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worauf dieser im April 1093 nach Kiew kam und als Grossfürst anerkannt wurde. Das Volk gab sich bei seinem Regierungsantritte den schönsten Hoffnungen hin, welche er aber gar nicht rechtfertigte, indem seine Regierung eine der unglücklichsten war. Innere Fehden zerrütteten das Reich und dezimirten die Bevölkerung, dazu gesellten sich die sich immer wiederholenden Einfälle der Polowzer, welche sehr oft von einheimischen Fürsten aus Rachsucht herbeigerufen wurden, und um das Elend zu vollenden, kamen zu wiederholten Malen die früher in diesen Landen nie gesehenen Heuschrecken, die eine ungeheuere Hungersnoth im Gefolge hatten. Dazu war der Grossfürst nicht nur ein schwacher, sondern auch ein treuloser, undankbarer, argwöhnischer, im Glücke hochmüthiger, im Unglücke feigherziger Mensch, welcher gleich den anderen Fürsten mit Eiden und Gelöbnissen spielte, und durch Geiz und Krämergeist seine hohe Würde schändete. Es würde keine erbauliche Lektüre bieten, wenn man auf seine Regierung näher eingehen wollte, erwähnt seien nur zwei feierliche Friedensschlüsse, welche die damaligen Fürsten Russlands mit einander schlossen, ohne sie freilich zu halten. Das erste Mal kamen sie im Städtchen Lubetsch bei Kiew 1097 zusammen, wo sie den inneren Fehden ein Ende zu machen. beschlossen, indem sie das ganze Reich unter sich theilten nach dem Grundsatze, dass Jeder das von seinem Vater crerbte Land behalten solle, und sich gegenseitig den sicheren und ungestörten Besitz ihrer Lande garantirten, und Tod und Verderben Demjenigen androhten, der die Ruhe stören würde. Allein noch in demselben Jahre entstanden Bürgerkriege, deren Ende nicht abzusehen war, daher kamen sie noch einmal im J. 1100 in Kiew zusammen, entsetzten David, den Fürsten von Wladimir in Wolynien als Ruhestörer; doch auch nachher konnte von einem Frieden keine Rede sein. Endlich starb Swiatopolk im Alter von 62 Jahren am 16. April 1113 und hinterliess das ganze Reich in einer traurigen Anarchie.

Trotzdem war Russland im Auslande noch geschätzt, wie aus den ehelichen Verbindungen mit fremden Höfen hervorgeht. So hatte die älteste Tochter Swiatopolk's der polnische König Boleslaw III. geheiratet, und zwar wegen der nahen Verwandtschaft mit päpstlicher Dispens; seine zweite Tochter Predslawa vermälte er 1104 mit einem Sohne des ungarischen Königs Colo

man, und dieser König selbst heiratete des tschernigow'schen Fürsten Monomach's Tochter Namens Euphemia, die aber unglücklich mit ihm lebte und nach Russland zurückkehrte, 35) wo sie 1138 starb. Die Prinzessin Maria, Tochter des Fürsten Wolodar, ging 1104 als Gemalin eines der Söhne des griechischen Kaisers Alexius nach Konstantinopel und wurde wahrscheinlich die Ahnfrau des trapezuntischen Kaiserhauses.

Dass das Chris'enthum auch in diesen traurigen Zeiten Fortschritte machte, ist wohl vorzüglich dem Eifer der Bischöfe und der zahlreichen Ordensleute zu verdanken, welche mit Selbstaufopferung ihre edle Mission mit Erfolg erfüllten. Die Kiewer Metropolitanwürde bekleidete nach Ephraem's Tode Nikolaus, ein Grieche, welchen Nestor im Jahre 1097 bei einer Mission an Wladimir Monomach nennt, so dass dieser Metropolit nicht, wie Kulczyński 36) irrthümlich meint, erst im Jahre 1102, sondern bald nach Ephraem's Tode, also schon im J. 1097 den Kiewer Metropolitanstuhl bestiegen hat und denselben wahrscheinlich bis zum Jahre 1104 inne hatte, wiewol Nestor sein Todesjahr nicht nennt. In die Zeit dieses Kiewer Metropoliten fällt die Pilgerreise des Abtes Daniel, der in der Zeit, als Balduin I. (1100--1118) in Jerusalem herrschte, dorthin wahrscheinlich um 1104 angekommen ist, dort am heiligen Grabe das Gebet verrichtete, vom Balduin Schirm und Schutz erhielt, die Namen der russischen Fürsten zur Erinnerung und zum Andenken in den Gebeten im Kloster des heil. Sabbas aufzeichnete und einen Reisebericht aufgezeichnet und hinterlassen hat. Zu seinen Zeiten (1098) wurde das Kiewer Höhlenkloster sowie die dazu gehörige Muttergotteskirche von den Polowzern geplündert und zum grossen Theile verbrannt; und im J. 1101 wurde von Wladimir Monomach in Smolensk eine neue bischöfliche Kirche gestiftet, mithin dort ein neues Bisthum errichtet. Am 6. Dezember 1104 kam nach Russland der

