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tritt aber nun noch eine neue, von der bisher betrachteten verschiedene, obgleich damit verwandte, hinzu. Wir betrachteten bisher die Rechtsregeln als feftstehende, ohne Rücksicht auf mögliche Veränderungen derselben in der Zeit. Nun gehört es aber zu dem Wesen des positiven Rechts, daß dasselbe nicht als ein ruhendes, sondern als ein in steter Fortbildung und Entwickelung begriffenes, aufgefaßt werde (c), und damit wird ihm die Eigenschaft der Wandelbarkeit in der Zeit zugeschrieben. Ferner hat jedes unserer Beurtheilung vorliegende Rechtsverhältniß nothwendig seinen Entstehungsgrund in juristischen Thatsachen (d), die stets in einer, bald näher bald entfernter liegenden, Vergangenheit gedacht werden müssen. Da aber in der Zwischenzeit, von der Entstehung des Rechtsverhältnisses bis zur Gegenwart, Veränderungen im positiven Recht eingetreten sein können, so ist noch zu bestimmen, aus welchem Zeitpunkt wir die das Rechtsverhältniß beherrschende Regel zu entnehmen haben.

Aus dieser Betrachtung entsteht mithin eine neue Art von Gränzen für die Herrschaft der Rechtsregeln, und damit eine neue Art möglicher Collisionen, nicht minder wichtig und schwierig, als die vorher betrachteten Gränzen und Collisionen. In der früheren Betrachtung wurden die Rechtsregeln gedacht als gleichzeitige, ruhende, feststehende; in dieser späteren werden sie gedacht als ungleichzeitige,

(c) S. o. Bd. 1 § 7.

(d) S. o. B. 3 § 104.

durch Fortbildung verschiedene, successive. Zum Zweck einer kurzen und gleichförmigen Bezeichnung will ich folgende Ausdrücke gebrauchen:

Dertliche Gränzen der Herrschaft der Rechtsregeln.
Zeitliche Gränzen der Herrschaft.

Der zweite dieser Kunstausdrücke ist für sich klar. Die Rechtfertigung des ersten ist nur im Laufe der folgenden Untersuchung möglich.

Das gegenwärtige Werk hat zum Gegenstand das Römische Recht. In welchem Verhältniß nun steht das Römische Recht zu den hier aufgeworfenen Fragen? Wir müssen dafür ein zwiefaches, an sich verschiedenes, Verhältniß anerkennen.

Zunächst müssen wir für die Anwendung des Römischen Rechts auf bestimmte Staaten und Völker, im Verhältniß zu anderen positiven Rechten, auf jene Fragen eingehen, wenn wir ihm irgend eine praktische Geltung sichern wollen. Dieses Bedürfniß würde unabweislich sein, selbst wenn die Römischen Juristen an jene Fragen nie gedacht, sich damit niemals beschäftigt hätten. Zweitens aber haben die Römer in der That diese Fragen behandelt, und wir müfsen daher ihre Aussprüche über dieselben aufsuchen und feststellen. Obgleich nun diese Aussprüche zum Theil einseitig und mangelhaft sind, auch nicht überall auf unmittelbare Anwendung Anspruch haben können, selbst da, wo wir die Geltung des Römischen Rechts im Allgemeinen anzunehmen berechtigt sind, so ist dennoch die Feststellung

derselben von großer Wichtigkeit. Sie ist es schon deshalb, weil die Lehre der neueren Schriftsteller, und die damit zu= sammenhängende Praris, großentheils auf den Aussprüchen der Römer, oft aber nach einer unrichtigen Auffassung derselben beruht, so daß sowohl das rechte Verständniß der neueren Lehre und Praxis, als die Reinigung derselben, nur durch eine gründliche Untersuchung über die im Römischen Recht niedergelegten Ansichten herbeigeführt werden fann.

