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lang oder kurz ihren Ausdruck finden werden, so gewiss ergibt sich aus der Natur des Gesetzes, dass, so lange es in Kraft steht und noch ein Object hat, gegen sein unbedingtes Gebot keine particuläre Ueberzeugung auf formelle Kraft Anspruch machen kann.

IV. Was endlich den Consensus legislatoris betrifft 3), so ist es lediglich die Identifizirung von Recht und Gesetz, bez. die Herleitung alles Rechts aus dem positiven Willen des Gesetzgebers, oder endlich die Gleichstellung von Gewohnheitsrecht mit einem Beschlusse oder Statute, welche zu dieser Annahme bei der Glosse wie bei den Spätern geführt hat. Unsere Quellen enthalten von diesem Erfordernisse keine Spur. Das wäre kaum zu erklären, wenn jemals diese Nothwendigkeit Ueberzeugung der Kirche gewesen wäre. Die Quellen enthalten, wie die Citate zeigen, eine grosse Menge von Aussprüchen über Gewohnheit, über Rationabilität und Irrationabilität derselben. Vernünftige Gewohnheiten heissen ihnen schlechthin laudabiles, rationabiles, approbatae u. s. w., unvernünftige verwerfen sie ausdrücklich und erklären sie für kraftlos. Wie aber kämen die Päpste dazu, wenn ihr Consens zu der practer oder contra legem gehörte? Wie kämen die Päpste dazu, die Bischöfe anzuweisen, nach dem jus commune zu richten, ausser wenn eine besondere Gewohnheit vorhanden sei 32)? Wie könnte sich die öftere Berufung auf die allenfallsigen Gewohnheiten der Diöcesen u. s. f. erklären? Man wird doch nicht etwa sagen wollen: dadurch erkennt sie der Papst an. Was der Papst nicht kennt, von dessen Existenz er nicht einmal etwas weiss, das kann er doch unmöglich anerkennen. Zu sagen, es genüge die Möglichkeit, die Gewohnheiten kennen zu lernen, sei aber nicht erforderlich, dass er sie auch kenne, ist eine leere Redensart. Hiermit gleich steht der s. g. consensus legalis, den man als vorhanden annimmt bei Gewohnheiten, welche die im (gemeinen) Rechte anerkannten Erfordernisse haben, somit im Vornhinein anerkannt seien, gewissermassen die generelle Approbation erhalten haben. Ein solcher consensus ist juristisch keiner. Wohl lässt sich eine positive Billigung des Gewohnheitsrechts denken, wie eine solche rücksichtlich der Gesetze der Bischöfe durch den Papst praktisch ist 33) ohne ihren Charakter zu ändern. Ein Gewohnheitsrecht aber, das erst Recht würde durch den Consens des Gesetzgebers, wäre offenbar ein an innerm Widerspruche leidendes Ding.

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31) Es werden von Aeltern und Neuern (z. B. Bouix pag. 297) einzelne Entscheidungen (z. B. der Congr. Rituum) angeführt, welche die Frage ob eine constitutio wegen der Nichtbeachtung über 40 Jahr nicht mehr gelte? verneinen, um die Nothwendigkeit zu beweisen. Jeder sieht ein, dass hiermit nichts gesagt ist. Denn wenn, wie gezeigt, das Object des Gesetzes überhaupt dem Einflusse eines Kreises entzogen ist, kann auch von desuetudo keine Rede sein.

32) Siehe von den vielen citirten Stellen z. B. die in §. 38. Anm. 38 ff., auch die daselbst num. IV ff., ferner in diesem §. Anm. 21.

33) Vgl. oben §. 24. sub IV., §. 29. sub VII. IX.

