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bereit zu Raub, Brand und Kirchenfrevel". Er war von niedriger Herkunft, und war als Räuber nach England gekommen, 1) hatte sich aber durch des Königs Gunst bis zum königlichen Kämmerer emporgeschwungen und war damals mit dem Schuße der Grenzmark gegen Wales betraut. 2) Dieser sollte, wie Reginald von Cornhill im Norden, so im übrigen Reiche die wankende Treue der Barone durch Grausamkeit befestigen. Aufs Neue wurden von allen ver dächtig scheinenden Großen durch ganz England Söhne und Verwandte als Geiseln verlangt. Viele zwar gaben sie auch diesmal wieder aus Furcht vor Johanns und seiner wilden Söldner Gewaltthätig= keit; aber viele flohen auch heimlich nach Frankreich, dem Beispiele Eustachs von Vesch und Robert Fit-Walters folgend, und um so dem Anathem der Kirche und der Hand des Königs zugleich zu entrinnen. 3) Es müssen diese Fluchtunternehmungen damals einen derartigen Umfang angenommen haben, daß der König nachgerade selbst darüber erschrack. Noch am 30. Juni waren auf königlichen Befehl viele Geistliche, die mit den auswärts weilenden Bischöfen in Verbindung standen, des Landes verwiesen worden; 4) jezt erließ der König, um weitern Fluchtversuchen und den Conspirationen zwischen Frankreich und England einen Riegel vorzuschieben, das strengste Gebot gänzlicher Sperre aller englischen Häfen. Niemand durfte fernerhin aus England gelassen, Niemand in England aufgenommen werden. 5) Die Flucht wurde als Hochverrath erklärt, und noch im Laufe des Herbstes 1212 zur Confiscation der Güter aller außer Landes befindlichen Barone geschritten. Dieselbe fand in einer ganz vandalischen Weise statt. Nicht nur Hab und Gut derselben wurde geraubt oder verschleudert und ihre Burgen niedergerissen,

1) Paris. maj. ad a. 1212 p. 538: Ruptuarius nequissimus, natione Neuster, ortu spurius. Er seßte seine Räubereien auch in den folgenden Jahren fort. Cf. Annales Wawerlejenses 283. Diese Annalen nennen ihn Fautes de Breauté und geben ihm die Bezeichnung „,furiosus". Fulco ist einer derjenigen, die in der Magna Charta namentlich bezeichnet sind als dem Reiche zum Schaden gereichend (regno nocumentum) und daher zu entlassen.

2) Paris. min. II, 132.

8) Coventry 207; Paris. min. II, 128: .. et alii multi, quos longum foret enumerare.

Annales Wawerlejenses 267.

5) Ibid.

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sondern selbst ihre Diener und Unterthanen wurden von den Gütern vertrieben) und geächtet. 2) Auf solche Art hauste im Norden Reginald, im Süden Fulco. Wie namentlich der Lettere sich seiner Aufgabe entledigte, welchen Jammer und Schrecken er über England verbreitete, darauf läßt der Umstand schließen, daß man ihn die Geißel des göttlichen Zornes" nannte. 3) Aber dazu hatte ihn ja der König berufen (,ut in barones debaccharetur"); und er ward von diesem dadurch belohnt, daß er eine Frau aus hochadeligem Geschlechte, Margaretha de Ripariis, zur Gemahlin erhielt und mit ausgedehnten Gütern belehnt wurde. 4)

Während das in England geschah, fanden sich auf französischer Erde die Bischöfe und ein großer Theil des Adels von England zusammen, beide geächtet, beraubt, und Flüchtlinge vor dem eigenen König. In den Flammen, welche die Schlösser der geflohenen Großen verzehrten, stählte sich das dreischneidige Schwert des Bündnisses der angelsächsischen Aristokratie und der französischen Krone mit der gegen Johann auftretenden Kirche, ein Schwert, welches dem königlichen Despotismus in England überhaupt an die Brust gesezt werden sollte.

Hier sind wir in unserer Darstellung an einem Punkte angelangt, von welchem aus wir bereits überschauen können, inwieferne der Streit Johanns mit dem Papste um den Stuhl von Canterbury in der That wesentlich zur allerschlimmsten Fortentwickelung jener drei Krisen beigetragen hat, vor welche Johann bei seinem Regierungsantritte, wie wir sahen (S. 203), gestellt war.

Es gebührt insbesondere an diesem Orte der angelsächsischen Reaction gegen das anglonormannische Königthum eine nähere Berücksichtigung. Wie interessant auch dieser Gegenstand ist, und wie manches neue Licht er auf die vielbesprochene Magna Charta wirft, ist er dennoch unseres Wissens nirgends in gebührender Weise beachtet worden.

