Sayfadaki görseller
PDF
ePub

Gott jedenfalls das höhere, und dies nicht bloß in Bezug auf den Grad, sondern in Rücksicht auf Art und Wesenheit. Somit ergibt sich aus obigem Grundsaze, daß der Mensch für Acte, welche in seinem Geiste direct von Gott bewirkt werden sollen, noch nicht vollkommen disponirt sein wird durch Eigenschaften von gleicher Art und Wesenheit, wie die Tugendhabitus; daß er vielmehr zur Aufnahme der göttlichen Bewegung durch Eigenschaften vorbereitet sein muß, welche einer höhern Art und Wesenheit angehören, als die Tugendhabitus.

Wir machen hier dieselbe Bemerkung, die wir vorher bei der ersten Folgerung betonten, nämlich daß auch dieser zweite Schluß nicht eine absolute Nothwendigkeit nachweisen will; er behauptet nur jene relative Nothwendigkeit, welche entsteht, wenn die Anforderungen eines relativ vollkommenen Zustandes berücksichtigt und befriedigt werden sollen. Demnach hat Gott jeden= falls die Macht, auch die Tugendhabitus zu inspirirten Acten zu benutzen, wenn er so thun will, gerade so gut wie er sogar die nackten und aller Habitus baaren Potenzen der Seele zu inspirirter Thätigkeit überzuführen vermag. Allein die absolute Möglichkeit kommt hier nicht in Betracht; es handelt sich um die Ansprüche eines völlig geregelten und nach Maß, Zahl und Gewicht“ vollkommenen Zustandes. Absolut könnten die Tugendhabitus ausreichen, ja absolut könnten auch sie entbehrt werden; allein sie werden als unzureichend erfunden, sobald wir jene Geseze höchster Ordnung, vollkommener Proportion, vollendeter Schönheit erwägen, welche, wie bekannt, Gott der allweise und allgeschickte Meister in allen seinen ordentlichen Werken der Gnade nicht minder als der Natur berücksichtigt und beobachtet.

"

Durch diese Erörterungen ist Thomas nun zu dem gesuchten Resultate gelangt; er hatte ja die ganze Untersuchung angestellt, wie er am Anfange schrieb, ad distinguendum dona a virtutibus". Die Frage war nach dem wirklichen Unterschiede zwischen den Gaben und Tugenden; die Antwort liegt in ihrer Entwicklung und Begründung vor uns, und wir wollen sie hier in kurzer Uebersicht zusammenfassen.

Die Tugenden stehen in Beziehung zu der Vernunft; die Gaben haben wesentlichen Bezug auf Gott. Die Tugenden gewähren die entsprechende Vollkommenheit für die rechte Bewegung Zeitschrift für lathol. Theologie. VI. Jahrg.

17

durch den eigenen Vernunftwillen, die Gaben für die von außen kommende Bewegung durch Gott. - Die Tugenden sind jene Eigenschaften, welche die menschlichen Geistesfähigkeiten vollkommen disponiren zu Acten, die durch Vernunft und Willen angeregt und bewirkt werden; die Gaben dagegen sind jene Eigenschaften, welche die Seelenvermögen vollkommen disponiren zu Acten, welche in dem Geiste direct durch Gott verursacht und inspirirt werden. Die Gaben sind endlich nicht bloß einfachhin und wesentlich verschieden von den Tugenden, sondern sie sind auch in ihrer Art höher und vollkommener.

Es ist, glauben wir, nicht überflüssig, hier den Leser noch darauf aufmerksam zu machen, daß, wie Jeder aus der ganzen Auseinandersetzung sehen kann, Thomas den Namen „Gaben" nicht den inspirirten Acten, sondern den potenzialen Vollkommenheiten zutheilt, welche für die inspirirten Acte befähigen; doch dürfte derselbe zuweilen auch bei den Acten in Anwendung kommen. Denn es ist ganz dasselbe Verhältniß wie bei den Tugenden. Der Name Tugend bezeichnet bei dem Aquinaten und bei allen Theologen nicht den Tugendact, sondern den Tugendhabitus. Trotzdem kommt es zuweilen vor, daß auch die Tugendhandlung in freierer Ausdrucksweise einfach Tugend genannt wird. Thomas erwähnt diesen Gebrauch in 1. 2. qu. 55. a. 1. ad 1., wo er sagt: „Quandoque virtus dicitur id ad quod est virtus, scilicet vel objectum virtutis vel actus ejus".

