Sayfadaki görseller
PDF
ePub

"

Was die Kompetenz des Staates in Ehesachen betrifft, so spricht der hochw. H. Verfaffer zu wiederholten Malen (bes. S. 4 und 5) seine Ansicht dahin aus, daß demselben auf das Wesen der christlichen Ehe kein Recht zuerkannt werden, sondern er nur die weltlichen Folgen der Ehe bestimmen könne." Wenn es dann nachher als Gewissenspflicht eingeschärft wird, die staatlichen EheHindernisse zu beobachten, so scheint bei oberflächlicher Betrachtung darin freilich ein Widerspruch zu liegen. Derselbe ist jedoch nur scheinbar. Der Grund dieser Gewissenspflicht läßt sich unschwer errathen. Da nach dem Verf. dem Staate kein Recht auf das Wesen der Ehe unter Getauften zustehen kann, so können die staatlichen Ehehindernisse auch nicht kraft des Gehorsams, den man der weltlichen Obrigkeit schuldet, verpflichten; der Begriff des Gehorsams sezt ja eine Auftorität voraus, die in dem Punkte, in welchem Gehorsam geleistet wird, kompetent ist. Die staatlichen Ehehindernisse müssen aus einem andern Grunde verpflichten; vorzüglich wohl deshalb, weil die Eheleute für ihr zeitliches Wohl und das der Kinder, welche sie aus der Ehe erhoffen, Sorge zu tragen haben, dieses Wohl aber vielfach von der staatlichen Anerkennung der Eheleute als solcher und ihrer Kinder als legitimer Kinder abhängt. Da allerdings, wo der Staat nur die weltlichen Folgen der Ehe bestimmt, 3. B. Geseze gibt über das Vermögensrecht der Eheleute, würde ihm als der rechtmäßigen Obrigkeit Gehorsam geschuldet. Aus dem oben angegebenen Grundsage würde dann auch hervorgehen, daß man dem Staate die Berechtigung nicht zuerkennen kann, den sog. Civilehen unter Getauften in Desterreich kennen wir nur Nothcivilehen - die Rechte wahrer und wirklicher Ehen vor seinem Forum einzuräumen. Da nämlich der Ehecontract unter Getauften ein Sacrament ist, die Sacramente aber nur unter der Jurisdiction der Kirche stehen, so ist man unseres Erachtens genöthigt mit Aichner (Compend. jur eccl. ed. IV. pag. 547) zu sagen: Exinde colligitur, ea matrimonia a civitate tanquam valida habenda esse, quae ab ecclesia rata habentur, illa vero ut invalida rejicienda, quae ab ecclesia rejiciuntur. Nicht nur haben die staatlichen Gerichte, vor welche Proceffe gelangen, in deren Entscheidung die Frage über die Gültigkeit einer Ehe unter Getauften eingreift, diese Frage nach den Normen des göttlichen und kanonischen Rechtes zu entscheiden; auch die Gesetzgebung des

,Ex libro IV. Johannis Gersen in cap. XI. Non sis in celebrando nimis prolixus aut festinus" (vgl. auch Santini 1. c. p. 97 f.). Es ist ebenso ein Irrthum, wenn Mella und Wolfsgruber sagen, Muratori habe unter anderm auf einen Coder aufmerksam gemacht, der die Jahreszahl 1401 trage, wofür sie dessen Antiquit. med. aevi III. pag. 980 dissert. 44. Mediolani 1738 (soll heißen 1740) citiren, während Muratori an genannter Stelle ausdrücklich sagt: in cujus calce haec scripta sunt: Finitus die XII mensis Decembris MCCCCLV", also 1455. Muratori, sagte man, knüpfe an diesen Coder die Betrachtung, daß mit dem= selben alle Gründe und Einreden der Thomisten und Gersonisten entfallen (s. Wolfsgruber S 150). Und siehe, bei Muratori steht keine Silbe davon; er sagt nur, man habe die zwei von ihm aufgefundenen Hff. noch nicht ins Treffen vorgeführt.

"

Ebenso verbesserungsbedürftig sind die Auseinandersetzungen. der Gersenisten über den Pergament-Codex Parmensis. Sowol Mella (p. 148) als Wolfsgruber (p. 148) behaupten, der Coder stehe heute mit der Nummer 1558 in der Nationalbibliothek zu Paris. Also beide haben ihn nicht gesehen; denn der Codex kam von Paris schon längst weg und steht jezt in der kaiserlichen. Bibliothek zu St. Petersburg unter n. 121. Dudik hat ihn in seinen Historische Forschungen in der kais. öffentl. Bibliothek zu St. Petersburg" (Wien 1879) als seinen 66. Cod. beschrieben, ohne allerdings zu wissen, daß er mit dem Parmensis identisch jei. Am Anfange befindet sich die Regel des hl. Benedict, „scripta 1466". Der dritte Gelehrtencongreß in Paris vom J. 1687 enthielt sich auch deshalb jeden weitern Urteiles über diesen Codex. Wie können nun aber Mella und Wolfsgruber auf Grund dieses Congresses und ohne die Hs. je zu Gesicht bekommen zu haben. behaupten, die Hs. gehöre dem 14. Jh. an?

