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Verdienste erwarb sich dadurch Franziskus und sein Orden um die Kirche: aber die guten Absichten eines Heiligen trüben sich oft gar sehr in dem Herzen derjenigen, welche in seinem Namen zusammenLeben. 1) Der Leser möge nachsehen, was ich in der Geschichte Bonifazens VIII. über das unbescheidene Benehmen des Bruders Jakopone von Todi und über die Thorheiten der Fraticellen gesagt habe, Mönche, welche von der Tugendhaftigkeit des Franziskanerordens sehr ausarteten.

Ich habe dasjenige, was die Fraticellen - von blindem Eifer und Liebe zur Armuth getriebenthaten und sprachen, Thorheiten. genannt; sie waren das auch. Aber diesen Thorheiten lag etwas Logisches, Vernunftmäßiges zu Grunde, in Folge des Prinzips der evangelischen Selbstverleugnung, von welchem sie ausgingen. Der Leser möge sich nur an die subtilen Fragen erinnern, welche die Minoriten aufbrachten, um zu wissen, ob Christus und die Apostel etwas insgemein und privatim besessen hätten, und wie die päpstliche Auktorität Johannes XXII. sich ins Mittel legen mußte, um die Frage bejahend zu beantworten. Es lag darin etwas Logisches; denn unter den Verfechtern dieser strengen Meinung befand sich auch der berühmte engländische Doktor, Wilhelm Okkam, der sicherlich nicht so ungebildet war, als der Bruder Jakopone.

Die Sekten, die Häretiker, die Fragen, welche sich mit so großer Hiße auf derselben Universität Paris herumtrieben, wiesen auf einen Anstoß hin, welcher das Räsonnement der Menschen zur Untersuchung der Strenge des klerikalischen Lebens hintrieb. Und weil solche Fragen von den Minoriten, welche mit den untersten Schichten des Volkes in Berührung kamen, ventilirt wurden, so wurde die Untersuchung, ob es recht sei, daß die Kleriker solche Reichthümer besitzen, ein durch den Eifer der Franziskaner fühlbar gemachtes Bedürfniß. Die Fragen über das Wesen einer Gewalt können sich für eine bestimmte Zeit in der reinen Sphäre der Spekulationen halten; aber jene, welche das Eigenthum berühren, fallen sogleich in die Realität und praktische Anwendung herab. Besaßen die Kleriker mit Unrecht Vermögen, so war es nur eine

1) Der hl. Franziskus sagt selbst: „Sie dürften Andere, welche weichlicher lebten, weder richten, noch verachten, Gott stehe über Allen. Sie würden Aufnahme, wie Abweisung erfahren; beides sollten sie mit Demuth und Geduld hinnehmen, und des Lohnes sich getrösten, welchen Gott Allen ertheile, die treu das übernommene Gelübde bewahrten.“ Vgl. Ughelli, It. sacr., I, 61 bei Fr. Hurter, Gesch. Innocenz III, IV. Band, S. 247. (Anm. d. Nebf.)

Konsequenz, daß das Besißthum, welches die Bedürfnisse der Kirche überstieg, wie die Flüsse des irdischen Paradieses, das Land der Armen erquicken sollten und ein neues Recht des Kommunismus und der Gleichheit im Genusse der Güter dieser Erde geschaffen werden mußte. Wie sonach die Völker, wegen des Schisma's über die Gewalt räfonnirend, die erhabensten Probleme über die politische Ordnung schufen, in gleicher Weise brachten sie wegen der, durch die Reichthümer herbeigeführten, Korruption der Kleriker das Eigenthumsrecht untersuchend, die Fragen über die soziale Ordnung auf. Es ist wahr, man sprach auf der Synode von Konstanz nicht von den Reichthümern, sondern von der Nothwendigkeit der Reform an Haupt und Gliedern: aber die Nothwendigkeit derselben war eine Folge der schlechten Sitten, und diese eine Konsequenz von den übermäßigen Reichthümern, welche zu der schlimmen Leidenschaft, sie zu erwerben und zu erhalten, führten. Die Simonie war der häßliche Wurm, der die Kirche im Innersten ihrer Eingeweide benagte. Die Guten verlangten Reform mit be= scheidenen Thränen, die Häretiker verkündigten sie zur eigenen Rechtfertigung; die Völker aber, durch einen gewissen logischen Trich in die Mitte gestellt zwischen die Häretiker und die Guten, baten, forderten, und bereiteten mit der Gewalt ihres Syllogismus die Reformen nicht bloß in der kirchlichen, sondern auch in der bürgerlichen Gesellschaft

vor.

Der Anklang der Häretiker vom 13. bis 16. Jahrhundert läßt sich ohne den genannten Instinkt nicht begreifen.

