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Vorrede

zum zwölften Bande.

Indem ich hiermit den Schluß des Kirchenlexikons der Oeffentlichkeit übergebe, fühle ich mich glücklich, das Lebenswerk meines unvergeßlichen Freundes, des verewigten Herrn B. Herder, vollendet und damit ein Denkmal treuer Anhänglichkeit aufgerichtet zu sehen.

Bis zum letzten Hefte der zweiten Auflage trägt das Werk schon in seinem Namen ein Zeugniß für die Gesinnung, aus welcher der erste Gedanke an die Herausgabe desselben entsprungen ist. Seitdem Herder allein an die Spize des väterlichen Geschäftes getreten war, reifte in ihm der Entschluß, die katholischen Gelehrten Deutschlands zu einer katholischen Encyklopädie aufzurufen, welche für die Lebenskraft der Kirche Zeugniß ablegen und deßwegen „Kirchenlerikon" heißen sollte. Die ungemeinen Mühen, welche die erste Herstellung des großartigen Werkes verursachte, waren der allseitigen Vervolltommnung desselben hinderlich, so daß schon bald nach Vollendung eines nothwendig erscheinenden Supplementbandes der Plan zu einer vollkommenern Neubearbeitung des Werkes bei seinem Urheber feststand. Der Ausführung dieses Gedankens sezten sich aber so viele innere und äußere Schwierigkeiten entgegen, daß dieselbe erst zwanzig Jahre später begonnen werden, und daß der erste Band in neuer Bearbeitung erst 1882 erscheinen konnte.

Wenn die Vollendung der neuen Ausgabe wieder fast zwanzig Jahre erfordert und der ursprünglich geplante Umfang sich auf zwölf Bände erweitert hat, so ist dieß theils durch die große Mehrung des Stoffes, die sich im Anfang nicht übersehen ließ, theils durch das stetig wachsende Intereffe der Mitarbeiter für möglichste Vollkommenheit der Herstellung herbeigeführt worden.

Nunmehr gebührt zuerst demüthiger und freudiger Dank dem allmächtigen Gott, der die bei der Herausgabe vorwaltende Abficht wohlgefällig aufgenommen und allen zur Verwirklichung unternommenen Schritten seinen Segen gegeben hat. Daß er die kräfte deffen, dem Herder die Ausführung anvertrauen mußte, erhalten und durch seine Gnade vervollständigt, alle auftauchenden Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt und troß der Verluste, welche der Tod unter den Mitwirkenden hervorgerufen, den glücklichen

Abschluß herbeigeführt hat, muß jeden Benußer zu lebendiger Dankbarkeit gegen den
Geber alles Guten aufrufen.

Großer, herzlicher Dank muß hierbei auch all den edeln Männern gesagt werden,

welche in selbstloser Hingebung ihre Kräfte und ihre Zeit der Mitarbeit an dem weit-

aussehenden Werke gewidmet und demselben ihre unverdroffene Begeisterung bis zu

Ende bewahrt haben. Es ist mir eine liebe Pflicht, auszusprechen, daß die Hoffnung,

mit welcher ich das Vorwort zum ersten Bande geschloffen habe, weit über Erwarten

in Erfüllung gegangen ist, und daß so das Kirchenlerikon eine mehr als gewöhnliche

Vollkommenheit erreicht hat.

Das Kirchenlerikon tritt jezt auf den literarischen Markt nicht bloß als Denkmal
der Gelehrsamkeit, des Fleißes und der Gründlichkeit, welche in der katholischen Kirche
Deutschlands zu finden sind, sondern auch als eine der schönsten Blüten, welche die
gläubige Begeisterung und die christliche Liebe der deutschen Katholiken hervorgebracht
haben. Möge es nun für die heranwachsende Generation ein Antrieb werden, ihre
Bemühungen den vorhandenen Bestrebungen würdig anzureihen, damit auf diese Weise
die frommen Wünsche des edeln Mannes, dem die Initiative zu dem ganzen Unternehmen
zuzuschreiben ist, in Erfüllung gehen.

