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DIE RÖMISCHE JUDENGEMEINDE

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kein Mittel, sich die Statthalter Christi günstig zu stimmen und humaner gesinnte unter ihnen zur Aufhebung der Verordnungen zu bewegen, die judenfeindliche gegen sie erlassen hatten. Paul II. als Venezianer fanatischer Antisemit, gab seiner Abneigung gegen sie dadurch Ausdruck, daß er sie zwang, bei den von ihm eingeführten Karnevalsbelustigungen auf dem Corso zum Wettlauf anzutreten, nachdem man ihnen, um ihnen die Sache beschwerlicher zu machen, vorher ein überreiches Mahl verabreicht hatte. Noch 200 Jahre später erscheinen die „Hebräer" im Programm der Corsowettrennen, und zwar in der Reihenfolge zwischen den Eseln und den Büffeln. Unter Clemens IX. gelang es ihnen endlich, sich mit einer jährlichen Zahlung von 300 Scudi von dieser Verhöhnung loszukaufen, wofür sie jedoch verpflichtet wurden, am ersten Karnevalssonnabend eine Abordnung auf das Kapitol zu senden, die den Konservatoren einen bestimmten Betrag zur Ausschmückung des vom Senat benutzten Balkons übergab und dann unter demütigenden Zeremonien den Senator im Namen der Gemeinde um Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bitten mußte.

Abb. 145. S. Maria in Campitelli, Inneres

Auch bei der Thronbesteigung eines neuen Papstes trat die Judenschaft der Stadt handelnd auf. Ihre angesehensten Männer erwarteten in würdiger Kleidung den im Triumphzuge einherreitenden Heiligen Vater anfangs in der Regione Parione, später am Monte Giordano hinter dem Marcellus-Theater, zuletzt in oder an der Engelsburg- und überreichten ihm mit der Bitte um Bestätigung den Pentateuch. Der Papst nahm das Buch, las darin und gab es der Abordnung mit den Worten zurück: Confirmamus, sed non consentimus (Wir bestätigen, aber wir stimmen nicht

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bei). Bei der Thronbesteigung Leos X. kam diese Zeremonie zum letztenmal zur Anwendung; dafür wurde von nun an den Juden die Pflicht auferlegt, Teile der Triumphstraße, und zwar vor allem, worin eine besonders schmerzliche Demütigung für sie lag, den Titusbogen und seine Umgebung, mit kostbaren Stoffen auszuschmücken. Auf diese Draperien mußten ihre Frauen und Töchter Embleme und Sinnsprüche heften, wobei mitunter eine höchst drollige Mischung von alttestamentlicher Weisheit und barock aufgeputzter antiker Mythologie zustande kam.

Mit dem Regierungsantritt Pauls IV., des fanatischen Neapolitaners Caraffa, erreichte die Leidenszeit der armen Menschen ihren Höhepunkt. Er machte das ungesundeste Quartier zum Ghetto, umgab es mit Mauern und Toren und pferchte die ganze Judenschaft darin ein. Sie erhielten die Häuser in Erbpacht und betrachteten den Mietvertrag, der vom Besitzer des Hauses nicht aufgehoben werden konnte, vom Mieter aber an andere veräußert werden durfte, als ihr wertvollstes Eigentum, da er ihnen wenigstens ein Heim sicherte. Dafür bedrückte der Papst sie in anderer Beziehung um so grausamer, legte ihnen unerträgliche Abgaben auf und

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ließ ihrer viele durch die Ketzergerichte in qualvoller Weise umbringen. Bei seinem Tode machten sogar die sonst so zurückhaltenden und scheuen Bewohner des Ghettos ihrem Hasse Luft, sie mischten sich beherzt unter das tobende Volk, und einer von ihnen stülpte der auf dem Kapitol aufgestellten Statue des Papstes den gelben Schandhut auf, worauf die Menge die Bildsäule zertrümmerte und durch den Kot schleifte. Unter Pauls Nachfolgern war Sixtus V. der einzige, der die Lage der Juden verbesserte. Aber schon unter dem nächsten Papst, Clemens VIII., sanken sie wieder in ihr Elend zurück und verblieben darin, bis Pius IX., der in den ersten Jahren seiner Regierung liberale Anwandlungen hatte, 1847 die Mauern des Ghettos niederreißen ließ und dessen Bewohnern die Freiheit gab, überall zu wohnen und alle Gewerbe und Handwerke zu betreiben.

Aber die Macht der Gewohnheit bannte die Stiefkinder des Glücks an die Stätte ihres Elends und an ihre mit Lumpen und anderm alten Trödelkram vollgepfropften Spelunken, und es bedurfte erst der Niederlegung des Ghettos im Jahre 1887, um den römischen Juden zu einem menschenwürdigen Dasein und zum vollen Genuß der ihnen von der Regierung des Königreichs Italien zugestandenen staatsbürgerlichen Rechte zu verhelfen.

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Von dem Bekehrungskirchlein Sant' Angelo in Pescaria führt das enge Gäßchen Via della Tribuna zur Piazza Campitelli, an der die 1665 von Carlo Rainaldi erbaute Kirche S. Maria in Campitelli liegt, ein Meisterwerk der auf gewaltige perspektivische Wirkung berechneten Dekorationskunst, bei dem in der Verwendung von Säulen und Pilastern

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wohl die äußerste Grenze des architektonisch Möglichen erreicht ist (Abb. 144 und 145).

Auf die Nordseite der Piazza mündet die Via de' Funari, genannt nach den Seilern, die ehedem in den Ruinen des hier gelegenen Circus Flaminius ihrem Gewerbe nachgingen. Hier steht an einer Straßenkreuzung zwischen langweiligen Palästen die schmucke kleine Kirche S. Caterina de' Funari (Abb. 146), deren an Sangallo gemahnende, aber schon das nahende Barock ankündigende Fassade lange für ein Werk della Portas galt, neuerdings jedoch auf Grund einer bisher übersehenen Inschrift dem Guidetto de' Guidetti zugesprochen wird. Der benachbarte Palazzo Mattei di Giove (Abb. 147), eine Jugendarbeit Madernas, macht zu

S. CATERINA DE' FUNARI PALAZZO MATTEI DI GIOVE 177

nächst nur durch seine Größe Eindruck. Aber so trocken das Äußere ist, so überraschend wirkt der mit einer Fülle von antiken Bildwerken geschmückte Hof, dessen durchbrochene Rückfront einen köstlichen Durchblick auf die echt südliche Pracht des Gartens gewährt.

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Auf der nach dem Palazzo benannten Piazza finden wir den schönsten aller römischen Brunnen, die Fontana delle Tartarughe (Abb. 14 148), das gemeinsame Werk Giacomos della Porta und Taddeo Landinis. Über vier muschelförmigen Becken erheben sich vier lebhaft bewegte Jünglinge, deren jeder mit der einen Hand einen wasserspeienden Delphin am Schwanze hält und mit der andern einer dem nassen Element zustrebenden Teichschildkröte in die obere Brunnenschale hilft. Die Gruppe zeigt in Aufbau und Linienspiel so unverkennbar den Stempel ungewöhn

12 Haarhaus, Rom

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