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seine lare Moral und seine leichte Vergebung der Sünden. In der Beichte und in der Predigt wie in der Schule spricht er im Namen Gottes und unterwirft so die Unmündigen und Schwachen seiner Herrschaft. Er erzieht, die ihm folgen, zur Knechtschaft und macht sie zu Werkzeugen der kirchlichen Hierarchie.

Niemals in der Weltgeschichte hat es eine Verbindung ge geben, welche in dem Grade freiheitswidrig ist, wie der Jesuitenorden. Der moderne Staat duldet die Sclaverei nicht mehr, auch nicht die freiwillige Sclaverei. Das heutige Recht schüßt die Persönlichkeit des Menschen auch gegen den Willen seiner Eltern, auch gegen den eigenen Willen. Es verwirft die Sclaverei principiell, weil es wider die Menschennatur und die menschliche Ehre ist, daß Menschen als bloße Sachen behandelt werden, die ein Eigenthum anderer Menschen sind. Alle Gründe, welche das Verbot der Sclaverei rechtfertigen, passen ganz ebenso auf das Verbot des Jesuitenordens; denn die Geistessclaverei, welcher er zunächst die eigenen Genossen unterwirft, ist viel schlimmer als jede andere bisher verbotene Sclaverei.

Der Negersclave sogar, der vor dem nunmehr abgeschafften Rechte ein Eigenthum seines Herrn war, mußte wohl für den Herrn arbeiten, wie es dieser befahl, aber es war ihm doch ge stattet, eigene Gefühle zu haben, er war doch nicht gehindert anders zu denken, als der Herr dachte. Der Leib des Sclaven diente dem Herrn, die Seele desselben war nicht ebenso geknechtet. Wer Jesuit wird, der muß nicht blos seinen Leib den Befehlen des Obern, d. h. des Herrn zum Dienste hingeben, der verzichtet nicht blos auf die eigene freie Bewegung, er wird nicht blos verbunden, für die Obern zu arbeiten, was sie ihm befehlen. Er muß sogar seine Gefühle, seine Gedanken, seinen Willen dem Orden zum Opfer bringen.

Die geistlichen Erercitien, zu denen nach der Jesuitenmähre die Mutter Gottes" selber den heiligen Ignatius begeistert hat,

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find ganz darauf berechnet, den individuellen Geist und Willen zu ertödten. Zu diesem Zwecke wird der Jesuitenzögling Monate und Jahre lang eingeübt in dem künstlichen Wechsel zwischen gedankenlosem Schweigen und vorgeschriebener Meditation, zwischen Züchtigung des Fleisches und den Aufregungen der gereizten Phantasie, zwischen niederträchtigster Demuth des Einzelnen und hochfahrendem Ehrgeize und Herrsucht des Ordens, bis er sich selber dem Orden opfert, und auf das eigene Urtheil wie auf den eigenen Willen für immer verzichtet. Der Jesuit muß nach dem amtlichen Ausdrucke der Constitutionen zu einem Leichnam (Cadaver) werden, dem nur der Ordensobere Leben einhaucht. Er ist nur

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ein Stab in der Hand des Greises", d. h. des Jesuiten-Generals. Wenn seine Augen etwas als weiß schauen, wovon die Kirche sagt, es sei schwarz, so muß er es für schwarz erklären. In dem General sieht er nicht einen Menschen, sondern Christus selbst". Was der General gebietet, das hat er gelobt, als Gottes Gebot zu verehren.

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Eine solche unmenschliche Ueberspannung der Autorität und ein solcher übertriebener Gehorsam, nicht mit Unrecht „Cadavergehorsam" genannt') ist im höchsten Grade gottlos und naturwidrig. Gott hat dem Menschen die individuellen Geistes- und Gemüthskräfte nicht dazu gegeben, daß er sie austilge und ertödte, sondern damit er sie entwickle. Die naturgemäße Wechselwirkung zwischen dem individuellen und dem Gemeingeiste, welche wie ein zweiarmiger Hebel das Leben und Streben der Menschheit bewegt, darf nicht aufgehoben werden durch die Zerstörung des Individualgeistes. Eine Institution, welche dazu gebildet ist, die völlige Knechtung des individuellen Geistes unter einen andern Willen, den Ordenswillen herbeizuführen, darf vom Staate nicht

1) Vergl. die treffliche Schrift von Buchmann: Ueber und gegen den Jesuitismus. Breslau 1872 G. 33.

geduldet werden, welcher die individuelle Freiheit zu erhalten und zu schüßen berufen ist. Sie ist die unverzeihlichste Sünde wider den heiligen Geist, und die schwerste Kränkung des natürlichen Menschenrechts. Der Staat hat die Pflicht, die freie Persönlichkeit zu schüßen und deshalb hat er die Pflicht, eine Institution zu verbieten, welche auf Zerstörung derselben und auf einen wahren Geistesmord ausgeht. Indem der Staat die Sclaverei verbietet, muß er folgerichtig auch die geistige Sclavenzüchterei des Jesuitenordens untersagen.

