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Wissen die Erkenntniß der Unerlaubtheit jener Handlungen rechnen, welche auf Menschenmord abzielen oder naturgemäß die Verthierung des Menschen oder die Zerrüttung seiner Leibes- und Seelenkräfte zur Folge haben, oder die Fundamente des gesellschaftlichen Lebens untergraben, also der Unerlaubtheit des Selbstmordes, der Blutrache, des Duells, des Meineides, der Unzucht, der willkürlichen Auflösung des Ehebandes, der Abtreibung der Leibesfrucht, der Aussehung und Tödtung der Kinder, auch der schwächlichen, verkrüppelten und geisteskranken, der Mißhandlung der Sclaven; ferner die Anerkennung des Eigenthumsrechtes, der öffentlichen Gewalt, der Unterordnung derselben unter Gott u. s. w. Wir möchten nun nicht gerade das Leben eines Volkes ein menschenwürdiges nennen, wenn es sich in Bezug auf die eine oder die andere dieser Wahrheiten im Irrthum befände und seinem Irrthum gemäß lebte; aber ohne die Erkenntniß der ganzen Summe oder eines großen Theiles dieser Gebote und Verbote, und zwar ohne die vollständig klare und zweifellose Erkenntniß derselben, ist ein menschenwürdiges Leben unmöglich. Wie die Himmelskörper durch die Geseze der Anziehung und Beharrlichkeit in ihren Bahnen gehalten, und die Thiere durch den Instinkt geleitet werden, so die Menschen durch Geseze, welchen sie sich durch freien Willensentschluß unterwerfen, die sie also kennen müssen. Fehlte die Erkenntniß jener Hauptgebote und Verbote ganz und gar, was freilich nicht möglich ist, so irrte die Menschheit vollständig aus ihrer Bahn, ihr Leben wäre eine fortlaufende Kette von Verbrechen und ein sociales Nebeneinanderleben der Menschen würde sich als unmöglich erweisen. Fehlt die Kenntniß nicht vollständig, sondern bloß die Klarheit und zweifellose Gewißheit derselben, und dieser Fall kann in Bezug auf die meisten jener Wahrheiten eintreten, so wird sich der Mensch, von der Gewalt seiner Leidenschaften auf Abwege gedrängt, um die schwankenden und unsichern Lebensnormen nicht fümmern oder sie im Sinne seiner Leidenschaften erklären; die nächste Folge ist eine Erstarkung seiner Leidenschaften, die weitere eine Verdunklung der bis dahin vorhandenen Erkenntniß, und wenn der Grund für seine Verirrungen, nämlich die mangelhafte Kenntniß der Hauptprincipien der Moral, nur allgemeiner für ein ganzes Volk ist, so wird auch das Verderben allgemein, und als neue Veranlassung zu weitern Verirrungen tritt für jeden

Einzelnen das, auf Verstand und Wille so mächtig wirkende, schlechte Beispiel, das er von Kindheit an vor Augen hat, hinzu, sowie die Erziehung in Vorurtheilen und Irrthümern, und es entstehen Zustände, wie wir sie in manchen Völkern der corrumpirten Heidenwelt zur Zeit Christi vorfinden, Zustände, in denen sich die menschliche Gesellschaft nicht nur moralisch, sondern auch phyfisch zu Grunde richtete.

Außer der Erkenntniß unserer Hauptpflichten bedürfen wir der Erkenntniß jener Wahrheiten, welche für uns unerläßlich nothwendige Motive zur Erfüllung unserer Pflichten sind, vor Allen die Wahrheit von der Vergeltung im Jenseits, sowie, in der Voraussetzung, daß wir unsere Pflichten verlegt, von der Möglichkeit Verzeihung von Gott zu erlangen. Es genügt nicht, unsere Pflichten flar zu erkennen; sie sind zu schwer und zu lästig, und wir zu selbstsüchtig, als daß wir sie ohne Aussicht auf eine große Belohnung für die Pflichttreue und ohne Furcht vor schweren Strafen für die Pflichtverletzung beobachteten. Würde unsere Natur umgewandelt, und uns die Erfüllung der Pflichten zur Lust, wie es jezt die Uebertretung derselben ist, so bedürften wir eines solchen Spornes und Zügels nicht. Aber so lange unsere Natur bleibt, wie sie ist, ist jene Hoffnung und Furcht zu einem menschenwürdigen Leben ebenso nothwendig, wie die Erkenntniß der Pflichten selbst, mit dem Unterschiede freilich, daß ohne alle Erkenntniß der Pflichten die Erfüllung derselben physisch unmöglich ist, ohne alle Erkenntniß der Vergeltung im Jenseits aber die moralische Kraft fehlt sie zu erfüllen. Etwas Aehnliches gilt von der Erkenntniß der Möglichkeit und der Mittel, Sündenvergebung zu erlangen. Ohne sie wird derjenige, welcher Sünden begangen und nur wenige werden sich derselben enthalten der nothwendigen Kraft ermangeln, sich aufzurichten. Wenn er glaubt, daß er nun einmal unrettbar verloren sei, so wird er seinen Leidenschaften auch vollends die Zügel schießen lassen. Um die Kraft zu einer Lebensänderung zu finden, muß er die Möglichkeit einer Aussöhnung mit Gott nicht nur dunkel ahnen, sondern mit einer an moralische Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erkennen.