Trier, Stadt und Bischofssiz in der preußischen | daß es von da an Siz der Kaiser ward. „Bevor Rheinprovinz, Hauptstadt des gleichnamigen Re- die Kaiser hier ihren Siß aufschlugen, war Trier gierungsbezirks, liegt in dem dort sich stark erwei- in seiner Entwicklung den rheinischen Städten ternden Mojelthale in anmuthiger Lage. — A. Nach Argentoratum, Magontiacum, Colonia Agripder Sage wäre die Stadt Trier die älteste aller pensis faum voraus; alle Funde bedeutenderer jezt bestehenden Städte Europa's. Darnach hätte Art weisen auf die späte Zeit der römischen ich Trebeta, der Sohn des assyrischen Königs Herrschaft. Und hinter den gallischen Städten, Ninus, welcher nach seines Vaters Tode von seiner hinter Lugdunum, Massilia und manchen an= Stiefmutter Semiramis etwa 1300 Jahre vor der deren Städten der Provence stand Trier an Größe Erbauung Roms aus seinem Vaterlande vertrieben und Pracht weit zurück“ (Hettner, Das römische worden, durch die Anmuth der Gegend gefesselt, Trier, Trier 1880, 5). Seit der Theilung des an den Ufern der Mosel bleibend niedergelassen gewaltigen Römerreiches in eine östliche und eine und die Stadt gegründet, welche nach ihm den westliche Hälfte (285) wurde Trier die zweite Namen Treberis (Trier) erhielt. Die Geschichts- Residenzstadt der westlichen Hälfte neben Maiquellen erwähnen die Stadt ausdrücklich erst im land. Es residirten hier vorübergehend Marimia= 3. 69 n. Chr. In dem Berichte des Tacitus nus, dauernd der Cäsar Constantius Chlorus, (Hist. 4, 72) über den Aufstand der Bataver Herrscher über Spanien, Gallien und Britannien, unter Claudius Civilis erscheint die Colonia Tre- und jein Sohn Constantin d. Gr. in den ersten virorum als befestigte Stadt. Eine Münze des 10 Jahren seiner Regierung. Ebenso hatten. Kaisers Vespasian (69-79) bezeichnet sie als zu Trier ihre Residenz die Kaiser Valentinian I., Colonia Augusta Patricia Trevirorum. Dem- Gratian, Valentinian II. und Maximus. Trier noch ist Trier als römische Colonie unter Kaiser erhielt daher auch alle die Prachtbauten und andeAugustus gegründet worden, wofür auch eine im ren Einrichtungen, welche die Würde einer Haupt= 3. 1888 im Garten des Bischofshofes aufgefun- und Residenzstadt der Imperatoren verlangte, dene Inschrift aus der Zeit um Christi Geburt einen Kaiserpalast, Thermen, ein Amphitheater, spricht. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß an einen Circus, ein Forum, Basilika und Götterder Stätte der spätern römischen Colonie schon tempel in reicher Zahl. Es wurde von gewaltiger bor Augustus sich eine kleinere oder größere Nie- Mauer mit mächtigen Thoren umschlossen und zur derlassung des mächtigen Trevirervolkes befunden festen Stadt gemacht. Eine Rhetorenschule (Unihat. Als unter Kaiser Augustus Gallien seine versität) bestand zu Trier, wie es scheint, schon vor Eintheilung in vier Provinzen (die narbonensische, der Erhebung zur Kaiserstadt; sie wurde zu der die aquitanische, die celtische und die belgische) bedeutendsten der im 4. Jahrhundert in außererhielt, wurde Reims, damals die „volkreichste" ordentlicher Blüte stehenden gallischen Universi= Stadt der Provinz, Hauptstadt von Gallia Bel- täten durch die Wirksamkeit des berühmten Rhetors gica (Strabo, Geogr. 4, 3, 5), welches im und Panegyrikers Claudius Mamertinus gegen Westen durch Seine und Marne, im Süden durch Ende des 3. und seiner Nachfolger im 4. Jahrdie Alpen, im Osten durch Vogesen, Hunsrück hundert (z. B. Urjulus und Harmonius). Der und untere Maas begrenzt war. Trier kann zur Ruf der Schule führte junge Leute aus fernen Zeit des Geographen Strabo (gest. 24 n. Chr.)| Ländern nach Trier, so den hl. Hieronymus und als Stadt nicht bedeutend gewesen sein, da er es seinen Freund Bonojus aus Italien. Auch eine nicht erwähnt, während er doch die bedeutenden Palastschule zur Heranbildung von VerwaltungsStädte Galliens anführt. Als Hauptstadt der beamten blühte zu Trier. Natürlich hatte auch der belgischen Provinz ist Trier zur Zeit des Kaisers Statthalter der Diöcese Gallien seit ihrer EinMarc Aurel (161-180) durch römische Inschriften richtung unter Constantin hier seinen Siz. Jedoch nachgewiesen und blieb es für die Folgezeit. Bei dauerte die Herrlichkeit Triers nicht lange. Da der neuen Eintheilung der Provinzen des römi- seit Beginn des 5. Jahrhunderts die deutschen schen Reiches im 3. 297 wurde zunächst der süd- Völker immer mächtiger gegen das Römerreich liche Theil der belgischen Provinz, d. h. das Ge- andrangen, fühlten sich die römischen Beamten zu biet der Schweiz und der Umkreis von Besançon, Trier nicht mehr sicher genug. Der Sitz des Prävon derselben abgetrennt und das übrig bleibende fecten von Gallien wurde um 418 nach Arles verGebiet in zwei Provinzen eingetheilt; Trier wurde legt, und Trier fiel in der ersten Hälfte des Hauptstadt von Belgica prima, Reims Haupt- 5. Jahrhunderts viermal feindlicher Eroberung ftadt von Belgica secunda. 3ur ersten Stadt und Zerstörung anheim. Nur die aus Stein erGalliens wurde Trier erst infolge der Reichs- bauten öffentlichen Gebäude überdauerten die Zertheilung unter Diocletian durch den Umstand, störung, während die bürgerlichen Häuser, welche