Wenn da jener s. g. consensus tacitus oder legalis keinen Inhalt hat ein consensus expressus erforderlich ist, so wird hierdurch ein Satz nicht Recht, weil er in einer Uebung seinen Ausdruck gefunden, sondern weil der Gesetzgeber den Inhalt der Uebung sanctionirt, mithin einem faktisch befolgten Satz auch die Autorität seines Willens aufdrückt. Geschähe das schriftlich, so läge ein Gesetz vor. Geschieht es nicht schriftlich, wie soll denn der Einzelne so gut als der Richter sich davon in Kenntniss setzen, dass der Papst einwilligt? Weil er geschwiegen? Die von dem Privatrechte hergenommenen an sich mit Vorsicht zu gebrauchenden $4) allgemeinen Rechtsregeln sind nach der Natur der Sache absolut unanwendbar. Bedenkt man aber vollends, dass unser Recht ausdrücklich erklärt, das Gewohnheitsrecht werde durch ein allgemeines Gesetz nicht tangirt, weil der Gesetzgeber die particulären Gewohnheiten und Gesetze, die für ihn in das Gebiet der Thatsache gehören, leicht nicht wissen kann 35), so dürfte es keinem Zweifel unterliegen, dass der Consensus hier gar keine Stelle hat.

§. 40.

5. Beweis (Erkenntnissmittel) — Endigung.

I. Das Gewohnheitsrecht bildet zwar Recht, unterscheidet sich aber dadurch vom Gesetze, dass man von ihm als Thatsache gegenüber diesem 1) den Grundsatz jus novit curia nicht unbedingt anwenden kann. Der Richter hält sich an das jus commune, bez. die leges particulares. Wird also ein Anspruch auf das Gewohnheitsrecht, ein Statut oder dergleichen gestützt, so kann offenbar eine spezielle Berufung darauf nothwendig werden. Man muss jedoch unterscheiden. Allgemeine Gewohnheiten der ganzen Kirche können nach der Natur der Kirchenverfassung keinem kirchlichen Richter unbekannt bleiben und müssen daher vom Richter auch ohne Anführung der Partei berücksichtigt werden. Bei particulären Gewohnheiten, welche aber als consuetudines generales dioecesis u. s. f. erscheinen, kommt es nach der Natur der Sache auf die Umstände an. Kommt ein Rechtsverhältniss, das sich auf eine solche gründet, zur Sprache vor einem kirchlichen Richter dieser Diöcese, Provinz, kurz des

34) Man beruft sich hier wohl auf reg. jur. 43. in VIto qui tacet, consentire videtur.“ Weshalb aber soll dann nicht auch reg. 9. gelten: „ratum quis habere non potest quod ipsius nomine non est gestum"?

35) c. 1. de constit. in VIto (vgl. §. 19. sub III., 24. sub VII.). Das probabiliter drückt offenbar aus: es ist leicht begreiflich, erklärlich u. dgl. Von Bedeutung ist hier besonders das quum sint facti et in facto consistant. Denn darin ist direct gesagt: wie eine Thatsache Bedingung der Entscheidung ist, deren Nichtannahme, Ignorirung die Sentenz vernichten kann, so ist stillschweigende Bedingung jedes Gesetzes, dass ihr keine solche Thatsache entgegensteht; jede solche, die in sich ihre Begründung trägt, ist aber relevant, wenn das Gesetz nicht ausdrücklich sie für irrelevant erklärt.

1) c. 1. de constit. in VIto I. 2.

Kreises, dessen Gewohnheitsrecht in Frage steht, so ist bei diesem dessen Kenntniss vorauszusetzen, indem die Natur der Sache mit sich bringt, dass der Bischof das Recht kennen muss, falls er aber nicht selbst fungirt, keine rechtsunkundigen Personen mit der Handhabung der Jurisdiction betraue 2). Anders aber verhält sich die Sache, wenn ein Richter erkennt, der ausserhalb des betreffenden Kreises steht, sei es im Wege der Berufung, der Delegation oder weil überhaupt auch in erster Instanz geklagt wird aus einem nach dem Rechte einer fremden Diöcese zu beurtheilenden Rechtsverhältnisse. Für diesen ist das Gewohnheitsrecht ein blosses Faktum, das angeführt und bewiesen sein muss 3). Gerade so verhält es sich offenbar für die Observanz ganz allgemein, weil diese auch für den Ordinarius als res facti erscheint wegen ihres gänzlich beschränkten Umfanges 4).

