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Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande einer Verkündigung oder Erörterung macht, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft.

Gleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes Schriftstücke ausgibt 5 oder verbreitet, in welchen Angelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstand einer Verkündigung oder Erörterung gemacht sind 1.

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28. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte. § 338. Ein Religionsdiener oder Personenstandsbeamter, welcher, wissend, daß eine Person verheiratet ist, eine neue Ehe schließt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.

582.

WKAHL, Lehrsystem d. KR u. d. KPolitik, I Fr 94, 388-394; MSTENGLEIN, Lexikon d. deutschen StrafR. u. d. Entscheidungen d. Reichsgerichts z. StGB, I B 1900, 330 ff.; AWACH, d. Beschimpfung v. Religionsgesellschaften: DZKR II 2, 92, 161–191; FRNIPPOLD, die Thümmel'schen Religionsprocesse, Halle 88; Processverhandlungen Thümmel-Wiemann, Barmen 87; 15 KBOTT, Lehre v. d. Relig.vergehen, Tü 99; HREICHEL, D. Leipziger Tolstoiprozeß: DZKR XIII, 104 ff.; RISSAM, D. Beschimpfung i. Kampf d. Konfessionen, ib. XV, 448 ff.; EBELING, D. Beschimpfung v. Relig.gesellschaften, S.A. a. Festgabe f. Dahn, 05; FFREYMOND, D. Religionsedikte, 06; WTHÜMMEL, D. Religionsschutz, 06; HBAUER, D. Religionsvergehen, 07; Vergl. Darstellung d. deutschen u. ausländ. Strafrechts, Vorarbeiten z. d. Strafrechtsreform III, 20 07; JPIETSCH, D. Relig.vergehen: AKR 88, 22 ff.; RSCHLEGTENDAL, Aenderung d. strafrechtl. Rel.schutzes, 08; EKOHLRAUSCH, D. Beschimpfung v. Relig.gemeinschaften, 08; HTAUPSKI, D. Rel.vergehen, 08; SÄGMÜLLER, KR 77; JOLSHAUSEN, Kommentar z. Strafgesetzbuch f. d. Deutsche Reich, I B 09, 640 f.; AVKIRCHENHEIM, Lehrb. d. Kirchenrechts 2, Heidelb 11, 57. b) 11. Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen. - § 166. Wer 25 dadurch, daß er öffentlich in beschimpfenden Aeußerungen Gott lästert, ein Aergernis gibt, oder wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder eine andere mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebietes bestehende Religionsgesellschaft oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche 2 beschimpft, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte 30 beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. - § 167. Wer durch eine Thätlichkeit oder Drohung jemand hindert, den Gottesdienst einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft auszuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte durch Erregung von Lärm oder Unordnung den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstliche 35 Verrichtungen einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich verhindert oder stört, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.

1 Dieser 2. Absatz hinzugefügt durch RG v. 26. Febr. 1876 (RGBI 1876 Nr. 6, S. 28). 2 Als Einrichtungen der christlichen Kirchen sind anerkannt: Christusverehrung: Entscheidung des Reichsgerichts v. 8. Nov. 80; d. apostol. Glaubensbekenntnis: RGer., 30. Nov. 81; die Reichung des Abendmahls, die Verkündung des Evangeliums durch die Predigt: RGer., 23. Dec. 81; die Sonntagsheiligung: RGer., 9. Nov. 86; Kirchenlieder u. Responsorien als Bestandteile des Gottesdienstes: RGer., 25. Okt. 89; d. kirchliche Ehe: München 25. Febr. 76; nicht: die zehn Gebote, RGer., 4. Febr. 95; die Bibel, RGer., 27. Juni 1907. — Als Einrichtungen d. röm.-kath. Kirche: d. Konzile: RGer., 31. März 80; d. Marienkultus: RGer., 8. Nov. 80 vgl. RGer., 5. Juli 86; d. Messe: Berlin 24. Mai 73, und zwar auch die von einem altkathol. Priester zelebrierte: Berlin 27. Sept. 76; d. Ablaß: Berlin 30. Juni 74; d. Cölibat: Berlin 23. Okt. 72; d. Mönchswesen: Berlin 29. Okt. 75; d. Priestertum: RGer., 8. Juni 75; die Orden, RGer. 27. März 1900; als Gebrauch d. röm.-kath. K.: d. Kultus d. Reliquienverehrung (d. heil. Rock zu Trier): RGer., 24. Nov. 91, RGer., 13. 20. Febr. 93; die bei kath. Beerdigungen üblichen Formen und Gebete: RGer., 28. Apr. 99; der Gebrauch des Weihwassers, RGer., 4. März 01. Als Einrichtungen der kath. Kirche gelten nicht: Die Person der Mutter Christi resp. ihre Anerkennung als Gottesmutter, RGer., 5. Juli 86; der Priesterstand, RGer., 8. Juni 95.

