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durchaus nichts enthält, was als unerlaubt, als unmos ralisch betrachtet werden könnte; denn als ein freier Volks, stamm waren die Israeliten mit ihrem Stammvater in Aegypten von einem frühern Könige Aegyptens mit stillschweigender Zustimmung des ågyptischen Volkes aufges nommen worden, und es war von Seiten der Israeliten im Laufe der Zeit auch nichts vorgenommen worden, wodurch dieselben, ihrer Freiheit beraubt zu werden, verdies net håtten. Ihnen war also, wie es so oft in der Ges schichte vorkommt, wo der Stärkere den Schwächern auf ungerechte Weise bedrückt und unterjocht, das größte Unrecht angethan, da man sie nicht mehr als Freunde friedlich neben sich wohnen ließ, sondern vielfältig be drückte und als Sclaven durch Gewalt sich unterjochte. Die Israeliten hatten deßhalb ein unveräußerliches Recht darauf, ihre Freiheit wieder zu erstreben und von dem harten Joche sich in erlaubter Weise zu befreien, was durch die Dauer der ungerechten Unterjochung, welche sie erleiden mußten, nicht verloren gehen konnte. Allein, wie es unterjochten Völkern auf die Dauer zu ergehen pflegt, war es auch den Israeliten ergangen; sie hatten unter dem langjährigen harten Drucke allen Muth und Selbsts ständigkeit verloren, sie fühlten den Druck und das Un recht, was ihnen angethan wurde, mochten auch wohl darüber im Stillen feufzen und klagen, wie es der Rathschluß Gottes klar andeutet Exod. 3, 7.; allein an Kraft fehlte es ihnen und Entschlossenheit, etwas zu unterneh men, was sie in ihre Freiheit wieder hätte einsehen köns nen. Doch waren damit nicht alle Hoffnungen, ihre Freis heit wieder zu erlangen, in ihnen erstorben. Vielmehr hallte in ihrer Brust noch zum Theil das göttliche Oras kel, was ihrem Stammvater Abraham nicht nur ihren gegenwärtigen traurigen Zustand harter Bedrückung und langjähriger Unterjochung angekündigt, sondern auch ihre einstige Befreiung mit den klarsten Worten verheißen hatte, wieder. Gen. 15, 13. 14. Was der Vormünder seinem

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Mündel ist, das war Gott den durch langjährige Knechts schaft unmündig gewordenen Israeliten. Nicht sie sollten ihre Freiheit sich erkämpfen und das ungerechte Joch von fich abwerfen, sondern er als ihr Vormünder nahm ihre Sache auf und ließ ihnen, den ohnmächtigen und muthlo, sen, durch Moyses seinen Gesandten, den er als solchen durch Wunderkraft beglaubigte, die frohe Botschaft bringen, daß er sein gegebenes Wort erfüllen, sie aus dem Sclavendienste befreien und aus Aegypten ausführen werde.

Wir finden hienach in dem Rathschlusse Gottes nur das Verfahren eines treuen und gerechten Wesens, was einem gegebenen Versprechen gemäß handeln und dem un, schuldig Bedrückten, da er es nicht selbst mehr kann, Recht verschaffen will.

Ad. 2. Doch damit werden die Gegner der göttlis chen Offenbarung wohl leicht einverstanden sein, daß der Rathschluß Gottes die Israeliten aus Aegypten zu befreien, an und für sich noch nichts Unerlaubtes und Gottes Un würdiges enthalte. Aber der Befehl Gottes, wonach Moyses den Pharao nur angehen soll, den Israeliten einen dreitägigen Zug in die Wüste zu einem Opferfeste zu ges statten, enthält bei dem erwähnten Rathschlusse Gottes Lug und Betrug, ja lehret nicht nur den Moyses, sondern auch die Israeliten lügen und betrügen. Dieser Befehl kann daher, wenn anders Gott nicht als ein Betrüger angenommen werden soll, was unsere bloße Vernunfters kenntniß von Gott schon verbietet, dieser Befehl, fage ich, kann also nicht ein göttlicher sein. Wir bemerken indessen dagegen:

