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Die unvermuthete Uebermacht der weltlichen Gewalt, das ghibellinische Phantom der Italiener, warf das römische Pontifikat zu Boden und das bürgerliche Gemeinwesen blieb nun, wie ein des Geistes beraubter Körper, zurück; sobald sich daher in seinen Gliedern das Leben wieder zu regen begann, waren Gedanken und Gefühle verwirrt und ungezügelt. Der Streit der Elemente, welche die neue Bildung vorbereiteten und gebaren, nahm das Aussehen eines großen Sturmes an, der keine bestimmte Nichtung nimmt, sondern die Wellen jezt aufthürmt, jezt hinabschleudert, um alles Lebendige darin zu begraben. Die weltliche und die geistliche Gewalt hatten bis zu dieser Zeit wohl auch im Wettkampfe und Streite mit einander gelegen, jedoch durch ein Gesetz gezügelt, das, mittlerweilen die Völker hinund herwogten, ihnen zur Regelung der sozialen Bewegung etwas Unwandelbares entgegenstellte, mit einem Worte: es gab damals ein öffentliches Recht. Nachdem aber in den Geistern der Völker die Idee des römischen Papstthums, welches die Quelle und höhere Weihe dieses Rechtes war, verfälscht worden, mußte düstere und wilde Verwirrung in dem Leben der Völker Platz greifen, bis daß ein neues Recht an die Stelle des alten gesezt war. Die erste Folge jener verfälschten Idee war die Uebersiedelung des päpstlichen Stuhles nach Avignon. Es war durch das öffentliche Recht dieser Zeiten entschieden, daß die päpstliche Gewalt der weltlichen nicht bloß gleich

von dem Glauben der Kirche geleitet, findet er den Weg zur Glorie des Paradieses der Seligen. Wahrlich, weniger um der Innigkeit willen, mit der er Franceska's und Paolo's Liebe schildert, weniger wegen der plastischen grauenhaften Wahrheit, mit der er uns an Ugolino's Hungerqualen Antheil nehmen läßt, als weil die göttliche Komödie jedem Streben, jeder Leidenschaft der Zeit eine Stimme lich, wurde sie selbst stückweise, noch che der Dichter sein Werk vollendet hatte, Zeile für Zeile Gesammteigenthum des Volkes, und wenn die Interessen des lebenden Geschlechtes sich dem unsterblichen Gedichte mit noch nie erreichtem Eifer zugewandt haben, so ist es geschehen, weil eben jene Fragen wieder vorwaltend alle Geister beschäftigen, Aller Herzen bewegen.“ Man sehe das sehr gehaltreiche Schriftchen: „der katholische Tendenz roman in Italien. Vortrag von Karl Witte, Prof. in Halle, (gehalten zu Berlin, 21. Jan. 1854), Berlin 1854," S. 8-10. Sehr lesenswerth ist auch nach dieser Hinsicht: F. Ch. Schloffer: „Briefe über das Paradies von Dante's divina Comoedia," in dessen „Archiv für Geschichte und Literatur, Frankfurt 1830, L. Bd. S. 107-129, II. Bd. S. 133 bis 161, und in demselben Archiv, IV. Bd.: „Einleitung in die divina comoedia, nach Rossetti, nebst einem Anhange über Witte's Ausgabe von Dante's Briefen," S. 1-67, Tosti, storia di Bonifazio VIII. etc. Napoli 1846 vol. II. p. 102. sq., das Beste und Gründlichste endlich im Bereiche der sehr umfangreichen „Danteliteratur“ gibt wohl Dr. Fr. Wegele: Dante's Leben und Wirken, kulturgeschichtlich dargestellt, Jena 1852, S. 254 ff. (A. d. Uebers.)

