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Gebote; tüchtige Bundesgenossen, besonders der mächtigste Vasall des Königs von Frankreich, Balduin von Flandern, unterstüßten ihn; selbst die ungetheilte Sympathie der Engländer war in diesem Kampfe gegen den Nationalfeind auf seiner Seite. Philipp dagegen war im Zwist mit dem Papste, ganz Frankreich mit dem Interdicte belegt. Johann hätte seinen Gegner fast vernichten können, aber, unschlüssig und kurzsichtig, ließ er sich zu dem schmählichen Frieden zu Verin 23. Mai 1200 verleiten. Das war der erste, verhängnißvolle Fehler. England murrte darüber, daß sein König die Gelegenheit habe entschlüpfen lassen, den Erbfeind zu demüthigen, nachdem er doch dazu ein bedeutend erhöhtes Schildgeld eingehoben hatte; der Unwille wuchs, als Johann gegen allen bisherigen Gebrauch eine harte Steuer auflegte, um die 20000 Mark, zu deren Zahlung er sich überdies im Frieden anheischig gemacht, aufzubringen; Philipp gewann Zeit, sich mit der Kirche auszusöhnen und dann den Krieg wieder zu beginnen, stärker als vorher, da er ja durch die Abtretung von Evreux in der Normandie selbst festen Fuß gefaßt hatte; die Vermählung von Johanns Nichte, Blanca von Castilien, mit dem Kronprinzen Ludwig von Frankreich, auch eine der Friedensbedingungen, gab diesem jene Ansprüche auf Englands Thron, die er später über den Trümmern von Johanns gestürzter Macht eine Zeit lang behauptete. Und als nun Johann zu spät einsah, daß es mit Philipp von Frankreich keinen Frieden und keine Freundschaft gab, wie er sie geträumt hatte, außer wenn er ihn gleich anfangs zu Boden geworfen hätte, und als in Folge seiner unbesonnenen Heirath mit Isabella von Angoulême, die er ihrem Verlobten, einem seiner festländischen Vasallen, dem Grafen Hugo le Brun, entführt hatte, ganz Poitou sich empörte, um die Schmach zu rächen, und auch Philipp abermals die Fahne Arthurs erhob, da sah Johann bereits offene Empörung auch der englischen Barone, die er durch sein despotisches und willkührliches Benehmen, durch die beständigen Kriegsauflagen und das erneuerte Gebot der Heeresfolge über Meer aufs höchste gereizt hatte. Und da brachte er wohl seinen Rivalen Arthur in seine Hände, gewann aber dadurch, daß er ihn ermordete, nur das, daß man ihn, wie Parisius sagt, diesseits und jenseits des Canals verabscheute, in Paris deswegen sogar zum Verluste der französischen Besitzungen und zum Tode verurtheilte (1202). Er verlor nun

auch die Normandie, diesen glänzenden Edelstein in Englands Krone, während er selbst noch mit seiner jungen Gemahlin unthätig in ausgelaffener Fröhlichkeit schwelgte 1) (1204). Verachtung empfing ihn, als er flüchtig an Englands Küste landete mit der Genossin seiner Schmach und der wollüstigen Feste von Cadom und Rouen, jener Isabella, über deren Reizen er Ehre und Pflicht vergessen hatte, die ihm geboten, die Normandie zu behaupten. Diese selbst, sowie Anjou, Maine und Touraine, wurde mit der Krone Frankreichs vereinigt, und alle Versuche, sie wieder zu gewinnen, blieben erfolglos. Der Erbfeind war nicht nur mächtiger, sondern auch desto drohender geworden, als er jegt die England gegenüber liegenden Gestade beherrschte und auch eine maritime Macht werden konnte.

Aber der Friede vom 23. Mai 1200 hatte noch eine andere, ganz eigenthümliche Clausel, die Johann schwere, ziemlich lange und neben zahlreichen andern Mißverständnissen einherlaufende Verwicklungen mit dem päpstlichen Stuhle schuf. Johann versprach nämlich darin, den damals mit dem Hohenstaufen Philipp um den deutschen Thron rivalisirenden Welfen Otto von Braunschweig weder mit Geld noch mit Waffen zu unterstützen, ganz zuwider den Forderungen der Verwandtschaft (denn Otto war Johanns Neffe), entgegen ferner der seit Richard seinem Hause natürlicher Weise vorgezeichneten antistaufischen Politik, wie auch der ausdrücklichen Testamentsbestimmung Richards 2) und seinem eigenen dem Papste gemachten feierlichen Versprechen, „sich und sein Reich gänzlich zu Diensten zu stellen", wenn Otto auf den deutschen Thron erhoben werde. Und das that Johann zu einer Zeit, wo eben der Papst, sicherlich auch auf England dabei rechnend, sich ganz unzweideutig für Otto und gegen Philipp von Schwaben ausgesprochen hatte. Empfindlicher konnte Johann Innocenz den III. nicht beleidigen. Daher des Papstes Klagen über Johanns Treulosigkeit. Nimmt man noch die sonstigen Klagen und Vorwürfe des Papstes hinzu und seine Drohbriefe (1202 und 1203) wegen der Eingriffe

1) Paris. min. II, 96. 97. Am 29. Juni 1204 öffnete die Hauptstadt Rouen, die leßte der Städte, Philipp August die Thore. Seit 299 Jahren hatte sie kein französischer Herrscher betreten.

