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feierte, da hat die Universität Marburg als gewiss willkommene Festgabe dieser ältesten Universität „einige jüngst in Stuttgart entdeckte Bruchstücke der ältesten lateinischen Bibelübersetzung“ überreicht, darunter in photographischer Nachbildung eines, das in Wirklichkeit gar nicht mehr da war und doch noch photographiert werden konnte. Das ging so zu. Irgend ein unbekannter Liebhaber und Sammler hat in irgend welcher Zeit das fragliche Pergamentblatt von der Innenseite jenes Holzbandes abgelöst. Der buchbindende Mönch vor 500 Jahren hatte aber so guten Kleister, und der schreibende Mönch vor 1200 Jahren so gute Tinte zu seiner Arbeit genommen, dass die Schriftzüge des abgelösten Blattes auf dem Kleister des Holzdeckels sich deutlich abgedruckt hatten, mit dem Spiegel noch gut zu lesen, ja noch zu photographieren waren. Das oft angewandte Wort habent sua fata libelli" trifft besonders beim Buch der Bücher und seiner lateinischen Uebersetzung zu und schön wäre es, was freilich nicht gerade zu hoffen ist, wenn auf diese oder ähnliche Weise noch mancher Beitrag zu dieser Geschichte zu Tage käme, zumal aus unserem Württemberg.

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Doch kehren wir nach diesem Ueberblick über die Endgeschichte der älteren lateinischen Bibel zu den Schicksalen zurück, welche auch die Arbeit des Hieronymus betroffen haben. Dass auch diese, zumal unter dem Einfluss der alten immer mehr entstellt werden musste, haben wir schon bemerkt. Da war es nun kein Geringerer als Kaiser Karl der Grosse, welcher seinen vielen Verdiensten um die Kirche seiner Zeit und seines Reiches auch das hinzufügte, dass er ihr einen gereinigten Bibeltext zu beschaffen bestrebt war. Auf dem Totenbett, sagt ein späterer legendarischer Bericht, habe er die Verbesserung der 4 Evangelien mit Hilfe der griechischen und syrischen Bibel beendigt. Thatsache ist, dass sein Kanzler Alkuin, den er hauptsächlich mit dieser Aufgabe betraute, ihm am Weihnachtstag des Jahres 801 das erste Exemplar der von ihm revidierten Bibel zum Geschenke machen konnte. Und manche der grossen Bibliotheken Europas zählen unter ihre schönsten Schätze solche Prachtexemplare, die für Karl oder Angehörige seines Hauses oder im Auftrag derselben für Klöster und Kirchen hergestellt wurden, und die durch ihren reichen Bilderschmuck noch mehr für den Kunstfreund Interesse haben, als sie für den Gelehrten wert sind. In Wien, Paris, Rom, Aachen, Bamberg, München, London sind solche Karolinger-Bibeln, leider keine in Stuttgart. Aber auch in den Jahrhunderten nach Karl dem Grossen dauerten die Gründe, welche den Text verderbten, und die Versuche denselben zu verbessern unverändert fort. So hat einer der ersten Cisterzienseräbte für seinen Orden, so hat in unserem Land der berühmte Abt Wilhelm von Hirschau für seine Klöster ein Normalexemplar anfertigen lassen,

doch sind leider gerade für unser Land die nötigen Forschungen in diesem Stück noch völlig unterblieben, während wir z. B. über die Geschichte der lateinischen Bibel in Frankreich die sorgfältigsten Untersuchungen besitzen.

