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CIRCUS MAXIMUS

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zählte wenige Jahre später nur noch 50 000 Einwohner!

Heute sind vom Cirkus Maximus kaum noch Spuren zu sehen. Wenn man das denkwürdige Tal betritt, ist man zunächst enttäuscht: links, unter dem steilen Hang des Palatin, die Kirche Santa Anastasia, eine der ältesten Basiliken, im Mittelalter von portugiesischen Kardinälen gotisch umgebaut, zu Beginn des 18. Jahrhunderts im blühendsten Barock erneuert, rechts eine Gasanstalt und eine Eisengießerei. Dann aber wird es einsam: Ödland mit kümmerlichem Buschwerk und vereinzelten Bäumen breitet sich vor uns aus, links rauscht am Fuße des Aventin der Marranabach dem Tiber zu, rechts grüßen vom Rande des Palatinplateaus die erhabensten Denkmäler der Vergänglichkeit aller irdischen Macht und Größe, die Trümmer der Kaiserpaläste. Darunter, in der Vigna des Collegio Inglese, ein paar verfallene Pfeiler und Bogen: die dürftigen Reste der Loge, von der aus die Herrscher des römischen Weltreiches dem Kampf der Wagen zuzuschauen pflegten. Gegenüber, den Hang des Aventin hinansteigend, eine Wiese mit schmucklosen grauen Steinen, die hebräische Inschriften tragen: der Friedhof der römischen Juden. Nicht weit davon steht eine Mühle, deren Räder der Marranabach treibt, und daneben eine bescheidene Schenke, die Osteria della Moletta, in der man noch Reste der Mauern und schrägen Tonnengewölbe sieht, die die Sitzreihen des Zirkus trugen. Hier ist auch noch ein kleines Stück von dessen Umfassungsmauer vorhanden.

Abb. 261. S. Maria in Cosmedin, Osterleuchter und Ambo

Wir gehen, dem Bachlaufe folgend, zum Eingang des Tales zurück und wandern die Via di S. Sabina zum Aventin hinauf. Auf der Höhe, von der sich uns ein herrlicher Ausblick auf die Stadt, insbesondere auf

den Ruinenwald des nahen Palatin, den Tiber mit seiner Insel und Trastevere bietet, liegt rechts, ziemlich nahe am Nordwestrande der Hochfläche, die Kirche Santa Sabina, unter den im ursprünglichen Zustand erhaltenen Basiliken Roms die größte und schönste. Sie wurde etwa an der Stelle, wo einst der Tempel der Juno Regina gestanden hatte, von dem illyrischen Presbyter Petrus 422 erbaut und zehn Jahre später von Sixtus III. geweiht. Nach der Legende soll sich unter der Kirche das Haus befinden, worin die heilige Sabina und ihre Freundin Serapia, die zusammen den Märtyrertod erlitten, wohnten, und in der Tat hat man bei den neuesten Restaurierungsarbeiten (1919) unter dem vorderen Teile des Schiffes die Mauern eines antiken Hauses gefunden.

Man betritt die Kirche durch die nach dem Klostergarten zu vermauerte Vorhalle, aus der das berühmte Hauptportal mit den im 5. Jahrhundert aus Zypressenholz geschnitzten Flügeln in das Innere führt. Diese Schnitzereien füllten ursprünglich die 28 Felder der Tür; heute sind nur noch 18 Darstellungen vorhanden, die jedoch zu den merkwürdigsten und am besten erhaltenen Skulpturen der frühchristlichen Zeit zählen. Willkürlich angeordnet, zeigen sie in buntem Wechsel Szenen aus dem alten und dem neuen Testament, die hier nach mittelalterlicher Gepflogenheit zueinander in Parallele gestellt sind. An dem ganzen Werke sind mindestens zwei Künstler beteiligt gewesen: die kleinen und vier der großen Tafeln, die offenbar im engsten Zusammenhang mit der Sarkophagornamentik der ersten christlichen Jahrhunderte stehen, tragen das Gepräge unbeholfener, aber scharf beobachtender Realistik, die übrigen fünf großen verraten das Streben nach Befreiung aus den engen Schranken überlieferter Formen und nach malerischer Behandlung der Vorwürfe (Abb. 262).

Das Innere der Kirche ist von großartiger Schlichtheit und zum Glück auch bei der Erneuerung von 1587 ohne jede barocke Zutat geblieben (Abb. 263). Das Mittelschiff, über das sich der offene Dachstuhl spannt, wird von den Seitenschiffen durch je zwölf herrliche geriefelte und geschwellte Säulen korinthischer Ordnung wahrscheinlich vom Tempel der Juno Regina - geschieden. Die Verbindung zwischen ihren Kapitälen und der Oberwand vermitteln mit Marmorplättchen ausgelegte Backsteinbogen. Innen, über dem Haupteingang, berichtet eine alte Mosaikinschrift über die Gründung der Kirche; rechts und links davon symbolisieren zwei ebenfalls in Mosaik ausgeführte weibliche Gestalten von antiker Auffassung die Kirche als Bekehrerin der Juden und Heiden. Da Honorius III. (1216—27) die Basilika nebst einem Teile des benachbarten Palazzo Savelli dem heil. Dominikus überwies, erinnert in der inneren Ausstattung des schönen Gotteshauses manches an diesen Heiligen

