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Vorwort.

Als ich die Aufforderung des Herausgebers dieser Sammlung erhielt, eine Monographie über die psychophysischen Beziehungen zu liefern, wußte ich, daß dies nicht nur eine sehr lockende Aufgabe sein, sondern daß deren Erfüllung auch eine wissenschaftliche Notwendigkeit von Heute bedeuten würde. Ist doch auch in unseren besten neueren Büchern ich nenne nur Kronfelds Psychotherapie oder Kretschmers Psychologie diese besondere Frage nur gestreift, ohne daß das zahlreiche Material voll ausgenutzt wäre, ohne daß es, wie mir scheint, ganz gelungen ist, aus den Tatsachen den Bau zu runden, den Ton sprechen zu lassen, welcher uns ein wirkliches Verstehen der körperlichseelischen Geschehnisse vermittelte.

Im Verlauf der Arbeit mußte es heißen, aus dem ewigen Rätsel Leben nicht nur diese oder jene Emanationen zu erfahren und wieder zu berichten, nicht nur aus dem Gefühl seiner tausendfältigen Mächte und Möglichkeiten zu leben, sondern diese Arbeit verlangte, zu fassen, zu sagen, zu formen; hier wollte dann der kühne Entschluß oft versagen. Nicht willens, einen bequemen Katalog von Ergebnissen der Forschung und Beobachtung anzufertigen; ebensowenig willens, diese in das Prokrustesbett irgendeiner der überkommenen abstrakten Theorien und Systeme zu pressen, mußte ich erkennen, daß aus der wie ich gedacht hatte - Aufgabe von Heute die Forderung von Morgen wurde. Die großen Vorbilder, ein Hufeland, ein C. G. Carus u. A., wußten vom Leben noch Vieles und Wesentliches dadurch, daß ihre Zeit die Zeit eines Goethe und Herder davon wußte und durch sie hindurch sagte. Wir sind Erben und Brüder einer im inneren Wissen unerhört vertrockneten Epoche. Wir müssen, was wir wissen wollen, neu erleben rückerinnern ; wir wissen von den lebendigen Gründen erst das wieder, was sich uns Einzelnen jedem jeweilig wieder zeigte. So verflog das Unterfangen, ein ganzes Buch über die Zusammenhänge von Körper, Seele und Geist in den Lebensvorgängen zu schreiben, unter den Fingern.

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Das bloße Warten allein hilft nicht. Was möglich schien, wurde versucht. So entstanden diese paar ausgewählten Kapitel. Wenn in diesen hier und da über die speziellen Tatsachen und Einzelzusammenhänge hinaus einiges Allgemeine hindurchsprechend hörbar und deutlich wird, glaube ich mein mir heute Mögliches erreicht zu haben. Man weiß und kann nur das sagen, was man selber

bereits ist.

Es sind Prolegomena, nichts mehr. Die Aufgabe von Morgen bleibt. Die, die sie spüren, werden an ihr weiterarbeiten; immer gewarnt: von den Irrtümern der späteren Naturphilosophen, sich in tatsachenfremde Spekulationen zu vervon den Götzendienern der ,,objektiven Tatsachen", die Ideen zu

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vergessen.

München, im Dezember 1924.

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I. Kapitel.

Grundsätzliches. Geschichtliches.

Allgemeines.

A.

Die Tatsache und die Wichtigkeit seelischer Mächte im menschlichen Organismus haben jahrzehntelang keinerlei Beachtung gefunden. Retorte, Mikroskop und elektrischer Strom, mathematische Daumenschrauben, tausendfach verfeinerte Apparate und,,exakte" Methoden haben einen Berg,,gesicherter Tatsachen" zusammentragen helfen, hinter dem der Blick auf den breiten Horizont des lebendigen Lebens immer mehr verschwand, unter dessen Last die Wurzeln und Quellen lebendigen Geschehens sich dem Riesenheer der immer mchr Material anfahrenden Arbeiter allmählich verbargen.

Nun taucht die Frage nach dem Wozu all dieser Arbeit neu auf; teils aus Müdigkeit und Resignation - denn die großen Entdeckungen, die die neue Methode der,,voraussetzungslosen" Forschung, die Ausnützung technischer Hilfsmittel ergab, werden spärlicher von Jahr zu Jahr -; teils aus jener inneren Unruhe, die die Welt seit dem großen Krieg befallen hat die reinen Fakten allein genügen dem neuen Sinn ebensowenig mehr wie die äußere Macht: tönerne Gebilde, deren Unbeständigkeit und Sinnlosigkeit wir zu deutlich erkannten -. Diesem neuen Geist dünkt bei aller Anerkennung der Quantität des Wissens dies nicht mehr einziger und nicht mehr letzter Wert, sondern notwendig scheint das Begreifen der organischen Zusammenhänge, das Verdeutlichen des inneren. Sinns durch die Masse der Einzeltatsachen hindurch, über sie hinaus. Der Glaube, daß aus der reinen Beobachtung, der Empirie irgendeine Wahrheitserkenntnis erwachsen könne, ist ein Aberglaube gewesen: wenn ein Arzt solche Hoffnung der abtretenden Generation in seiner ganzen Irrigkeit noch nicht logisch-theoretisch begriff (immer ist es das Wissen und Wollen, das die Tatsachen sucht, wertet und zusammenstellt!), dann sagt es ihm die Ohnmacht, mit der er am Bett des leidenden Menschen spürt, daß er zwar,,Fälle" etikettieren, therapieren (oder sezieren) lernte; daß ein Wesentliches aber in den Hörsälen und Lehrbüchern kaum nebenbei erwähnt, vielfach aber ausgesprochenermaßen geschmäht und mit Renegatenhaß und Parvenüsstolz bekämpft worden ist das dunkle Rätsel des Lebens. Es gibt einige Ausnahmen auch in der,,offiziellen" Wissenschaft; aber sie stehen wie z. B. Bier auf recht einsamem Kampfposten; die überwiegende Zahl der Forscher und Lehrer vermeidet und verleugnet den irrationalen Faktor, den wegexperimentieren und -rechnen zu können die Hoffnung derer war, die in Virchows Zeit und Zeichen ans Werk gingen. Das Dynamische des normalen wie des krankhaften Lebensprozesses sah man nicht mehr; die Funktion als Mutterkraft der Form ,,die

Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens (Heft 121).

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lebend sich entwickelt" wurde vergessen; der Höhepunkt solchen Denkens, das den Menschen als ein passives chemisch-physikalisches Reagens ihn treffender gleichfalls rein chemisch-physikalisch gemeinter Wesen sah, war die bakteriologische Ära.

Kein Wunder, daß in solcher Zeit ganz besonders die Existenz einer seelischen und geistigen Welt unmöglich anerkannt werden durfte. Das stolze Ehrenschild der ,,voraussetzungslosen" Wissenschaft zeigt hier seinen deutlichsten Flecken. Mystik und Romantik, Phantasterei und unklare Spekulation mußte genannt werden, was unbequeme Geschehnisse und Tatsachen aufzeigte, was Fragen stellte, die nicht nur wie man sich vor- und ausredete —,,noch nicht erklärt" sondern unmöglich zu vereinen waren mit dem materialistischen Denkbild. Wenn dann der ,,Kurpfuscher",,Wunderkuren" machte, wenn Gegenbewegungen wie die Psychoanalyse übers Ziel einseitig weit hinausschossen, oder wenn ein so simpler Geist wie Coué Weltruf gewinnen kann (ein wohl persönlich sauberer aber armseliger Kopf), so entrüstete man sich, ohne sich beunruhigt zu fühlen. Ebenso konnten weder die ja so gut wie unbekannte Geschichte der Medizin (meist als schlichter Fortschrittshymnus festessenfreudig vorgetragen) noch Lehren und Probleme der Schwesterwissenschaften besondere der Philosophie, aber auch der Geschichte, der Völkerkunde naturwissenschaftlich erzogenen Mediziner unsicher machen.

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Seele und Geist als wirkende Mächte im Menschen, im Leben wissen, ist nicht möglich, wenn man das Lebendige rein mechanisch erfassen möchte. Diese Konsequenz zu ziehen fürchten aber viele, die heute an den seelischen Faktoren schon nicht mehr ganz blind vorübergehen. Es geht nicht an, in das ,,objektive Weltbild“ ein paar psychologische Regeln einfach einzustellen; das spüren sie. Und die Angst, daß mit der Anerkennung des menschlichen Seins als eines beseelten Wesens die Tatsache eines lebendigen also letztlich irrationalen Geschehens zwangsläufig verbunden ist; daß damit alle heute noch gültigen Normen der Forschung und alle für letztlich gehaltenen Erkenntnisse relativ und diskutabel werden, diese Angst macht aus Denen die von Seele nichts wußten, Solche die von Seele nichts wissen wollen. Deshalb die unverkennbare Feindseligkeit, zu der Ahnungslosigkeit und landläufiges Meinen vielfach anzuschwellen pflegen, wo ernstlich von dem Vorhandensein und von der Macht des Seelischen gesprochen werden soll. Das ist gut so: ein Kompromiß scheint das wenigst Wünschenswerte, wo ernstliche und tiefe Fragen entschieden werden sollen.

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Man macht in dem schon unbequem gewordenen Kampf den Versuch, die Möglichkeit der Diskussion der wie man es nennt,, Leib-Seelen-Frage" zu bestreiten 1. Aber auch dieser Ausweg wird ebensowenig Wirkung haben wie Kabinettsakte vor geladenen Gewehren. Der Kampf ist bereits im Gange. Freilich nicht wie jener nur naturwissenschaftlich orientierte Psychiater es meint und wie es faktisch uns nicht mehr möglich ist. Die Zeiten, in denen die Philosophie in groß angelegten Systemen schöpferischer Denker Gebäude baute, sind offenbar vorbei; ihre Häuser sind unsere Orakelstätten nicht mehr, in denen uns Antwort auf die Lebensrätsel würde. Mag sein, daß Frobenius, Spengler u. A. recht haben, daß jede Zeit ihr Mittel habe, sich mit den letzten Dingen auseinanderzusetzen, ihr eigenes ,,Paideuma". Mag sein: evident ist, daß jedenfalls für uns die Lösung im weitgespannten Gewölbe der gedanklichen

1 88. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Innsbruck.

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