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Nach Anderen dagegen soll der heil. Apostel Paul der erste christliche Lehrer der Russen sein; und wieder Andere gelangen zu noch anderen Resultaten; und zwar meint der polnische Schriftsteller Matthäus Miechowita (Chron. rerum Polonorum, 1. 2, c. 1.), gestützt auf die besondere Verehrung, welche der Ap. Thaddäus bei den Russen hat, dieser Apostel sei der erste christliche Lehrer der Russen, und noch Andere schreiben dieses Verdienst dem Apostel Bartholomäus zu.

Wenn wir nun diese verschiedenen Angaben näher betrachten, so ergibt sich von selbst, dass sie historisch nicht erwiesen werden können.

Was erstlich die Andreas-Sage anbelangt - welche, nebenbei bemerkt, auf die obangeführte Stelle Nestor's zurückzuführen ist, weil das als zweite Quelle angeführte Antologion aus einer um mehrere Jahrhunderte späteren Zeit stammt was also die Andreas-Sage anbelangt, so streiten gegen ihre Glaubwürdigkeit äussere und innere Gründe. Es heisst nämlich in der Chronik Nestors, der Apostel Andreas habe in Sinope, also im Süden des Euxinischen Meeres im nördlichen Theile Paflagoniens, gepredigt, und habe sich sodann nach Korsuń - Chersonesus im Taurischen Chersones-begeben, und dort habe er erfahren, dass in der Nähe von dieser Stadt die Mündung des Dniepr (Borysthenes) gelegen ist, und er beschloss nach Rom zu reisen, und habe sich dahin, d. i. nach Rom, den Strom Dniepr hinauf begeben. Ohne nun näher darauf einzugehen, ob der Ap. Andreas wirklich in Sinope und Chersones gepredigt hat, und was ihn zu einer Romreise bewogen haben mochte, kann man bei diesem Berichte nicht die Verwunderung unterdrücken, wie der heil. Apostel Andreas auf dem Dniepr nach Rom gelangen wollte; denn wenn er wirklich die Absicht, nach Rom zu gehen, hatte, so war ihm ja, und der ganzen damaligen Welt der natürliche Land- oder Seeweg nach Rom ganz gewiss bekannt und er hätte den unbekannten, fast abenteuerlichen Weg am Borysthenes und durch den ganzen Nordwesten, Westen und Süden Europas zu dem angegebenen Zwecke nicht gewählt. Ferner ist hier der weitere Umstand bemerkenswerth, dass von einer Romreise des Ap. Andreas sonst kein anderer Schriftsteller des christlichen Alterthums erzählt. Ueber das Leben und Wirken des Apostels Andreas sind wohl nur sehr spärliche Nachrichten auf die Nachwelt gekommen, nach der

nicht ganz verlässlichen Notiz des Historikers Eusebius (hist. eccl. 1. III. c. 1) soll Ap. Andreas bei den Szythen das Evangelium verkündet haben, von dort sei er nach Achaja gekommen, wo er unter Aegeas, dem Proconsul von Achaja, zu Patras den Martertod erlitten hat, (Paulinus carmi. 24 und 25) und zwar, wie Petrus Chrysologus (serm. 133) augibt, soll er an einem Olivenbaume kreuzweise aufgehängt worden sein, weswegen auch ein Kreuz von der Form

Andreaskreuz genannt wird.) Nach Anderen (Sophronius) soll Apostel Andreas in Colchis das Evangelium gepredigt haben, was übrigens in der fraglichen Sache von keinem weiteren Belang ist, weil Colchis auch am Euxinischen Meere gelegen war. In allen diesen Angaben finden wir also von einem Aufenthalte des heil. Andreas in Rom keine Erwähnung; und was den Namen Szythien anbelangt, so muss man sich vor Augen halten, wie vage und unbestimmt dieser Name von den Alten gebraucht wurde; man braucht da nicht gleich an Russland zu denken, denn mit gleichem Recht kann man darunter sowol die unmittelbar im Norden und Nordosten des Pontus euxinus gelegenen Gegenden verstehen.

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Nicht besser verhält sich die Sache auch mit den anderen Angaben der genannten Ueberlieferungen. Das Anatologion berichtet nämlich: der Apostel Andreas sei nach Byzanz gekommen, habe dort, der erste, Christum gepredigt, Priester geweiht und den Bischof Stachis eingesetzt und sei dann nach Szythien vorgedrungen." Abgesehen nun von dem Umstande, dass hier die beiden obangeführten Quellen nicht übereinstimmen, indem die Eine den Apostel Andreas von Byzanz, die Andere von Synope aus nach Szythien kommen lässt, ist wichtiger der Umstand, dass es höchst wahrscheinlich ist, dass in Byzanz kein Apostel seinen Sitz aufgeschlagen hat, wie die gelehrten Bollandisten in der chronologischen Geschichte der Patriarchen von Konstantinopel (Acta SS. m. Augusto) nachweisen und demnach. fällt auch die diesbezügliche Angabe des Antologion.

