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Ländern gelehrt hatte, wird immer bleiben, nämlich daß bei politischen Vergehen der Geschworne nicht urtheilt, ob der Angeklagte die vom Gesez bedrohte Handlung begangen, sondern ob diese Handlung überhaupt zu bestrafen und nicht vielmehr sehr preiswürdig ist. In diesen Sachen fällt regelmäßig der Geschworne nicht blos den Spruch, sondern macht nach der gerade herrschenden politischen Strömung auch das Gesez. Wie dieß mit ter Idee des Rechtsstaates zu vereinbaren, ist vollkommen unerfindlich. Man will an Stelle der Gerichtshöfe in unruhigen Zeiten Comité's du salut public sehen und wendet, unterstüßt von dem landläufigen Dogma von der Unfehlbarkeit des Volkes, die Phrase an, daß der besoldete — aber auch unabsehbare Richter in politischen Rechtsfällen nicht so unparteiisch sein könne als der freie Geschworne, welcher aber freilich fast immer viel unfreier ist und hier grundsäglich subjektiv.

Endlich, und dieß ist, obwohl nur nebenbei gleichsam hinge, worfen, ein Grundgedanke des Programm's, wird die vollständige Trennung von Kirche und Staat verlangt. Hier liegt die Frage sehr nahe, wie vielen wohl von denen, welche das Programm unterzeichnen oder wenigstens billigen, der Sinn dieser vielgebrauch. ten Bhrase klar sein mag; wir hoffen, sehr wenigen. Um überhaupt in die Redensart, welche ungefähr ebenso gut zu verwenden ist und gleichen Werth hat mit der vom „Staat im Staate", ale welcher die katholische Kirche häufig bezeichnet wird, einen Sinn zu bringen, muß man zuvörderst vom abstrakten Staate absehen und sie auf den concreten Staat Preußen anwenden. Doch auch „die Kirche“ ist eine Abstraktion, wenn man die ganze Phrase nicht bloß auf die katholische Kirche anwenden will, in welchem Falle fie allerdings vollkommen klar wäre.

Wir müssen daher sagen: „jede Kirche und zwar nicht blos die lutherische, reformirte und katholische, sondern überhaupt jede Religion, auch die jüdische und welche sonst etwa vorkommen fönnte; und die Verfasser des Proclama's wollen also sagen, daß in Preußen Gesezgebung und Verwaltung vollständig von allen Religionsgemeinschaften, d. i. von allen Religionen getrennt sein, namentlich auf deren Gebote keine Rücksicht nehmen und nicht mehr auf sie bafirt sein sollen.

Wie dies möglich ist, ohne der ganzen sittlichen Ordnung ihren Halt zu nehmen und sie demnächst umzustürzen, ist nicht klar, ist überhaupt gar nicht darzuthun. Alle Gefeßgebung ist nothwendig auf die Sittlichkeit bafirt; deren Grundsäße sind die Unterlage für die Staategeseze in allen Verhältnissen, in denen der Mensch etwas Moralwidriges begehen kann. Unsere Moral aber ist we fentlich auf das Christenthum gegründet; andere Religionen geben

ganz andere Gebote der Moral; es gibt Völkerschaften, welche kein Verbrechen der Blutschande kennen, und andere halten es für vollkommen erlaubt, die altersschwachen Eltern zu tödten, die Kriegsgefangenen zu essen und die Verträge zu brechen. Wir halten diese Ansichten für unsittlich, sind aber, wenn wir das göttliche Gebot nicht zu Hülfe nehmen, vollkommen außer Stande, die Richtigkeit unserer Meinung zu beweisen. Der menschlichen Natur muß jene Handlungsweise nicht zuwider sein, denn die Völker, welche sie üben, befinden sich im allereinfachsten Naturzustande. Nur ein über den Menschen stehendes Wesen kann bestimmen, was gut und böse ist, nämlich Gott; seinen Willen aber haben wir weder durch Landtagsmajoritäten noch durch Gelehrte erfahren, sondern allein durch die Offenbarung, enthalten im Christenthum. Wenn also das Christenthum nicht mehr die unvers rückbare Grundlage unserer Gesetzgebung sein soll, so werden seine Gebote für unkräftig, vielleicht für thöricht und verwerflich erklärt, und wenn die nächste Kammermajorität dieß nicht ausführt, so ist es doch nur eine Zeitfrage, wann das außer Activität geseßte Christenthum und damit die ganze sittliche Ordnung, alle Begriffe über Mein und Dein, Recht und Ehre beseitigt werden sollen. Wir wollen Herrn Schulze-Delitzsch und Genossen nicht den Vorwurf machen, daß ihnen diese Consequenz ganz klar und beabsichtigt sei, aber sie ist darum nicht minder nothwendig.

Mit der Schule wird der Anfang gemacht, bei uns und anderwärts; der Vertreter der Religion, die Geistlichkeit soll nur den Religionsunterricht ertheilen; wie aber sonst die Lehre mit dem Christenthum übereinstimme, das soll sie nicht fragen dürfen. Zuerst in der Schule, dann später, namentlich in praktischen Fragen, z. B. bei der Ehe, soll dem Staatsbürger verdeutlicht werden, daß alle Religionen gleich wahr, also gleich unwahr und unrichtig sind, und aus der anerzogenen Gleichgültigkeit wird bald der Haß erwachsen, welcher das unbequeme Gebäude umstürzt.

Die katholische Bevölkerung wird hoffentlich solchen Anregun= gen ihren Beifall nicht zollen. Sie wartet, ob die Brüder Reichensperger, Mallinckrodt und Andere nicht zu ihr reden und sie auffordern werden, Männer zu wählen, welche die Fähigkeit und den Muth besigen, der Revolution und dem Unglauben, die beide immer Hand in Hand gehen, mit Wort und That entgegen zu treten.

