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die Sünden seines Urvaters mitverantwortlich sein soll, sondern in dem Punkte, daß eine Pflicht, welche dem Höheren obliegt, auch dem Geringeren nicht erlassen sein kann. Der Hebräerbrief argumentirt dort a majori ad minus. Außerdem darf nicht uns beachtet gelassen werden: daß der Verfasser das einigermaßen Hinkende seiner Beweisführung selbst durch ein gleichsam (os Eлos einɛiv) angedeutet hat. Handelt es sich doch überhaupt an der angeführten Stelle nicht um die sittliche Zurechnung eines von Abraham begangenen, an Levi zu fühnenden Unrechts, sondern lediglich um eine äußere Rechtsverbindlichkeit *).

Der Scharfsinn der protestantischen Dogmatiker hatte in dieser Periode wohl erkannt, daß die Zurechnung der adamitischen Sünde nur unter dem Gesichtspunkte einer Rechtsverbindlichkeit sich einigermaßen rechtfertigen läßt. Aus diesem Grund wird Adam, nach dem Vorgange B. Meisners, insbesondere von Quenstedt als das, die Menschheit nach der natürlichen wie nach der moralischen (d. h. juristischen) Seite vor Gott vertretende, Rechtssubjekt in der Art beurtheilt, daß, was über den Vertreter der Gemeinschaft von Rechtswegen verhängt wird, auch über die ganze Gemeinschaft von Rechtswegen verhängt werden muß**). Dabei

*) Man sieht nicht ein, wie Deligsch (Commentar zum Brief an die Hebräer, 284) noch der Meinung sein kann, an unserer Stelle habe der Saz, daß wir alle in Adam gesündigt eine unverwerfliche Stüße. Nur ein sehr einseitiger Traducianismus kann mit diesem Theologen sagen, daß „der ganze vielverzweigte Baum der Menschheit in Adam in wurzelhafter Potentialität vorhanden gewesen sei“. Das heißt Adam zum Schöpfer der Menschheit machen.

**) Systema, II, 57. Seine Säge sind meist den disputationes de anthropologia sacra Balth. Meisner's V, 139 f. entnommen. Concurrunt, sagt er, in peccato primi hominis: 1) culpa actualis, 2) reatus legalis, 3) pravitas naturalis. Omnia haec simul in mundum intrarunt et in omnes Adae posteros. Die Protoplasten waren (a. a. D., II, 53) sowohl principium naturale, seminale, als morale, repraesentativum totius posteritatis. . quod unus ille peccavit, omnes peccarunt, scil. in Adamo omnium posterorum personam repraesentante. Adeoque causa prima, cur peccante primo homine omnes ejus posteri peccaverint, est existentia totius speciei humanae in persona Protoplasti . ... Revera radix, stirps et principium erant totius generis humani, quod et stare et labi in illis poterat.

ließ die orthodoxe Dogmatik sich nur von einem richtigen Takte leiten, wenn sie an dem Begriffe der unmittelbaren Zurechnung festhielt, und den einer mittelbaren, d. h. blos der vererbten Verderbuig wegen, wie ihn Placäus vertrat*), verwarf, indem ja der leztere die nothwendige Consequenz in sich schließt, daß die sündhafte Naturbeschaffenheit erst von dem Augenblicke an eine persönliche Verschuldung begründen kann, in welchem sie in bewußte Gesinnung oder beabsichtigte That übergeht.

Allein ist denn jene juristisch -politische Theorie, in Gemäßheit welcher die ganze Menschheit an der Verschuldung ihres Stammhauptes deßhalb theilnehmen soll, weil nach menschlichen Rechtsbegriffen in einer Gemeinschaft ein jeder für die Fehler seines Rechtsanwaltes haftbar ist, nicht eine höchst künstliche, jedenfalls das Gewissen unbefriedigende, Fiktion? Nicht einmal vom juristischen Standpunkte aus ist sie haltbar. Ist doch treffend erinnert worden, daß der Begriff der Rechtsverantwortlichkeit die Bedingung eines erhaltenen Auftrages vorausseßt, daß aber Adam, Als er fündigte, nicht im Auftrage des Menschengeschlechtes, sondern lediglich auf eigene Hand gesündigt hat**).

Der erste Mensch war wohl der Anfangspunkt, aber nicht der Inbegriff der Menschheit; er war wohl das Haupt, aber nicht die Totalität aller Menschen. Was er sündigte, das hat er, so weit die freie persönliche Entscheidung dabei in Betracht kommt, für sich allein gesündigt. Nicht seine Sünde als solche, sondern die Wirkung derselben, so fern sie von dem organischen

*) De statu hominis lapsi ante gratiam, th. 7 sq., 1640, und de imputatione primi peccati Adami disputatio, 1655. Gegen die Ansicht des Placåus, daß die Sünde lediglich mittelbar zugerechnet werde, erklärt fich die formula cons. helv., 12: Non possumus . . . assensum praebere iis, qui Adamum posteros suos ex instituto Dei repraesentasse ac proinde ejus peccatum posteris ejus auédos imputari negant et sub imputationis mediatae et consequentis nomine, non imputationem duntaxat primi peccati tollunt, sed haereditariae etiam corruptionis assertionem gravi periculo objiciunt.