2) Cf. Raynaldus Annales ad a. 1199 n. 50.

Johanns in die kirchlichen Rechte und Freiheiten, 1) so sieht man leicht, wie alle jene Cardinalfragen sich scharf zuspißten.

Das war die gefährliche Lage Johanns im Jahre 1205.

Da starb plötzlich am 12. Juli der Kanzler, Primas Hubert von Canterbury. Ein neuer Verlust für den König. Hubert war stets, und auch jezt noch, seine mächtigste Stüße gewesen. Sein Tod brachte überdies die für Johann so verhängnißvolle, ohnehin seit jeher nur selten ohne große Verwirrung stattgefundene Neubesetzung des Primatialstuhles von Canterbury in den Vordergrund. Dessenungeachtet soll Johann, als die Nachricht von Huberts Tode anlangte, überaus gejubelt und ausgerufen haben: „Jeßt erst bin ich König von England". 2) Er ahnte nicht, daß er bereits aufhören werde König zu sein, bevor noch Huberts Nachfolger dauernd in Canterbury einziehen würde. Jetzt begann ja jener große Kampf mit Papst Innocenz III., ein Kampf, der alle gegen Johann verschworenen Elemente erst recht entfesselte und vereinigte.

Nicht allein der Streit mit der Kirche, auch nicht die Macht Frankreichs allein oder der Abfall der Unterthanen, sondern das gegenseitige Zusammenwirken aller dieser Factoren neben der Nichtswürdigkeit eines Johann, der es soweit kommen ließ war zur Vorbereitung des Ereignisses von Dover erforderlich. Gleichwohl ist es wahr, daß ohne den Kampf Johanns mit der Kirche die Dinge kaum so mißlich für ihn geworden wären. Der kirchliche Streit ist der wichtigste der Factoren in der Herbeiführung jener Lage, in welcher Johann, sei es aus Verzweiflung oder aus Klugheit, 3) sei es aus bußfertiger Gesinnung gegen den so schwer gekränkten apostolischen Stuhl 4) oder aus Rücksicht auf seine Nachkommen, oder endlich aus rein natürlichem Selbsterhaltungstrieb 5) (wir laffen jezt noch die Motive dahingestellt), jene berühmte Ur

1) Raynaldus 1202, n. 26; 1203 n. 61; Gesta Innocentii III. (Migne, Patrol. lat. tom. 214 p. XVII. ss.) c. 132. Noch bevor der große Kirchenstreit begann, hatten bereits die englischen Bischöfe die Vollmacht in den Händen, gegen Johann mit kirchlichen Censuren vorzugehen. Cf. Raynaldus 1206 n. 9 ss.

2) Paris. min. II, 104.

3) Walteri de Coventreia Memoriale (SS. nr. 58) II, 210.

4) Vgl. den Wortlaut der Lehensurkunde.

5) Matthaei Parisii Chronica majora (SS. n. 57) II, 540. Zeitschrift für fathol. Theologie. VI. Jahrg.

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kunde ausfertigte, welche das Reich zu einem päpstlichen Vasallenstaate machte. Unter dieser Rücksicht müssen wir jezt den großen kirchlichen Kampf hier behandeln.

2. Die Wahl des Erzbischofes von Canterbury.

Es ist, als ob den König Johann überall ein böses Verhängniß umlauert hätte. Nie hatten die an der Kirche von Canterbury herrschenden eigenthümlichen Wahlverhältnisse zu so argen Wirren geführt, wie unter ihm. Doppelwahlen waren schon öfter vorgekommen, 1) aber diesmal ward, indem die eine Partei sogleich sich an den Papst Innocenz III. wandte, die Angelegenheit vor die Curie gebracht, und hier wurden nach langwierigen Verhören und Untersuchungen schließlich beide Wahlen (Ende December 1206) als uncanonisch und fehlerhaft" für ungiltig erklärt, 2) und unter dem strengen Verbote der Wiederwahl eines der beiden Candidaten 3) eine neue Wahl angeordnet, welche, um weiteren Umtrieben vorzubeugen, 4) in Rom selbst abgehalten wurde. Aus dieser Wahl ging nun, nahezu einstimmig, 5) jedoch nicht ohne Einfluß des Papstes, nämlich auf seinen Vorschlag, 6) Stephan de Langetuna, Cardinalpriester vom Titel des hl. Chrysogonus, als Erzbischof von Canterbury und Primas von England hervor.

