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1. M. Schwalblein an Ritter und Profeffor Krug in Leipzig, oder klarer Beweis, daß alle möglichen Revolutionen von der katholischen Geistlichkeit angestiftet werden.

Werther Herr und Profeffor!

Vielleicht erinnern Sich Ew. Wohlgeboren noch eines jungen hagern Menschen, der vor einigen Jahren jeden Vormittag Schlag zehn Uhr im ersten Hofe des Paulinums stand und harrte. Er sah blaß und ärmlich aus; sein Frack war schmal und dünn und an den Aermeln etwas zu kurz, der Hut abgegriffen, das Kleid der Beine schlecht, und selbst die Fußbedeckung entsprach nicht immer dem Bedürfnisse nordischer Natur, wo es kalte spike Steine gibt und feuchten zähen Koth; aber er stand dort im Hofe, ernst und in sich gekehrt, wie in tiefen sinnigen Gedanken, und sah bald rechts und sah bald links; es schien, als schwankte er in seiner innersten Gesinnung, und oftmals, wenn man ihn sehnsüchtig hinaufblicken sah zu den Fenstern der Seitengebäude, glaubte man an den zuckenden Muskeln errathen zu können: der Jüngling sei unentschieden, ob er Krug hören folle oder Pölis, Dikaologie oder natürliche Politik; ob er das Leben durch die Wissenschaft oder die Wissenschaft durch das Leben erziehen und hofmeistern lernen folle von den entsprechenden Meistern des Fachs. So fann der Arme manchmal, bis die Stunde verronnen war, und er beschämt und unwillig über sich selbst nach Hause kehren mußte in sein Quartier in Auerbach's Hof, dritte Stiege unter dem Dach. Er stand zwischen den zwei würdigen Professoren wie Herkules auf dem Scheidewege zwischen den zwei Göttinnen, oder, um ein anderes, passenderes Bild zu gebrauchen, da es weder Wolluft war, den einen Professor zu hören, noch _Tugend, auf den andern zu verzichten: er stand wie das Thier des Buridan-zwischen zwei Bündeln Heu. Aber dieser Jungling hochgeehrtester Herr Professor war ich!

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Nicht ungenugt sind mir jene herrlichen Tage an der Pleiße verstrichen. Ich bin eingeweiht worden in die Verhältnisse des deutschen Buchhandels, und weiß, welche Ideen gehen und welche nicht und welche remittirt werden als Krebse zur nächsten Messe; ich erschaute das Leben des Privatgelehrten, der auf bescheidenem Standpunkte den Karren der Cultur weiter schiebt, des öffentlichen Professors, der durch Lehrbücher und Systeme die Menschheit hebt, des reichen Kaufmannes, der die materiellen Bånder des Erdkreises fester knüpft, und, was mehr ist, ich lernte deutsches constitutionnelles Bürgerthum kennen zur Genüge, wurde groß gezogen an dem Marke der neuesten Weltentwickelung, lerute die Zeit würdigen vom Standpunkte gemäßigter, eingezogener Liberalitat, und lernte verachten, was dem Mittelmaße kosmopoliti