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583.

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c) 14. Abschnitt. Beleidigung. § 196. Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde, einen Beamten, einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf begangen ist, so haben außer den unmittelbar 5 Beteiligten auch deren amtliche Vorgesetzte das Recht, den Strafantrag zu stellen.

584.

d) 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 243. Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn 1) aus einem zum Gottesdienst bestimmten Gebäude Gegenstände gestohlen werden, welche dem Gottesdienst ge- 10 widmet sind.

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26. Abschnitt. Sachbeschädigung. § 304. Wer vorsätzlich und rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft, oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind. . . beschädigt oder zerstört, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu eintausend- 15 fünfhundert Mark bestraft.

27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen. - § 306. Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus bestraft, wer vorsätzlich in Brand setzt: 1) ein z u gottesdienstlichen Versammlungen bestimmtes

Gebäude.

29. Abschnitt. Uebertretungen.

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§ 366. Mit Geldstrafe bis zu sechzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1) wer den gegen die Störung der Feier der Sonn- und Festtage erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt.

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II. Altkatholizismus.
585.

1. Die Nürnberger Erklärung vom 26. August 1870.

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Stenogr. Bericht üb. d. Verhandlungen d. Katholiken-Congresses v. 22. bis 24. Sept. 1871 in München, M 71, IV sq.: HREINKENS, Ursprung, Wesen u. Ziel d. Altkatholizismus, Hdlb 83; JFRIEDRICH, Ignaz v. Döllinger III, M 01, 547 ff.; JFRV SCHULTE, D. Altkatholicismus, Gi 87, 14 ff.; die Namen der Unterzeichner ebend. 103; LKGOETZ, D. gesch. Stellung u. Aufgaben d. 30 dtschen Altkatholizismus+, L 96; TH WEBER, D. Stellung d. Altkatholizismus z. röm. Kirche, Go 04.

Wir sind der Ueberzeugung, daß ein längeres Schweigen gegenüber den infolge der Majoritäts-Beschlüsse der Vatikanischen Bischofsversammlung vom 18. Juli 1870 durch die Bulle,,Pastor aeternus" kundgemachten päpstlichen Dekreten weder uns ziemt, noch zum Nutzen der Kirche gereichen kann.

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In dem dritten Kapitel dieser ,,Constitutio dogmatica prima de ecclesia Christi" wird als Glaubenssatz aufgestellt: der römische Bischof habe nicht bloß das Amt der Oberaufsicht und der höchsten Leitung über die Kirche, sondern sei Inhaber der ganzen Machtfülle und besitze über alle Kirchen und jede einzelne, über alle Kirchenvorsteher und jeden einzelnen und über jeden Christen die ordentliche und unmittelbare Gewalt. 40 Im vierten Kapitel wird gelehrt: es sei von Gott geoffenbarter Glaubenssatz, daß der römische Bischof als Lehrer für die ganze Kirche (,,ex cathedra") in Gegenständen des Glaubens und der Sitten die der Kirche von Christus verheißene Unfehlbarkeit besitze, und daß deshalb derartige Entscheidungen irreformabel seien aus sich selbst, nicht aber auf Grund der Zustimmung der Kirche.

Diese Sätze vermögen wir nicht als Aussprüche eines wahrhaft ökumenischen Konzils anzuerkennen; wir verwerfen sie als neue von der Kirche niemals anerMirbt, Quellen. 3. Auflage. 28

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kannte Lehren. Von den Gründen, deren streng wissenschaftliche Ausführung vorbehalten wird, machen wir folgende namhaft.

