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Begriff, Nußen und Methode der Dogmengeschichte.

Von Canonicus Prof. Dr. Katschthaler.

Die Dogmengeschichte ist, als specielle theologische Disciplin betrachtet, nicht alt, sondern relativ jung, und reicht nicht über das 17. Jahrhundert hinauf. Auch ist nicht zu leugnen, daß dieselbe, als einzelner Lehrgegenstand genommen, protestantischen Urspungs ist. Wenn auch die Vorarbeiten auf diesem, wie auf allen andern christlich theologischen Lehrgebieten, katholischen Vätern früherer Jahrhunderte angehören, 1) wenn z. B. in den Werken Petau's das dogmenhistorische Material massenhaft aufgespeichert sich findet, so daß jeder Dogmenhistoriker zu diesem Werke seine Zuflucht nehmer muß, und sogar auch protestantische, wenn sie anders etwas Gediegenes zu Tage fördern wollen, nach Petau zu greifen genöthigt werden; wenn Petau, und zwar nicht mit Unrecht, der Vater der Dogmengeschichte genannt wird: so bleibt dennoch wahr, daß wir bei keinem katholischen Gelehrten vor dem 19. Jahrhundert ein specielles dogmenhistorisches Hand- oder Lehrbuch vorfinden; bleibt dennoch wahr, daß wir selbst in dem Werke Petau's „Dogmata theologica“ nicht so sehr eine Dogmengeschichte, als vielmehr eine Dogmatik vorliegen haben. Die ersten speciell dogmenhistorisch

') Hieher gehören aus den ältern Werken der Griechen: Irenaeus († 202), adv. haereses; Epiphanius († 403), Panarion (Heilmittelkasten) adv. 80 haereses; Theodoretus († 457 oder 458), Haeret. fabularum compendium; Joh. Damascenus († 754), de haeresibus. Aeltere Werke der Lateiner: Philastrius († 387), de haeresibus; Augustinus († 430), de haeresibus, und fast alle andern Werke desselben. Neuere Werke: Petavius, Dogmata theologica (ed. 1644 u. f.); Thomassinus, Dogmata theologica (ed. von 1684 ab). 2c.

angelegten Schriften gehören den Protestanten an, und erst, als eine stattliche Reihe von dogmenhistorischen Lehr- und Handbüchern protestantischer Theologen schon vorlagen, 1) traten auch die katholischen Theologen 2) in die Arena, veranlaßt vorzüglich durch die irrthümlichen Darstellungen der Protestanten, und wohl auch gedrängt durch das im 19. Jahrhundert wieder neu erwachte katholische Glaubensbewußtsein.

Der Umstand, daß die Dogmengeschichte, als specielle Disciplin gefaßt, protestantischen Ursprungs ist einerseits, andrerseits die irrthümliche Darstellung derselben, wie sie bei den Protestanten vielfach sich vorfindet, hatte zur Folge, daß von manchen Katholiken die Dogmengeschichte mit scheelen Augen angesehen wird. Einige Worte zur Vertheidigung dieser Disciplin werden daher am Plaze sein, und ich glaube am besten dies zu bewerkstelligen, wenn ich Einiges über Begriff und Aufgabe der

1) 3. B. die dogmenhistorischen Lehrbücher von Baieri, Ausgb. 1689; Forbesius, Ausgb. 1645; Ga ab, Ausgb. 1790; Plank(1781–1800), Geschichte der Veränderungen des protestant. Lehrbegriffs; Münscher (1797), Handb. der christl. Dogmengesch.; derselbe (1819), Lehrb. der christl. Dogmengesch.; Münter, Handb. der Dogmengesch.; Baumgarten-Crusius (1832), Lehrb. der Dogmengesch; derselbe (1840), Compendium der christl. Dogmengesch; Lenz (1834), Gesch. der christl. Dogmen; Beck (1848), Christl. Dogmengesch.; Thomasius (1874 ff.), Die christl. Dogmengesch. 2c.