Natürlich trat nun die ganze Verschiedenheit der Texte um so mehr zu Tage, je mehr nach der Erfindung der Buchdruckerkunst die Verbreitung der lateinischen Bibel wuchs. Eins der interessantesten Kapitel in der Geschichte der Druckkunst und in der Geschichte der lateinischen Bibel ist eben dasjenige, das mit der Erfindung Guttenbergs beginnt. Eins der ersten von Guttenberg gedruckten Bücher soll ja die lateinische Bibel gewesen sein, die noch undatierte sogenannte Mazarin- oder 42zeilige Bibel; die erste datierte stammt aus dem Jahr 1462. Beide Ausgaben gehören jetzt zu den grössten Seltenheiten. Während m Während man ein Exemplar der letzteren 1769 noch um 3200 fr. ersteigern konnte, kam unlängst eins auf 20000 M.; für ein Ex. der ersteren aber wurden 1887 56000 und zuletzt 70000 M. bezahlt und ein auf Pergament gedrucktes Exemplar derselben, wie es das Britische Museum besitzt, wird noch höher gewertet. Unsere königliche öffentliche Bibliothek ist so glücklich, in ihrer in mancher Hinsicht fast einzig dastehenden Bibelsammlung ein Exemplar der zweiten Ausgabe zu besitzen, das aus der alten Mergentheimer Bibliothek stammt. Gewöhnlich hat man bis jetzt angegeben, dass in den ersten 50 Jahren nach Erfindung der neuen Kunst etwas mehr als 100 Ausgaben der lateinischen Bibel gedruckt worden seien, also durchschnittlich zwei im Jahre. Aber ein ganz neu erschienenes englisches Prachtwerk, von dem wohl noch kein Exemplar den Weg nach Württemberg gefunden hat, the first half century of the Latin Bible von W. A. Copinger beschreibt deren nicht weniger als 144 (neben 19 unterschobenen) und bietet auf mehr als 50 Faksimiletafeln, alle in Originalgrösse, ein Hilfsmittel, das für die älteste Geschichte der Druckkunst von höchstem Werte ist. Ein Anhang giebt die Liste der im 16. Jahrhundert erschienenen Ausgaben der lateinischen Bibel, über 400! Zu dieser ungeheuren Verbreitung trug natürlich der Umstand viel bei, dass mit der Reformation die religiöse Frage, und mit dem Rückgang der Reformatoren auf die hebräische und griechische Bibel die Bibelfrage in den Vordergrund getreten war. Es war unumgänglich, dass die Kirche zu derselben Stellung nehmen musste und dasjenige Konzil, das überhaupt die Aufgabe hatte, die Neuerer zurückzuweisen und diejenigen Verbesserungen des Alten zu treffen, durch welche die alte Kirche allein dem Neuen gegenüber stand halten konnte, das Tridentinum, hat gleich in einer seiner ersten Sitzungen, in der 4. vom 8. April 1546 über die heilige Schrift und die Ausgabe und den Gebrauch derselben jenes berühmte Dekret gefasst, das den Pro

testanten der alten Zeit so viel Anlass zu Spott, ernsten Katholiken alter und neuer Zeit aber so viel Kopf- und Herz-weh verursacht hat. Es hat bestimmt, dass unter den vielen oder unter allen lateinischen Ausgaben der Schrift die Drucke des Dekrets schwanken zwischen der Lesart multis und omnibus - die alte und verbreitete (Vulgata), so lange in der Kirche gebrauchte Ausgabe in allen öffentlichen Vorlesungen Disputationen, Predigten und Auslegungen für die authentische zu halten sei, dass niemand sie unter irgend welchem Vorwand verwerfen dürfe und dass dieselbe so verbessert als möglich gedruckt werden solle (quam emendatissime imprimatur).

Wir haben uns über die Bedeutung und Tragweite des ersten Teils dieser Entscheidung um so weniger aufzuhalten, als darüber die Ansichten der katholischen Theologen wie vor Alters so noch heute aus einander gehen. In den akademischen Vorlesungen behelfen sich dieselben vielfach damit, dass sie einfach zuerst die Vulgata verlesen und dann ruhig ihren hebräischen oder griechischen Text erklären 1).

Uns geht hier nur der zweite Teil des Dekrets an, dass die Vulgata so gebessert als möglich gedruckt werden solle. Da nicht gesagt war, wer die Sache in die Hand zu nehmen habe, war sie wie bisher der freiwilligen Thätigkeit, der Buchhändler-Spekulation und dem Eifer der Privatgelehrten überlassen. Und so hat denn z. B. gleich im Jahr nachher, 1547 Joh. Henten im Namen und Dienst der Löwener Theologen eine verbesserte Ausgabe der Vulgata veranstaltet, die in vielen Auflagen erschien und in einer derselben von 1583 bei der nachherigen päpstlichen Revision sehr wesentlich benützt wurde. Eben daselbst ist noch einmal im Jahr 1580 von Lukas von Brügge eine neue verbesserte Ausgabe veranstaltet worden, damit wie die Vorrede sagt, die theologische Fakultät den Wunsch des Konzils befriedige (desiderio satisfaciat).

