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Diesem Grundsay soll weder seine Wahrheit, noch seine Wichtigkeit bestritten werden. Dennoch kann die herrschende Auffassung und Darstellung desselben als befriedigend nicht anerkannt werden, indem man ihn als allgemein anwendbar zu behandeln pflegt, während er nur für Eine Gattung von Rechtsregeln wahr, für eine andere Gattung aber völlig unwahr ist.

Auf den ersten Blick möchte man geneigt seyn, dem hier angedeuteten Gegensaß der Auffassungen eine größere Wichtigkeit beizulegen, als ihm in der That gebührt, indem man glauben könnte, die hier getadelte Behandlung der Sache müßte dahin führen, die vorkommenden praktischen Rechtsfragen großentheils irrig zu entscheiden. Dem ist aber nicht also. Wo ein so bedenklicher, einschneidender Erfolg zu erwarten wäre, der sich dann durch den Versuch einer strengen Durchführung von selbst als unmöglich darstellen würde, pflegt man dadurch abzuhelfen, daß man Ausnahmen des angeblich allgemeinen Grundsages behaup

Aber eben diese Aushülfe durch bloße Ausnahmen ist es, die hier völlig verworfen werden muß, welches unten ausführlich dargethan werden wird (§ 398). Und so muß ich bei dem erhobenen Widerspruch gegen die gewöhnlich angenommene Allgemeingültigkeit jenes Grundsages beharren, wenngleich diese irrige Annahme eine geringere Gefahr praktischer Folgen mit sich führt, als man glauben möchte.

Um nun das Gebiet, in welchem der angegebene Grundsag in der That anzuerkennen ist, näher zu begränzen,

muß ich auf den verschiedenen Inhalt der Rechtsregeln eingehen, mit deren möglichen Veränderungen wir uns in der ganzen hier vorliegenden Untersuchung zu beschäftigen haben (§ 383).

Eine erste Gattung von Rechtsregeln bezieht sich auf den Erwerb der Rechte, das heißt, auf die Verbindung eines Rechts mit einer einzelnen Person, oder auf die Verwandlung eines (abstracten) Rechtsinstituts in ein (persönliches) Rechtsverhältniß (a). Die Natur dieser Rechtsregeln und ihrer möglichen Veränderungen wird durch folgende Beispiele anschaulich werden. Wenn in einem Lande bisher das Eigenthum durch bloßen Vertrag veräußert und erworben werden konnte, ein neues Gesez aber zur Veräußerung die Tradition fordert, so betrifft die Veränderung der Rechtsregel lediglich die Frage, unter welchen Bedingungen der Einzelne Eigenthum einer Sache erwerben, also zu seinem Rechte machen kann. Eben so, wenn bisher alle obligatorische Verträge mündlich mit voller Wirkung geschlossen werden konnten, ein neues Gesez aber vorschreibt, daß bei einem Gegenstand, dessen Werth mehr als Funfzig Thaler beträgt, uur ein schriftlicher Vertrag flagbar seyn soll.

Eine zweite Gattung von Rechtsregeln bezieht sich auf das Daseyn der Rechte, also auf die Anerkennung eines Rechtsinstituts im Allgemeinen, welche stets vorausgesezt

(a) S. o. B. 1 § 4, 5.

werden muß, bevor von der Beziehung auf eine einzelne Person, oder von der Verwandlung eines Rechtsinstituts in ein Rechtsverhältniß, die Rede seyn kann. Auch die Regeln dieser Gattung sind wieder von zweierlei Art, die in ihrem Umfang verschieden, in ihrem inneren Wesen gleich sind, und daher in Beziehung auf unsere gegenwärtige Untersuchung völlig auf gleicher Linie stehen.

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Einige dieser Rechtsregeln betreffen das Seyn oder Nichtseyn eines Rechtsinstituts. Beispiele sind diese. Wenn in einem Staate bisher die Römische Sklaverei anerkannt war, oder die Germanische Leibeigenschaft, oder das Zehentrecht, und ein neues Gesez eines dieser Rechtsinstitute aufhebt, für unmöglich erklärt, ihm also den Rechtsschuß entzieht.