Schnappinger, Entwurf der kathol.-christl. Religions- und Dogmengesch. (1807); Rueff, Primae lineae historiae theol. (1824); Klee (1837-38), Lehrb. der Dogmengesch, (das aus dem Buchhandel schon lange verschwundene Werk würde, wenn das patristische Materiale nach dem heutigen Stande der Wissenschaft gesichtet, und die neuestens zugewachsenen Errungenschaften in der Entwicklung einiger Dogmen eingefügt würden, neu aufgelegt, ein sehr brauchbares Lehrbuch der Dogmengeschichte abgeben; und würde sohin in der Herderschen theol. Bibliothek eine unliebsame Lücke ausgefüllt werden); Hilgers (1837), Kritische Darstellung der Häresien und der orthodox. dogmat. Hauptrichtungen; Ginoulhiac, Erzbisch. von Lyon († 1875), Dogmengesch.; Newmann, Versuch einer Darstellung der Dogmenentwicklung (nur in englisch. Spr.); 3obl (1865), Dogmengesch der kathol. Kirche; Schwane (1862), Dogmengesch. der vornicän. Zeit; derselben Dogmengesch. der patrist. Zeit; Werner, Geschichte der polem. und apolog. Literatur; Ba ch (1873 ff.), Dogmengesch. des Mittelalters 2. Bd.

Dogmengeschichte sage; dann wird sich von selbst der Schluß abheben: die Dogmengeschichte ist von nicht geringem Werthe, nicht bloß für einzelne theologische Disciplinen, sondern für die Theologie überhaupt.

Begriff.

Es soll zuerst nur eine vorläufige Definition der Dogmengeschichte gegeben, und der volle Begriff derselben erst am Ende bestimmt werden.

Dogmengeschichte ist zusammengesezt aus Dogmen und Geschichte. Dogma bedeutet etymologisch das Beschlossene, Festgesezte; bei Schriftstellern des heidnischen Alterthums findet man das Wort in der Bedeutung von Meinung, Beschluß, Verordnung. Die Lehrsäge der Philosophen ebenso, wie die durch Volksbeschluß sanctionirten Geseze wurden „Dogmen" genannt.

Die Väter der Kirche bezeichneten mit diesem Worte sowohl die Lehrsäge als die Sittennormen des Christenthums; bald wurde aber dieses Wort von den Kirchenschriftstellern ausschließlich für die Glaubenslehren der christlichen Religion fixirt. 1) „Dogmen“ nach dem heutigen kirchl. Sprachgebrauche sind: von Gott geoffenbarte Wahrheiten des Glaubens; und wenn man das Wort „Dogmen" im engern Sinne nimmt, so versteht man darunter von Gott geoffenbarte Wahrheiten des Glaubens, die von der Kirche als solche vorgestellt sind. Dogmen sind also der kirchliche Lehrbegriff.

Geschichte, im allgemeinsten Sinne genommen, ist Erzählung des Geschehenen. Die Geschichte zeigt die Veränderungen an den Dingen; ihre Bedingung ist die Veränderlichkeit des Gegenstandes; wo keine Veränderung, da ist keine Geschichte. Hiemit wäre Dogmengeschichte die Erzählung dessen, was an den Glaubenswahrheiten, an dem kirchlichen Lehrbegriffe der Veränderung anheimfällt.

Wie, sind also die Dogmen der Kirche der Veränderung unterworfen, sind dieselben im Laufe der Zeit entstanden, geändert, verworfen worden? Um verstehen zu lernen, im welchem Sinne von einer Veränderung auf dem kirchlichen Lehrgebiete oder, besser gesagt, von einem Forschritte hierin, und somit von einer Geschichte desselben die Rede sein kann, ist es nothwendig, auf die vorzüg

1) Schwane, Dogmengesch. der vornicän. Zeit. Bd. 1 S. 1.

lichsten irrthümlichen Anschauungen über Dogmengeschichte Rücksicht zu nehmen. Indem ich also daran gehe, die genauere Begriffs= bestimmung der Dogmengeschichte zu geben, werde ich zuerst negativ zu Werke gehen, werde sagen, wie man Dogmengeschichte nicht zu faffen habe; dann erst werde ich den positiven Weg der Begriffsbestimmung betreten, d. i. zeigen, wie Dogmengeschichte in Wirklichkeit zu fassen sei.

