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Rechten, nämlich der Rechtsstellung privater Vereine; die Pflichten sind nur bezüglich der römisch-katholischen Kirche durch einige Sätze der Bundesverfassung im Sinne einer verschärften Vereinspolizei specialisirt. Im Uebrigen sind auch die Pflichten sämmtlicher Religionsvereine die gleichen. Anders nach kantonalem Staatsrecht. Sämmtliche Kantone stehen zur Zeit noch auf dem Standpunkte eines mehr oder weniger ausgeprägten Landeskirchenthums. Die sehr bedeutenden kantonalen Verschiedenheiten in dieser Beziehung waren oben im Einzelnen darzustellen; gemeinsam ist dem Landeskirchenthum in sämmtlichen Kantonen nur die Privilegirung einzelner Kirchen durch den Staat, die jedoch im Einzelnen in den verschiedenen Kantonen wieder sehr verschieden ist. Dafür aber muss sich die Landeskirche in einzelnen Kantonen eine vollständige Organisation durch Staatsgesetz gefallen lassen; andere Kantone führten staatsgesetzlich eine theilweise Organisation durch, z. B. bezüglich der Kirchgemeinden oder der Pfarrwahl; wieder andere Kantone greifen nur in die Organisation der einen Landeskirche durch ihre Gesetzgebung ein, während sie dies bei der andern nicht thun. Man sieht: die Gesetzgebung des Landeskirchenthums in der Schweiz ist ausserordentlich verschieden. Um das Landeskirchenthum vom Freikirchenthum genau scheiden zu können, versuchen wir in nachfolgender Tabelle eine systematische Gruppirung nach verschiedenen Richtungen zu geben; als „Landeskirchen“ sind in dieser Zusammenstellung alle Religionsgemeinschaften bezeichnet, welche durch irgendwelche Privilegien der Staatsgesetzgebung ausgezeichnet sind. 1)

I. Nur die evangelische Kirche ist Landeskirche in Appenzell A.-Rh.2) II. Nur die römisch-katholische Kirche ist Landeskirche in: 1. Luzern, 2. Uri, 3. Schwyz, 4. Obwalden, 5. Nidwalden, 6. Zug, 7. Appenzell I.-Rh., 8. Tessin, 9. Wallis.

III. Die evangelische und römisch-katholische Kirche sind Landeskirchen3) in: 1. Glarus, 2. Freiburg, 3. Graubünden, 4. Waadt, 5. Schaffhausen, 6) St. Gallen.

IV. Die evangelische und christ - katholische Kirche sind Landeskirchen in: 1. Bern, 2. Genf, 3. Baselstadt.

V. Die evangelische, christ-katholische und römisch-katholische Kirche sind Landeskirchen in: 1. Zürich, 2. Solothurn, 3. Baselland, 4. Aargau, 5. Thurgau.

1) Die Belege im Einzelnen sind aus der Darstellung oben Abschnitt II zu entnehmen. 2) Inzwischen sind auch hier die Verhältnisse in einer principiellen Umwandelung begriffen.

3) In den sub 1) 3) 4) 5) 6) genannten antonen bestehen christkatholische Gemeinden factisch nicht; rechtlich würden solchen die landeskirchlichen Privilegien nicht versagt werden.

VI. Die evangelische, christ-katholische, römisch-katholische und israelitische Religionsgemeinschaft sind Landeskirchen in: Neuenburg. Was die Art der Gesetzgebung betrifft, so haben :

I. Vollständige Organisationsgesetze für die Landeskirchen: Bern, Genf, Neuenburg, Baselstadt. 1)

II. Ein ziemlich vollständiges Organisationsgesetz für die evangelische Landeskirche, dagegen keine Staatsgesetzgebung in Bezug auf die Organisation der römisch-katholischen Landeskirche Freiburg.

III. Organisationsgesetz allein für die evangelische Kirche: Appenzell Ausser-Rhoden.

IV. Organisationsgesetz allein für die römisch-katholische Kirche: Tessin.

V. Organisationsgesetz für die evangelische Kirche und Specialgesetze für die katholische Kirche: Zürich, Schaffhausen, Graubünden, Waadt.

VI. Nur Spezialgesetzgebung für einzelne Punkte der kirchlichen Organisation: Solothurn, Baselland, Aargau, Thurgau, Glarus, St. Gallen.

VII. Gar keine Staatsgesetzgebung bezüglich der kirchlichen Organisation: Luzern, Uri, Schwyz, beide Unterwalden, Zug, Appenzell I.-Rh., Wallis.

Was nicht unter diese verschiedenen Gruppen fällt, ist rechtlich Freikirchenthum, somit

I. In allen Kantonen: die sämmtlichen Religionsgemeinschaften ausser der evangelischen, den beiden katholischen und der jüdischen.

II. Die jüdische Religionsgemeinschaft hat nur im Kanton Neuenburg landeskirchlichen, in allen übrigen Kantonen freikirchlichen Charakter. III. Die römisch-katholische Kirche ist Freikirche in Bern, Genf, Appenzell A.-Rh., Baselstadt.

