Sayfadaki görseller
PDF
ePub

Die Waldenser

und die

Deutschen Bibelübersehungen.

Nebst Beiträgen zur

Geschichte der Reformation

von

Dr. Ludwig Keller

Kgl. Staatsarchivar.

Leipzig

Verlag von S. Hirzel

1886.

BS460
GK4

Vorwort.

In meinem Buch über die Reformation und die älteren Reformparteien" habe ich versucht, den Beweis zu führen, daß diejenigen Epochen der deutschen Geschichte, welche auf die Gestaltung des kirchlich-religiösen Lebens den größten Einfluß ausgeübt haben, nämlich das 14., das 16. und das 18. Jahrh. in einem engen historischen Zusammenhang stehen, dessen Träger die unter verschiedenen Kezer - Namen bekannten altchriftlichen Gemeinden sowie die Corporationen der deutschen Bauhütte gewesen sind.

Die Schrift, welche ich gegenwärtig der Oeffentlichkeit übergebe, hat den Zweck, die früher gegebene Beweisführung zu ergänzen und einen Punkt, welchen ich damals zuerst zur Discussion gestellt habe, sicher zu stellen. Dieser Punkt betrifft die Geschichte der deutschen Bibelübersehungen.

Die Geschichte der deutschen Waldenser-Bibel ist deßhalb be= sonders interessant und wichtig, weil sich in ihr die Schicksale der alten Gemeinden vom 14. bis zum 18. Jahrh. bis zu einem ge= wissen Grade wiederspiegeln; denn nicht nur die Geschichte der sog. Waldenser, sondern auch die jener Gemeinden des 16. Jahrh., die man Täufer nannte, gruppirt sich um diese altdeutsche Bibel. Auf diese Weise lag in der Erörterung unserer speziellen Frage zugleich die Nöthigung, die ganze Bedeutung dieser altchristlichen Gemeinden nach verschiedenen Seiten hin nochmals zu erörtern, und ich hoffe, daß die Einzelnheiten, welche hier und da behufs der Beweisführung vorgelegt werden mußten, für Niemanden die Thatsache verhüllen werden, daß die großen und allgemeinen Gesichtspunkte, unter welchen jene Bewegung betrachtet werden muß, stets von mir im Auge behalten worden sind. Auf diese Weise

M329424

hoffe ich, zur Geschichte der deutschen Reformation und der lutherischen Bibelübersehung, zumal aber auch zur Geschichte des Anabaptismus und der Mennoniten, sowie der Rosenkreuzer und der Bauhütten, neue Materialien beigebracht zu haben. Ich verweise besonders auf den Eingang und Schluß dieser Untersuchung, die, wie ich glaube, auf die Bedeutung der erörterten Fragen volles Licht werfen.

Aus unseren Erörterungen wird sich zugleich auch ergeben, wie weit der seit einigen Jahren zunächst wider den sog. Anabaptismus, sodann aber auch gegen die Waldenser von confessioneller Seite erhobene Vorwurf, daß die „Wiedertäuferei" nur eine Erneuerung des mittelalterlichen Mönchthums sei, auf Entstellung oder auf Wahrheit beruht. Obwohl Herm. Weingarten in seiner Geschichte der englischen Revolutionskirchen" (1868) die richtige Antwort auf diese Behauptung längst gegeben hat, so ist es doch nicht überflüssig, jene tendenziöse Behauptung immer von Neuem zurückzuweisen.

[ocr errors]

Zu Eingang habe ich es für nothwendig gehalten, über die Stellung Rechenschaft zu geben, welche die wissenschaftliche Kritik zu meinen bisherigen Resultaten eingenommen hat. Man wird sich davon überzeugen, daß ebenso lebhaft dafür als dawider geschrieben worden ist. Daß dabei auch sehr lebhafte persönliche Angriffe gegen mich erfolgt sind, bedaure ich, kann aber nicht umhin, daran zu erinnern, daß ich es nicht anders erwartet habe.

Es mag sein, daß es mir weder früher noch jezt gelungen ist, den Standpunkt, welchen ich zu den erörterten Fragen einnehme, zu verhüllen; ich glaube aber, daß dies keinem Historiker, auch nicht denjenigen, die es besonders laut von sich behaupten, möglich ist. Indessen erkläre ich hier ausdrücklich, daß lediglich der Wunsch, die historische Wahrheit, wie sie sich mir darstellte, zum Nußen der Gegenwart an das Licht zu bringen, mir die Feder in die Hand gedrückt hat.

Alle sonstigen Pläne, die man mir untergelegt hat, sind Erfindungen meiner Gegner.

Wer mich wegen meines Standpunkts schelten will, dem kann ich es nicht wehren. Ich habe im freiwilligen Dienst für diese Sache hinreichend Gelegenheit gehabt, Schmähungen tragen zu

lernen, und nicht der Ehre wegen habe ich das Wort ergriffen. Doch würde ich um Vieler willen es bedauern, wenn das alte Verfahren wider die angeblichen Kezer unter neuen Formen dadurch wieder auflebte, daß man sie moralisch tödtet, indem man ihnen die Ehre abschneidet.

Nachdem seit dem Frühjahr 1885, wo ich die Auffindung der Waldenser-Bibel zuerst bekannt gemacht hatte, außer zahlreichen Referaten und Artikeln in Zeitschriften und Zeitungen, bis zum Abschluß des vorliegenden Buchs drei selbständige Schriften über die wichtige Angelegenheit erschienen waren, sind während des Druckes noch zwei weitere herausgegeben worden.1) Es war mir nicht mehr möglich, dieselben zu benußen, aber ich constatire hier, nachdem ich sie gelesen habe, ausdrücklich, daß meine Resultate dadurch nicht alterirt werden.

Münster i. W., am 15. Mai 1886.

Ludwig Keller.

1) Rachel, Dr. M. Ueber die Freiberger Bibelhandschrift nebst Beiträgen. zur Geschichte der vorlutherischen Bibelüberseßung. Progr. 1886, No. 495. Jostes, Dr. Fr. Die Tepler Bibelüberseßung. Eine zweite Kritik. Münster i. W. 1886. Von lezterer hat die Verlagsbuchhandlung in entgegenkommender Weise mir kurz vor der Ausgabe Kenntniß gegeben.

« ÖncekiDevam »