1. Eine Konstatierung der Lehre der Kirche über diese Punkte ist auf der Synode zufolge der Verheimlichung vor ihrer Eröffnung, sowie durch Verhinderung vollständiger 5 Zeugnisabgabe und freier Meinungsäußerung mittelst vorzeitigen Schlusses der Debatte nicht erfolgt. Damit ist die wesentliche Aufgabe eines ökumenischen Konzils bei Seite gesetzt worden.

2. Jene Freiheit von jeder Art moralischen Zwangs und jeder Beeinflussung durch höhere Gewalt, welche zum Wesen eines ökumenischen Konzils gehört, ist auf dieser Ver10 sammlung nicht vorhanden gewesen, unter Anderem: a) weil der Versammlung von dem Papste im Widerspruche mit der Praxis der früheren Konzilien eine die Freiheit hemmende Geschäfts-Ordnung auferlegt, trotz Protestes einer großen Anzahl von Bischöfen belassen, und nachher wiederum ohne Zustimmung der Versammlung modifiziert und gegen den abermaligen Protest aufrecht erhalten wurde; -- b) weil in einer erst zu entscheidenden 15 und den Papst persönlich betreffenden Lehre durch die mannigfaltigsten dem Papst zu Gebote stehenden Mittel ein moralischer Druck auf die Mitglieder ausgeübt worden ist.

3. Wenn bisher stets in der Kirche als Regel gegolten, daß nur das immer, überall und von Allen Bekannte Glaubenssatz der Kirche sein könne1, so ist man auf der Vatikanischen Versammlung von diesem Grundsatze abgewichen. Der bloße Bruchteil einer 20 Bischofsversammlung hat gegen den beharrlichen und noch zuletzt schriftlich erneuerten Widerspruch einer durch ihre Zahl sowohl als durch die Dignität und den Umfang ihrer Kirchen überaus gewichtigen Minorität eine Lehre zum Dogma erhoben, von der es notorisch und evident ist, daß ihr von den drei Bedingungen keine, weder das Immer, noch das Ueberall, noch das von Allen, zukomme. In diesem Vor25 gange liegt die tatsächliche Anwendung des völlig neuen Satzes, daß als göttlich geoffenbarte Lehre eine Meinung erklärt werden könne, deren Gegenteil bis dahin frei gelehrt und in vielen Diözesen geglaubt wurde.

4. Indem das dritte Kapitel gerade die ordentliche Regierungsgewalt in den einzelnen Kirchensprengeln, welche nach katholischer Lehre den Bischöfen zukommt, auf den 30 Papst überträgt, wird die Natur und Wesenheit des Episkopates als göttlicher, in dem Apostolate gegebener Institution und als integrierenden Bestandteiles der Kirche alteriert, beziehungsweise völlig zerstört.

5. Durch die Erklärung, daß alle an die ganze Kirche gerichteten doktrinellen Aussprüche der Päpste unfehlbar seien, werden auch jene kirchenpolitischen Sätze und Aus35 sprüche älterer und neuerer päpstlicher Erlasse für unfehlbare Glaubensnormen erklärt, welche die Unterwerfung der Staaten, Völker und Fürsten unter die Gewalt der Päpste auch in weltlichen Dingen lehren, welche über Duldung Andersgläubiger und Standesrechte des Klerus Grundsätze aufstellen, die der heutigen Gesellschaft widersprechen. Hiermit wird das friedliche Einvernehmen zwischen Kirche und Staat, zwischen Klerus 40 und Laien, zwischen Katholiken und Andersgläubigen für die Zukunft ausgeschlossen.

Angesichts der Verwirrung, welche durch diese neuen Lehren in der Kirche jetzt schon eingetreten ist und sich in der Zukunft voraussichtlich noch steigern wird, setzen wir in jene Bischöfe, welche diesen Lehren entgegengetreten sind und durch ihre Haltung auf der Versammlung den Dank der katholischen Welt verdient haben, das Vertrauen 45 und richten zugleich an sie die Bitte, daß sie in gerechter Würdigung der Not der Kirche

1 Vincenz von Lerinum cf. oben Nr. 145.

und der Bedrängnis der Gewissen auf das baldige Zustandekommen eines wahren, freien und daher nicht in Italien, sondern diesseits der Alpen abzuhaltenden ökumenischen Konzils mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln hinwirken mögen“.