Die nunmehr folgende, hier eingeleitete, Untersuchung wird in zwei Kapiteln: I. die örtlichen Gränzen, II. die zeitlichen Gränzen der Herrschaft der Rechtsregeln über die Rechtsverhältnisse festzustellen haben.

Bei diesen zweifachen Gränzen ist aber noch voraus zu bemerken, daß unter denselben eine gewisse Wechselwirkung eintreten kann. Wenn überhaupt zwei Rechtsregeln mit einander in zeitliche Collision kommen, so daß eine Gränzbestimmung nöthig ist, um die Herrschaft der einen oder der andern Regel zu entscheiden, so wird dabei stets eine eingetretene Veränderung vorausgesezt. Eine solche Veränderung nun kann auf zwei verschiedenen Seiten liegen.

Sie kann erstens liegen auf der Seite der Rechtsregel. Der einfachste Fall ist der, wenn der Gesezgeber durch Erlaß eines neuen Gesezes über das vorliegende Rechtsverhältniß, die bisher bestehende Regel ändert, also neues objektives Recht schafft.

Die Veränderung kann aber auch zweitens liegen auf der Seite des Rechtsverhältnisses, indem, bei unveränderter Rechtsregel, die thatsächlichen Bedingungen des Rechtsverhältnisses wechseln. Als Beispiel zur Erläuterung kann die Handlungsfähigkeit dienen, die nach dem Recht beurtheilt wird, welches am Wohnsiz der Person gilt. Wenn nun diese Person den Wohnsig ändert, so kann dadurch das Rechtsverhältniß unter eine neue Rechtsregel fortrücken, und es kann die Frage entstehen, ob die Handlungsfähigkeit von jezt an nach dem Gesez des früheren, oder des späteren Wohnsiges zu beurtheilen ist.

Es ist einleuchtend, daß die Veränderungen dieser zweiten Art zugleich in das Gebiet der örtlichen und der zeitlichen Collision einschlagen. Jedoch ist dabei das örtliche Element vorherrschend, und es ist daher zweckmäßig und räthlich, alle dahin einschlagende Fragen in Verbindung mit den örtlichen Gränzen der Herrschaft abzuhandeln, also in das erste Kapitel mit aufzunehmen (e).

Sonach bleiben für die Untersuchung über die zeitlichen Gränzen der Herrschaft (das zweite Kapitel) nur noch die

(e) Die Erörterung dieser Fragen kommt vor in den §§ 365 (Ende des §), 366–368, § 370. n. § 372. N. III, § 379. N. 3. In andern Lehren kommt diese Frage deswegen nicht vor, weil dabei der Einfluß des an sich veränderlichen

thatsächlichen Verhältniffes auf einen bestimmten Zeitpunkt fixirt ist, wodurch die Möglichkeit jedes Zweifels ausgeschlossen wird. So bei dem Erbrecht (§ 374.377), und bei der Regel: locus regit actum (§ 381).

Veränderungen der ersten Art übrig, welche auf der Seite der Rechtsregel liegen.

Erftes Kapitel.

Dertliche Gränzen der Herrschaft der Rechtsregeln über die Rechtsverhältniffe.

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BARTOLUS in Codicem, L. 1 C. de summa trin. (1. 1) Num. 13-51.

B. ARGENTRAEI Comment. ad patrias Britonum Leges ed. oct. Antverp. 1664. f. Der art. 218 der Coutume de Bretagne bestimmt, daß Jeder nur ein Drittheil des unbeweglichen Vermögens seinen geseßlichen Erben soll entziehen dürfen. Dabei entstand die Frage, ob auch auswärtige Grundstücke in dieses Drittheil einzurechnen seien, und so kam d'Argentré in der sechsten Gloffe zu dem angeführten Artikel auf die ganze Lehre von der Collision der Geseße, die er hier S. 601-620 abhandelt. Der Verf. starb 1590,

(a) Der Abkürzung wegen werde ich die hier zusammengestellten Schriftsteller künftig blos mit ihren Namen anführen.

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