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Wenn nun der Mensch, um menschenwürdig zu leben, von jenen Hauptpflichten und diesen zu ihrer Erfüllung antreibenden Beweggründen Kenntniß haben muß, so folgt von selbst, daß die

Erkenntniß Gottes, des höchsten Wesens, und die Erkenntniß der Fortdauer der Seele nach dem Tode nicht fehlen darf. Aber diese letteren Wahrheiten muß er nicht nur wegen ihrer praktischen Bedeutung für die Erfüllung seiner Pflichten, sondern auch ihrer selbst wegen wissen. Ja er muß Gott als jenes höchste, außerordentliche, persönliche Wesen erkennen, welches Schöpfer und Herr aller Dinge ist, welches Alles regiert, und dessen Vorsehung alle Wesen zu ihrem Ziele leitet; er muß nicht nur die Fortdauer seiner Seele nach dem Tode, sondern auch ihre geistige Natur in ihrem wesentlichen Unterschiede von der Materie und ihre ewige Fortdauer in der andern Welt erkennen. Denn das geistige Leben besteht im Erkennen und Wollen. Ohne Erkenntniß kein Geistesleben und ohne Erkenntniß der für den Menschen allerwichtigsten Wahrheiten kein menschenwürdiges Geistesleben. Welche Wahrheiten sind aber für den Menschen wichtiger, als jene, welche ihm die nothwendigsten Aufschlüsse über sein eigenes Wesen geben, ohne welche er sich selbst für eines der Thiere, und das Grab 'für das Ziel seines Daseins hält? Welch' horrende Irrthümer! Wir haben es hier nicht mit ihrer Widerlegung zu thun, sondern sehen die Geistigkeit der Seele als eine Vernunftwahrheit voraus, und dieses vorausgesezt, sagen wir, daß die heutzutage leider allzusehr verbreiteten Irrthümer des Materialismus, auch abgesehen von ihren praktischen Folgen, in sich allein den Menschen degradiren. Wo findet sich ein an Bildung so tief stehender Mensch, daß er z. B. die Erde für eine runde Scheibe oder für das unbewegliche Centrum des Weltalls ansähe? Wie unendlich gleichgültig sind aber diese Irrthümer hinsichtlich der Form und Bewegung der Erdscholle, auf welcher wir leben, im Vergleiche zu jenen groben Frrthümern über uns selbst, unser Wesen und unsere Fortdauer jenseits des Grabes! Dasselbe gilt von den Hauptwahrheiten über Gott. Von einem Schulkinde verlangen wir so viel Bildung, daß es den Namen des Entdeckers Amerikas weiß. Sollte es also den Menschen nicht degradiren, den Schöpfer des Weltalls nicht zu kennen? Welche Bildung kann den Mangel einer solchen Erkenntniß erseßen? Welche Pein für den nach Wahrheit dürstenden Menschengeist, wenn er keine gewisse Antwort auf die wichtigste aller Fragen hat: Woher bist du? Hat dich ein denkendes und dir wohlwollendes Wesen erschaffen, oder bist du das Produkt blinder Naturkräfte, durch Zeitschrift für kath. Theologie. VI. Jahrgang.

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Zufall zusammengeweht, wie ein Haufe Staub, oder bist du etwa der Spielball tückischer Gewalten, welche dich in diese Welt hineingesezt, um sich an deinem blinden Herumtappen nach Wahrheit an deinen Leiden und Enttäuschungen zu erlustigen?

Es ist also nicht nur die eine oder die andere Wahrheit, sondern ein ganzes System von Wahrheiten für den Menschen zu, einem menschenwürdigen Leben nothwendig; es gibt Wahrheiten, deren Erkenntniß als solche zu einem menschenwürdigen Geistesleben nothwendig ist; es gibt andere, welche als Richtschnur unseres Handelns, und wiederum andere, welche als Beweggründe, recht zu handeln, nothwendig sind. Es erübrigt also die Erwägung des zweiten Theiles unserer Frage, ob wir diese und ähnliche Wahrheiten durch eigene Forschung ohne Offenbarung genügend erfennen können.