Andere unter diesen Rechtsregeln betreffen zwar nicht das Seyn oder Nichtseyn, wohl aber das So oder Andersseyn eines Rechtsinstituts, also, neben der allgemeinen Fortdauer, eine innere Umwandlung desselben. - Da= hin gehören folgende Fälle. Anstatt des Eigenthums mit strenger Vindication (nach Römischem Recht) verordnet ein neues Gesez, daß das Eigenthum gar nicht mehr durch Vindication, sondern nur durch Besizklagen und Obligationen geschützt werden soll. Anstatt des bisher unablöslichen Zehentrechts, verordnet ein neues Gefeß, daß jede Partei einseitig die Ablösung des Zehentrechts verlangen könne. Eben dahin gehört das bekannte Gesez Justinian's über das Eigenthum. Seit Jahrhunderten hatte ein dop

peltes Eigenthum bestanden, ex jure quiritium und in bonis. Durch ein neues Gesez hob Justinian diese zwei Arten auf, so daß künftig nur Ein Eigenthum, und zwar mit vollständiger Wirkung, bestehen sollte; in Verbindung damit hörte auch die bisherige Eigenthümlichkeit der res mancipi und des fundus Italicus auf.

Es muß aber wiederholt werden, daß beide zulegt erwähnte Arten der Rechtsregeln das Daseyn der Rechte betreffen, unter sich also ganz gleichartig sind, und daß wir keine Veranlassung haben, im Laufe der gegenwärtigen Untersuchung sie zu unterscheiden. Ihr natürlicher Unterschied wurde nur erwähnt, um es anschaulich zu machen, in welchem Umfang und wie mannichfaltig die das Daseyn der Rechte betreffenden Rechtsregeln zu denken sind, und um jedem möglichen Zweifel über diesen Umfang vorzubeugen.

Zu der hier dargestellten Unterscheidung von zweierlei Rechtsregeln, die den Erwerb, oder das Daseyn der Rechte betreffen, sind noch einige zusäßliche Bemerkungen nöthig (b).

(b) Damit nicht diese Klassification der Rechtsregeln, auf welcher die ganze folgende Untersuchung beruht, für unvollständig und unzureichend gehalten werde, ist gleich hier zu bemerken, daß die gegenwärtige Untersuchung beschränkt ist auf das materielle Privatrecht, also das öffentliche Recht

(insbesondere das Strafrecht), und das Prozeßrecht nicht in sich aufnimmt. Diese Einschränkung ist dieselbe, welche schon oben angegeben worden ist für die örtlichen Gränzen (§ 361. a), ja für das ganze gegenwärtige Rechtssystem (B. 1 § 1).

Was zuerst die Bezeichnung dieser zwei Gattungen von Regeln betrifft, so habe ich diejenige gewählt, welche vorzugsweise durch sich selbst verständlich zu seyn schien. Man könnte sie auch dadurch zu unterscheiden suchen, daß man die eine Gattung auf das Recht im subjectiven, die andere auf das Recht im objectiven Sinn bezöge (c). Oder so, daß die eine Gattung auf die bleibende Natur (das Permanente) der Rechtsverhältnisse bezogen würde, die andere auf das Bewegliche in denselben.

Die Gränze der beiden Gattungen von Rechtsregeln ist nicht überall unzweifelhaft, indem es bei manchen ungewiß erscheinen kann, ob sie der einen oder der andern Gattung angehören. Solche Zweifel sind nur durch genaue Erwägung des Sinnes und der Absicht neuer Geseze zu lösen (§ 398).

Die erste Gattung von Rechtsregeln wurde bezogen auf den Erwerb der Rechte; indessen ist darin auch der Verlust derselben, die Auflösung der Rechtsverhältniffe (ihre Abtrennung von der Person des bisherigen Inhabers) mit inbegriffen, und nur der Kürze wegen nicht mit ausgedrückt (d). In den meisten und wichtigsten Anwendungen fällt öhnehin Beides völlig zusammen; so bei der Veräußerung, der Usucapion, der Klagverjährung, der Auflösung einer

(c) S. o. B. 1. § 4. 5.

(d) Es hätte daher diese Gattung auch bezeichnet werden können als: Regeln für die juristi

schen Thatsachen (B. 3 § 104). Ich habe diesen Ausdruck als zu abstract lautend vermieden.

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