Die bisher erörterte Lehre sezt den Aquinaten in den Stand, jezt auch den Grund beizubringen, weshalb diesen Eigenschaften der Seele die privilegirte Benennung „Gaben“ zu Theil geworden ist im Unterschiede und Gegensaze zu den Tugenden.

Gabe im Allgemeinen bedeutet ihm, wie früher gezeigt worden, ein Ding, welches von einem Andern herrührt (illud, quod est ab alio). Soll nun also der Grund, welchen Thomas beizubringen im Begriffe steht, genügend stichhaltig sein, so muß er in diesen Eigenschaften ein von einem Andern und hier natürlich von Gott herrührendes Element nachweisen, welches sich in den Tugenden nicht findet.

Das erste Satzglied des zu erklärenden Passus lautet nun: Et istae perfectiones vocantur dona, non solum quia infunduntur a Deo". Thomas sezt hier die gewöhnliche Lehre einfach

"

voraus, wornach die Gaben der Seele des Gerechten bei der Rechtfertigung eingegossen werden. In dieser Eingießung der Gaben durch Gott hätten wir also schon ein Element, das wirklich von einem Andern herrührt, und mithin der obigen Definition von Gabe entspricht. Das bietet aber keinen genügenden Grund, den fraglichen Eigenschaften ausschließlich die Benennung Gaben zukommen zu lassen, da ja, wie in den frühern Theilen des Artikels selbst hervorgehoben wird, die Eingießung durch Gott auch bei einer Anzahl von Tugenden, nämlich allen übernatürlichen, stattfindet, und nicht bloß bei jenen Eigenschaften. Daher sagt Thomas ausdrücklich: non solum quia infunduntur a Deo. Den wahren Grund theilt uns der hl. Lehrer im zweiten Satgliede unseres Textes mit, welches heißt: „Sed quia secundum eas homo disponitur, ut efficiatur prompte mobilis ab inspiratione divina".

Wo ist aber nun, so müssen wir fragen, in diesem zweiten Sazgliede ein von Gott herrührendes Element genannt, welches ausschließlich den Gaben und nicht auch zugleich den Tugenden zukommt? Sehen wir zu.

Dieses von Gott gegebene Element ist nicht ausdrücklich in den Worten: „secundum eas homo disponitur;" denn auch die Tugenden disponiren den Menschen, und ferner enthalten diese Worte ja überhaupt gar keine Gabe Gottes.

Auch die folgenden Worte „ut efficiatur prompte mobilis“ bieten keine Spur des fraglichen Elementes; was hier gesagt wird, leisten ja auch die Tugenden, indem sie, wie oft bemerkt, den Menschen ebenfalls prompte mobilis“ machen, nämlich für die

Bewegung durch die Vernunft.

Das verlangte Element kann also nur zu suchen sein in den einzigen noch übrigen Worten: ab inspiratione divina;" und es ist, mit Beachtung der oben von Thomas gegebenen Definition von Inspiration, in der That leicht, dasselbe wirklich in diesen Worten zu finden.

Wir werden uns erinnern, daß in einem frühern Saße des vorliegenden Artikels folgende Definition aufgestellt wurde: „Inspiratio significat quamdam motionem ab exteriori“. Inspiration ist eine Geistesbewegung im Menschen, welche von einem äußern Principe, hier natürlich Gott, bewirkt wird. Eine solche Geistes

bewegung ist aber jedenfalls etwas von Gott Herrührendes, von Gott Gegebenes, und somit ist in der göttlichen Inspiration das gesuchte Element gefunden: die Inspiration selbst ist eine wirkliche Gabe Gottes.

Es sind aber in unserem Falle nicht die inspirirten Acte, welchen von der christlichen Tradition die Benennung „Gaben“ beigelegt worden ist, sondern die potenzialen Eigenschaften, welche auf diese Acte vorbereiten. Die Acte find in Wirklichkeit Geschenke Gottes und könnten den privilegirten Titel „Gaben“ mit offenbarem Rechte beanspruchen. Warum aber werden jene Eigenschaften so genannt? Die Antwort im Sinne des hl. Thomas kann kaum zweifelhaft sein: der Grund ist die überaus enge und wesentliche Verbindung dieser Eigenschaften mit jenen Acten. Geht ja doch ihre ganze Wesensbestimmung hierin auf, die Seele in specieller Weise zu jenen Acten zu befähigen; sie existiren allein wegen derselben und für dieselben. Somit ist die vollste Berechtigung vorhanden, das Privilegium des Namens „Gaben“ von den inspirirten Acten, denen es wegen ihrer eigenen Herkunft zukommt, auf die Gabenpotenzen auszudchnen, welchen es mithin zukommt wegen ihrer so innigen Verbindung mit den inspirirten Acten.