35) Thurocz, chron. Hungar. cap. LXI. Pray, annales Hung. 1. II. 36) Specimen Ecc. Ruth. pag. 113. Sonderbarerweise schreibt auch Strahl a, a. O., dass weder der Antritt noch das Ende des Metropoliten Nikolai bekannt ist, ebenso wie auch das Jahr, in welchem dessen Nachfolger Nikifor Metropolit von Kiew wurde; und Nestor sagt ausdrücklich, dass Nikifor am 6. Dezember 1104 nach Kiew gekommen ist und am 18. Dezember 1104 inthronisirt wurde.

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neue Metropolit Nikifor, ein Grieche, und wurde am 18. Dezember 1104 inthronisirt. Im Jahre 1105 hat dieser Metropolit drei Bischöfe angestellt, und zwar am 27. August den Amphilocbius in Wladimir, am 12. November den Lazarus in Perejaslawl und am 13. Dezember den Michael in Polozk. Endlich ist bei Lebzeiten desselben Metropoliten Swiatoslaw, Sohn des Wladimirer Fürsten David in's Kloster eingetreten, wo er ein frommes Leben führte und eine Bibliothek anlegte und dort sein Leben selig endete. Unter diesem Metropoliten geschah auch die Seligsprechung des heil. Theodosius, und zwar auf Betreiben des Abtes des Höhlenklosters Theoktist, in Folge dessen dieser selige Mönch in allen Bisthümern in das Synodikon eingetragen worden ist. Unter diesem Metropoliten ist nach Nowhorod der heil. Antonius Romanus, ein gelehrter Mann, gekommen, der dort am Flusse Wolchow ein Kloster gegründet hat. Der Metropolit Nikifor stand der russischen Kirche von 1104 bis gegen 1121 vor; er wird als ein Mann von seltener Gelehrsamkeit geschildert, der durch Beredtsamkeit, theologische und philosophische Kenntnisse glänzte, der aber schon von dem erstarkenden orientalischen Schisma angesteckt war, indem er in seinen beiden Sendschreiben an den Fürsten Monomach gegen die römisch-katholische Kirche feindselig eifert; und mit seinem Regierungsantritte schliessen wir den ersten Zeitraum unserer Geschichte, in welchem das orientalische Schisma wenig bekannt war und keinen Anklang fand, wogegen es von nun an durch die grösstentheils von Griechenland kommenden Metropoliten langsam aber nachhaltig nach Russland verpflanzt und immer weiter ausgebreitet wird.

Wiewol also die Regierungszeit Swiatopolk's im Ganzen unglücklich war, hat sie doch ins geistige Leben keinen Stillstand gebracht, die zahlreichen Klöster arbeiteten emsig im Weinberge des Herrn, sie milderten die Sitten und waren vom Volke und von den Fürsten geachtet, und der Grossfürst selbst achtete und ehrte sie, und bat vor jeder Unternehmung um den Segen des Hegumens. Die Klöster pflegten die Wissenschaften, und einem damals im Kiewer Höhlenkloster lebenden Mönche verdanken wir die älteste Chronik. Der ehrwürdige Nestor war dieser Mönch, er schrieb und vollendete um jene Zeit seine Chronik, welche eine Hauptquelle nicht nur für die russische, sondern überhaupt für die nordische Geschichte bildet. Doch hier

endet auch Nestor seine Chronik, nachdem er unter dem Jahre 1106 noch von dem Tode eines 90jährigen Greises, Namens Jan, dem er viele Nachrichten verdankte, berichtet hat.