**) Lim borch (theol. chr. III, 4, 20): Hinc sequeretur, justitiam Adami, si in integritate perstitisset, etiam omnibus illius posteris fuisse imputandam, und: non potest alius actione aliqua alterius personam sustinere, nisi auctoritate ab illo instructus. . . illa autem Adamus a posteris suis instructus non est.

Geschlechtszusammenhange unzertrennlich war, hat sich als eine anormale Naturbeschaffenheit auf seine Nachkommenschaft fortgepflanzt *). In welche peinliche Verlegenheit sehen sich darum auch bei wachsender Einsicht in die Unhaltbarkeit der unmittelbaren Zurechnung diejenigen Dogmatiker verseßt, welche wenigstens an der mittelbaren festzuhalten wünschen **), und wie beeilt sich der spätere Supranaturalismus das Joch der überlieferten Vorstellungsweise abzuschütteln, und die Erbsünde in „eine von unsern Eltern auf uns fortgeerbte moralische Krankheit“, welche nicht eine persönliche Verschuldung, sondern nur eine natürliche Verminderung unserer Glückseligkeit in sich schließt, zu verwandeln ***). In fortlaufender Progression wird nuumehr der

*) Ganz unhaltbar ist auch die Theorie von Coccejus, wornach, weil die Segens verheißung 1 Mos. 1, 27 dem Adam mit Einschluß der Nachkommenschaft von Gott ertheilt worden sei, nun auch der Fluch die ganze Nachkommenschaft treffen soll (Summa theol., 339): Deum non dedecet arborem illam humanae gentis inquinatam reatu protelare et non revocare verbum, quod pronuntiaverat quoque significaverat: jam tum in libro suo scriptos esse Adami haeredes filios vel in rectitudine, vel in reatu. Ch. M. Pfaff (inst. th., 247) beschränkt dagegen die Zurechnung auf naturae corruptae et vitiosae ad malum inclinatio et mors in nos propagata, nobisque adeo ad peccandum necessitas, ipsa hactenus nullam damnationem secum vehens, weßhalb er allerdings Grund hatte zur Ermahnung: cum salis mica accipiendum esse imputationis dogma.

**) Man vergl. z. B. Buddeus (comp. inst. th. 404): Iniquum est, inquis, punire aliquem ob peccatum, quod ipse non commisit, vel ob vitae conditionem, in quam praeter culpam suam devolutus est. . . . Hoc ipso tamen, dum unicuique homini inhaeret, ad eum ceu causam (1) recte refertur adeoque et hactenus recte ei imputatur. Calamitas ergo est, quod praeter voluntatem suam, per nascendi conditionem, in hunc statum devenerit; at ideo reatus culpae et poenae a peccato, quod sive ob perpetrationem, sive ob inhaesionem alicui recte imputatur, auferri nequit. . . End= lich kommt auch noch das Zugeständniß: nihil utique obstat, quominus etiam Adamus, dum lapsus est, ut caput foederale omnium hominum spectetur... Weißmann (inst. th., 390) nennt das Dogma von der imputatio immediata incertum et in speciem scandalosum. ***) So bezeichnend Reinhard (Vorlesungen, 296–309): Allen Menschen sei die Sünde angeboren, könne nicht heißen: Alle fündigten von ihrer Geburt an und werden als Sünder geboren. Die Erbsünde bestehe darin, daß die ursprünglichen vortrefflichen Anlagen und Fähigkeiten

Begriff der Erbsünde auf der Tonleiter der rationalistischen Dogmatik heruntergestimmt, bis er in der Vorstellung Steinbarts, daß um so eher nur der Unverstand sündliche Neigungen in den von Natur allseitig guten Kindern annehme, als ja die aus jenen entstehenden Leidenschaften zur Schnellkraft kindlicher Selbstthätigkeit gehörten *), vollends ausklingt. Und so darf es auch nicht befremden, wenn D. F. Strauß die Vorstellung von der Erbsünde einfach für eine Abstraktion erklärt, und dabei in eine nicht Jedermann sofort einleuchtende Verbindung mit den „Gedärmen des edeln Menschengebildes“ bringt**), obgleich es umgekehrt einer eigenthümlichen Abstraktion des Denkens von den wirklichen Zuständen und Erfahrungen des Menschengeschlechtes bedarf, um den seit Jahrtausenden innerhalb der Menschheit in endlosen neuen Wiederholungen zur bösen That hindurchbrechenden allgemeinen bösen Naturhang übersehen und verläugnen zu können.