XI.

Kritische Ueberschau der Bearbeitung der deutschen Staats- und Rechtsgeschichte.

Dritter Artikel.

(Schluß.)

Das Hauptverdienst der germanischen Rechts- und Staatsforschungen in der fränkischen Periode besteht entschieden in der geschichtlichen Darstellung des Rechtssystems und der Staatsverfassung derselben. Sie ist ja der Hauptgegenstand der meisten hieher gehörenden Werke. Nach Eichhorn haben Zöpfl und Walter, und was die Verfassungsgeschichte betrifft Waiß, das Beste geliefert. Die Arbeiten Zöpfl's sind von streng juristischem Charakter, die Walter's etwas weniger, die Darstellung von Bait gar nicht. Wir können hier nur sehr allgemeine Umriffe des Rechtssystems und der fränkischen Staatsverfaffung geben, und nur einzelne uns einer besondern Beachtung würdig erscheinenden Punkte hervorheben.

Die zugleich privat- und staatsrechtlich maßgebenden Standesverhältnisse*) waren aus den von Tacitus ge

*) Sie find behandelt bei Zöpfl §. 9 bis 11, bei Walter §. 384 bis 403 und 419 bis 422, 434 bis 440, in zweckmäßiger Uebersicht bei Schulte §. 52 bis 56.

XLVIIL

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genüber, wenn er auch unzweifelhaft die fünftige Majorität der Slaven, Ungarn und Rumänen am österreichischen Reichstag und ihre Geneigtheit, gegen einen anständigen Gewinn an den türkischen Landen die Rheingrenze loszuschlagen, nicht außer Ansaß läßt. Jedenfalls würde er Alles und Jedes versuchen, um am Rhein nicht wieder die schwarzgelben Banner vor sich zu haben. Will er aber mit der englischen Machtstellung im Mittelmeer anbinden, dann taugen Mazzini und Garibaldi, Kossuth und Türr selbstverständlich zu nichts. Im Gegentheil muß er dann Oesterreich an sich zu ziehen suchen, er darf sich wenigstens mit ihm nicht überwerfen.

Die Schonung ist in der That unverkennbar, deren sich Wien seit Kurzem von seiner Seite erfreut. Er desavouirt die Ungarn noch ausdrücklicher als die Polen, und selbst der über die römische Frage entstandene Notenwechsel schließt damit, daß Graf Rechberg Oesterreichs „innige Befriedigung anläßlich der beruhigenden Zusicherungen" Frankreichs erklärt. Augenscheinlich muß hinter den Coulissen noch Manches vorges gangen seyn, was nicht geschrieben steht; denn die Note Thouvenels vom 6. Juni - dem Todestage Cavours - hat feineswegs aus der persiden Art geschlagen, um den österreichischen Minister so sehr zu entzücken. Was er und das spanis sche Kabinet mit identischen Worten behaupteten: daß die Hauptstadt der katholischen Welt nur den katholischen Nationen gehöre, daß Niemand das Recht habe, den Papst derselben zu berauben, und die katholischen Mächte die Pflicht ha ben, ihn dort zu erhalten" das stellt Thouvenel geradezu in Abrede, da auch die nichtkatholischen Mächte den KirchenStaat garantirt hätten. Er sagt im Grunde nur so viel: der Lezte habe noch nicht geschossen. Und wenn er Desterreich wie Spanien einlädt, zum Behuf einer baldigen Lösung „jede andere partikuläre (und dynastische) Erwägung hinter ihren Eifer für den heiligen Stuhl zurückzudrängen“: so ist

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doch der klare Sinn nicht zu verkennen, daß der Imperator bezahlt seyn will für seine guten Dienste im Patrimonium, und zwar allermindestens durch die freie Hand im übrigen Italien.

Desterreich und die katholische Welt könnten es sogar wir müssen abermals darauf zurückkommen in Italien noch beffer haben. Es gäbe ein unfehlbares Mittel, nach dem Saz cessante causa cessat effectus, den Jmperator und Frankreich mit ihm zur conservativsten Politik in Italien zu befehren: man brauchte ihm nur die - Rheingrenze zu verschaffen. Um Preußens, um Englands, um des europäischen Gleichgewichts willen leidet der heilige Stuhl und seine Getreuen in aller Welt! Wie den deutschen Katholiken dafür von den protestantischen Parteien gelohnt wird, brauchen wir nicht zu sagen; genug daß im weiten Vaterland troß Allem und Allem keine katholische Stimme laut geworden ist, welche die sichere Rettung ihrer heiligsten Eympathien mit einem Verrath an der Nation erkaufen wollte. Wir fönnen uns fühn hinstellen und sprechen: geht ihr hin und thut desgleichen"!

Anders stellt sich die Frage, wenn heute oder morgen der Kampf bis auf's Messer zwischen den westlichen Mächten entbrennt. Dann wird Desterreich den traditionellen Ruf seiner politischen Weisheit und Zähigkeit zu erhärten haben. Es kommt Alles darauf an, daß es sich zwischen den beiden Werbern nicht vorschnell entscheide. Die Wahl pressirt ja auch keineswegs. Denn der fragliche Kampf wird die Krisis bilden, aus welcher die definitive Neugestaltung Europa's hervorgehen muß; und die Macht wird rechtbehalten, welche den lezten Nachdruck zu geben versteht.

Das Endresultat unserer Beobachtungen geht somit dahin, daß wir nicht auf Krankheit und Tod unbequemer Personen zu rechnen brauchen - denn wenn auch Er stirbt, so ftirbt doch die Revolution nicht - und dennoch glauben kön

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