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XII.

Studentenleben in Paderborn.

Ein vollständiges Bild des Paderborner Studentenlebens zu entwerfen wäre nur möglich durch Herausgabe der Tagebücher, welche noch zum grossen Teil auf der Theodoriana vorhanden sind, nämlich der Tagebücher der Studienpräfekten, der jeweiligen Rektoren (diaria rectorum) und der Annalen (historia annua) des Kollegiums. Einen Auszug aus dem Tagebuche des Studienpräfekten P. H. Rexing S. J., nämlich vom August 1665 August 1667, hat Oberlehrer Richter bereits veröffentlicht. 1) Ebenso verdanken wir demselben Gelehrten die Veröffentlichung von über 120 Titeln von Dramen, welche am ehemaligen Jesuitengymnasium zu Paderborn aufgeführt worden sind. 2)

Aus den vorher erwähnten Aufzeichnungen des Präfekten Rexing ersehen wir, dass die Paderborner studierende Jugend nicht frei war von dem auch an anderen Universitäten eingerissenen studentischen Übermut und von Rohheiten aller Art. Vorkommende Excesse waren: Fenstereinwerfen; Stehlen von Obst und Pflanzen aus den Bürgergärten; starkes Trinken, selbst von Branntwein; auch die Hauslehrer waren von dem Laster nicht frei; Kartenspielen, offen und auch verstohlen (auf den Hausböden); nächtliches Umherschwärmen und Ruhestörung; Konflicte mit den militärischen Nachtwächtern, die dann die Studenten mehrfach arretierten; 3) Zerstörung des Brückenholzes;

1) Vgl. Richter, Aus dem Tagebuche des Paderborner Studienpräfekten P. H. Rexing S. J. (1665-1667). cit. S. 247–276).

2) Vgl. Richter, Paderborner Jesuitendramen von 1592-1770 (in denselben Mitteilungen von Kehrbach 1894. S. 5-16). In letzterem Aufsatz gibt Richter eine Aufzählung der sämtlichen Dramen, die sich auf der Theodoriana befinden. Auf die Aufführung von Dramen haben die Jesuitenschulen von jeher grosses Gewicht gelegt; vgl. Richter, Geschichte der Paderborn. Jesuiten. S. 21. 22. 29. 34. 76. 97 u. ö.

3) Das geschah jedoch nur, wenn die Studenten ihren Namen nicht abgaben. So antwortete im November 1665 eine Schar Studenten, von der Nachtwache nach den Namen befragt: „Die Hauptrunde.“

Übernachten ausserhalb der eigenen Wohnung; das Betteln der Studenten scheint an der Tagesordnung gewesen zu sein, wie die mehrfachen Verbote zeigen; Lesen unzüchtiger Schriften und grobe Liederlichkeit; Krebs- und Fischfang in den fürstbischöflichen Gewässern, was schwer geahndet wurde; 1) vielfach Streitigkeiten mit den Juden. Am 18. Nov. 1666 war in der Heide ein grosser Kampf zwischen den Rhetoren und den Syntaxisten mit Messern und Knütteln, bei dem nicht unbedeutende Verwundungen statt fanden. Die andern Studenten gesellten sich zur einen oder andern Partei. Der studentische Übermut erreichte den Höhepunkt in den Fastnachtstagen. Dazu viel anderer Schabernack. 2)

Die Strafen waren Verwarnung, Prügel, Karzer und Relegation. Mancher Schüler entzog sich der Prügelstrafe durch Flucht von der Universität, wurde aber nicht eher wieder zugelassen, als bis er die gt. Strafe über sich ergehen liess. 3) Mehrfach kam es bezüglich der Aburteilung über die studentischen Vergehen zu einem Competenzkonflikt zwischen dem akademischen und den Civilgerichten.

Leider muss ich wegen Raum- und Zeitmangel darauf verzichten, den interessanten Auszug Richters hier wiederzugeben. Ich gebe jedoch als Ergänzung zu demselben einige andere Schriftstücke ähnlicher Art, aus späterer Zeit, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. 4)

1) Als wegen dieses Vergehens einige Studenten auf Bitten des Rector Magnificus aus dem Gefängnis zu Neuhaus entlassen waren, rief der Fürst, dem selbe begegneten, ihnen zu: „In Zukunft fischet in euren Büchern."