Die reformatorischen Theorieen all' jener Häretiker fanden ihre konkrete Gestaltung durch Wikleff, Johannes Hus und Martin Luther: und wenn einmal eine Theorie tief in der Ueberzeugung eines Volkes wurzelt, so zieht dieses gleich die Beweismittel der Gewalt herbei. Wikleff bereitete die Religionskriege in England, Hus die in Böhmen, Luther die in Deutschland vor. Dieses waren die Gründe, warum das Zeitalter der Völker im sechszehnten Jahrhundert so blutig wurde.

Hieraus kann man, wie mir scheint, nicht ohne Grund erschließen, wie seit dem vierzehnten Jahrhundert die üble Lage des römischen. Pontifikats die Völker dazu trieb, über zwei wichtige Dinge zu räsonniren: über die Gewalt nämlich und das Eigenthum, Näsonnements, │welche bis da leise auf einzelnen Wahrheiten ruhend, nun durch das Urtheil der Universitäten sanktionirt wurden, und bald mit reißender Schnelligkeit die Menge durchdringend mit der Schärfe des Schwertes in die Geister sich eingruben, und bei der durch sie verursachten Bewegung in dem Bewußtsein bestimmte Ueberzeugungen zurückließen, welche die Elemente

wurden, aus denen sich das moderne öffentliche Recht bildete. Der Same zu solchen Näsonnements war freilich viel früher gelegt und allein schon in der göttlichen Komödie finden wir ihn in reicher Fülle. Aber die Achtung vor den höchsten Schlüffeln hielt die Gährung der Geister in stillen Herzen verschlossen, welche nur bei den erbitterten Angriffen, deren Grund die städtischen Unglücksfälle waren, wie ein Bliz hervorleuchtete. Die Päpste legten allerdings diesem unbändigen Vernünfteln Zügel an: aber seitdem sie wegen des Schisma's nicht mehr die frühere Gewalt besaßen, erglühte die Gährung von Neuem, brach in helle Flammen aus, und glaubte in den freisinnigen Diskussionen zu Konstanz die Vormauer eines Rechtes zu finden. Vom Anfang des vierzehnten bis zum fünfzehnten Jahrhundert räjonnirte man, und in Konstanz wurden diese Näsonnements santionirt.

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Aber nicht allein die Sanktionirung des Beispiels und der Auktorität war es, was den Völkern den Muth gab, in die Geheimnisse der politischen und sozialen Ordnung hineinzublicken, sondern auch eine gewisse Art von Lehre und Anleitung: felsenfest zu halten an einer Idee, sie aus ihrer übernatürlichen Region herab in's Leben einzuführen, und ihr Selbstständigkeit zu verschaffen; so daß der Mensch für sie aus seiner Beschränktheit heraus in die Schranken tretend, nun selbst nicht durch die Gewalt, wo man sie gegen ihn anwenden wollte, sich mehr beugen ließ. Johannes Hus, Hieronymus von Prag waren hartnäckige Häretiker in der Kirchengeschichte, aber auch in der bürgerlichen Geschichte Männer, welche den menschlichen Geist zum hartnäckigen Festhalten an dem einmal gefaßten Gedanken in ärgerlicher Weise heranzogen. Der Kleriker und Christgläubige betrachteten sie freilich mit Rücksicht und vom Standpunkt der Häresteen aus, welche sie verkündigten, und sprachen das Anathem über sie: der ge= wöhnliche und einfache Mensch aber betrachtete sie von Seite des Prinzips, nämlich des festen Bekenntnisses dessen, was sie für wahr hielten, und nannte sie starkmüthig.

Da nun wie bemerkt worden, die Häresieen, welche vom dreizehnten bis sechzehnten Jahrhundert die Kirche betrübten, in viel fachen Wechselbeziehungen zu dem, was ich Fragen über die politische und soziale Dekonomie genannt habe, standen, so geschah es, daß die Gestalten der beiden, auf dem Scheiterhaufen sterbenden, Böhmen

nicht durch den Tod bewältigt und ausgelöscht wurden, sondern tief den Phantasieen der Völker gerade zu der Zeit sich einprägten, als diese sich fragten: „was denn Gewalt und Eigenthum seien?“ Johann Ziska im Husitenkriege und jener langwierige dreißigjährige Krieg in Deutschland können in der Geschichte die Wahrscheinlichkeit meiner Behauptung erhärten.