Wenn wir nun schliesslich die Frage aufwerfen, wie wet sich das Christenthum bis zum Anfange des zwölften Jahrhunde tes ausgebreitet hat, so können wir auf Grund der zuverlässigen Nachrichten Nestor's antworten, dass ausser den schon zu Jaroslaw's Zeiten bestandenen Bisthümern in der zweiten Hälfte des eilften Jahrhundertes noch die Bisthümer in Turow, Smolensk, Peremyschl (Przemysl) im jetzigen Galizien und in der Stadt Swiatopolks, welches aber kein neues Bisthum, sondern nur eine Uebersetzung des Jurjewer Bischofsitzes war, entstanden sind. Demnach ist das Christenthum bis zum Anfange des XII. Jahrhundertes fast in alle Gegenden des damaligen russischen Reiches gedrungen, und fast in allen Gegenden sind bischöfliche Sitze und Klöster entstanden, von wo das Wort Gottes immer weiter ausgebreitet und befestigt wurde. Es bestanden nämlich schon am Ende des eilften Jahrhundertes zwölf oder dreizehn Bisthümer, aus deren geographischer Lage man am besten ersehen kann, wo das Christenthum bereits grössere Fortschritte gemacht hatte, und dies war besonders im südlichen und zum Theile auch im westlichen Russland der Fall, wogegen der Osten, besonders der Nordosten Russlands mit dem Christenthume noch sehr wenig bekannt und noch dem Heidenthume ganz ergeben war, bis auch in die dortigen Gegenden das Licht des evangelischen Glaubens eingedrungen ist.

§. 23.

Ursachen der schnellen Verbreitung des Christenthums und Hindernisse derselben.

1. Wenn wir nun auf die Verbreitung des Christenthums in Russland einen kurzen Rückblick werfen und das hier Geschehene mit der Christianisirung anderer Länder und anderer Völker vergleichen, so müssen wir gestehen, dass es wohl kaum ein Land gegeben hat, in welchem das Christenthum so friedlich und so schnell sich ausgebreitet hätte. Denn wem ist es nicht bekannt, wie viel Blut in anderen Ländern und bei anderen Völkern fliessen musste, bis das Christenthum nur theilweise

eingeführt werden konnte. Die Ursachen der friedlichen und schnellen Verbreitung des Christenthums in Russland waren vorzugsweise:

a) Der russische Volkscharakter, welcher sich vorzüglich in Sanftmuth, Ergebenheit und Gehorsam gegen die Obrigkeit und stiller Strebsamkeit ausspricht; demnach sehen wir, dass, als der Fürst den neuen Glauben anzunehmen beschlossen hatte, das Volk sich nicht empörte, sondern sich den höheren Anordnungen fügte in der Meinung, dass das gut sein muss, da es vom Fürsten ausgeht. Dieser ruhige Charakter des kleinrussischen Volkes, denn von den Grossrussen kann in jenen Zeiten keine Rede sein, war es aber auch, der dasselbe von Verfolgungen, wie solche in anderen Ländern vorkamen, abgehalten hat; nur im Nordosten und im Norden Russlands, also in den Gegenden der nachmaligen Grossrussen hören wir von Empörungen, Weissagern und anderen Erscheinungen, die sich dem Christenthum gegenüber feindlich benahmen.

b) Ganz besonders wichtig und sogar massgebend ist der Umstand, dass die Russen schon seit langen Zeiten mit dem Christenthume bekannt waren, sowohl durch ihre zahlreichen Konnexionen mit den christlichen Griechen, als auch durch die wiederholten Bekehrungsversuche, in Folge deren es in Russland schon lange vor Wladimir's Zeiten Christen und Kirchen gegeben hat. Als daher jetzt auch das regierende Haus sich zum Christenthume bekehrte, war es leicht, das mit dem Christenthume besonders in Kiew bekannte Volk zu bekehren, welchem Beispiele auch andere Städte und Orte folgten.

c) Zu dem Zwecke haben ferner die nachbarlichen Beziehungen der Süd- und Westrussen zu den benachbarten damals schon christlichen Völkern beigetragen; deswegen sehen wir, dass der Süden und Westen Russlands schon das heilige Kreuz verehrt, während der Osten und Nordosten, der nur mit Heiden zusammenstosst, noch unter dem Joche des Heidenthums seufzt.

d) Nicht ohne Nutzen waren in dieser Beziehung die vielfachen ehelichen Verbindungen der russischen Fürsten mit den ausländischen christlichen Höfen; denn dadurch kamen die Russen in immer neue Berührungen mit den Christen, welche in jener glaubensstrengen Zeit gewiss die Ausbreitung des Christenthums sich angelegen sein liessen, und in Folge ihres mannigfaltigen

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