berechtigt gegenüber, sondern sogar über derselben stehe; und wie durch diese Uebersiedelung der Hof der Päpste in das Reich eines Königs eingeschlossen war, so schien auch ihre Gewalt von der königlichen absorbirt und zerstört. Die Gewalt ist eine absolute Kraft, welche nur durch die Thätigkeit der mit ihr bekleideten Personen und durch die Regierungsformen relativ und sichtbar wird. Unter diesen Formen gibt es aber einige, die das Wesen der Gewalt selbst berühren; sind sie verlegt, so verschließt sich die Gewalt in das Absolute ihrer Natur, und wird, um mich so auszudrücken, für denjenigen, der sie verwaltet, wie für die, auf welche sie sich erstreckt, unsichtbar. Die hauptsächlichste unter diesen Formen war aber immer die Residenz der Päpste zu Rom. Eine von Gott stammende Gewalt, welche sich bloß durch die Reihenfolge der römischen Bischöfe fortseßt, welche nicht unmittelbar wie dem Hl. Petrus von Christus selbst verliehen wird, gründet ihre Unversehrtheit auf den Beweis der Nachfolge von allen denjenigen Bischöfen, welche Nachfolger des ersten Bischofs des Hl. Petrus gewesen sind. Das Papstthum aus Rom verweisen, war also nichts Anderes, als es weniger sichtbar machen, es in seinem Wesen verlegen und das Kriterium der Gewißzheit, welches die Gläubigen von ihm haben mußten, vernichten. Es waren jene, welche von Avignon aus die Kirche regierten, wahre Päpste, weil sie wahre Bischöfe von Rom waren; aber der Umstand, daß man den Papst nicht mehr auf seinem gewöhnlichen Size erblickte, machte das Band, welches ihn und den Gläubigen umschlang, ein Band, das durch die Form der Residenz zu Rom sichtbar war, - lose und schwach; und wie es unmöglich gewesen wäre, die Völker plötzlich zum Glauben an eine neue geistliche Gewalt, welche nicht die päpstliche gewesen, zu erziehen, ebenso unmöglich war es, sie zu einem neuen Kriterium für die Erkenntniß der alten Gewalt zu bewegen. Um dieses zu bewerkstelligen, hätte man eine neue Form schaffen müssen, welche dieselbe manifestirt hätte, und welche das Band der Verbindung des Gläubigen mit dem Papstthume gewesen wäre. Und wer konnte diese schaffen, wer ihr, nachdem er sie geschaffen, die Weihe von 13 Jahrhunderten geben, und sich die willige Annahme von Seite der Völker verbürgen? Ich sage es noch einmal: wahre Päpste waren die von Avignon; aber nachdem die Form, welche unmittelbar die päpstliche Gewalt berührte, zerstört war, zog sich das Papstthum in das Absolute seiner Natur zurück und wurde gleichsam unsichtbar.

Wenn eine Gewalt, welche durch die Zerstörung einer Form, die sie so nahe berührt, den Verlust ihrer Sichtbarkeit erleidet, so ergeben

sich drei Folgen: Die Störung der Handhabung der zu ihrer Fortpflanzung nothwendigen Mittel, das matte Bewußtsein von ihr seitens ihrer Träger, und das Erkalten des Glaubens von Seite derjenigen, welche von dieser Gewalt regiert werden. Die erste Folge erzeugte das Schisma, die zweite und dritte die Korruption der Häupter und das Verderbniß der Untergebenen. Diese zwei Mißstände drangen mit der reißenden Schnelligkeit, mit der ein solches Prinzip zu seinen. Folgen forttreibt, in Folge der Uebersiedelung des päpstlichen Sizes nach Avignon in die Kirche ein. Darum beängstigten bis zum Konzil von Trient zwei große Leiden die Kirche: das Schisma und das Bedürfniß nach der Reform. Da aber das Schisma nur eine Abfolge von der Untreue gegen Gesetz und Herkommen war, so reduzirten sich auch die Bedürfnisse der Kirche und des bürgerlichen Gemeinwesens eigentlich nur darauf, daß man zum alten Gesetz wieder zurückkehre, und von allen Seiten erhob sich der Ruf nach Reform. Schrecklicher Ruf, weil er von einer Vorsehung herkommt, welche andeutet, daß ihre Absichten gereift seien! Aber von welchen Händen mußte der Anstoß ausgehen, welcher die Geister unter das Joch der Ordnung beugen sollte, wenn nicht von denjenigen, welche den Schatz des Glaubens mittheilten und von einem ewigen Rechte wußten, das unverlegbar ist durch seine Natur und die religiösen Ueberzeugungen der Völker, das heißt: wenn nicht von den päpstlichen Händen? Es war eben deßhalb, obschon das Verlassen des göttlichen Gesetzes dem Schisma vorhergegangen, dennoch nothwendig, daß man zuvor das eingewurzelte Uebel des Schisma ausreutete, um dann erst den Nerv der kirchlichen Disziplin wieder zu beleben.