II. Der Beweis des Gewohnheitsrechtes kann offenbar nicht durch das Eingeständniss der Parteien erbracht werden, weil deren Erklärungen wohl über den Grund ihrer subjectiven Berechtigung, wenn sie einig sind, den Richter binden, nicht aber diesem Rechtssätze feststellen können, welche über den Parteien stehen 5). Es muss also dem Richter ein objectiver Beweis geliefert werden. Dieser kann nun ein directer oder indirecter sein, d. h. den unmittelbaren Nachweis des Gewohnheitsrechtssatzes oder den Beweis jener Momente enthalten, woraus auf die Existenz eines solchen geschlossen werden muss.

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a) Der directe Beweis eines Gewohnheitsrechts wird geliefert durch Zeugnisse, welche der Richter als authentische ansehen muss. Der Art sind zuerst die Zeugnisse der Ordinarien (Bischöfe), welche mit voller Authenticität, wie aus ihrer Stellung folgt, bekunden können ), vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht als Partei erscheinen. Hierzu kommen Aufzeichnungen des Gewohnheitsrechts. Sind solche offiziell veranstaltet und

2) Das liegt auch in den vielen Stellen begründet, welche den Richter anweisen, nach der Gewohnheit zu erkennen.

3) Dabei kommt es nicht darauf an, dass vielleicht in I. Instanz auf das Gewohnheitsrecht keine Rücksicht genommen ist, weil man Rechtssätze in jedem Stadium des Prozesses geltend machen kann.

4) Das lehren viele der oben angeführten Stellen, z. B. c. 6. X. h. t. „si . . . noveris« ; auch sagt dies implicite c. 1. de const. in VIto.

5) Würden die oben §. 38. num. IV ff. erörterten Stellen vom Gewohnheitsrechte reden, so hätten, da Niemand in Abrede stellen wird, dass, wenn die Parteien über das Faktische einig gewesen wären, der Papst die Gewohnheit als vorhanden hätte annehmen müssen, die Parteien es stets in der Hand, ein Gewohnheitsrecht zu bilden nach dem Grundsatze der Aeltern, die ein in contradictorio judicio festgestelltes Gewohnheitsrecht unbedingt anerkennen. 6) Das beweist auch die römische Praxis, die in solchen Fällen von den Ordinari achten (ad deducendum super jure) einzuholen pflegt.

approbirt, so beweisen sie unbedingt; gehen sie von Privaten aus "), so beweisen sie, wenn denselben in der Provinz Ansehen beigelegt wird, wenn sie in der Praxis der Gerichte berücksichtigt werden, von Männern ausgegangen sind, denen eine solche Kenntniss unbedingt beiwohnen konnte (z. B. Beisitzern kirchlicher Gerichtshöfe, Generalvikaren, Canonisten u. dgl.). Nicht minder gehören dahin Bekundungen auf DiocesanProvinzialsynoden, Berufungen der bischöflichen Constitutionen auf solche u. S. W. Steht eine Observanz in Frage, so gibt das Zeugniss des Vorstandes, die Einvernahme der Corporation u. dgl. den Beweis.

Zu diesen Zeugnissen gesellen sich gerichtliche Urtheile. Ist der Rechtssatz bereits Gegenstand eines Rechtsstreites gewesen und festgestellt worden, oder ist nach dem behaupteten wiederholt entschieden worden, so liegt offenbar Beweis vor.

Endlich kann auch der Beweis der Notorietät geführt werden, worüber der Unterrichter selbst ein Zeugniss abgeben kann.

b) In Ermangelung des directen Beweises oder prinzipaliter dann, wenn die Partei diesen überhaupt antritt, lässt sich auch der indirecte Beweis herstellen. Dieser besteht darin, dass dem Richter durch Zeugen, öffentliche oder anerkannte und glaubhafte Privat-Urkunden, historische Berichte glaubhafter Zeitgenossen, denen als Zeugen, wenn sie lebten, Kraft beiwohnen könnte, eine solche Anzahl von zum Beweise der Existenz eines Gewohnheitsrechts tauglichen Akten und zwar durch eine so lange Zeit hindurch geübt nachgewiesen werden, dass der Richter nach den früher vorgetragenen Momenten daraus auf die Existenz des Rechtssatzes unbedingt schliessen muss. Insoweit es sich hier um Beweis von Thatsachen handelt, kommen die gewöhnlichen Regeln des Beweises in Betracht; insofern es auf Akte ankommt, deren Verständniss besondere Sachkenntniss erfordert, findet auch der Sachverständigenbeweis Anwendung *).