Kirchenlexifon. XII. 2. Aufl.

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Trier hochgedachtem Churfürsten, Klägern, eigen= thumblich vel quasi cum mero et mixto imperio, directis et utilibus dominiis und aller jurisdiction, hoch- und nieder- Obrigkeit zugehört habe und noch zugehöre, daß auch ein Erzbischoff und Churfürst zu Trier der stadt Trier rechter Herr, ordentliche Obrigkeit und Landesfürst bishero gewesen und noch seye". An Umfang blieb die mittelalterliche, von Johannes I. ummauerte Stadt bis in's 19. Jahrhundert sich gleich, wenn auch die Bevölkerungszahl Schwankungen wird unterworfen gewesen sein. Erst im achten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts fielen bis auf kleine Reste die mittelalterlichen Stadtmauern und Thore, und seither wuchs die Stadt sehr schnell an räumlicher Ausdehnung und an Bevölkerungszahl. Während lettere im Anfange des Jahrhunderts kaum 10000 betrug, beträgt sie jezt etwa 40 000.

durchgängig Holzbauten waren, vernichtet wurden. So bildete sich eine Schicht von Schutt, welche stellenweise das Niveau des römischen Trier 2 Meter hoch überdeckt. Wohl müssen bis tief in's Mittelalter hinein noch bedeutende Theile der alten römischen Stadtmauern bestanden haben (vgl. Görz, Mittelrheinische Regesten I, Coblenz 1876, nr. 115, 590); aber spätestens seit dem 11. Jahrhundert galt die Stadt als eine offene, bis Erzbischof Johannes I. (1190-1212) und seine nächsten Nachfolger dieselbe wieder mit Mauern umgaben. Uebrigens nahm diese mittelalterliche Stadt nur etwa ein Drittel von dem Flächenraum der Römerstadt ein. Den Aufschwung der Städte in Reichthum und Macht, welchen das 12. Jahrhundert als Folge der Kreuzzüge und des sich hebenden Handels sah, theilte die Stadt Trier ebenfalls; seit jener Zeit suchte sie auch ihre Rechte und Freiheiten dem Landes- B. Bischofssig war Trier feststehendermaßen fürsten gegenüber, als welcher der Erzbischof gegen Ende der Christenverfolgungen, also in der schon seit 902 gegolten hatte, zu vermehren und Zeit, wo die Stadt eben zur Würde einer Residenz strebte bald nach Reichsunmittelbarkeit. Den der Imperatoren und Cäsaren erhoben worden ersten Versuch, die Gewalt des Erzbischofs über | war und sich mächtig entwickelte. Im J. 314 erscheint die Stadt einzuschränken, machten die Trierer in auf dem Concil zu Arles Agricius (s. d. Art.) als der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, indem die „Bischof aus der Stadt Trier“ neben Maternus Bürger sich zu einer Vereinigung (conjuratio) von Köln. Sicher ist weiter, daß dem hl. Agricius zusammenthaten. Er mißglückte jedoch, da Kaiser als Bischöfe von Trier vorausgegangen sind EuFriedrich I. 1157 und 1161 die Vereinigung charius, Valerius und Maternus. Die Grünstrenge verbot, und dieses