§. 43. Der christlichen Dogmatik ist in Betreff der Lehre von der Zurechnung durch das Gewissen eine doppelte Aufgabe gestellt: auf der einen Seite, den erfahrungsgemäß an sich unüberwindlichen Naturhang zur Sünde, die tiefgewurzelte Verderbtheit der menschlichen Natur, als solche anzuerkennen, ohne sie zu übertreiben; auf der anderen Seite eben so entschieden darauf zu dringen, daß kein individuelles Personleben für einen Zustand verantwortlich erklärt werde, der nicht von ihm in irgend einer Weise mitverursacht ist. Die erbsündliche Beschaffenheit des Menschengeschlechtes ist ein

der menschlichen Natur geschwächt und in ihren Wirkungen gehindert worden und der Mensch wegen der zu großen Macht seiner sinnlichen Begierden eine Anlage zu fehlerhaften Handlungen mit auf die Welt bringe, die Gott auch mit Strafen ahnden könne. Diese Strafe sei ihrer Natur nach privativ; ewige Martern können nicht auf die Erbsünde gesezt sein“. Aehnlich Storr (Lehrbuch der christl. Dogm., $. 55-57). Nach dem Vorgange der Socinianer und Arminianer, z. B. Limborch's (th. chr. III, 3, 4), behauptete Reinhard auch, daß die Erbfünde nicht nur von dem ersten Menschen abstamme, sondern ein Werkzeug „aller nachfolgenden Vergehungen der Menschen überhaupt“ sei. *) Sonderbar genug ist es, daß derselbe Steinbart (System der reinen Phil., 57) erklärt: „Kinder der Natur überlassen, heißt, sie zu Raubthieren bestimmen“. Das ist eine sonderbar gute Natur, die aus Menschen Raubthiere werden läßt, wenn man ihr folgt.

**) Chr. Dogm. II, 73 f.

Schleiermacher's und Martensen'e Lehre von der Zu rechnung.

Unglück; aber an sich ist sie weder eine Strafe, noch eine Schuld.

Mit diesem folgenreichen Sage scheint zunächst Schleiermacher in Widerspruch zu treten, wenn er die Erbsünde so sehr als die eigene Schuld eines Jeden, der daran Theil hat, bezeich net, daß sie am Besten als die Gesammtthat und Gesammtschuld des menschlichen Geschlechtes vorgestellt werde *). Tritt nun aber Schleiermacher nicht vielmehr mit sich selbst in Widerspruch, wenn er von vorn herein sich dagegen verwahrt, daß die allen Menschen mitgeborne Sündhaftigkeit, so fern fie etwas von anderwärts her Empfangenes sei, eines jeden eigene Schuld sein solle, und wenn er es sodann beklagt, daß man willfürlich und gegen die allgemein anerkannte Regel die Erbsünde aus ihrem Zusammenhange mit der wirklichen Sünde herausreiße? **) Schleiermacher's Beispiel zeigt, ähnlich wie dasjenige Melanchthon's, daß, so wie die Begriffe der Erbsünde und der wirklichen Sünde nicht genau auseinandergehalten werden, sich beide unvermeidlich verwirren ***). Dazu kommt noch, daß Schleiermacher in der Beschreibung des Begriffes der wirklichen Sünde sich nicht gleich bleibt, indem er das eine Mal ein Hervorbrechen des sündhaften Grundes in Folge äußerer Anreizung darunter zn verstehen scheint†), das andere Mal auch Das, was als ein innerlich Sündhaftes, als Gedanke oder als Begierde, sich manifestirt, mit diesem Ausdrucke bezeichnet tt).

*) Der chr. Glaube, I, §. 71, 1.

**) Wenn sich Schleiermacher auf den Say Melanchthon's (loc. th., de peccatis actualibus, Ausg. leßter Hand) beruft: Semper cum malo originali simul sunt actualia peccata, so ist zu beachten, daß Melanchthon dort nicht sagen will, die Erbsünde sei ihrem Begriffe nach von den wirklichen Sünden nicht zu trennen, sondern dem Zusammenhange nach will er sagen: es gehen aus der Erbsünde immer wirkliche Sünden hervor: Haec mala non vocantur actiones, sed ex eis oriuntur actualia peccata interiora et exteriora.

***) Melanchthon macht sich dieser Verwirrung schuldig, wenn er z. B. die aversio voluntatis a Deo und die contumacia cordis adversus legem Dei zur Erbsünde rechnet, während darin ja die Aktualität des bösen Herzens und Willens zur Erscheinung kommt.

†) Der chr. Glaube, I, §. 71, 1.

) Ebendaselbst, I, §. 73, 2.

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