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nicht blos Mitgliedern einer Konfession geöffnet, oder die darin aufgenommenen Pfleglinge nach der Konfession gesondert werden. Ebensowenig darf die Leitung solcher öffentlichen Anstalten Geistlichen eines einzelnen Bekenntnisses übertragen werden. Die Uebertragung der Pflege an Angehörige geistlicher Orden ist noch weniger zu rechtfertigen. Auch von der Pflege der Kranken und Ver= wundeten im Deutschen Heer sind Ordensangehörige auszuschließen. Die gleichen Grundsäge gelten für Gefängnisse, Waisenanstalten u. s. w.

IV. Abschnitt.

Von der Bulassung von Religionsvereinen, der geseßlichen Regelung ihrer Verfassung und Wirksamkeit, und von dem Maße der denselben eingeräumten Selbständigkeit.

I. Unterabschnitt.

Allgemeine Uebersicht der wichtigsten von der neueren deutschen Gesetzgebung befolgten und nothwendig zu befolgenden Grundsäße.

§. 27. Einleitung.

Seitdem in Deutschland in vollster Ausdehnung der Grundsag zur Durchführung gelangt ist, daß die Rechte und Pflichten des Bürgers durch Staatsgesetze bestimmt sein sollen, seitdem sodann Gewissens- und Religionsfreiheit, sowie Unabhängigkeit der staatsbürgerlichen und bürgerlichen Pflichten und Rechte vom Religionsbekenntniß zu den wichtigsten Grundlagen unsres öffentlichen Rechts gehören, sind auch andere Voraussetzungen gegeben zur Beantwortung der Frage: was in Deutschland als die Aufgabe der Staatsgewalt hinsichtlich der religiösen oder kirchlichen Seite des Volkslebens erscheine, wie weit vernünftigerweise die Rechte und die Pflichten des Staats in dieser Hinsicht reichen. Diese Frage ist im letzten Menschenalter auch innerhalb der liberalen Parteien, welchen unser heutiges Staatsrecht seine Gestaltung verdankt, in sehr abweichendem Sinne beantwortet worden. Erst in neuester Zeit, durch die inzwischen gemachten Erfahrungen, hat sich

eine größere Uebereinstimmung wieder hergestellt. Die Klärung und Befestigung derselben erscheint unter den obwaltenden Umständen als ein politisches Interesse ersten Ranges. Daß die Gesetzgebung vielfach sich noch zaudernd verhält, verschuldet zum Theil die unklare Stellung, die viele Deutsche Protestanten gegenwärtig noch einnehmen, indem sie in ihrer aus Gemüth und Schulung entspringenden duldsamen Gesinnung allzu ängstliche Sorge fühlen, nicht aus konfessioneller Voreingenommenheit ihren katholischen Mitbürgern zu nahe zu treten. Diese Aengstlichkeit ist entschieden vom Uebel. Die Dogmen der katholischen Kirche, d. h. der römischen Päpste und Konzilien, greifen in tausend Dingen in das Gebiet ein, in welchem der moderne Staat sich das Verfügungsrecht vorbehalten muß, d. H. der Staat, der dem Protestantismus seine Gestalt verdankt und der umgekehrt allein den Protestanten, wie allen Nichtkatholiken die rechtliche Existenz sichert; und darum kann es nicht anders sein, als daß die Päpste unzählige ihrer Dogmen als durch unsere Geseze verlegt" ers klären. Darauf, ob es sich hierbei um ein oder zwei Dogmen mehr oder weniger handelt, kann es gewiß nicht ankommen. Es ist eine sehr unfruchtbare und sogar sehr verkehrte Mühe, die sich Protestanten und liberale Katholiken zuweilen geben, wenn sie sich mit Ultramontanen in eine Debatte darüber einlassen, ob eine staatsgesetzliche Maßregel in ein Dogma der katholischen Kirchbe eingreife oder nicht eingreife. Auch die Beantwortung der Frage, wie viele Deutsche den Standpunkt des Papstes, ihres geistlichen Oberhauptes, theilen, kann nicht maßgebend sein für die Beurtheilung der dem Staate zustehenden Rechte, sondern höchstens für die Beurtheilung der Durchführbarkeit gesetzlicher Maßregeln. Im Folgenden soll daher versucht werden, die Grundsäge, von welchen die Staatsgewalt in Deutschland bis jetzt ausgegangen ist und in Zukunft konsequenterweise noch ausgehen muß, systematisch zu überblicken und zu begründen.

§. 28.

1. Grundsätzliche Freiheit der Stiftung neuer Religionsvereine und Beseitigung der Willkür in Bezug auf Verbote von solchen.