Ueber den Papier-Codex Bobbiensis, dem Mella und Wolfsgruber die Nummer 1555 zuweisen, während er unter n. 13598 in der Nationalbibliothek zu Paris steht, urteilte der Gelehrtencongreß, er sei so alt wie der Aronensis, also aus der 2. Hälfte des 14 Ihs. (Natürlich Mella seht ihn ins 13. Jh., und Wolfsgruber hätte gute Lust ihm zu folgen, beide, ohne die Hs. gesehen zu haben). Allein, die Hs. trägt wie kaum eine andere den aus

geprägten italienischen Character des 15. Jhs. an sich. Besonders auf den ersten Blättern der Imitatio erinnert sie an Hff., welche italienische Canzonen und Erbauungsschriften des 15. Jhs. oder Copien des 15. Jhs. von früherer Zeit enthalten. Nur fällt der Schreiber des Bobbiensis wie jener des Aronensis häufig in NachLässigkeit; die Schrift, welcher die abgerundeten Striche der einzelnen Buchstaben eine gewisse Regelmäßigkeit und Eleganz verleiht, wird unregelmäßig und unschön. Die Leser mögen die Facsimiles bei De Gregory, Canetti und Wolfsgruber vergleichen; welch ein Abstand zwischen dem Anfange des ersten Buches und der Ueberschrift zum vierten Buche. Der Schreiber des 15. Jhs. konnte jich nicht verläugnen. Mit Recht sezt Delisle die Hs. ins 15. Jh.

In dieselbe Zeit verlegt Delisle mit Grund den PapierCoder Padolironensis oder Mantuanus, welcher in der Nationalbibliothek die Nummer 13603 trägt. Er ist von verschiedenen Händen geschrieben. Man vgl. den Anfang und den Schluß der Hs. mit Bl. 57–195. Aber keine verrät eine frühere Zeit als das 15. Jh. Gewiß nicht um des Epitaphiums willen auf Gersen, Kanzler von Paris, das viel jünger ist, sondern aus der Schrift selbst urteilte der erste Gelehrtencongreß vom J. 1671 in Paris, die Hs. gehöre dem 15. Jh. an.

Noch eine andere italienische Papier-Hs. befindet sich in Paris, der sogenannte Codex Slusianus mit der Nummer 13601. Ich hatte nicht mehr Zeit sie aufmerksam durchzunehmen. Soviel überzeugte mich aber auch ein oberflächlicher Blick, daß sie jünger ist als der Coder Aronensis und Cavensis. Delisle sezte sie ebenfalls ins 15. Jh.

Die genannten Hss., außer dem Coder de Advocatis, Allatianus und dem Codex Cavensis, schreiben die Imitatio dem Johann Gersen zu, der Codex Aronensis macht aus ihm einen Abt. Aber keine der genannten Hss., welche doch die Gersenisten von jeher als die ältesten gegen die Kempisten vorführten, reicht in ein früheres Jahrh. als in das 15.1) Und sollten sich selbst der Coder de Advocatis und

1) Von den außeritalienischen Hss., welche den Namen Johann Gersen tragen, reicht selbst nach dem Urteile der Gersenisten, so weit ich jehe, keine in ein früheres Jh. als in das 15. Zeitschrift für tathol. Theologie. VI. Jabrg.

45

der Coder Cavensis in Bezug auf Text und Schrift als die zwei ältesten unter den italienischen Hff. erweisen, so bilden sie dennoch keine Stüße für die Gersenisten, weil sie eben ohne Namen des Verfassers sind.