Hat aber auch ein oder mehre Richter ein Gewohnheitsrecht angenommen, so kann gleichwohl ein Irrthum vorliegen. Dass im Falle eines solchen durch den richterlichen Ausspruch kein Rechtssatz bewiesen werde, folgt aus der Natur der Sache.

7) Während bei officiellen der Partei höchstens der Nachweis eines positiven Irrthums zusteht, hat sie bei privaten offenbar das Recht, Einwendungen zu machen.

8) Die Sätze dieses §. können bei dem gänzlichen Schweigen unserer Quellen nicht mit Gesetzesstellen belegt werden. Was die Schule hierüber sagt, ist meist unbrauchbar; die Theorie von Puchta und Andrer lässt sich zum grössten Theile für's Kirchenrecht nicht gebrauchen. Es kommt also darauf an, aus der Natur der Sache und dem Geiste des Kirchenrechts Regeln aufzustellen, welche keine äussere, aber eine genügende Autorität haben, wenn sie innerlich begründet sind.

III. Endigung). Ein Gewohnheitsrecht verliert seine Kraft: a) durch eine lex generalis contraria mit spezieller Derogation;

b) durch eine lex specialis contraria ;

c) durch ausdrückliche Aufhebung, wozu für die consuetudines universalis ecclesiae der Papst, die generales dioeceseos der Bischof competent ist; d) durch eine consuetudo contraria, d. h. ein entgegenstehendes Gewohnheitsrecht.

e) durch desuetudo, i. e. gewohnheitsrechtliche Nichtbeachtung.

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I. Niemand ist (vgl. §. 34.) ausser dem Gesetzgeber befugt, das Recht im eigentlichen Sinne fortzubilden, d. h. neue Rechtssätze zu schaffen. Die Thätigkeit der Juristen beschränkt sich darauf, den Inhalt der Rechtssätze festzustellen. Wir können somit kein Juristenrecht im Sinne einer Rechtsquelle annehmen. Aussprüche über Rechtsregeln von Rechtsgelehrten können als solche keinen Anspruch darauf machen, für Quellen des Rechts zu gelten. Nichtsdestoweniger hat aber die Wissenschaft auch auf dem Gebiete des Kirchenrechts eine grössere Wirksamkeit als die blos receptive (§§. 34. 35.) oder kritische (§§. 69. 79.), welche in der Natur der Dinge begründet liegt. Der Grad von Bildung und Vollendung, welchen das System des canonischen Rechts aufweist, ist, wie ein Blick in das Material der Gesetze lehrt, ganz besonders in der Zeit von der Mitte des 12. bis in die Mitte des 14. Jahr

9) Das über die Wirkungen des Gewohnheitsrechts (§. 39) und über dessen Beschaffenheit u. s. f. Gesagte überhebt mich eines weitern Eingehens auf diesen Punkt, dessen einzelne Sätze sich von selbst ergeben.

Vgl. noch oben §. 19. sub III., §. 24. sub VII.

1) Diese Materie wird in den ältern wie neuern kirchenrechtlichen Werken entweder gar nicht berührt, oder mit einigen allgemeinen Sätzen abgethan. Ausführlicher pflegt man sich auf dem Gebiete des Civilrechts damit zu befassen. Vgl. Puchta (Gewohnheitsrecht I. S. 161 ff., II. S. 14 ff.), Pandekten §. 16, Vorlesungen §. 16, Savigny System I. §. 19 ff. (S. 83 ff.), Beseler Volksrecht und Juristenrecht und System des gem. deutsch. Privatr. I. S. 128-141, sowie die citirten Lehrbücher des deutschen Privatrechts.

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