Verbot durchgesezt dung des Bisthums Trier fällt also spätestens in wurde. Der Versuch wurde nach dem Tode Jo- die Mitte des 3. Jahrhunderts. Daß es auch hannes' I. (gest. 1212) und Theoderichs II. (gest. schon vor dieser Zeit Christen zu Trier gegeben 1242) und besonders unter der schwachen Regie- hat, darf als sicher angenommen werden; ob man rung Diethers von Nassau (1299-1307) er aber die Gründung des Trierer Bisthums bis neuert, hatte jedoch wieder keinen Erfolg. Unter in's erste nachchristliche Jahrhundert hinaufrücken dem kräftigen Balduin von Lüzelburg (1307 darf, das hängt ab von der Entscheidung der bis 1354) ruhten diese Bestrebungen, traten aber Frage, ob Eucharius, Valerius und Maternus 1363 unter seinem zweiten Nachfolger Kuno von wirklich Schüler des Hl. Petrus waren (vgl. d. Falkenstein um so entschiedener wieder hervor. Art. Eucharius). Für die Mitte des 3. JahrDie Sache wurde 1364 von Kaiser Karl IV. durch | hunderts sprechen sich jezt durchgängig die HiRichterspruch zu Ungunsten der Stadt entschieden. storiker von Fach aus, wenn auch einzelne derselben Einen letzten erfolglosen Versuch, reichsunmittelbar ihre Ansicht nicht als unbedingt sicher hinstellen zu werden, machte die Stadt in der zweiten Hälfte wollen. Als Erzbisthum ist Trier zuerst sicher des 16. Jahrhunderts, als die religiösen Wirren beglaubigt durch das Testament Karls d. Gr. vom von vielen bischöflichen Städten mißbraucht wur-Jahre 811, worin Trier unter den 21 Erzbisden, um politische Selbständigkeit zu erlangen. thümern des Reiches aufgezählt wird, welche mit In Trier waren die Unruhen, welche durch das einem Legate des Kaisers bedacht werden. Die Auftreten des Calviners Kaspar Olevian (. d. neuerdings aufgestellte Behauptung, daß Trier Art.) 1559 hervorgerufen wurden, gerade deßhalb erst im 9. Jahrhundert zum Erzbisthum er= so gefährlich, weil sie sich den Freiheitsbestre- | hoben worden sei, ist deßhalb entschieden zu verbungen der Stadt anschlossen. Da jedoch die werfen; sie beruht auf Mißverständniß einzelner auswärtigen protestantischen Fürsten den Neue- Ausdrücke und Redewendungen in den Geschichts= rern ihre Hilfe versagten, konnte der entschiedene quellen. Namentlich kann gegen die Stellung Johannes von der Leyen bald den Aufstand durch | Triers als Metropole nicht geltend gemacht wer= Verbannung Olevians sammt 35 Bürgern be- den, daß in den Quellen des 8. und 9. Jahrhun= wältigen. Dann aber, nach der Ueberwindung derts mehrere Bischöfe von Mez den Titel Erzdieses religiösen Aufstandes, kam es zum ernsten, mit den Waffen geführten Kampfe zwischen Kurfürst Jakob von Elz und der Stadt. Endgültig wurde der Streit geschlichtet durch den am 15. März 1580 nach zwölfjährigem Prozesse erfolgten Spruch des Reichsgerichtes, „daß die stadt