Negativer Weg. Es gibt zwei Gruppen von irrthümlichen Anschauungen; zur ersten gehören die, welche sozusagen per defectum, in die zweite die, welche per excessum irrig sind. Es gab solche, welche das Bleibende und Still stehende an dem Dogma zu sehr betonten und behaupteten, die göttlichen Wahrheiten wären den Aposteln in genau firirten Formeln als ein todtes Besigthum übergeben worden, an dem sie nichts Anderes zu thun hätten, als es dem Gedächtnisse recht treu einzuprägen und Allen in derselben Form zu überliefern. Wohl begegnet man auch heutzutage zuweilen der Anschauung, daß die Dogmatik eine pure Gedächtnißsache sei, und der Lehrer der Theologie keine andere Aufgabe habe, als den Theologen zu drillen. Da indeß diese Anschauung doch nur ganz vereinzelt dasteht, so werde ich hierüber nichts Weiteres mehr sagen und im Ferneren nur auf diejenigen Anschaunngen Rücksicht nehmen, welche das Werdende und Wandelbare betonen. Auch diese kann man wieder in zwei Categorien theilen ; in die rationalistische (und semirationalistische) und in die suprarationalistische oder besser supranaturalistische Richtung.

Die rationalistische Richtung. Es gab und gibt noch heute solche, welche nicht bloß das unfehlbare Lehramt der Kirche, sondern sogar den göttlichen Ursprung der Wahrheit des Glaubens leugnen, denen die Dogmen nichts anderes sind, als der Ausdruck der jeweiligen religiösen Ueberzeugung, welche sich in den verschiedenen Zeitaltern durch die religiösen Bedürfnisse der Menschen selbst, durch die verschiedene Fähigkeit und Geistesrichtung der Lehrer, unter welchen Christus den ersten Plag einnähme, durch den Einfluß der jeweiligen Philosophie und verschiedene andere Umstände herausgebildet hätte. 1)

1) Dahin gehören die dem Rationalismus verfallenen Protestanten; viele der protestantischen Dogmenhistoriker, selbst von den

Andere anerkennen zwar den göttlichen Ursprung der Dogmen; sie geben zu, daß Gott den Menschen die Wahrheiten in der hl. Schrift übergeben habe, stellen aber doch das unfehlbare Lehramt in der Kirche in Abrede und behaupten, Gott habe die Wahrheiten puren Menschen zur Verwaltung und Bearbeitung übergeben; die Menschen hätten demnach nach ihrem subjectiven Ermessen die Wahrheiten aus den hl. Schriften zu erheben und auszulegen. 1)

Andere geben die göttliche Offenbarung der Dogmen und auch das Lehramt der Kirche zu, denken sich jedoch die christl. Offenbarung nur als eine feimartig gemachte, welche unter dem Beistande des hl. Geistes zwar, aber vorzugsweise durch die Thätigkeit der menschlichen Vernunft substantiell zu entwickeln sei. 2)

bessern und besten derselben z. B. Münscher. Die meisten diesbezüg lichen protestantischen dogmenhistorischen Werke sind von der Vorstellung beherrscht, der christliche Lehrbegriff sei auch der Substanz nach veränderlich; die einzelnen christlichen Dogmen seien auch ihrem Inhalte nach durch Herausstellung der Gegensäße allmählig entstanden, durch Forschung großer Lehrer aufgefunden worden, seien im Laufe der Zeit vielfach modificirt, theilweise beim Anbrechen des reinen Gottesbewußtseins wieder aufgegeben worden. Dahin gehören auch die idealistischen Philosophen unseres Jahrhunderts mit ihren wissenschaftlichen Umdeutungen der Dogmen, z. B. Schelling, Hegel.

Die Theologen, welche zu den Vorarbeiten des Vatican. Concils berufen worden sind, schreiben hierüber (cf. Friedrich, Documenta ad illustrandum Conc. Vatican. II, 25): Dicere solent plerique recentiores pantheistae, in fide christiana idem revera contineri, quod in philosophia pantheistica docetur; sed discrimen maximum esse in forma concipiendi et intelligendi rem eandem. Fidem, inquiunt, esse formam infimam concipiendi veritatem, speculationem pantheisticam esse formam supremam et perfectissimam. In fide enim christiana, ajunt, non intelligitur veritas in seipsa, sed suscipitur sub conceptibus rerum singularium et sensibilium et sub symbolicis velaminibus; speculationis autem est, ipsam puram veritatem in se comprehendere. Cf. Katschthaler, Theologia dogm. t. I. p. 110 ss.; t. II. p 291.

1) Dahin gehören die Protestanten überhaupt mit ihrem subjectivistischen Schrifterklärungsprincipe.

2) Das sind vorzüglich die Güntherianer. Nach Günther besteht das den Aposteln überlieferte dopositum fidei nur aus historischen Thatsachen und einigen wenigen Grundanschauungen, welche das Materiale und den Keim bilden sollten, woraus durch die menschliche Vernunft

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