Zwei große Konzilien begegnen uns, welche diese Schäden zu heilen suchten: das von Konstanz und das von Trient. In jenem war, weil das persönliche Recht der Päpste in der Schwebe und ungewiß war, die Besprechung über die höchsten Wahrheiten des religiösen und staatlichen Lebens der Völker frei, geräuschvoll und ganz neu: in diesem wurden, weil jenes Recht anerkannt und gewiß war, jene Wahrheiten sanktionirt, und man verhandelte bloß über Gegenstände des Glaubens und der Sitten, in strenger Abgränzung des Thatsächlichen. In jenem wankte die Tiare auf der Stirne der Päpste, welche den ungewohnten Richterspruch von verschiedenen Zungen, Völkern und Nationen erwarteten; in diesem saß sie fest wie ein Fels auf dem Haupte des die Menge richtenden Paul's III.

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In der Geschichte der Synode von Konstanz sind viele Blätter mit der Geschichte der Menschheit beschrieben; denn während der Papst

schwieg, bekannte diese die Fehler, die Wünsche und die Hoffnungen ihres Gewissens, und mit dem Aechzen einer gebärenden Frau sprach sie aus, daß sie mit etwas Großartigem schwanger gehe, mit dem Jahrhundert der Buchdruckerei. Ich glaube an die Vorsehung nach ihrer doppelten Offenbarungsquelle, nach jener ewigen, welche aus dem Buche des Evangeliums strömt, wie nach der andern, welche die, von den reißenden Gewässern des Stromes menschlicher Ereignisse aufgewühlte Erde befeuchtet, und die in glänzender und feierlicher Weise uns auf der Synode von Konstanz entgegentritt. Es war durch die Gesetze der römischen Kirche festgestellt, daß ein allgemeines Konzil nur vom Papste zusammengerufen, nur vom Papste präsidirt, nur vom Papste approbirt werden, und daß nur die Bischöfe, als die von Gott zur Leitung der Kirche Gesendeten, Siz und Stimmrecht darin haben können. Diese unerbittlichen Gesetze waren bis zu dieser Zeit bei allen Konzilien beobachtet worden; von ihrer Beobachtung hing die Nachhaltigkeit ihrer Beschlüsse ab.

Sobald nun die Form des römischen Papstthums, welche mit ihm ganz innig verbunden ist, zerstört, sobald es nach Avignon verlegt, die Kirche dem Schisma preisgegeben und geschändet ward von der Verdorbenheit des Klerus, beugten jene Geseze ihr Haupt, öffneten einem Kaiser, welcher einen richtbaren und zu richtenden Papst mit sich dahin führt, wie den Nationen, welche richten wollten, den Zutritt zu einem Konzil und die einzige Stimme eines Bischofs änderte sich in die Stimme einer Menge um.1) Wer doch entwaffnete jene Geseze, wer machte sie folgsam dem Drange der Zeiten und der Menschen? Niemand anders als die Nothwendigkeit, jene Stimme vernehmbar zu machen, welche die Diener des Heiligthums aus ihrem Schlafe rütteln, welche die Form der römischen Residenz wieder in's Leben rufen und den päpstlichen Händen jene Macht, die die Staatsgewalt in den Umkreis ihrer irdischen Krone als gefangen eingeschlossen hatte, wieder geben sollte. Wer nun aber im Schmerze und in den Aengsten einer Noth und eines Bedürfnisses spricht, kann die Ausdrücke seiner Gefühle nicht abmessen. Deßwegen wurde auf dem Konzil von Konstanz viel gesprochen und viel gethan, was den gerechten Verhältnissen der Hierarchie nicht entsprach, wohl aber denen einer bürgerlichen Republik, und große Probleme wurden verkündet, zu denen die Völker mit