586.

2. Döllinger: Der Beruf des Altkatholizismus; der Jesuitenorden; Liguori (1874). Brief an Pfarrer Widmann zu Todtnau, 18. Okt. 1874: Iv Döllinger, Briefe u. Erklärungen über d. Vatican.-Dekrete, M 90, 104 ff. — GOETZ, Die gesch. Stellung d. deutschen Altkatholizismus, L 96, 24 ff.; FRIEDRICH, DÖLLINGER III 617 ff.

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1. Was mich betrifft, so rechne ich mich aus Ueberzeugung zur alt katholischen Gemeinschaft, ich glaube, daß sie eine höhere ihr gegebene Sendung zu er- 10 füllen hat, und zwar eine dreifache: a) Zeugnis zu geben für die altkirchliche Wahrheit und gegen die neuen Irrlehren von der päpstlichen Universalmacht und Unfehlbarkeit; insbesondere aber auch als redender und permanenter Protest dazustehen gegen die heillose, von diesem Papst (d. h. Pius IX.) erst aufgebrachte Willkür in Verfertigung neuer Glaubensartikel. b) Ein zweiter Beruf der altkatholischen Gemeinschaft 15 ist es in meinen Augen, allmählich und in sukzessivem Fortschritt eine von Irrwahn und Superstition gereinigte, der alten noch unzertrennten mehr konforme Kirche darzustellen. c) Damit hängt zusammen ihr dritter Beruf, nämlich als Werkzeug und Vermittlungsglied einer künftigen großen Wiedervereinigung der getrennten Christen und Kirchen zu 20 dienen. Ein Anfang dazu, wenn auch noch ein kleiner 1, ist vor einigen Wochen in Bonn gemacht worden. Ich vertraue auf den Fortgang dieses Friedenswerkes.

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2. Ich habe durchaus keine Hoffnung, daß unter dem nächsten oder einem der nächsten Päpste irgend etwas im Großen und Wesentlichen gut gemacht werde, und soviel ich wahrnehme, sind alle, welche den Zustand der römischen Kurie und des römischen 25 Klerus kennen, nach dieser Seite hin ebenso hoffnungslos als ich. In dieser ganzen Papstgemeinschaft in und außerhalb Italiens gibt es nur noch eine einzige treibende Kraft, der gegenüber alles andere, Episkopat, Kardinäle, geistliche Orden, Schulen usw. sich passiv verhält, und das ist der Jesuitenorden. Er ist die Seele, der Be herrscher des ganzen römischen Kirchenwesens. Dies wird auch unter 30 einem neuen Papst wohl so bleiben, weil dieser Orden unentbehrlich ist und zugleich, ohne zu herrschen oder herrschen zu wollen, gar nicht existieren kann. Früher, vor 1773, waren in der Kirche mannigfache Gegengewichte da; die anderen Orden waren noch stark und lebenskräftig; jetzt sind die anderen Orden entweder machtlose Schatten oder halb willige, halb unwillige Trabanten des leitenden jesuitischen Gestirns, und die 35 römische Kurie muß, um Kurie zu bleiben, ihr kirchliches Monopol, ihre Geldmittel usw. zu bewahren, sich auf die Jesuiten stützen, d. h. ihnen und ihren Impulsen dienen. Die Jesuiten aber sind die fleischgewordene Superstition, verbunden mit Despotismus. Die Menschen beherrschen mittelst des ihnen dienstbar gewordenen Papstes das ist ihre Aufgabe, ihr Ziel, ihre mit Meisterschaft geübte Kunst. 40 Daher das Streben, die Religion zu mechanisieren, das sacrificio dell' intelletto, das sie anpreisen, die Seelendressur zu unbedingtem, blindem Gehorsam usw.