1) Coventry 207; Paris. min. II, 131. Vgl. den Bericht der Magna Charta. '),,Utlagari" (ut of the law) außerhalb des Gesezes gestellt werden (Du Cange). Damals sollen auch viele von den Geiseln, welche Johann 1208 seinen Großen abgefordert hatte, ermordet worden sein.

Cf. Paris. maj. 523.

3) Paris. min. II, 131.

4) Paris. maj. a. 1212 p. 538.

Seit Wilhelm von der Normandie nach der Schlacht bei Hastings (1066) seine Eroberungs- und Feudalherrschaft in England aufgerichtet hatte, ging unausgesezt durch das unterjochte angelsächsische Volk, bald unterdrückt, bald lauter, ein Zug der Sehnsucht nach den „guten Geseßen" des „guten Königs Eduard". Andererseits mußten sich bereits Wilhelm II. (1087-1100) und Heinrich I. (1100-1135), der eine wie der andere auf illegitime Weise zum Throne gelangt, gegen ihre normannischen Landsleute auf das angelsächsische Element stüßen. Heinrich I. that dies, indem er in dem berühmten Freiheitsbriefe, den er bei seiner Thronbesteigung erließ, ausdrücklich auf die Gefeße des Königs Eduard zurüdgriff (Legem regis Eduardi vobis reddo) und die nach der Eroberung eingeführten widerrechtlichen Gebräuche abzustellen" versprach. 1) Das Kind der Freiheit war indeß kaum geboren, als es auch wieder, und zwar durch seinen eigenen Vater, erdrückt ward. Noch im selben Jahre (1100) zog Heinrich die Charta libertatum zurück, und ließ alle Eremplare derselben vernichten, bis auf drei, deren er nicht mehr habhaft werden konnte, und die ruhig im Staube schlummerten. 2) Immer wesenloser und schattenhafter für die folgenden Generationen ward, was man unter den Gesezen des heiligen Eduard denn eigentlich zu denken habe; doch es blieb die Sehnsucht und der Ruf nach ihnen lebendig.

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Concretere Formen nahm die angelsächsische Reaction unter den Plantagenets an, denen gegenüber sie sich in dem Widerspruche gegen die Heerfolge nach dem Continent äußerte, weil man dort keine Besizungen habe". Der Hauptherd dieser Opposition war naturgemäß stets Northumberland, wo das angelsächsische Element durch Wilhelm 1. nicht hatte gebrochen werden können, und es war der heil. Thomas Becket, ein Angelsachse, auf dessen Rath Heinrich 1. die persönliche Kriegsleistung für Unternehmungen auf dem Continente. gegen ein Schildgeld erließ. 3) Die diesbezüglichen Conflicte wurden wiederholt sehr drohend unter Johann, sowohl beim Anfange als beim Ende seiner Regierung. 4) Immer aber sehen wir die Barone Northumberlands dabei im Vordergrunde, und vermuthlich waren vor Allen sie es, die von Leicester aus an Johann die Forderung ihrer Rechte und Freiheiten stellten (1201).

Indessen auch die normannischen Barone hatten unter dem ge= meinsamen Drucke eines tyrannischen Königthums allmählich nicht so bald vergessen, daß sie Normannen seien, als kennen gelernt, daß die Freiheiten der alten angelsächsischen Thans doch besser wären, als die Fesseln der strengen normannischen Feudalverfassung, die sie hieher

1) Leg. Sax. pag. 234. Cf. Lingard II, 136.

2) Paris. min. I, 177 ss.

3) Cf. Paris. min. II, 90; Cantù Mittelalter (Schaffh. 1850) II, 1025; Lingard II, 251.

4) Cf. Paris. zu den Jahren 1200-1206; Coventry zu den Jahren 1213–

gebracht. Noch mehr Boden gewann die angelsächsische Reaction, als nach dem Verluste der Normandie, des Stammlandes der Eroberer, die Edlen beider Nationalitäten sich Brüder zu nennen anfingen. Es zeigte sich das durchschlagend bereits bei der nächsten Generation. Und hier ist der Grund von dem merkwürdigen Schauspiele zu suchen, daß in dem Kampf um die Magna Charta die Väter oft auf Seite des Königs, die Söhne aber in den Reihen der Freiheitspartei standen. 1) Ein Graf Northumberlands aber, Eustach von Vesch, stand an der Spize der ganzen Bewegung.