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Eine eigentliche Lüge schreibt der Befehl Gottes nicht vor; denn es kommt in demselben nicht vor, daß die Israeliten nach gehaltenem Opferfeste nach Aegypten wieder zurückkehren werden. Die Israeliten halten ja auch wirklich nach ihrem Auszuge das so oft besprochene Opferfest. Auch Moyses bleibt bei der Ausführung des göttlichen Bes fehles strenge stehen und gibt bei der so oft wiederholten

Anforderung Gottes an Pharao, die Israeliten zu einem Opferfeste zu entlassen, nie ein Wort von sich, womit er die Rückkehr der Israeliten verspräche. Daher kommt es denn auch, daß Pharao bald selbst auf den Gedanken kommt, Moyses führe Anderes noch, als er begehre, im Schilde. Exod. 10. 7. Deswegen widerseßt sich auch Pharao, so lange er konnte, die Israeliten mit ihren Frauen und Kindern und ihren Heerden ziehen zu lassen. Pharao erkannte somit, wenigstens im Verlaufe der Strafwunder, daß Moyses auf Jehova's Befehl die Israeliten gänzlich wegführen wollte *). Allein, höre ich sagen, so bleibt dennoch das Verfahren Gottes gegen Pharao ein betrügerisches, weil er ihm die Wahrheit wenigstens zum Theil vors enthålt; es liegt darin wenigstens die betrügerische restrictio mentalis. - Ohne uns in die Streitfrage der Moralis sten über die sogenannte Nothlüge einzulassen, bei welcher Aeltere und Neuere behaupten, es könne Fälle geben, wo es nicht nur erlaubt, sondern Pflicht sei, die Unwahrheit zu sagen, und einen Andern absichtlich durch Unwahrheit irre zu leiten, glauben wir wenigstens behaupten zu dürs fen, daß es Fålle gibt, in welchen man einem Andern die Wahrheit vorenthalten dürfe, ja sogar dazu verpflichtet sein könne. Zu solchen Fällen rechne ich folgende: a) wenn der Andere, dem eine Mittheilung gemacht wird, kein Recht darauf hat, daß ihm die ganze Wahrheit mitgetheilt werde, weil er davon nur Mißbrauch machen würde, d. h. wenn bestimmt vorherzusehen ist, daß eine vollständige Mittheilung der Wahrheit nur dazu dienen werde, daß der Andere, statt die mitgetheilte Wahrheit zur Erfüllung seiner Pflicht zu benußen, sie zur Uebertretung derselben

*) Mit_Unrecht spricht Hr. Daumer deshalb von einem gegebenen Versprechen und einer Verpflichtung, nach Aegypten zurückzu kehren. Ein Versprechen war nicht gegeben; noch vielweniger fand aus irgend einem Grunde eine Verpflichtung Statt, sich dem ungerechten Drucke von neuem zu ergeben. Unrecht handelte Pharao gegen die Israeliten, nicht aber die Israeliten gegen Pharao.

oder zur Verübung eines Unrechts, oder doch zur Fortses zung eines bereits lange verübten Unrechts mißbrauchen werde. b) Derselbe Fall würde Statt finden, wenn von der vollständigen Mittheilung der Wahrheit bestimmt vorherzusehen wäre, daß der Andere, dem die Mittheilung gemacht würde, davon Veranlassung nehmen werde, einen moralischen oder religiösen Zweck zu vereiteln, der aber gerade dadurch erreicht werden könnte, daß dem Andern irgend eine Wahrheit nicht vollständig mitgetheilt würde*).