Wenn mich nun Einer fragen würde: wo findet sich das, was du Räsonnements der Völker nennst, und auf wessen Lippen ertönten sie in der Geschichte? — so antworte ich: sie ertönten auf den Lippen der Universitäten. Wenn ich Räsonnements der Völker gesagt, so habe ich auf den logischen Prozeß des menschlichen Wissens hingewiesen, welches in Anbetracht der Thatsachen nackt und leer bleibt: dieses Wissen bildet sich nur durch die Vernunft. Das Wissen der Kirche aber, als einer auf ein übernatürliches Ziel gerichteten Gesellschaft, bildet sich nicht durch die Vernunft, sondern durch die Kraft des Glaubens und drückt sich nur durch ihre Diener aus, welche zwar einen vernunftgemäßen Gehorsam gegen die Glaubenswahrheiten verlangen, gleichwohl aber in Bezug auf die Mysterien unseres Glaubens jeder rein rationellen Aktion durch die zwei Worte den Weg versperren:,,Haec dicit dominus!"- das Wissen der Menschheit aber, als einer zwar auch auf ein übernatürliches Ziel gerichteten Gesellschaft, welche jedoch, wie ich gesagt, darauf angewiesen ist, ihre Macht in der natürlichen Ordnung zu entwickeln, bildet sich durch die Vernunft und nicht durch den Glauben und findet gleichsam in einem spontanen Ausströmen (Exalation), welches wohl disziplinirt, aber nicht abgebrochen werden kann, seinen Ausdruck. Das, was ich Ausströmung (Eralation) des menschlichen Wissens nenne, ist so alt als die Welt, wird aber nur dann fühlbar und fällt in die Augen, wenn es eine bestimmte Form annimmt, durch welche ihr die Kraft zur Thätigkeit eder gar zur Herrschaft mitgetheilt wird. Damals waren die Universitäten die Form, in welcher das menschliche Wissen als Frucht der Bernunft seine konkrete Gestalt erhielt. Im Namen der Wissenschaft und nicht des Glaubens versammelt, war, das der natürlichen Erkenntniß Erreichbare, das Ziel, auf welches ihre Verbindung gerichtet war. Ihre Glieder wollten nicht untersuchen, was der Mensch unendlich (mit Rücksicht auf Gott) betrachtet, an sich, sondern was und wer er als zeitlich- und räumlich-begränztes Wesen sei; während daher die Diener Gottes die durch irdische Uebel heimgesuchten Menschen damit trösteten, zu hoffen, und zugleich übernatürliche Güter in Aussicht stellten, so zählten dagegen jene die Stadien ihres natürlichen

Lebens, lauschten den Schlägen ihres Herzens, und den Gedanken ihres Geistes und mit ihrer ganzen moralischen Physiologie vertraut, wogen sie auf der Goldwage der Logik die Gründe für ihr Leben und für ihren Tod ab. Aus diesem Grunde wandte sich die Menschheit beim Wiedererwachen eines rationellen Bewußtseins nicht den Dienern des Uebernatürlichen zu, um sich diesen anzuvertrauen, sondern den Dienern des Natürlichen, den Philosophen, und diese meldeten sich derselben im fünfzehnten Jahrhunderte vermittelst der Universitäten an. Die Gesetze, nach welchen diese moralischen Personen sich bildeten und regierten, hatten die Sanktion der Kirche und der weltlichen Gewalt; daher war ihre wissenschaftliche Magistratur gefeßlich anerkannt. Die Könige und die Päpste nahten sich oft den Thoren der Universitäten, um den Ausspruch der Vernunft zu verlangen, damit er den der Gewalt unterstütze: und an das Konzil von Konstanz schrieben die Universitäten von Paris, Prag und Orford mit der Unterwerfung eines Gläubigen, aber zugleich mit der Festigkeit einer bereits konstituirten wissenschaftlichen Macht. Auf den anderen Konzilien erschienen die Doktoren auch, jedoch bloß, um mit ihrem Rathe zu unterstützen: niemals aber die Universitäten. Auch sie gaben bloß Rathschläge; aber ihr Rath bekam eine gewisse Auktorität, mit der sich natürlicherweise nur eine Korporation umkleidet, und die sich eine Einzelperson nie verschaffen kann. Dazu kommt noch, daß seit der Gründung der Universitäten der Titel: „Doktor“ einen Mann bezeichnete, welcher um seiner wissenschaftlichen Bildung willen nicht bloß allgemein von den Menschen als solcher (nämlich als gelehrt) angesehen wurde, sondern zugleich einen Mann, welcher die Sanktion seiner Wissenschaftlichkeit durch das Urtheil einer Universität erhalten hatte, ich meine durch die Grade, welche von ihr ausgetheilt wurden. Aus diesem Grunde hatten die Universitäten eine doppelte Macht; die eine ruhte nämlich in der Korporation an sich und die andere in denjenigen, welche eine solche Korporation für tüchtig erklärt hatte, die Wahrheit entscheiden zu können.

Aus den angeführten Umständen erhellt klar, wie das Wissen und das Bewußtsein der Völker im fünfzehnten Jahrhundert durch die Universitäten und Doktoren nur zu sehr sich manifestiren konnte,Umstände, durch welche das Konzil von Konstanz ein von den früheren Kenzilien wesentlich verschiedenes Aussehen erhält. Es steht über allem Zweifel, daß diese Verschiedenheit aus dem Schisma stammte, welches unmöglich gehoben werden zu können schien, ohne daß die

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