bischof erhalten. Denn letztere Bezeichnung (vgl. d. Art. Erzbischof) ward damals noch Suffraganbischöfen entweder wegen ihrer Stellung beim weltlichen Herrscher oder wegen persönlicher Verdienste beigelegt. Daß durch die Verleihung dieses Titels und des Palliums, welches lettere aller

dings vom 9. Jahrhundert an das Zeichen der erzbischöflichen Würde im jezigen Sinne des Wortes wurde, früher die Rechte der Metropoliten unberührt blieben, versteht sich eigentlich von selbst, pflegte aber auch schon lange vor dem 8. Jahrhundert in päpstlichen Urkunden, welche das Pallium verliehen, ausdrücklich erklärt zu werden. Die Trierer Kirchenproving umfaßte sicher schon im 9. Jahrhundert die Gebiete der Diöcesen Trier, Mez, Toul und Verdun, d. h. die Gebiete der römischen Provinz Belgica prima. Dieser Umfang des Metropolitanbezirkes deutet schon an, daß seine Einrichtung und demnach auch die erzbischöfliche Stellung des Trierer Bischofs in die Zeit der römischen Herrschaft, also wenigstens in das 4. Jahrhundert zurückreichen muß. Denn da Trier seit der Einrichtung der genannten staatlichen Provinz im J. 297 Hauptstadt derselben war (s. ob.), so muß es auch kirchliche Metropole geworden sein nach dem zu Nicäa 325 und zu Antiochien 341 aufgestellten und auch in Gallien anerkannten (vgl. Conc. Turon. 401, can. 2, bei Mansi III, 861) Grundsaß, daß der Bischof der bürgerlichen Hauptstadt in einer staatlichen Provinz die Rechte des Metropoliten über die Provinz besigen solle. Da Trier aber im 4. Jahr hundert nicht bloß die Hauptstadt der ersten belgischen Provinz, sondern auch der Siz des gal- | lischen Präfecten und kaiserliche Residenz war, so wird sein Bischof in ähnlicher Weise wie der von Constantinopel neben der Stellung als Erzbischof einen thatsächlichen Vorrang vor den gallichen, spanischen und britannischen Bischöfen bejessen haben. Doch konnte letterer keine rechtliche und dauernde Anerkennung finden, weil im Anfang des 5. Jahrhunderts Arles zur ersten bürgerlichen Stadt jener Gebiete erhoben wurde, und dann bald an die Stelle der römischen Herrschaft in Gallien die der Franken trat. Die Erinnerung an diesen Vorrang scheint aber noch lange fortgelebt zu haben; das vielbesprochene falsche Sylvesterdiplom (abgedruckt bei Sauerland [j. u.] 89 ff.), wonach Papst Sylvester I. dem Trierer Bischof Agricius den Primat über alle Länder jenseits der Alpen“ übertragen haben soll, dürfte ein Widerhall desselben sein. Den Rang weltlicher Fürsten erlangten die Bischöfe von Trier im 10. Jahrhundert. Wie anderswo, so entwickelte sich auch zu Trier diese Stellung aus der Immunität, welche der Besiz des Bischofs schon unter den legten Merowingern oder spätestens unter König Pipin (751-768) genoß. Dieses Vorrecht der Immunität wurde von den letzten Karolingern, Arnulf, Zwentibold und Ludwig dem Kinde, erweitert und der Besitz selbst durch Echenkungen vergrößert. König Zwentibold machte denselben aus Liebe" zu seinem Erzkanzler, dem Erzbischofe Ratbod, im J. 898 zu einer Graf schaft und hob die Gerichtsbarkeit des königlichen Grafen über dieselbe vollständig auf. Ludwig das Kind verband damit 902 die Stadt Trier und