Es fragt sich nun: können wir einen oder beide Fålle auf den in Frage stehenden Befehl Gottes und die darnach gerichtete Handlungsweise Moysis anwenden? Ich glaube, daß beide Fälle ohne Mühe wirklich ihre Anwendung dars auf finden. Für's Erste ist klar, daß dem Pharao durch, aus kein Unrecht geschehen wäre, wenn die Israeliten auch ohne Befehl Gottes sich in erlaubter Weise, d. i. ohne Aufruhr zu erregen, aus der ågyptischen Sclaverei bes freiet håtten. Um so viel weniger geschah dem Pharao ein Unrecht, wenn Gott ihn durch Moyses auffordern ließ, die Israeliten zu einem Opferfeste zu entlassen; denn man håtte erwarten dürfen, daß er sein unmenschliches Verfahren gegen dieselben nicht bis zu dem Grade steigern würde, daß er ihnen, den so hart gedrückten, diese kleine Erleichterung versagen könnte. Da nun aber diese so geringe und billige Forderung den Tyrannen sofort schon, da er noch nicht daran dachte, daß die Israeliten das begehrte Opferfest zu ihrem vollen Abzuge benußen würden, zu neuen ungerechten und grausamen Bedrückuns gen reizte, was wåre erst zu erwarten gewesen, wenn Moyses auf Gottes Befehl den Pharao darum angegangen håtte, die Israeliten gånzlich zu entlassen? Würde er nicht auf der Stelle Moyses und Aaron als Aufrührer behandelt, und die Israeliten auf die schnödeste Weise

*Ich halte es für überflüssig, die genannten zwei Fälle weiter zu begründen, da wohl jedem Nachdenkenden die Richtigkeit des zu Beweisenden daraus in die Augen springt.

mißhandelt, und so seine Schuld gegen dieselben noch vergrößert haben? Um also den Pharao davor zu bes wahren, daß die vollständig ihm mitgetheilte Wahrheit ihn nicht zu neuen Uebertretungen seiner Pflichten verlei, teten, wie Gott dieses klar von ihm voraussah, und wir sogar aus seiner Handlungsweise mit Sicherheit schließen können, ließ Gott ihm nur theilweise die Wahrheit mits theilen, theilweise aber verbarg er sie ihm. Håtte Pharao der ersten billigen Forderung Gehör gegeben, so wåre er und sein Volk, die Aegyptier, vor allem dem Unglücke bewahrt geblieben, was er sich und den Seinigen durch seine pflichtwidrige Halsstarrigkeit zuzog.

Aber auch der zweite Fall findet seine volle Anwens dung. Der moralische und religiöse Zweck, den Gott durch Verheimlichung seines Rathschlusses, die Israeliten bei Gelegenheit des Opferfestes gänzlich aus der ågyptis schen Sclaverei zu befreien, zu erreichen suchte, war ers stens, die långsst ungerecht Verfolgten vor weitern Verfolgungen zu schüßen, zweitens, zu verhüten, daß die Israes liten nicht durch långeres Verweilen unter den Abgöttern die Erkenntniß Seiner, des wahren Gottes, verlören, drittens, daß durch die befreiten Israeliten die Erkenntniß auch für andere Völker erhalten und später auch über sie verbreitet würde. Alles dieses aber würde Gott nicht ers reicht haben, håtte er dem Pharao sofort die ganze Wahrs heit durch Moyses mittheilen lassen. (Vergleiche das oben Gesagte.)

Nach dem Gesagten, glaube ich, wird es jedem Vorurtheilsfreien klar geworden sein, daß sowohl der Raths schluß Gottes, die Israeliten zu befreien, als auch der Befehl, den Pharao um Entlassung derselben zu einem Opferfeste anzugehen, durchaus nichts Unerlaubtes, Uns moralisches, oder Gottes Unwürdiges enthalte. Vielmehr sehen wir in der Handlungsweise Gottes nur tiefe Weiss heit, Gerechtigkeit, Treue und Condescendenz zu den menschlichen Schwächen aus Erbarmung und Liebe.

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