1) Wer sich des weiteren über diese Sache unterrichten will, der sei auf die 1824 in Tübingen erschienene, noch heute oder vielmehr heute gerade recht lesenswerte gekrönte Preisarbeit des katholischen Theologen Leander van Ess verwiesen: Pragmatisch-kritische Geschichte der Vulgata im allgemeinen und zunächst in Beziehung auf das Trientische Dekret. Oder: Ist der Katholik gesetzlich an die Vulgata gebunden? Oder auf die Abhandlung über die Vulgata in der Positiven Einleitung in die christkatholische Theologie von Prof. Georg Hermes in Bonn (1. Abt. 345–466), oder, um ein neueres Werk zu nennen: Kaulen, Geschichte der Vulgata (Mainz 1868), endlich aus älterer Zeit, aber aus unserem Lande, auf die noch in Ellwangen erschienene Dissertation eines der ersten Mitglieder der katholisch-theologischen Fakultät in Tübingen, Aloys Gratz: über die Gränzen der Freiheit, die einem Katholiken in Erklärung der h. Schrift zusteht 1817, wieder abgedruckt im ersten Heft des Apologeten des Katholicismus, und auf die andere bei Inauguration der neu errichteten Universität zu Ellwangen von seinem Kollegen Cölestin Spegele veröffentlichte und 1813 Gamundiae d. h. Gmünd in folio gedruckte: de studio biblico inter catholicos nunquam penitus neglecto.

Inzwischen hatte aber auch in Rom der Papst Pius IV die
Sache in die Hand genommen, derselbe, der auch die anderweitige
vom Konzil beschlossene Herstellung und Verbesserung der kirch-
lichen Bücher unternahm, Index, Katechismus, Breviarium, Missale.
Er ernannte eine Kongregation pro emendatione bibliorum, die vom
28. April bis 7. Dez. 1569 26 Sitzungen abhielt. Aber die andern
Bücher herausgeben war leichter als die Bibel verbessern. Unter
seinem Nachfolger Pius V und Gregor XIII schlief die Sache voll-
ends ein, bis im April 1585 der energische Felix Peretti, Kardinal
Montalto, als Sixtus V den päpstlichen Stuhl bestieg. Unter dem
römischen Volk bildete sich darüber die Sage: er habe durch er-
heuchelte Sanftmut und Gebrechlichkeit und den künstlichen Schein
höheren Alters die Stimmen der andern Kardinäle gewonnen; ge-
wählt aber, habe er die Krücken von sich geworfen und sich in
seiner wahren Gestalt, als den gebornen Herrscher gezeigt. Durch
die von ihm unternommenen Werke, Bau der Peterskuppel, der
vatikanischen Bibliothek, Errichtung des Obelisken auf dem Peters-
platz und anderes, und durch das von Ranke im ersten Band seiner
Päpste mit Vorliebe und Meisterschaft entworfene Bild ist dieser
gewaltige Papst mehr als andere auch weiteren Kreisen bekannt.
Um so mehr verdient auch sein Eifer um die Bibel bekannt und
anerkannt zu werden. Schon 1586 beziehungsweise 1587 - auf
dem Titel eines jeden Exemplars ist die Zahl VI mit der Feder in
VII korrigiert, weil die Veröffentlichung sich länger hinauszog
veröffentlichte er die jetzt mit Recht nach ihm genannte, die six-
tinische Ausgabe des griechischen Alten Testaments, die durch 3 Jahr-
hunderte bis in die allerneueste Zeit herein die beste Ausgabe der
alexandrinischen Uebersetzung des Alten Testaments, der sogenannten
Septuaginta gewesen ist, weil sie allerdings auch die beste und
älteste aller griechischen Bibelhandschriften, die vatikanische, zu
Grunde legen konnte. Gleich nach Beendigung dieses Werks drängte
er energisch auf Vollendung der nun schon so lange hängenden
Vulgatarevision. Eine Vorbereitung derselben war schon diese
Herausgabe der griechischen Bibel, eine weitere die von ihm im
nächsten Jahr durchgeführte Errichtung und treffliche Einrichtung
einer eigenen Druckerei, der so berühmt gewordenen typographia
vaticana. Eine Kommission unter dem Vorsitz des Kardinal Caraffa
(† 21. Jan. 1591) wurde gebildet. Durch sein oberhirtliches Ansehen
konnte er ihr gelehrte Hilfsmittel, alte Handschriften, wertvolle
Ausgaben von allen Seiten zur Verfügung stellen. Im Anfang des
Jahrs 89 hat die Kommission ihm das Ergebnis ihrer Arbeiten
überreicht. Noch ist in Rom das Exemplar der Antwerpener Aus-
gabe von 1583 vorhanden, auf dessen Rand ihre Verbesserungs-
vorschläge verzeichnet sind. Aber nun nahm der Papst die Sache

