hoffte ich, welche hinsichtlich des Quellenstoffes für die Forschung auf diesem wichtigen Gebiete noch geblieben, würde damit ausgefüllt sein.

Vivenot kündigt zunächst nur eine Monographie über eine wenig einflußreiche Persönlichkeit an, eine Studie über den Herzog. Albrecht von Sachsen-Teschen als Befehlshaber der Reichsarmee am Oberrhein vom April 1794 bis zum März 1795. Diese un

glückliche Reichsarmee, behaftet mit aller Erbärmlichkeit der damali= gen Reichsverfassung und zusammengekoppelt mit dem zur Unthätigkeit verurtheilten preußischen Rheinheere, hat nun sehr wenig ausgerichtet und durch ihre Thaten in den Lauf der Weltgeschichte schlechterdings nicht eingegriffen. Aber gerade deßhalb konnte von ihrem Standpunkte aus, wenn der Verfasser seine Aufgabe recht verstand, ein allseitiger Einblick in die politischen Ursachen der groBen Katastrophe gewonnen werden; auch meldete Vivenot eine solche Absicht gleich in der Vorrede zum ersten Bande an, und der zweite wuchs ihm dann völlig aus dem engen monographischen Rahmen heraus und charakterisirte sich selbst auf dem Titel als ein Buch zur Geschichte des Baseler Friedens." Entsprechend dieser erweiterten Aufgabe hat der Verfasser sich nicht auf die Acten des Hof= kriegsrath oder des Regensburger Reichstages beschränkt, sondern Thuguts diplomatische Correspondenz, die Dokumente des belgischen und des holländischen Krieges und die Verhandlungen zwischen den großen Wiener Centralstellen in den Bereich seiner Arbeit gezogen. In Tert und Noten seines Buches theilt er eine Menge seiner Abschriften und Auszüge mit: im ersten Augenblick scheinen alle Hoffnungen, mit denen man das Werk begrüßt hat, sich zu bestätigen.

Leider dauert aber diese Freude nicht lange. Je weiter man in der Lectüre des Buches vordringt, desto schneidender tritt die Wahrnehmung hervor, daß selten eine schöne und wichtige Aufgabe in weniger befähigte Hände gekommen ist. Ich hoffe den Verfasser selbst, wenn ihm diese Zeilen zu Gesicht kommen sollten, zu überzeugen, daß der Grund dieses ungünstigen Urtheils nicht seine gegen Häusser und mich gerichtete Polemik ist. Vivenot ist ein eifriger österreichischer Patriot, von jener naiven Sorte, welcher die Vaterlandsliebe mit der Aufdeckung früherer Fehler und Mängel unverträglich scheint; er verehrt Franz II, schwärmt für Thugut, ist begeistert für Clerfait und Lehrbach; so erscheint es ihm ohne weiteres als ein Verrath an Kaiser und Reich und deutscher Nation, daß Preußen jenen trefflichen Männern nicht einfach Ordre parirt hat. Er ist entrüstet über die Impertinenz, mit welcher dieses Preußen sich thatsächlich als gleichberechtigte Großmacht neben die kaiser= liche Majcstät stellt, und daß wir andern diese Thatsache einfach hin

nehmen und Preußen demnach berechtigt halten, kaiserliche allerhöchste Ungnade nicht bloß mit treu gehorsamster Zerknirschung zu beant= worten, darin sieht er keineswegs allein einen Irrthum des Verstandes, sondern auch eine schwere sittliche Verirrung. So pflügt er denn, in Ermangelung eines bessern, mit dem Kalbe des Hrn. Onno Klopp, zürnt über die „kleindeutschen Geschichtsbaumeister,“ und sucht wo er kann, denselben etwas am Zeuge zu flicken. Nun, ich habe gegen diese Heldenthaten auf meine Kosten nichts zu er= innern; so lange es heißblutige Großdeutsche giebt, habe ich die Erfahrung gemacht, daß meine historischen Arbeiten auf ihre Freund= schaft nicht zu rechnen und von ihrem Unwillen wenig zu besorgen haben. In diesem Falle aber hatte ich gehofft, von einem ihrer Anhänger einmal recht viel zu lernen oder, wenn er lieber will, an recht vielen Stellen widerlegt zu werden: mein Kummer ist durch= aus nicht, daß er mich so lebhaft, sondern daß er mich so erfolglos bestreitet, daß er mich so ganz und gar nicht widerlegt, daß man trog aller Wiener Acten so äußerst wenig von ihm lernt.

Hier draußen im Reiche ist man der Meinung, daß zu einer historischen Arbeit noch einige weitere Erfordernisse außer einer devoten Unterthanengesinnung und einem planlosen Lesefleiß ge= hören. Man glaubt zunächst, daß niemand als geschichtlicher Autor auftreten sollte, der nicht reines Deutsch des 19. Jahrhunderts zu schreiben versteht; auch von einem Indigena des Königreichs Ungarn verlangt man, falls er sich an das deutsche Publicum wendet, daß er seinen Styl nach andern Mustern als hier nach der Mundart der Wiener Anzeigeblätter und dort nach den Mustern der seligen Reichscanzlei bilde. Man hält dafür, daß ein Historiker gut thut, die Ausarbeitung seines Buchs nicht eher zu beginnen, bis er das literarische und archivalische Material dazu einiger Maßen überblicken kann: es gilt nicht für eine Empfehlung, wenn in jedem Capitel so ziemlich von allem und jedem die Rede ist, wie es gerade die allmählich wahrgenommenen Quellen dem Verfasser in die Hände liefern, wenn es der Geduld des Lesers überlassen bleibt, sich in der unendlichen Verworrenheit und Planlosigkeit zurechtzufinden, wie es eben gehen will. Man hält es sogar nicht für überflüssig, daß ein historischer Schriftsteller auch außerhalb seines speciellen Themas nicht

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