Fast in allen deutschen Staaten ist gegenwärtig bereits staatsgeseßlich der Grundsay anerkannt, daß es den Staatsangehörigen

frei stehe zu neuen Religionsvereinen zusammenzutreten; und es ist sogar vermöge des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1869 reichsgesezliche Verpflichtung der Einzelstaaten, diesen Grundsatz zur Durchführung zu bringen 1). Die alte noch aus dem Mittelalter überkommene Meinung, daß es ein Interesse des Staates sei, nur Eine Religion zu begünstigen, die Bildung vieler kleiner Religionsvereine zu verhindern oder doch zu erschweren, ist in den leyten Jahrzehenden allmälig völlig gewichen.

1. Die Gründung eines Religionsvereines bedarf hiernach nicht einer vorherigen Einholung staatlicher Genehmigung, es enthält kein Vergehen, den Verein ohne vorausgegangene Genehmigung zu gründen.

2. Unter welchen Voraussetzungen ein neuer Religionsverein von vornherein als ein rechtswidriger anzusehen sei, so daß der Beitritt zu solchem ohne Weiteres strafbar macht, ferner wann ein Verein aufgelöst und verboten werden dürfe und müsse und von welchen Staatsbehörden solche Verfügungen auszugehen haben, muß durch Gesetz bestimmt sein, kann nicht dem bloßen Verordnungsrecht überlassen bleiben.

3. Ob jedem neuen Religionsverein auch Korporationsrechte beigelegt werden sollen, ist eine andere, für sich zu beantwortende Frage.

§. 29.

2. Erwerb und Verlust des Korporationsrechts der Religionsvereine; Bedeutung desselben. Besondere Vorrechte der mit Korporationsrechten begabten Religionsvereine. Gründe der Versagung des Korporations= rechts.

I. In Deutschland gilt nirgends der Grundsaß, daß ein neuer Religionsverein von selbst kraft Gesezes Korporationsrecht erlangt; vielmehr bedarf es dazu überall der Beilegung dieses Rechts durch Spezialgeset oder durch besondere Verfügung des Landesherrn. Für die Entstehung neuer mit Korporationsrecht ausgestatteter örtlichen Gemeinden eines anerkannten Religionsvereins bedarf es wenigstens der Prüfung und Anerkennung Seitens des Kultusministers oder Ministers des Innern. Insoweit diese Entscheidungen in die Hände der Verwaltung gelegt sind, muß das Geseß 1) Vgl. darüber unten.

die Grundsätze bezeichnen, nach welchen die Verwaltung dabei zu verfahren verpflichtet ist. Ueber die Wiederentziehung ertheilter Korporationsrechte können Vorschriften nur durch Gesetz gegeben werden.

II. Das einem Vereine beigelegte Recht der Korporation ist die staatliche Anerkennung des Grundsatzes, daß eine Mehrheit von Personen, in Bezug auf Beschlußfassung über Vereinsangelegenheiten und in Bezug auf Vermögensbesitz als einheitliches Rechtssubjekt, als juristische Person angesehen werden soll, zu diesem Zwecke aber auch eine vom Staat genehmigte Verfassung haben muß, worin namentlich bestimmt ist, wie der Wille der juristischen Person sich zu bilden und rechtsgültig zu ändern hat. Die wichtigsten Konsequenzen dieser Auffassung in Bezug auf Privatrecht sind: Die juristische Person kann als solche Eigenthum besigen und erwerben, welches nicht Eigenthum der einzelnen Mitglieder ist, so daß mithin der Einzelne keine Klage auf Theilung des Vermögens hat, Dritten gegenüber für Schulden der Korporation auch nicht persönlich einsteht, sondern nur für solche Beiträge, zu denen er nach der Verfassung der Korporation verbunden ist, so lange er Mitglied derselben, also nicht ausgetreten ist.

Desgleichen ist die Korporation fähig, in letzten Willen zum Erben eingesetzt und mit Vermächtnissen bedacht zu werden. Vereine ohne Korporationsrechte entbehren der Gewähr der Dauer; das Vermögen, das sie etwa sammeln, unterliegt täglich der Gefahr, daß einzelne Mitglieder die Theilungsklage anstellen 1); und wegen dieser Gefahr mag Niemand größere Zuwendungen an den Verein machen. Fast unausführbar aber ist die Verbindung einer größeren Zahl von Ortsvereinen zu einem Gesammtverein, und die ausreichende Sorge für die Heranbildung der nöthigen Geistlichen oder Religionsdiener. Niemand wird sich leicht für ein

1) Man pflegt sich hiergegen dadurch zu helfen, daß man das Bethaus und andere Grundstücke auf den Namen nur Eines Mitgliedes eintragen läßt, einem Mitglied die Schuldscheine und sonstigen baaren Mittel anver= traut. Aber leicht führt dies zu Schwierigkeiten, namentlich bei Todesfällen, wenn Erben einer anderen Konfession konkurriren oder Vormünder aufzutreten haben; in nicht wenigen Fällen kommen die Gemeinden auch durch Veruntreuung solcher Verwalter um ihr ganzes Vermögen (Reichstag 2. Mai 1871, S. 540).

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