scher Nuß- und Brauchbarkeit sich zu unterwerfen scheut. Wenn ich an die Stunden denke, wo Sie uns zeigten, daß an der Mystik und der Welt der Visionen, dem thierischen Magnetis: mus, der Philosophie Hegel's, der intellectuellen Anschauung Schelling's, der Psychologie Herbart's und der katholischen Kirche nichts sei, und daß hinter der transcendentalen Synthese von Sein und Erkennen durchaus nichts weiter stecke, oder wenigstens nichts aufzufinden sei: wie wird mir da wohl und leicht ums Herz! Ich fühle mich wieder groß und stark, und denke: klein ist die Kunst und lang das Leben, oder was sonst der bekannte Dichter hierüber fagt. Aber eben der Katholizismus ist es, geehrtester Herr Profeffor und Ritter, über den ich es wage, Sie mit diesem Briefe zu belästigen. Soll es denn wahr sein, was die Zeitungen verkünden, ich glaube es nicht, ich kann es nicht glauben! daß Ew. Wohlgeboren den Ertrag Ihrer lehten Brochure zu einem Stipendium für einen Studirenden an der in Leipzig zu errich= tenden katholisch-theologischen Facultät bestimmten? Theuerster Herr Professor! ich beschwöre Sie bei allen hohen und heiligen Gedanken Ihres Lebens, laffen Sie fahren diesen Plan, den poetisch zu reden-irgend ein böser Geist Ihnen eingegeben haben muß, oder der, um mich richtiger auszudrücken und wahrer, nur durch die unrichtige Anwendung einiger griechischen VerstandesKategorieen auf dieses oder jenes deutsche Ding-an-sich entstan den sein kann. Ich weiß wohl, was einem Manne wie Ihnen hier vorgeschwebt haben kann: die Nothwendigkeit, östreichisch-abfolutistischen Einfluß von der Tempel-Dienerschaft eines constitu= tionnellen Staates abzuhalten, die nach dem alten Mercantil-System bemessene national-ökonomische Räthlichkeit, das Geld für Kost, Kleidung, Unterricht der katholischen Theologen u. dgl. nicht aus dem Lande zu lassen, und endlich die Hoffnung, auf diese Weise für einstige Ausgleichung dieser religiós sein sollenden Differenzen, oder vielmehr auf Aufhebung der Römlings-Herrschaft und des Dogmen-Wahnsinns hinzuwirken, einem theuren Freunde, viel leicht dem edlen und reinen Alexander Müller, der leider bis ist zu nichts gekommen ist, als einem mittellofen Titel, eis nen anständigen Posten zu verschaffen; allein glauben Ew. Wohlgeboren nur mir, der ich in Süddeutschland lebe und den Katholizismus aus der nächsten Nähe kennen gelernt habe, zwischen den Söhnen Gottes und den Söhnen Belial's (Sie verzeihen, daß ich mich in der Inbrunst der Seele eines biblischen Ausdrucks bediene, er ist durchaus nur poetisch genommen) kann keine Gemeinschaft Statt finden! Es geht nicht, es soll nicht gehen! O, wenn Sie wüßten, was ich weiß, Sie würden keinen Katholiken, am allerwenigsten einen Geistlichen, auf 24 Stunden in Ihrer Nähe dulden.

Ich muß Ihnen Dinge von gewissen geheimen Planen erzählen, die Sie schaudern machen werden; doch die heiligste Pflicht der Wahrheit und Dankbarkeit fordert mich dazu auf. Ich werde schreiben, wie es einem offenen, freien Manne ziemt; möge da fommen, was da will, ich troge dem Geschick! Von meiner Schulmeisterstelle haben sie mich ohnehin schon abgeseßt, unter dem schnöden Vorwande, ich predigte den Kindern baren Indifferentism und ließe beim Gebet den Glauben und das Va= ter-Unser weg; was können sie mir noch thun? Den Dolch

des Banditen scheue ich nicht; auch trage ich seit der Zeit, daß ich hinter jene gleich zu erörternden Anschläge gekommen, immer gesteppte wollene Unterkleider und gehe nur bei hellem Mittage aus; zu leben habe ich, denn meine alte Mutter unterstügt mich mit dem Ertrage ihres Gewerbes, und dann wenn Ew. Wohlgeboren anders von der Triftigkeit meiner Gründe überzeugt sein werden, so bitte ich, auch den Schluß meines Briefes zu berücksichtigen, und ich werde gerettet sein! - Es gibt Lagen, in denen man erkennt, was ein Mensch dem andern ist und welche erhabene, ja, göttliche Tugend unter diesem Inbegriffe von Anschauungsformen und innern Möglichkeitsgründen verborgen liegt, so man Mensch nennt!