1) Dieser eine Bischof war der Kardinal de Viviers. Vgl. den Verlauf dieser Geschichte, wie Mansi, coll. conc. tom. XXVII, p. 714, und Ell. Dupin, bibl. eccles., tom. XII. p. 19. (Anm. d. Uebers.)

der Waffe eines Syllogismus hinzutraten, der, durchhauen und aufgelöst, Blutvergießen bewirkt.

Dieses Umstandes wegen darf ein Buch, das die Konstanzer Verhandlungen enthält, nicht mit demüthig gebeugter Stirne hingenommen werden, gleichsam als wäre es beschüßt und sanktionirt durch die unerforschliche Vernunft und das Recht der Glaubensformel, — sondern es sell hingenommen werden als ein Buch, das dem Urtheile der Kirche unterliegt, welche die, durch die Ungunst der Menschen und der Zeiten verwundeten, Theile aus demselben auszuscheiden weiß. Der Gläubige hat diesen Urtheilsspruch abzuwarten; der Geschichtschreiber aber kann an der Hand des menschlichen Kriteriums diese Akten lesen, fragen und untersuchen, weil er darin nicht bloß die, von dessen Dienern entschiedene Sache Gottes suchen, sondern auch die Sache der menschlichen Generationen in der Manifestation ihres Lebens auskundschaften will; es läßt sich daher die Darlegung der Verhandlungen von Konstanz passend in zwei Theile zerlegen, wovon der erste den Glauben und die Disziplin behandelt, der andere aber auf die Thaten der Menschheit in dem Absoluten ihrer Natur, d. h. betrachtet in ihren Beziehungen zu den ewigen Gesezen des Logos, hindeutet. Damit wir uns zu dieser Darlegung den Weg bahnen, ist es nothwendig, die Thatsache der Versetzung des päpstlichen Stuhles nach Avignon, welche die der päpstlichen Gewalt wesentliche Form, nämlich die der Residenz zu Rom zerstörte, im Auge zu behalten, wie auch die beiden Uebel, welche daraus erwuchsen: das Schisma und die moralische Fäulniß des klerikalischen Lebens. Jene That wurde ausgeführt, als das öffentliche Recht bezüglich der Natur des Papstthums in seinen Beziehungen zu den Völkern und der weltlichen Gewalt, noch lebendig und kräftig war. Gerade deßwegen aber war sie von der Wirkung, daß die ganze menschliche Gesellschaft die Folgen davon zu fühlen hatte. Die Zeit, in der die Päpste statt zu Rom in Avignon lebten, war eine Art von moralischem Interregnum; wenn die Stimme dieser Päpste sich erhob, um zu entscheiden, Anatheme zu schleudern, und die Fesseln des Eides zu lösen, so war sie gleich dem Echo der Stimme eines Menschen, der um Hilfe bittet, nicht sie aber verspricht und befiehlt. Die bürgerlichen Zwistigkeiten, das Zerwürfniß der weltlichen und geistlichen Gewalt fanden keine Schranke mehr, an der sie einst sich brachen; das schwache Recht erhob sich zwar, ging aber allmälig unter, entweder durch raschen Triumph, oder durch mehrere, nach und nach erlittene Niederlagen von Seite der Gewalt.

Die Franzosen, die gewiß stolz waren auf die den 'römischen

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