IV. Die christ-katholische Kirche ist, wo sie in constituirten Kirchgemeinden besteht, nirgends Freikirche.

V. Die evangelische Kirche ist Freikirche in Luzern, Uri, Schwyz, beiden Unterwalden, Appenzell I.-Rh., Tessin, Wallis, Zug. (Keine oder nur kleine Diasporagemeinden.)

VI. Die evangelische Kirche ist theilweise Freikirche in Genf, Waadt, Neuenburg und Bern. -

Versuchen wir noch eine letzte Gruppirung der Kantone:

I. Kantone des römisch-ultramontanen Kirchenthums: Luzern, Uri,

Schwyz, beide Unterwalden, Zug, Appenzell I.-Rh., Wallis.

1) Baselstadt nur für die reformirte Landeskirche, für die christkatholische in Vorbereitung.

II. Kantone des mehr oder weniger starken Staatskirchenthums: Zürich, Bern, Baselstadt, Schaffhausen, Appenzell A.-Rh., Tessin, Waadt, Neuenburg, Genf.

III. Kantone eines mehr oder weniger reinen Gemeindekirchenthums: Glarus, Solothurn, Baselland, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau. Das hierokratische Kirchenthum der Kantone von Gruppe I ist mit den heutigen Staatsprincipien unvereinbar. Das Staatskirchenthum der Kantone der Gruppe II ist ebenfalls ein Widerspruch zu den heutigen Staatsprincipien und die künftige Entwickelung wird aus jenem Principe nur die Geltendmachung einer starken Staatsgewalt über sämmtliche Religionsvereine im Staate, wo diese Geltendmachung nothwendig ist, zu übernehmen haben; im Uebrigen ist bezüglich der in jener Gruppe genannten Kantone zu bemerken: in Zürich ist das Staatskirchenthum praktisch nicht von Bedeutung und man scheint den veralteten Standpunkt der dermaligen Gesetzgebung nur darum nicht aufgeben zu wollen, weil man noch eine weitere Klärung der dermaligen kirchenstaatsrechtlichen Gährung abwarten zu sollen glaubt. Schaffhausen und Appenzell A.-Rh. sind zur Zeit mit der Revision ihrer kirchenstaatsrechtlichen Gesetzgebung beschäftigt, die zweifellos zu einem weitgehenden Aufgeben des bisherigen Systems führen wird; das betr. tessinische Gesetz greift zwar tief in die Organisation der katholischen Kirche ein, ist aber in der Hauptsache doch nur ein Aufsichtsgesetz; die waadtländische Gesetzgebung von 1863, ebenso die neuenburgische von 1873 behalten mit bestimmter Absicht den Begriff „église nationale" und die staatliche Organisation derselben bei; ebenso Bern und Genf in ihrer der allerneuesten Zeit angehörigen Gesetzgebung. Baselstadt hat das gleiche Princip in der neuen Staatsverfassung (1875) niedergelegt, aber noch nicht durch Specialgesetz verwirklicht.

Die Kantone der dritten Gruppe, so verschiedenartig und theilweise unfertig ihre kirchenstaatsrechtliche Gesetzgebung im Einzelnen ist, haben das gemeinsam, dass sie den Kirchen eine mehr oder weniger weitgehende Selbständigkeit der Bewegung und Rechtsbildung einräumen und nur gewisse allgemeine Grundprincipien als Basis dieser Rechtsbildung gesetzlich feststellen. Sie repräsentiren uns demgemäss ein mehr oder weniger abgeklärtes Uebergangsstadium zu dem den modernen Staatsprincipien conformen Verhältniss von Staat und Kirche: Selbständigkeit der Religionsvereine unter der Souveränetät des Staates, welche je nach Bedarf - der römisch-katholischen Kirche gegenüber immer - gesetzlich zu specialisiren ist.

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Das Resultat der gerade in der Schweiz besonders vielfarbigen Be

wegung auf dem Gebiete des Kirchenstaatsrechtes wird die allgemeine Annahme der Principien der Bundesverfassung und deren Weiterbildung auf dem Wege der Bundes- oder Kantonal-Specialgesetzgebung sein.

Nachdem wir den Bestand des Freikirchenthumes in der Schweiz vermittelst obiger Erörterung e contrario begrenzt haben, wenden wir uns zu dessen Betrachtung im Einzelnen.

I. Die von den Landeskirchen abgezweigten christlichen Sekten, wie Irvingianer, Methodisten, Darbysten etc. bestehen in der Schweiz in ziemlicher Verbreitung, jedoch wenig zahlreich. Da ihre Existenz ziemlich im Dunklen vor sich geht, überdiess wohl gegenüber der Ausprägung dieser Religionsvereine in anderen Ländern keine besonderen Abweichungen hat, so wird auf diese Religionsvereine nicht weiter Rücksicht genommen.

II. Die israelitische Religionsgemeinschaft ist sehr wenig zahlreich in der Schweiz und ebenfalls ohne besondere rechtliche Merkmale. (Volkszählung vom 1. December 1870 ergab 6996 Juden, in grösserer Zahl nur in Aargau (1541), Bern (1400), Genf (961), Neuenburg (674), Waadt (610), Baselstadt (506), Zürich (504).