Wir wissen alle, was unsere Zeit wünscht und verlangt, worin Fürsten und Völker sich friedlich und einträchtig vereinen. Ein bürgerliches Königthum, das Doctoren, Magister und KaufLeute als die einzigen Stüßen des Thrones betrachtet, die Gewissen frei gibt und die Spinnmaschinen und Pressen, Alles gleich macht, wenig Geld kostet, und nebenbei edel und großartig ist, die Würde der Nation nach außen behauptet, im Innern voll erlaubter staatsgefeßlicher Tugend ist, einen König hat, der nicht regiert, ein Ministerium, das regiert wird, und eine Deputirtenkammer, die sich nicht regieren läßt, und dabei Alles mäßig, ruhig, ohne so genannten Enthusiasmus, der durch kein Gefeß vorge sehen ist, treu dem Systeme der Reformen, ohne Gewaltthätigkeit und Widerstand, sanft, wie die Wurzel des Steinbrech, das sich ernst langsam in die Rigen schleicht und dann die Felsen sprengt. Nur dieses will sie; aber erlangt sie es? hat sle es an irgend einem Punkte erreicht? Und wo sie es erreicht hat, sind da die Menschen um einen Scrupel besser und glücklicher, als einst? Nein, rufe ich, nein! — Und wer ist Schuld hieran? Nur ein Thor kann sagen: sie selbst! ich aber rufe: die katholische Geistlichkeit! Diese ist des großen Unheils lezter Grund.

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Glauben Sie mir, Rom hat seine alten Träume von Weltherrschaft noch nicht aufgegeben; im Gegentheile, es ist für diefelben jest thätiger, als je. Durch die ganze Erde sind seine

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Missionåre vérbreitet, und überall arbeiten sie hin auf Umsturz der Regierungen, Bedrückung der Völker, Verfinsterung der Ge müther, Untergang der Wahrheit, Verfälschung des Rechts. Ich will hier nicht von Portugal, Spanien, Frankreich, Irland und Belgien reden, wo die Sache so klar am Tage liegt. Denn haben wir nicht alle tausend Mal gelesen und liberale Blåtter lügen nie, daß in Portugal z. B. nur Priester-Trug und -Tücke die unheilvolle Verwickelung der Dinge herbeigeführt, die Bürgerschaft gewonnen, den Adel entflammt, die ganze Nation für den entfehlichen Don Miguel begeistert hat, so daß nur durch fremde Söldner, durch Abenteurer, ja, ich möchte sagen - wenn es sich hier nicht um eine solche heilige Sache handelte, durch das, was man beinahe den Auswurf aller Nationen nennen kann, der edle, von den Brasilianern so mißkannte Don Pedro, dessen Heldenthaten Niemand besser zu schildern wußte, als er selbst, in das Reich seiner Våter wieder eingefeßt wurde? Wer unterstüßt Don Carlos in Spanien gegen die Fortschritte der Civilisation und die Würde des Thrones, dessen ursprüngliches Unrecht nunmehr durch das Urtheil der National-Reprå: sentanten zum Rechte geworden ist? Der Clerus! - Wer hat für den Fall seines Unterliegens schon jezt die exaltirte Par tei, Mina an der Spise, in den Hinterhalt gestellt? - Abers mals der Clerus! Verlangt man für Lesteres Gründe ? Man kann da keine geben, wo Alles im Verborgenen geschicht, und sind nicht etwa die von dem Pöbel in Madrid in gerechtem Zorne hingeopferten Jesuiten Beweise genug? - Die erste und zweite Revolution in Frankreich! — Hat nicht einer der Obern jener Römlinge, ein gewisser Bischof Fenelon, sie vor mehr als hundert Jahren vorhergesagt? Haben nicht ihre Kanzelredner so oft von hereinbrechenden Strafgerichten Gottes gesprochen? Und was kann man leichter voraus verkünden, als — die eigene That! Sie wollten das Volk verderben, um in der allgemeinen Verzweiflung die Tröstungen der Religion theuer an Mann zu bringen. Marat, man weiß es ja, war ihnen verkauft, und mußte gegen die unbeeideten Geistlichen aufreizen, damit die Kirche neue Heilige und Mårtyrer bekäme; die vermoderten in den Katakomben Roms waren nicht mehr wirksam genug. Und erst Belgien! Håtte auch König Wilhelm gerechter regiert, Belgien einen gleichmäßigeren Theil an der Repräsentation des Staates im Ministerio und den Kammern gegönnt, nicht die Schuldenlast Hollands auf dasselbe gewälzt, nicht seine Sprache aus den Gerichtshöfen verbannt, und Lehrer und Beamte angestellt, die dem Volke verhaßt sein mußten; hätte er auch nicht die Vorurtheile der Menge tausend und aber tausend Mal beleidigt, die materiellen Interessen aufgeregt und verlegt und fein