Für meine Altersbestimmung der Hss. lasse ich es auf eine Commission ankommen. Der Spruch einer solchen könnte einen definitiven Abschluß der Frage nach den angeblichen Gersenhss. herbeiführen. Nur seze ich die eine Bedingung, daß jeder Stümper von ihr ausgeschlossen bleibe und nur solche Gelehrte in sie hinein gewält werden, welche die notwendigen Vorstudien gemacht haben, d. h. die über die italienischen Hss. des 13.-15. Jhs. genügende Forschungen angestellt haben. Bisher hatte allzusehr locale Beschränktheit auf die Beurtheilung der Hss. Einfluß. Wie manches Gutachten von Bibliothekaren der betr. Stadtbibliothek spielte eine Rolle! Die Handschriftenkenntniß der Bibliothekare reicht aber ge= wöhnlich nicht über die Hss. der eigenen Bibliothek hinaus. Wie soll man nun auf diesem Wege zu einem wahren Resultate gelangen, zumal in Deutschland, wo die italienischen Hss. des 15. Jhs. zu den Raritäten gehören? Wer aber aus dem 15. Jh. keine andere Hij. Hss. kennt als unsere schlechten Papiercodices, wird die meisten der ge= nannten Imitatiohss. in eine frühere Periode sehen. Teilweise, wenn auch nicht in dieser Ausdehnung, gilt dies auch für Frankreich. Möge man endlich einmal methodischer zu Werke gehen, und bei Beurtheilung der Hss. nicht die Hauptsache, den Schriftcharakter der einzelnen Länder, übersehen. Hat man Chassant, Paléographie des Chartes, oder Wattenbachs Paläographie zur Not durchgenommen, so ist man damit noch nicht berechtigt über das Alter und den Character der Hss. ein Urteil zu fällen. 1)

Wären die ältesten der italienischen Hss. Originale und nicht Copien, und würde man nur auf das äußere Alter der Hss. achten ohne den Text zu berücksichtigen, so wäre das Handschriftenverhältniß bald bestimmt; es gestaltete sich zu Gunsten der deutschen

1) Es ist z. B. Mangel an paläographischer Kenntniß, wenn man auf Grund des Ausspruches des dritten Congresses zu Paris im J. 1687, der Coder Aronensis sei nicht jünger als drei hundert Jahre, sich zum Schluß verstiegen hat: die Hs. war also 1387 bereits geschrieben! Man war so unerfahren zu glauben, die Gelehrten des Congresses hätten das Alter der His. aufs Jahr bestimmen können.

Hff. Ich kenne nämlich unter den deutschen Hss. etwelche, die älter find als die genannten italienischen. Allein, wie ich bereits oben bemerkt habe, bieten der Codex Cavensis und der Coder de Advocatis einen reinern Text, den ich wenigstens für den primitiven halte. Beide Codices weisen also notwendig auf frühere Hff. hin. Dadurch wird die Frage, an die man bisher überhaupt noch gar nicht gedacht hat, äußerst verwickelt. Und doch liegt gerade hierin der Hauptpunkt zur teilweisen Lösung der Frage, die keineswegs im Sinne der Kempisten ausfällt. Ich spare die Untersuchung darüber auf den dritten Punkt, mit dem sie in innigster Verbindung ist. Ich habe früher noch mit Johann Gersen abzurechnen.

II. Leben und Existenz des Abtes Johann Gersen. Ich untersuche hier durchaus nicht die Möglichkeit, daß es vielleicht am Ende des 14. oder am Anfang des 15. Jhs. irgendwo einen Johann Gersen gegeben habe; meine Polemik gilt vielmehr dem Johann Gersen der Gersenisten.

Diesen zufolge war Johann Gersen Benedictinerabt des Klosters St. Stephan in Vercelli, und zwar zwischen 1220-1245, oder kurzweg c. 1230. Das Kloster St. Stephan habe seine Berühmtheit im 13. Jh. gerade der Person und der einflußreichen Stellung seines genannten Abtes zu verdanken gehabt, der zugleich öffentlicher Lehrer, Schriftsteller, eine Leuchte unter den Theologen seiner Zeit, ja eine Art Consul der Stadt gewesen sei. Was Wunder, daß zu seiner Zeit das Kloster St. Stephan in Vercelli alle andern dort existirenden Klöster an Klosterzucht und Glanz übertraf? Was Wunder, daß endlich nach mehr als sechs Jahrhunderten diesem einzigen Manne, der in einem Codex (Parmensis) sogar „heilig“ genannt wird, unter großer kirchlicher Feier in Gegenwart von sechs Bischöfen ein Denkstein gesetzt wurde?

Würde ich mir den Gersenisten gegenüber das Princip zu eigen machen, welches der berühmte Paduaner Priester Brunacci bei Abfassung seiner Storia ecclesiastica di Padova befolgte: „io non mi fido se non di originali ed autentici rotoli, e non ammetto nè tradizioni popolari, nè scritture recenti, nè asserzioni di gente che non provino con antiche membrane autentiche, o con autori sincroni" (handschriftlich in der Biblioteca civica zu Padua), so ginge es den Gersenisten schon von vorneherein schlecht, denn vor

« ÖncekiDevam »