2) Ein Student versteckte eine Katze in dem Schulzimmer, die dann während des Unterrichts miaute etc. Sieben Schneidergesellen beschwerten sich, von 15 Studenten überfallen zu sein, wobei einem das Halstuch zerrissen wurde. Andere belästigten die französischen Nonnen oder die Mönche des Abdinghofer-Klosters. Der damalige Abt liess aber dem Präfekten sagen, er möge auf die letztere Anzeige nicht viel geben, was der Präfekt denn auch willigst that etc. etc.

3) Vgl. über die Prügelstrafe an den Universitäten Kaufmann, Die Gesch. der deutsch. Univ. I. 141 ff.

4) Dieselben verdanke ich der Güte des Oberpostsekretärs Stolte, Archivar der Paderb. Altertums bibliothek. Sie sind von demselben aus Handschriften der Theodoriana excerpiert.

1. Antwortschreiben der Patres an die fürstbischöfliche Kanzlei wegen Beleidigung einer Jüdin durch die Studenten beim Ballspiel (8. Juli 1652).

Reverendissimi praenobiles, clarissimi consultique Domini.

Quinta huius misso ex cancellaria mandato, requirebatur universitatis nostrae Rector, ut ob insolentiam graviorem in Judaeam aliquam exercitam filius Consulis Brakulensis carceri academico nostro includeretur. Nos accusatione huiusmodi audita examinatoque facto accusatum hunc deprehendimus omnino innocentem; nocentem aliqua tamen patione alium invenimus Bernardum Sylvestrem Gesekensem, qui cum ordinaria recreationis die cum condiscipulis pila luderet, forte illa Judea transiit, quam proinde puerili petulantia pila quidem petiit, sed non nisi togam rasit: accurrit Judea, pilamque erectura inclinat se, quam ut praeciperet accurrit alius Volmarus Hassen Attelensis parvus puer et inclinatam Judaeam unica manu propellit, unde lapsa impegit in lapidem cute leviter perstricta et cum livore aliquo fronte nonnihil tumida, quam intra paucos dies levi opere curaturum se Chirurgus Joannes Sebastian iuratus affirmat. Petulantiam primi poena scholastica pro quantitate delicti coercebimus, alterum credimus innocentem qualem se a biennio nobis aliisque constanter probavit. Verum quia Judei ante haec saepe tum omnino falsis delationibus, tum iusto, uti nunc quoque exaggerationibus nobis admodum molesti fuerunt, rogamus, eos moneri, ut si quid a studiosis insolentia illis inferatur, veros reos nobis prius, quam aliis denuntient, neque, cum ab aliis non studiosis impetuntur, mendacibus et falsis innocentium accusationibus iuventutem irritent. Magis quam emandaret. Nos certe quoties ab illis denuntiatos, uti et a quibuscunque aliis, reos deprehendimus, in eos iusta semper severitate animadvertimus, idque deinceps ad normam iustae aequitatis facturi sumus, omnino confisi Rev, mis Praen,libus Clar.mis Dominationibus Viris in causa hac satisfactum iri. Manemusque . . . ad obsequia paratissimi

Paderb. 8. Juli 1652.

Patres Soc. Jesu.

2. Schreiben des Rector Magnificus an die fürstbischöfliche Kanzlei, in welchem eine Anklage der Juden gegen die Studentenschaft für unwahr erklärt und die Competenz der fürstlichen Kanzlei verneint wird (1701). 1)

Hochwürdige HochEdelgeborne Gestrenge Hochgeehrte Herrn. Was die gesampte Judenschaft über dieser löblichen Academiae alumnos und studirende Jugend in genere 23 Januar mit vielen Worten aber wenig Wahrheit (Jüdischer Art und Weise nach) zumahl ordinate an Fürstl. Kanzlei geklagt, was auch Ew. Herrl. darauf decretirt, das ist uns zur Nachrichtung wohl eingeliefert, und haben daraus nit ohne Verwunderung verstanden, dass dergleichen Klagen über Studenten per contemptum ordinarii an die Canzlei gebracht und magnificus rector, dem die iurisdictio super studiosis gebühret, aus lauterer Ignoranz oder Jüdischer Bosheit ausgeschlossen und vorbeigegangen werden will, dar doch dem heyllosen Volk und Christenfeinden das Recht niemals verweigert, sondern was in specie deferirt, jedesmal ohne connivenz gestraft und kein respect oder Partheilichkeit ist dabei gebraucht worden. Dabei dann sonderlich zu erwägen, dass in allen Geistlichen und Weltlichen Rechten wohl verordnet, quod iurisdictionum ordinem turbari et confundi non oporteat, sed quod debeat sua cuique manere et servari iurisdictio . . Demzufolge den anklagenden Juden vielmehr hätte wöllen gebühren causas studiosorum ad rectorem magnificum . . zu deferiren, als Ew. Herrl. invidiose damit zu behelligen, cum rector magnificus ordinariam habeat potestatem et iurisdictionem atque inter studiosos competens sit iudex tam in criminalibus, quam civilibus