den Triergau. So erscheinen im J. 947 in einer Urkunde Otto's I. die gesammte höhere und niedere Gerichtsbarkeit, Münze, Zölle und andere Abgaben in einem, wenn auch noch nicht umfangreichen Gebiete in der Hand des Trierer Erzbischofs. Damit war ein reichsunmittelbares Gebiet mit dem Erzbischofe als weltlichem Herrscher an der Spize vorhanden, das sich in der Folgezeit, besonders unter den Erzbischöfen Poppo (1016 bis 1047), Albero (1131–1152) und Johannes I. (1190-1212) vergrößerte und nach längeren Kämpfen auch innerlich festigte. Unter Balduin von Lüzelburg (1307-1353) erscheint das inzwi= schen zum Kurfürstenthum gewordene Erzstift Trier im Allgemeinen schon in der ganzen Ausdehnung, welche es überhaupt jemals erlangt hat, abgesehen von dem Prümer Gebiete (f. d. Art. Prüm), welches im 16. Jahrhundert gewonnen wurde. Zuerst übte der Erzbischof als weltlicher Herrscher seine Gewalt durch den von ihm bestimmten Vogt; in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde jedoch dieses Amt, weil es so oft von den damit Belehnten mißbraucht wurde, beseitigt, und an des Vogts Stelle traten in der Stadt Trier der erzbischöfliche Schultheiß, auf dem Lande die Burgmänner zur Pflege der Gerechtigkeit und zum Schuße der Unterthanen. Die Eintheilung und innere Organisation, die Verfassung und die Verwaltungsnormen, welche ihm Balduin gegeben hatte, bewahrte das Kurfürstenthum Trier im Wesentlichen bis zu seinem Untergange in der Zeit der französischen Revolu= tion. Das kirchliche Ansehen seines Bischofssites als des ältesten des deutschen Reiches und die Bedeutung seines weltlichen Besizes brachte sodann den Erzbischof von Trier in die Reihe der sieben hervorragenden deutschen Fürsten, denen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts das ausschließliche Recht zustand, den deutschen König zu wählen (vgl. d. Art. Kurfürsten). Im Besize dieses öffentlich anerkannten Rechtes befand sich der Erzbischof von Trier seit dem Jahre 1257, und nach den Bestimmungen der Goldenen Bulle vom Jahre 1356 hatte derselbe bei den Wahlen die erste Stimme abzugeben. Die weitere Würde des Erzkanzlers in dem Gebiete Frankreichs, des alten Lothringen und des Königreiches Burgund oder, wie die Goldene Bulle sich ausdrückt, des „Irh= kanzelers des heiligen Richs durch Welschland und in dem Konigriche von Arlat“, ist seit dem An= fange des 14. Jahrhunderts in öffentlicher Gel= tung. So führte denn seit dieser Zeit der jeweilige Erzbischof von Trier den officiellen Titel: „Erzbischof von Trier, Erzkanzler durch Gallien und das Königreich Arelat, Kurfürst des heiligen römischen Reiches“, wozu seit der Vereinigung des Fürstenthums Prüm mit dem Kurfürstenthum Trier im J. 1576 noch der des Administrators zu Prüm" kam. Diese Stellung des Trierer Erzbischofs als Kurfürsten und Erzkanzlers dauerte bis zur Auflösung des alten deutschen Reiches im J. 1806.

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