Die Tugenden haben kein Recht auf ähnliche Bevorzugung ; denn ihre eigenen Acte sind vom Vernunftwillen erregt und nicht inspirirt; mit den inspirirten Acten aber haben sie keine wesentliche Verbindung. Somit hat Thomas in Vorstehendem einen Grund nachgewiesen, welcher nur auf die Gabenpotenzen anwendbar ist; und seine bezügliche Lehre läßt sich kurz in folgender Form aussprechen: Diese Vollkommenheiten werden Gaben genannt, nicht sowohl weil sie selbst wegen ihrer Eingießung Gaben Gottes sind, sondern vielmehr weil ihre Acte wegen ihrer Inspiration Gaben Gottes sind.

Zur Bekräftigung seiner eigenen Lehre führt der Aquinate im Folgenden zwei Auctoritäten an, nämlich einen Text der heil. Schrift als Vertreter der Offenbarung, und einen Ausspruch des Aristoteles als Repräsentanten der Vernunfterkenntniß. Er fährt nämlich so in seinem Texte fort: Sicut dicitur Isa. 50, 5: Dominus aperuit mihi aurem; ego autem non contradico, retrorsum non abii; et Philosophus etiam dicit in cap. de bona Fortuna loc. sup. cit. (implic.), quod his, qui moventur per

instinctum divinum, non expedit consiliari secundum rationem humanam, sed quod sequantur interiorem instinctum, quia moventur a meliori principio, quam sit ratio humana".

Es bietet sich hier gleich als die Hauptfrage folgende dar: Welchen Punkt der eben vorgetragenen Lehre will der Heilige durch Anführung dieser Auctoritäten bestätigen? Ist es die Thatsächlichkeit der göttlichen Inspiration, oder ist es die Nothwendigkeit einer entsprechenden Disposition im Menschen, oder ist es endlich die höhere Natur der Gabenhabitus? denn alle diese drei Punkte werden im unmittelbar vorhergehenden Conterte erwähnt.

Die bei Weitem wahrscheinlichste Erklärung scheint uns diese zu sein, daß Thomas durch die beiden Citate das thatsächliche Vorkommen der durch göttliche Inspiration bewirkten Geistesacte erhärten, und zeigen will, diese Thatsache sei nicht bloß von der hl. Schrift verbürgt, sondern sogar schon dem großen Philosophen des Alterthums einigermaßen bekannt gewesen. Unsere Gründe sind folgende.

Der centrale Hauptgedanke des unmittelbar dem Citate vorausgehenden Contextes ist die actuelle Bewegung des menschlichen Geistes durch Gott. Diese Idee wird nicht nur wiederholt ausgesprochen und genau erklärt, sondern auch zum Angelpunkte in der Gabenlehre gemacht. Da kann denn nun Nichts natürlicher sein, als daß der Heilige sich bemüht, vor allen andern nebensächlichen Gedanken gerade diesen Kernpunkt seiner Auffassung auf das Kräftigste zu stüßen, einestheils durch das Ansehen der Offenbarung, anderntheils durch das Gewicht der reinen Vernunftforschung in ihrem vornehmsten Vertreter Aristoteles.

Dieser Grund gewinnt noch bedeutend an Wahrscheinlichkeit, wenn wir beachten, daß die beiden Citate fich auch äußerlich und materiell an die Worte „ab inspiratione divina" anschließen, so daß auch der bloß mechanische Zusammenhang des Textes uns schon darauf hinweist, daß die Citate sich eben genau und speciell auf diese göttliche Inspiration beziehen sollen.

Es sind ferner die beiden Texte auch in sich selbst ganz besonders geeignet, gerade diesen Punkt, nämlich das thatsächliche Vorkommen inspirirter Geistesbewegungen zu bekräftigen, ein Umstand,

« ÖncekiDevam »