Dadurch wäre nun der Aufenthalt des Apostel Andreas in Szythien, unter dem man hier Russland verstehen will, freilich

3) Vergl. J. A. Fabricii, salutaris lux evangelii, cap. 5. - Presbyterorum et diaconorum Achajae de martyrio s. Andreae Ap. epistola, ed. Carol. Christ. Woog, Lipsiae 1749.

noch nicht ausgeschlossen, wenn die Einzelnheiten der angeführten Angaben nicht zu viel Legendenhaftes in sich enthielten, so namentlich die Prophezeiung von der künftigen Grösse Kiews, die Erzählung vom Bischofstabe und anderes. Unmöglich sind wohl manche der darin angeführten Begebenheiten nicht, und wir können den Bedenken Strahl's+), als ob die Aufrichtung des Kreuzes damals etwas Unmögliches gewesen wäre, nicht beipflichten; denn wiewol es nicht wahrscheinlich ist, dass es schon zur Zeit der Apostel Sitte war, die Kreuze öffentlich aufzurichten, so ist auch das Gegentheil nicht bewiesen, und weil die Devise der Apostel lautete:, Wir predigen Christum den Gekreuzigten“, so ist man gar nicht berechtigt, die Angabe, dass Andreas das Kreuz aufgepflanzt hat, an und für sich eine Erdichtung zu nennen. Auch die Geschichte vom russischen Schwitzbade ist nicht so auffallend, wie sie dem Strahl vorkommt; denn wenn Andreas wirklich bis in jene Gegenden vorgedrungen wäre, so wäre es immerhin möglich, dass er nach seiner Rückkehr nach Rom von verschiedenen Sitten und Gebräuchen jener unbekannten Völkerschaften erzählt haben mag, wie dies auch heutzutage in den Berichten der Missionäre zu lesen ist, dass aber nur diese Sitte der heidnischen Szy then als besonders auffallend im Andenken der Zuhörer geblieben und auf die Nachwelt gekommen ist.

Ganz unwahrscheinlich ist aber die Angabe des Stufenbuches, dass der Apostel Andreas im Dorfe Drusina bei Nowhorod seinen Bischofsstab aufpflanzte an dem Orte, wo dann später die Kirche zum heil. Andreas erbaut worden ist; denn von bischöflichen Insignien kann in jenen alten Zeiten füglich keine Rede sein.

Aber einen anderen Umstand bietet die Ueberlieferung Nestor's dar, aus welchem man auf ihren späteren Ursprung, somit auf ihre Unechtheit schliessen muss, nämlich die Angabe, Andreas sei nach Rom zurückgekehrt. Nun wird nirgends berichtet, dass Andreas je in Rom gewesen wäre, es wird also hier Konstantinopel Nova Roma gemeint sein, und weil dieser Name bedeutend später aufgekommen ist, so ist es klar, dass auch die ganze Andreas-Sage bedeutend später entstanden ist, dass sie demnach unecht und unglaubwürdig ist.

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4) Strahl, Geschichte der russischen Kirche, Halle 1830, I. Theil,

S. 37 ff. nach Plator, Kirchengeschichte I., 12.

Dieser Ansicht scheint auch Nestor selbst gewesen sein, denn bei der geographischen Schilderung des slovenischen Ländergebietes sagt er unter Anderen: „Dniepr mündet in den Pontus euxinus, welchen man das russische Meer nennt, und in dessen Umgebung der heilige Andreas, Bruder des Petrus, gepredigt hat, wie man sagt." Auf einer anderen Stelle aber, nämlich zum Jahre 983, sagt er: „Wenn hier (in Russland) die Apostel auch nicht leiblich anwesend waren, so wiederhallen ihre Lehren wie Posaunen in den Kirchen des Erdkreises u. s. w." (pag. 49.) In der Biographie der heil. Borys und Hlib (Gleb) aber sagt er: „das russische Land stand noch im Heidenthume, (als Griechen und Römer schon an Christum glaubten). Von Niemandem hatte es das Wort von unserem Herrn Jesu Christo vernommen; die Apostel gingen nicht zu ihnen; (den Russen). Niemand hat ihnen das Wort Gottes gepredigt. Daraus erhellt nun, dass Nestor selbst die Ueberlieferung, nach welcher der Apostel Andreas der erste christliche Prediger der Russen sein soll, für unwahr hielt, und dass er sie eben nur deswegen in seine Chronik aufgenommen hatte, weil sie wahrscheinlich im Volksmunde lebte oder sich vielleicht irgendwo vorgemerkt befunden hat, was für ihn als Chronisten ein hinreichender Grund war, die Erzählung der Nachwelt zu überliefern. 5)