III. Die römisch-katholische Kirche als religiöser Privatverein (Bern, Genf), war oben in den §§ 20 und 36 zu besprechen. Hier ist lediglich das Princip zu resumiren: die Oberaufsicht des Staates über die römisch-katholische Kirche ist nicht davon bedingt, dass letztere Landeskirche ist, hat vielmehr bei freikirchlicher Stellung derselben ganz in gleicher Weise stattzufinden; auch bei freikirchlicher Stellung der römischen Kirche ist der Staat berechtigt, sein Oberaufsichtsrecht gesetzlich zu specialisiren.

IV. Besonders interessante freikirchliche Bildungen sind die von den evangelischen Landeskirchen ausgeschiedenen evangelischen Separationen in Genf, Waadt, Neuenburg und Bern. Dogmatische Differenzen zwischen ihnen und den Landeskirchen der betr. Kantone bestehen in der Hauptsache nicht; die Separation war vielmehr nur die Folge von Verfassungsdifferenzen. Die §§ 48, 49, 50, 51 werden sich speciell mit diesen freikirchlichen Bildungen beschäftigen.

$48.

Die Eglise évangélique libre in Genf. 1)

Die Verhältnisse der von den Landeskirchen separirten freien evangelischen Kirchen in den Kantonen der französischen Schweiz waren bisher wenig gewürdigt und speciell in Deutschland fast vollständig unbe

1) Bezüglich des Materiales für die Bearbeitung der folgenden §§ schulden die Verf. besonderen Dank dem Hr. stud. jur. A. v. Lerber in Bern, durch dessen

kannt. Und doch bieten diese Kirchen in mehr als einer Hinsicht besonderes Interesse. Sie geben uns Beispiele einer auf evangelischer Glaubensbasis beruhenden kirchlichen Rechtsordnung, bei welcher der Faktor Staat in keiner Weise betheiligt ist. 1) Zwar leiten wir principiell die autonome Rechtsordnung auch dieser Kirchen aus dem souveränen Rechte des Staates ab; im Einzelnen aber ist jeder Einfluss des Staates auf die Ordnung jener Kirchen weggefallen. Nur mit rein kirchlichen Mitteln wird diese Ordnung aufrecht erhalten.

Ist man aber der Meinung, dass die heutigen Staatsgrundprincipien zu einer Auflösung der bisher als sog. Landeskirchenthum bestandenen Verbindung zwischen Staat und Kirche nöthigen werden, so werden alle Erscheinungen auf dem Gebiete des kirchlichen Lebens, welche mit dieser principiellen Frage in Zusammenhang stehen, unser Interesse in besonderem Masse in Anspruch nehmen und zwar vorzüglich dann und da, wann und wo wir einen Uebergang vom Landeskirchenthum zum Freikirchenthum verfolgen können. Die Parallelisirung von Landeskirchenthum und Freikirchenthum bietet uns somit eine principiell hochwichtige Seite bei der katholischen und evangelischen Kirche, die sich zur Zeit meist allein der landeskirchlichen Privilegien erfreuen. 2)

Wir waren demgemäss bestrebt, das römisch-katholische Freikirchenthum, das sich in Folge der neueren Entwickelung in Bern und Genf3) findet, rechtlich möglichst genau zu präcisiren und in den folgenden §§ soll dies bezüglich des evangelischen Freikirchenthums in Genf, Waadt, Neuchâtel und Bern geschehen. Zwar sind diese Freikirchen sämmtlich mehr ecclesiolae als ecclesiae; das juristische Interesse an ihrer Rechtsbildung jedoch wird dadurch nicht geschmälert, wir zweifeln im Uebrigen auch nicht, dass jene Freikirchen bei dem früher oder später

gütige Vermittlung ihnen die Drucksachen der freien evangelischen Kirchen zugestellt wurden.

1) Es mag dies speciell betont werden im Hinblick auf die Bemerkungen von Otto Mejer in Zeitschrift f. Kirchenrecht XI, 287 ff. über die Rechtsbildung des Freikirchenthums. Dass auch diese Rechtsbildung in letzter Instanz in der Souveränetät des Staates ihre Quelle wie ihre Grenze hat, erscheint auch uns richtig; dass aber die autonomen Ordnungen freier Kirchen dennoch als „Recht“ zu bezeichnen sind auf Grund der vom Staate diesen freien Kirchen gewährten Autonomie (Vereinsfreiheit), möchten wir gleichwohl behaupten, ohne dadurch das Grundprincip der Rechtserzeugung für gefährdet zu halten.

2) Nicht ohne Grund sagt die officielle Erinnerungsschrift zur 25-jährigen Stiftungsfeier der freien evangelischen Kirche des Waadtlandes: „depuis lors nous avons eu la joie de voir le mouvement des sociétés européennes s'accentuer de plus en plus dans ce sens et nous avons pu comprendre que Dieu nous a appelés dans notre faiblesse, à faire une expérience qui pourra avant qu'il soit longtemps, être utile à beaucoup d'autre chrétiens.“ (S. 21).

3) S. oben I §§ 20 und 36.

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