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Abb. 262. S. Sabina, Geschnitzte Tür aus dem 5. Jahrhundert

und den von ihm gestifteten Orden: auf einem Säulenstumpf im Mittelschiff liegt der schwarze Stein, den der über Dominikus' Tugend erboste Teufel dem frommen Mann an den Nacken geschleudert haben soll; von den die Wände der Seitenschiffe durchbrechenden Kapellen, die natürlich alle einer späteren Zeit angehören, ist die schönste, die 1478 erbaute Cappella del Rosario, dem Andenken des Ordensstifters geweiht und mit einem bedeutenden Altarbilde von Sassoferrato geschmückt, das ihn in Gemeinschaft mit der heil. Katharina von Siena darstellt. Eine zweite, kleinere, Dominikus-Kapelle befindet sich seit der Restaurierung von 1587 unter dem Hauptaltar. Im Fußboden des Mittelschiffes endlich erinnert eine schöne Mosaikgrabplatte, ein Werk des Jacopo de Turrita, an den 1300 gestorbenen General des Dominikanerordens Munio de Zamora. Das zur Kirche gehörende Kloster, ein plumper Bau, der jedoch einen sehr beachtenswerten, leider unzugänglichen Kreuzgang birgt, nimmt zum Teil den Platz des einst berühmten Palazzo Savelli ein. Das Geschlecht dieses Namens war seit dem Altertum auf dem Hügel ansässig, führte seinen Ursprung auf Aventinus, einen sagenhaften König von Albalonga, zurück, der hier bestattet worden sein soll, und nahm aus eigener Machtvollkommenheit den Titel „Edle vom Berge Aventin“ an. Zu seinen Privilegien gehörte das Erbamt der Marschälle der heil. Kirche und der Wächter des Konklaves. Die Familie hat der Christenheit nicht weniger als sechs Päpste geschenkt, die alle eine besondere Vorliebe für den Aventin an den Tag legten und deren vorletzter, Honorius III., sich eine Zeitlang mit dem Gedanken trug, den von ihm bedeutend erweiterten und befestigten Familienpalast zur päpstlichen Residenz zu erheben.

Vom Vorplatz von S. Sabina führt die Via del Priorato in südwestlicher Richtung zunächst zu dem geräumigen Vorhof der dreischiffigen Klosterkirche Santi Alessio e Bonifacio. Auch sie ist sehr alt, aber 1570 vollständig umgebaut und 1750 durch de Marchis gründlich verzopft worden. Sie soll auf der Stelle stehen, wo dem heil. Bonifacius, d. h. dem ersten Papste dieses Namens, eine Basilika geweiht wurde, die ihrerseits wieder über dem Vaterhause des heil. Alexius erbaut worden sein soll. Dieser junge Römer, der Sohn des Senators Euphemianus und der Verlobte einer kaiserlichen Prinzessin, ist auf eine sonderbare Weise zur Kanonisierung gelangt. Während des Hochzeitsmahles überkam ihn mit elementarer Gewalt die Erkenntnis, daß alles irdische Glück eitel und wandelbar sei, und daß sich ein wahrhaft weiser Mann nicht frühe genug durch freiwilligen Verzicht auf alles, was den kurzsichtigen Menschen erstrebenswert erscheint, gegen die Tücke des Schicksals sichern und auf die unvergänglichen Freuden des Jenseits vorbereiten könne. Er schlich sich vom festlichen Mahle weg, verließ seine Angehörigen und

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die ihm eben angetraute schöne Gattin und durchpilgerte als Bettler die Welt. Nach geraumer Weile kehrte er krank in die Heimat zurück, fand unerkannt Aufnahme im Hause seines mildtätigen Vaters und lebte hier siebzehn Jahre als geduldeter aber verachteter Gast in einem Winkel unter der Treppe. Bei seinem Tode geschah ein Wunder: alle Glocken Roms begannen von selbst zu läuten, und eine himmlische Stimme verriet dem Papste, daß im Hause des Euphemianus soeben der heiligste Mann gestorben sei. Vergebens hatte sich der Vater bemüht, den starren Händen des fremden Bettlers ein von ihnen umklammertes Manuskript zu entnehmen: jetzt, wo Papst und Kaiser das Haus betraten, gab der Tote die Blätter willig her; man las die Aufzeichnungen, und Eltern und Gemahlin erkannten zu ihrem Schmerz in dem Dahingegangenen den Sohn und Gatten, um den sie sich so viele Jahre in Sehnsucht verzehrt. Da Kranke, die den Leichnam berührten, sofort geheilt wurden, lag es klar auf der Hand, daß der verachtete Bettler ein heiliger Mann gewesen war. Seine Geschichte fand seit dem 10. Jahrhundert die weiteste Verbreitung. Sie wurde, zuerst in Frankreich, dann auch in Deutschland, hier vor allem von Konrad von Würzburg, dichterisch behandelt und ist zu einem auch von den Brüdern Grimm mitgeteilten Volksmärchen geworden. Merkwürdigerweise jedoch erhielt das Abendland die Alexiuslegende über Griechenland aus Syrien, wo sie höchstwahrscheinlich entstanden ist. Gläubige Gemüter werden sich allerdings durch

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