Langton war aus der Diöcese York gebürtig, hatte mit dem gegenwärtigen Papste die Universitätsstudien in Paris gemacht, und später mit solchem Ruhme selbst als Lehrer und Kanzler der dortigen Univer= sität gewirkt, daß er sowohl was Tugend als was Gelehrsamkeit anbelangt, für einen der ersten und größten Männer seiner Zeit galt.

1) Cf. Gervasii Dorobornensis Chron. (Twysden X) col. 1348-1569; ejusd. Vitae archiepiscoporum Dorob. (ibid.) c. 1666 seq.

*) Cf. Paris. min. II, 104 seq.; Coventry II, 197; Gesta Innocentii III. c. 132.

*) Was Paris. maj. II, 515 über die Drohung des Papstes (Unde vobis... sub poena anathematis praecipimus, ut illum in archiepiscopum eligatis, quem nos damus vobis in patrem) gemeldet wird, wider: spricht den Briefen Innocenz III. (Ep. X, 219 bei Migne Patrol. lat. tom. 215) und anderweitigen Mittheilungen von Parisius selbst (hist. min. II, 110).

4) Gesta 1. c.

5) Par. maj. 1. c.; Gesta 1. c.

6) Innocentii III. Registrum (künftig einfach mit Ep. zu citiren) Ep. X, 219: Quoniam absque vi et dolo canonica est electio de persona idonea concorditer celebrata. Cf. Paris. min. II, 110.

K. Johann selbst hatte ihm schon wiederholt geschrieben, ́er möchte nach England zurückkehren und mit seinem Ruhme das eigene Vater= land zieren, 1) und Innocenz III. hatte ihn wegen seiner vorzüglichen Eigenschaften kurz vorher in das Cardinalscollegium nach Rom berufen.

Vernünftiger Weise konnte man weder gegen die Cassation der beiden in England abgehaltenen Wahlen, noch gegen die neue Wahl etwas einwenden. Höchstens das war für England neu, daß sie in Rom stattfand. Es waren aber bei den Verhandlungen Vertreter aller Parteien anwesend, auch die Gesandten des Königs; 2) es waren die competenten Wähler da, nämlich Mönche des Christklosters von Canter= bury, denen die Vollmacht zur Vornahme einer neuen Wahl zu ertheilen der ganze Convent der Christkirche aufgefordert worden war; 3) selbst die Rechte des Königs waren nicht umgangen worden; denn der Papst selbst hatte ihm die gebührende Anzeige gemacht, 4) und die nach Rom gekommenen königlichen Gesandten hatten überdies ein Schreiben des Königs mitgebracht, worin er erklärte, daß er Jeden anerkennen würde, welchen die Mönche in Rom wählen würden, wenn er nur ein Engländer sei (dummodo esset Anglicanus); 5) mehr aber war nach dem Privilegium, welches Heinrich II. den Mönchen der Christ= firche zuerkannt hatte, 6) nicht nothwendig. Gleichwol wurde diesmal, (was sonst nie bei Wahlen geschah, die vor dem apostolischen Stuhle stattfanden), auf das Verlangen der Wähler auch noch ein eigener Bote um Einholung einer ganz speciellen königlichen Bewilligung ab= gesandt. 7) Endlich wird man anerkennen müssen, daß Innocenz III. sicherlich das wahre Beste Englands und auch zarte Rücksicht auf die Perion des Königs im Auge hatte, wenn er die Wahl auf den Cardinal Langton lenkte, der ein so anerkannt tüchtiger und berühmter Prälat, ein gebürtiger Engländer, und beim König, wie der Papst wußte, sehr geschätzt war. 8)

Wenn man Alles eingehend erwägt, wird man mit Lingard gestehen müssen, daß das ganze Verfahren des römischen Hofes den

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1) Innoc. Ep. IX, 219.

2) Ep. IX, 34-37 (Potthast, Regesta Pontificum Romanorum n. 2732 - 2755).

*) Ep. IX, 206 (Potthast n. 2940).

4) Gesta: Hoc idem insinuans (Papa) ipsi regi. Cf. Coventry 165. 5) Cf. Annales Burtonenses (SS. n. 36) p. 211. Damit stimmt auch Paris. maj. 514 überein: Rex posuerat verbum suum in ore duodecim monachorum Cantuariensium, ut quemcumque eligerent, ipse acceptaret... Habebant et similiter Regis literas.

6) Darnach sollten sie in Zukunft allein und ganz frei wählen dürfen; nur sollten sie die königliche Zustimmung zur Vornahme des Actes einzuholen haben. Cf. Annal. Burtonenses 214.

7) Ep. X, 219.

8) Paris. maj 515. Asserens (Papa), Stephani promotionem tam ipsi quam universae Ecclesiae Anglicanae plurimum profuturam. Cf. Coventry 197.

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