selbst in die Hand. Wir haben darüber noch seinen eigenen Bericht, in der vom 1. März 1589 datierten Konstitution vor seiner Ausgabe und den Bericht des Angelo Rocca, der neben dem Jesuiten Franz Toleto dabei sein Hauptgehilfe war. Angelo Rocca schreibt, man würde es kaum glauben, welche Arbeiten sich der Papst neben allem andern aufgeladen. Die ganze Bibel habe er selber durchgelesen, ehe er sie in den Druck gab, und wie sie aus der Druckerei gekommen, da habe er dieselbe Arbeit noch einmal gethan, damit sie so gebessert als möglich ans Licht trete. Er selber Rocca sei über den vielen Studien und noch mehr über den körperlichen Anstrengungen, welche die Arbeit an der Bibel den ganzen Tag und den grössern Teil der Nacht von ihm erfordert, in ein so hitziges Fieber verfallen, dass er viermal von jedermann aufgegeben gewesen sei. Und was war das Ergebnis dieser Arbeit? Ein stattliches Werk in 3 Foliobänden, in 2 Spalten mit grosser Schrift schön gedruckt, ohne Versabtrennung, aber mit Zählung der Verse am Rande, mit doppeltem Titelblatt im ersten Bande, das eine in Kupfer gestochen, das andere schön, gross, rot und schwarz gedruckt: Biblia sacra. Romae Ex Typographia Apostolica Vaticana MDXC. Auf dem dritten Blatte steht das oben genannte Dekret des Trienter Konzils über die kanonischen Schriften, dann folgt auf dem 4-9. Blatt unter der Ueberschrift Sixtus episcopus servus servorum Dei ad perpetuam rei memoriam die mit den Worten Aeternus ille beginnende Konstitution, die ins römische Bullarium — wir werden gleich sehen warum absichtlich nicht aufgenommen und doch im höchsten Masse interessant ist. Sie ist, wie bemerkt, schon vom 1. März 1589 datiert, während die Bibel, der sie vorgesetzt ist und auf die sie sich bezieht, erst im nächsten Jahr ausgegeben wurde, und hebt an von der Gnade des Ewigen, der auf Erden seine Kirche wie ein Paradies gegründet und ihr gleich Segensströmen sein Wort zumal in den 3 Hauptsprachen, der hebräischen, griechischen und lateinischen gegeben. Wie alles habe aber der böse Feind auch die Ausgaben und Erklärungen der Bibel verdorben und deshalb habe das Tridentinische Konzil mit Recht eine neue Ausgabe derselben beschlossen. Die Sache habe in den letzten 22 Jahren er rechnet von der Kommission von 1569 an, seit dem Konzilsbeschluss war es fast noch einmal so lang keine Fortschritte gemacht, deshalb habe er gleich beim Antritt seines Pontificats gelehrte Männer zur Arbeit berufen; er selbst aber habe in Erwägung, dass die ganze Entscheidung in dieser Sache (totum hoc iudicium) zu dem besonderen göttlichen Privileg seiner Stellung und zur wahren Succession des Apostelfürsten gehöre, nach demütiger Anrufung der göttlichen Hilfe, im Vertrauen auf die Autorität des Apostelfürsten zum Besten der Kirche es nicht gescheut, die ganze nicht geringe

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