.

Wir stellen nun an sein Ort, was die betriegliche Judenschaft damit verdienet, dass sie ordinarium Magistratum diesmal vorbeigegangen und bei Ew. Hl. contra studiosos geklagt haben et quidem oratione indefinita et in genere, dar doch nachkündig, dass die ganze akademische Jugend gleichsamb versamblet dem stinkenden Geschmeiss kein Überlast gethan, dass

1) Das Schreiben ist in dem damaligen Juristen-Jargon geschrieben und kaum dem Inhalt nach zu enträtseln. Latein verstand man damals besser.

auch unter 100 nicht einer daran schuldig. Was dem Angeben nach von Einem oder andern inscio Rectore vel Praefecto mochte delinquirt sein, dessen bis noch in specie vel individuo keiner überwiesen. Deswegen wider die Judenschaft cum solemni protestatione super iniiuris nit unbillig sich beklagen, cum unusquisque ex suo admisso sorti subiiciendus sit, ne alicui criminis successor constituatur. Vnd muss diss noch heissen per auxesin iudaicam, dass Sie täglich vnd von der gantzen löblichen Jugendt auf offenen freyen Strassen geänstiget und gesteiniget werden, dergestalt dass ohne augenscheinliche Leibs- und Lebensgefahr sich bei Tage auf den Strassen nit dörffen finden lassen. Wer sollte hie nit glauben, dass diese Judenbrüder ihre Rhetoricam wolgestudiret und hyberbolen pro supereminente mentiendi licentia dareinbeschrieben haben? Wie mag doch dieser Squadron der gotteslästerlichen Jüdischen Bruderschaft durch das Gedräng der ganzen Academiae ungeschmissen bis an die Kanzlei kommen sein und wie viel seint ihrer darüber verwundt oder todtgeblieben. Vielleicht sein bei finsterer Nacht dahin gestolpert, dass ihre hyberbolica selbst nit vberstehen noch a genere ad speciem berichten können.

Man stellet nun dahin, wie diss alles zu entschuldigen vermeinen wollen, das einig epitheton übersteiget alle Jüdische impudens mit welchen sie die gesambte Edtle Jugend Paderbornischer Academiae ein Gesindtlein hoc est collumen zu nennen sich nit entferben und damit zu tage geben, dass sie feinde sein aller Ehren und guter Künsten, daria dise ansehnliche Jugendt nacht und tag sich bearbeiten müssen und darumb nicht ein sammelsgrube sei alles gestankes, wie die Juden et telluris inutile pondus, wie die Schacherer und Betrieger sondern es finden sich in diesem corpore Paderbornischer academiae verschiedene Theologi und graduati, viele des vornembsten Adels und Herren-Standes, dieser und anderer Cathedralkirchen Capitularien, alle der in aller Welt gerühmten freien Künste studiosi, vnd diesser Stinkender Hauff, Christi und aller Ehren Feindt durfte eine solche Versamblung vornehmer Herrn und Ehrlicher Leut Kinder per contemptum ein Gesindtlein nennen?

Damit man aber sehe wie glücklich diese Lediggänger im Wahrsagen sein, brechen sie endtlich herfür mit dem Exempel Herrn Johann Schmits Beneficiati und wollen persuadiren, dass in dessen ansehen von seinen inquilinis studiosis etliche Juden sollen gesteiniget und dergleichen auss dess Lorent Meisters Tochter Hauss am Markt Azer Juden soll wiederfahren sein, da doch beede Herrn Johann und innominatus Gener davon

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