Neben dieser Bewegung und vielfach sich mit ihr berührend, läuft, ebenso alt, die kirchliche Reaction einher. Ein Angelsachse, der erste Angelsachse, der zu so hoher Würde emporstieg, Thomas Becket, entfaltete zuerst mit kühner Hand die Fahne der kirchlichen Freiheit vor dem Throne und gab damit die Parole für spätere Zeiten.

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Man begehrte von Johann den Freiheitsbrief Heinrichs I. Dessen Ablehnung gab das Signal zum eigentlichen Beginne des großen Freiheitskampfes, der längst schon vorbereitet war, ebenso wie das Festhalten der Mönche von Canterbury an den Privilegien der vor= normannischen Zeit den längst in der Luft schwebenden kirchlichen Streit zum offenen Ausbruch führte. Im Norden Englands sehen wir den Hauptboden der Opposition des Adels gegen die Krone; und hier im Norden stand einst die Wiege desjenigen, der den Zankapfel des firchlichen Streites bildete, Stephan Langtons. Und ebenderselbe Langton wird vor der feierlichen Lessprechung des Königs vom Banne, im Dom zu Winchester, diesem nicht nur das Versprechen des baldigen Ersages der eingezogenen Kirchengüter abnehmen, sondern ihn auch die Herstellung der guten Geseze seiner Vorgänger, insonderheit des K. Eduard" beschwören lassen. 2). Ebenderselbe Langton wird später (25. August 1213) auf der Versammlung der Bischöfe und Barone zu London mit der Berufung auf die charta libertatis vom J. 100% dem bisher unbestimmten Verlangen nach den guten Geseßen Eduards einen concreten Ausdruck und einen bestimmten Mittelpunkt geben. - Dieses zur Vorgeschichte der Magna Charta von 1215.

Wir begreifen nunmehr leichter, warum, wie in Wales, so auch in Northumberland die weltlichen Großen zuerst entschieden auf die Seite der Kirche traten, und dadurch dem kirchlichen Streite eine so ernste Wendung gaben. Nicht die Worte des Papstes allein haben das hervorgebracht. Es erkannte die angelsächsische Reaction in dem Gehorsam gegen die Kirche zugleich eine willkommene Stüße für ihre politischen Zwecke. Allerdings werden fortan in allen päpstlichen Briefen unter den um der Kirche willen Verfolgten

1) Cf. Coventry 219.

2) Paris. maj. 550. Am 20. Juli 1213.

neben den Bischöfen auch stets ausdrücklich Eustach von Vesch und Robert Fiz-Walter genannt; allein wir haben es gleichwohl mit zwei gesonderten, wenn auch innerlich verwandten und seit jeher sich gegenseitig helfenden Bewegungen zu thun, von denen die eine nunmehr der Papst, die andere der Graf von Besch in die Hand genommen hat, und die beide zugleich siegen, weil die eine die andere unterstützt. Es kam aber eine Zeit, wo Eustach von Vesch auch ohne den Papst, ja selbst gegen den Papst seine Wege weiter ging.

Das Ergebniß der Mißregierung Johanns und vornehmlich des Kampfes, in den er sich mit dem Papste eingelassen, besteht also darin, daß sich die angelsächsische mit der kirchlichen Opposition in denselben Zielen enge vereinigte, daß beide den französischen König als ihren Bundesgenossen heranzogen, und daß nun alle diese drei Gegner, welche sich einander im Großen und Ganzen bisher gleichgültig, theilweise feindselig ge= wesen, gegen Johann in die Schranken traten.

5. Höhepunkt des Conflictes.

Ob Johann noch so viel klaren Blick sich bewahrt hatte, um die volle Gefahr zu erkennen, in der er schwebte? Wer kann es sagen? Soviel ist gewiß, daß der Tag von Nottingham (S. 230) ihn endlich, freilich, wie gewöhnlich bei ihm, zu spät, aus dem sorglosen Schlummer und wüsten Taumel riß. Nachdem er durch die oben geschilderten grausamen Maßregeln für seine persönliche Sicherheit gesorgt zu haben glaubte, nachdem er wie zum lezten Abschiede von einer zügellosen, wahrhaft Neronischen Lebensperiode noch einmal seiner Rache wie seiner Habgier freien Lauf gelaffen, fing er endlich an, die Hand der Kirche zu suchen. Er begann auf eigenthümliche Weise.

Um die von der Kirche zur Grundbedingung alles Ausgleiches gemachte, nun schon bis zu einer ungeheuren Summe angewachsene 1) Entschädigung herabzudrücken, erzwang er von allen Klöstern sowie von dem noch in England weilenden Säkularclerus Nachlaßbriefe für die an ihnen verübten Erpressungen. 2) Zugleich bestürmte er

1) Coventry II, 214

2) Coventry 207; Annales Wawerlejenses 268.

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