Land nicht zum Asyl aller politischen Verbannten Europa's, zum Herd aller möglichen Confpirationen gemacht, und hätte er auch nicht gestattet, daß von Brüssel aus eine verbrecherische Preffe die Schändlichkeiten Frankreichs nachdrucke und durch eigene ver mehre, håtte er auch dies alles nicht gethan was er freilich gar zu lange wirklich gethan hat: er håtte dennoch weichen müssen; denn der Clerus war gegen ihn! Ich erinnere nur an De Potter, wenn auch jest die scheinheilige Frömmigkeit das abgenuste Werkzeug aus ihrer Mitte verbannt hat. Und in Irland wer wird sich tauschen lassen, wenn die Bischöfe. gegen O'Connel Hirtenbriefe, erlassen! Macht etwa dort die Noth des Volkes die Revolution, das bis auf die kleinsten Parcellen vertheilte Eigenthum, die dem Auslande zuwandernden Capitas Lien, die schlechte, stiefmütterliche Behandlung, die Rohheit des Bolkes, das kraftlose Ministerium, das ungeheure Talent des großen Agitators? Nein, sage ich, nein! und wenn ich kei= nen andern Grund hätte, als den meiner Kehle, nur die Geist lichkeit hat aufgeregt!

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Doch es ist nicht mein Zweck, Eulen nach Athen zu tragen: alles, was über so viel besprochene Thatsachen gesagt worden ist, haben Sie, mein Ritter, gewiß auch schon gesagt; ich will nur aufmerksam machen auf solches, was bisher Niemand beachtete und was doch zum Erschrecken zeigt, wie weit die Plane des Vaticans reichen, welch ein gewaltiges Neg alle Völker von eis nem Ende der Erde zum andern umschlungen hat.

Ich beginne mit China. -Von dem geheimen Bunde, der dort herrscht, weiß Jeder. Sein Zweck soll sein, einen Sprößling der alten einheimischen Dynastie auf den ufurpirten Thron der Mantschu zu erheben. Jesuitenmåhrchen! - Sein Zweck ist, den römischen Papst auf den Sis des Dalai Lama zu brin gen. Rosenkranze, Litaneien, Festtage, das Colibat und die Unfehls barkeit haben die Söhne Loyola's schon vorläufig dort eingeführt. Daß die dortige Regierung dem Plane auf der Spur sei, zeigt die vor einiger Zeit in den Zeitungen angekündigte Execution, welche die sonst so milde und patriarchalische Verwaltung über die Bekenner des Christenthums verhängt hat. Wir guten Deutfchen! Ich habe hier zu Lande Leute gesehen, die über diese Verschwörer Mitleid hatten; es stand auch so dumm, so anspruchlos, so ohne alle Anspielungen in den Zeitungen! O Gott, wenn ich nur auf ein Jahr Redacteur der Allgemeinen wåre!

Ueber die Umtriebe in Indien bin ich weniger unterrichtet; allein wenn man bedenkt, welch einen Umfang das Lehnwesen unter den Afghanen gewonnen hat, wie gewiß nicht ohne Einfluß der unter der Restauration so mächtigen Geistlichkeit sich so viele Franzosen in die Dienste der einheimischen Fürsten begeben haben, Beitschr. f. Philos. u. kath. Theologie. 12. H.

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