Wie es aber jetzt, seit dem 18. Juli 1870, in der römischen Gemeinschaft aussieht

1 Unions-Konferenz in Bonn, 14.-16. Sept. 1874, vgl. Bericht über die Unions-Konferenzen, hrsg. v. FRHREUSCH, Bonn 74.

2 Ueber das Finanzwesen der Kurie unter Pius IX. u. Leo XIII. cf. Spectator 43. Brief, Beil. z. Münchener Allgem. Zeitung, Nr. 1, 2. Jan. 1901.

und was für die nächste Zeit zu erwarten ist, mögen Sie daraus ersehen, daß das Monströseste, was je auf dem Gebiet der theologischen Lehre vorgekommen, ohne eine einzige dagegen laut werdende Stimme hat vollbracht werden können, ich meine die feierliche Proklamierung des Alfons Liguori zum Doctor ecclesiae1 also neben Augu5 stinus, Ambrosius usw., des Mannes, dessen falsche Moral, verkehrter Marienkult, dessen beständiger Gebrauch der krassesten Fabeln und Fälschungen seine Schriften zu einem Magazin von Irrtümern und Lügen macht. Mir ist in der ganzen Kirchengeschichte kein Beispiel einer so furchtbaren, so verderblichen Verwirrung bekannt. Und dazu schweigt alles, und in allen Seminarien wird die nachwachsende Generation des Klerus 10 mit diesen Büchern des Liguori vergiftet. Lange kann nun freilich ein solcher Zustand nicht dauern; es muß über kurz oder lang irgendwo eine Reaktion zum Besseren eintreten, aber dieses Wo und Wie ist eben unsern Augen verborgen.

Auf Ihre dritte Frage, was ich Ihnen zu tun rate, antworte ich: Folgen Sie Ihrer Ueberzeugung und lassen Sie sich nicht durch die 15 Vorwände der zu bewahrenden Einheit und des unbedingten Gehorsams betören, womit jeder Irrwahn und jede noch so starke Verunstaltung der Religion beschönigt wird. Was wir in diesem elenden Zustande tun können und tun sollen, ist: Zeugnis abzulegen vor Gott und der Welt, der von uns erkannten Wahrheit die ihr gebührende Ehre zu geben. Der allgemeine Indifferentismus, die bloß 20 auf die eigene Bequemlichkeit bedachte, stumpfsinnige Haltung des Klerus hat dieses Unheil des Vatikanum über uns gebracht. Je größer die Zahl der Bekennenden und von der falschen Lehre und Obedienz sich Lossagenden wird, desto höher steigt die Hoffnung einer Genesung.

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3. Preussisches Altkatholikengesetz.

Gesetz, betr. d. Recht d. altkath. Kirchengemeinschaften a. d. kirchl. Vermögen v. 4. Juli 1875, GS S. 333. SCHULTE, Altkatholicismus 475 ff.

§ 1. In denjenigen katholischen Kirchengemeinden, aus welchen eine erhebliche Anzahl von Gemeindemitgliedern einer altkatholischen Gemeinschaft beigetreten ist, 30 wird die Benützung des kirchlichen Vermögens im Verwaltungswege bis auf Weiteres nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geordnet.

§ 2. Der altkatholischen Gemeinschaft wird der Mitgebrauch der Kirche und des Kirchhofs eingeräumt. Sind mehrere Kirchen (Kapellen usw.) vorhanden, so kann eine Gebrauchsteilung nach bestimmten Objekten verfügt werden.

35 Die nämliche Gebrauchsteilung findet bezüglich der kirchlichen Gerätschaften statt. Ist der altkatholischen Gemeinschaft die Mehrheit der Gemeindeglieder beigetreten, so steht der Gemeinschaft der Mitgebrauch der Kirche in den zur Abhaltung des Hauptgottesdienstes herkömmlich bestimmten Stunden, bei mehreren Kirchen der Gebrauch der Hauptkirche zu.

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§ 3. Tritt ein Pfründeninhaber der altkatholischen Gemeinde bei, so bleibt er in Besitz und Genuß der Pfründe.

Bei Erledigung der Pfründe wird dieselbe im Fall des § 2 Absatz 3 der altkatholischen Gemeinschaft überwiesen.

Sind mehrere Pfründen vorhanden, so kann bei deren Erledigung mit Rücksicht 45 auf das Zahlenverhältnis beider Teile eine Genußteilung nach bestimmten Pfründen verfügt werden.

1 vgl. oben Nr. 512.

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