In minderem Grade, aber noch immer über die Maßen ver derblich wirkt diese Knechtung des individuellen Geistes auch auf die weiteren Kreise der Bevölkerung, welche dem Einflusse des Ordens Preis gegeben sind. Die Jesuiten, selber Geistessclaven ihrer Oberen, breiten dieselbe Geistessclaverei, in der sie gefangen sind, auch ringsumher aus. Ueberall knicken und zerbrechen sie den individuellen Willen wie das freie Urtheil, und überall richten sie über den Trümmern jeder Freiheit die absolute Autorität der Hierarchie auf. Sie zernagen die Wurzeln der sittlichen Weltordnung, welche ohne Wahrhaftigkeit, ohne Prüfung, ohne Gewissenhaftigkeit, ohne freien Willen nicht gedeihen kann; sie zerstören die Fundamente der menschlichen Rechtsordnung, welche mit der Sclaverei, der leiblichen wie der geistigen, nicht bestehen kann. Sie untergraben die Staatsgewalt und verheßen bald die Unterthanen wider die Obrigkeit, bald die Obrigkeit wider die Unterthanen, je nachdem der eine oder andere ihren Herrschaftsplänen besser dient.

Das deutsche Reich und der Jesuitenorden können nicht mit einander im Frieden leben, und nicht zugleich gedeihen. Entweder muß das Reich den fremden Körper, der das Blut der deutschen Nation vergiftet, aus dem Leibe des deutschen Volkes herausschneiden, oder dieser Körper wird einer schweren Krankheit und

heftigen Fieberkrisen entgegen geführt, welche jedenfalls seine Wohlfahrt, wenn auch nicht sein Leben in Gefahr bringen.

Wir verlangen also, daß das Urtheil der Weltgeschichte an dem Jesuitenorden vollzogen werde und daß die deutsche Nation von demselben befreit werde. Die organisirte geistliche Miliz soll aufgelöst, die Collegien und Anstalten derselben geschlossen, die Güter des Ordens zum Besten des Volkes verwendet, und den Angehörigen und Affiliirten des Ordens jede autoritative Wirksamkeit auf der Kanzel, im Beichtstuhle und in der Schule untersagt werden.

Wir verlangen das im Namen der bürgerlichen Freiheit und der nationalen Geistesbildung, im Namen der sittlichen Weltordnung und des natürlichen Rechts, im Interesse des confessionellen Friedens und um der Einheit, Macht und Herrlichkeit des deutschen Reiches willen.

Die hundertjährige Feier der Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. darf den Jesuitenorden in Deutschland nicht mehr unter den Lebenden finden. Wenn er wieder ins Grab gelegt sein wird, aus dem ein thörichter Restaurationseifer ihn erweckt hat, dann wird auch die katholische Kirche in Geistlichen und Laien leichter und fröhlicher athmen, der Friede des Volks und die Hoheit des Staates werden von ihrem schlimmsten Feinde und die geistige Entwicklung der Menschheit wird von dem schädlichsten Hemmnisse befreit sein.

Die beiden Auffäße in dieser Streitschrift sind zu Anfang des Jahres 1872 entstanden und in Form von öffentlichen Vorträgen in mehreren deutschen Städten bekannt geworden.

Seither ist die Jesuitenfrage auch in dem deutschen Reichstage verhandelt und durch ein Reichsgeseß das Verbot des Jesuitenordens für Deutschland ausgesprochen worden. Der uns aufge nöthigte Kampf mit Rom wird heute allgemeiner verstanden als vor Monaten. Derselbe wird ebenso siegreich durchgeführt werden, wie die beiden Kriege, in denen die deutsche Nation ihre Einheit gefunden und ihre Erhebung erstritten hat. Durch den Sieg über das römische Pfaffenthum wird das deutsche Volk seinen Beruf für die freie Entwickelung der Menschheit erfüllen.

Druck von J. Dräger's Buchdruckerei (C. Feicht) in Berlin.

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