5. Man unterscheidet bekanntlich zwischen einer physischen und moralischen Möglichkeit. Nehmen wir eine einzige der aufgezählten Wahrheiten aus, nämlich die Möglichkeit, Sündenvergebung zu erlangen, so müssen wir alle als solche bezeichnen, deren gewisse, klare, irrthumslose Erkenntniß auch für die sich selbst überlassene Menschheit physisch möglich ist, d. h. der Mensch kann, wenn er seine natürlichen Erkenntnißfähigkeiten, auf gar nichts Anderes, als auf die Erkenntniß der Wahrheit bedacht, mit aller Anstrengung und Ausdauer anwendet, alle die aufgezählten, ja alle zum menschenwürdigen Leben nothwendigen Wahrheiten mit voller Gewißheit und genügender Klarheit erkennen.

Diese Wahrheit haben unter anderen Luther, und Quesnell und in neuerer Zeit die Traditionalisten geleugnet. Aber hinsichtlich der Erkenntniß der Grundwahrheit, vom Dasein des einen, wahren Gottes, als unseres Schöpfers und Herrn, ist unser Sag definirte Glaubenswahrheit 1) und an mehr als einer Stelle der hl. Schrift 2) gelehrt; und von den Vätern unzähliche Mal mit allem Nachdruck betont. Erkennen wir ferner Gott als unsern Schöpfer und Herrn, so erkennen wir auch die Pflicht, ihn zu verehren und zu ver herrlichen 3) und uns seinem Willen unterzuordnen; 4) seinen Willen aber hat er durch die Schöpfung ausgesprochen und wir erkennen

1) Vatic. Const. Dogm. de Fide cp. 2. cn. 1. 2) Röm. 1, 20. Weish. 13. 8) Röm. 1, 21. 4) Vgl. Röm. 2, 12 ff.

ihn durch Betrachtung der Geschöpfe und ihrer Beziehungen zu einander. Wenn wir z. B. die Hülflosigkeit, in welcher der Mensch in die Welt tritt betrachten, erkennen wir unschwer, daß der Schöpfer, welcher ja die Fortdauer des Menschengeschlechtes will, von den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder verlangt, und wie er den Eltern die Pflicht der Erziehung auferlegt, so den Kindern die Pflicht des Gehorsams, da ohne ihren Gehorsam die Erziehung unmöglich ist. Da ferner die Erhaltung und Erziehung der Kinder naturgemäß das Zusammenwirken des Vaters und der Mutter erheischt, so folgt schon hieraus, daß außereheliche geschlechtliche Verbindungen, sowie willkürliche Eheauflösungen den Absichten des Schöpfers nicht entsprechen. Durch solche Schlüffe, welche freilich nicht immer so leicht sind, wie in den angeführten Beispielen, ge= langen wir zur Kenntniß des ganzen, vom Schöpfer gegebenen und durch die Schöpfung selbst promulgirten Naturgesezes, 1) und zugleich zur Gewißheit über eine im Jenseits stattfindende Vergeltung. Denn der Schöpfer konnte sich als weiser Gesetzgeber unmöglich, wie leicht einzusehen, damit begnügen, uns nur gewisse Vorschriften zu geben, ohne die unserer Natur entsprechenden Mittel zur Urgirung ihrer Beobachtung anzuwenden. Diese Mittel sind aber die Belohnung der Beobachtung, und die der Wichtigkeit der Geseze entsprechende Strafe für die Uebertretung derselben. Es gibt also, so schließen wir, eine Vergeltung, und, da sie in diesem Leben nicht Statt hat, so schließen wir auf eine Vergeltung im Jenseits. Sollte uns dieser Schluß nicht vollkommene Gewißheit über die ewige Fortdauer unserer Seele geben, so gewinnen wir diese durch die Betrachtung der in unserm Geistesleben sich manifestirenden geistigen Natur und der Einfachheit unserer Seele und des ihr vom Schöpfer eingepflanzten und daher untrügerischen Verlangens nach einer wahren, also ewigen Glückseligkeit. Doch haben wir uns nicht sowohl die Aufgabe gestellt, zu zeigen, daß

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1) Den objectiv richtigen Saß, daß Etwas, was durch die Vernunft allein nicht mit Gewißheit als Naturgeseß erkannt werden kann, auch kein Naturgesez ist, können wir nicht wohl für den Beweis, daß das ganze Naturgesez durch die Vernunft erkannt werden kann, verwerthen, da jener Saß diesen zur Vorausseßung hat. Ziehen ja z. B. Traditionalisten die Offenbarung in den Bereich der Natur, und nach ihnen erheischt eben das Naturgeseß eine Promulgation durch eine Offenbarung.

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