5) Ueber den Ursprung dieser Legende lassen sich nur sehr unsichere Hypothesen aufstellen. Vielleicht liesse sich aber die Sache folgendermassen erklären: Nach Eusebius (1. c.) hat der h. Andreas bei den Scythen gepredigt, nun sagt aber Nestor, nachdem er die Wohnsitze der slovenischen Volksstämme angeführt hat, Folgendes: „Als nun die slovenischen Volksstämme, wie wir erzählt haben, an der Donau lebten, kamen von Scythien, das ist von den Kosaren (Chasaren), die sogenannten Bulgaren, und siedelten sich an der Donau an, und bedrängten die Slovenen." (c. VIII.) Unter den Scythen des Eusebius, so wie der späteren Schriftsteller sind hier also nicht die Russen, sondern die Chasaren zu verstehen. Nun standen aber die Russen mit diesen Chasaren in vielfachen Beziehungen, wesswegen sie später auch russische Chasaren benannt wurden; von ihnen mag nun die Kunde über die apostolische Wirksamkeit des h. Andreas nach Russland gekommen sein, und die ausschmückende Sage liess ihn bis nach Kiew, ja bis nach Nowhorod vordring en, und diese Sage fand dann so einen Anklang, dass man den heil. Andreas allgemein für den ersten christlichen Prediger der Russen annahm, ja dass man später auch das sogenannte Andreaskreuz adoptirte, und aus dessen Zusammenstellung mit dem Kreuze Christi das sogenannte russische oder ruthenische Kreuz ( ) bildete, welches sich faktisch nur bei den Südrussen und Kleinrussen bis auf den heutigen Tag erhalten hat.

Wiewol sich also nicht beweisen lässt, dass der heil. Apostel Andreas in Kiew das Evangelium verkündet hat, so hat doch die diesbezügliche Ueberlieferung wenigstens einen anscheinenden Grund. Anders verhält sich die Sache mit den Nachrichten, nach welchen die Apostel Paulus, Thaddäus oder Bartholomäus den Russen das Evangelium verkündet haben sollen, alle diese Nachrichten sind völlig grundlos.

Die Lebensgeschichte des heil. Paulus ist kritisch genau erforscht und dargestellt, und es wird von Niemandem auch nur im Entferntesten angenommen, dass dieser Apostel in jenen Gegenden gepredigt hätte. Uebrigens beruht die diesbezügliche Angabe auf einer schlecht verstandenen Stelle des Kolosseerbriefes (ad Coloss. 3, 11.), so wie auf einer Verdrehung des Berichtes Nestor's zum Jahre 898, wo er erzählt, (c. XX.) dass der Slavenapostel Methodius, Nachfolger des Andronicus, die Kirchenbücher ins Slavische übersetzte, und dann hinzufügt: „Der Lehrer der Völker slavischer Zunge ist also der Apostel Andronicus, denn er ist bis Mähren vorgedrungen; und auch der Apostel Paulus hat hier gelehrt, denn hier (in Pannonien am Stuhle des heil. Andronicus, Eines von den 70 Schülern des Paulus) ist Illiricum, bis wohin der Apostel Paulus gekommen ist, denn hier wohnten früher die Slovenen. Demnach ist Paulus Lehrer der Völker slavischer Zunge, zu welchem Sprachstamme, auch wir, Russen, gehören; daher ist Paulus auch unser, der Russen, Lehrer, denn er war Lehrer der Völker slavischer Zunge und er hat für die slavischen Völker als Bischof und seinen Stellvertreter (Nachfolger) den Andronicus eingesetzt; und das slovenische Volk ist dasselbe wie das russische, denn von den Warägern erhielt es den Namen „Rus", früher aber hiess es Slovenen. Aus dieser Stelle Nestor's kann am besten beurtheilt werden, mit welchem Rechte man den Apostel Paulus Russenapostel nennen kann.

Noch mehr grundlos ist die Annahme, dass der Apostel Thaddäus bei den Russen das Evangelium verkündet hat. Von diesem Apostel ist nur bekannt, dass er bei den Syriern das Wort Gottes verkündete, und die Syrier verehren ihn als ihren ersten christlichen Lehrer (Hieron. Comment. in Math. c. 10.), es ist aber kein Anhaltspunkt, auf Grund dessen man ihn für einen Apostel der Russen halten könnte. Der Apostel Bartholomäus

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