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§. 2.

Schauplatz der nachmaligen russischen Kirchengeschichte und die ältesten Bewohner nach den Berichten der Griechen und Römer.

Das Ländergebiet, welches den Schauplatz der nachfolgenden Kirchengeschichte bildet, erstreckte sich auf der nördlichen Hälfte unserer Erdkugel, und grenzte im Osten an die Wolga, im Norden an die Küsten des Eismeeres, im Westen an das baltische Meer und bis an die Flüsse Niemen, Bug, dann an die Karpathen und im Süden an das schwarze Meer. Dieses ungeheuere Ländergebiet bildete zum grössten Theile eine unabsehbare, mit Wäldern und Sümpfen besäete, von grossen Strömen durchschnittene Ebene, welche im Süden den Ackerbau reichlich lohnte, im Norden und in anderen Gegenden zur Jagd und zur Fischerei einlud.

Welche Völkerschaften diese Gegenden in vorhistorischen Zeiten bewohnten, ist wohl nicht zu ermitteln, davon schweigt die Geschichte. Erst tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung treten einige südlichen Theile dieses Ländergebietes aus der tiefsten Finsterniss hervor, und die ersten mitunter auch fabelhaften Nachrichten über die Völkerschaften, die dort gewohnt haben, verdanken wir dem Herodot, Strabo, Plinius und anderen Schriftstellern des klassischen Alterthums. Wenn wir nun von den fabelhaften Sagen über die Hyperboreer, Androphagen, Melanchlänen, Thyssageten, Arimaspen und anderen absehen, so verdienen hier vorzüglich folgende Völkerschaften genannt zu werden:

1. Die Skythen, mit diesem Namen wahrscheinlich von den pontischen Griechen benannt, welcher Name früher vielleicht einem anderen Volke gehörig, von den Griechen ihnen gegeben wurde. Nach Herodot 2) waren die Skythen den Persern unter dem Namen Saken bekannt, selbst aber nannten sie sich Skoloten. Sie wohnten nach derselben Quelle im Osten vom kaspischen See, von wo sie aber durch die Massageten über den Araxes getrieben wurden, desswegen die Wolga überschritten und sich dann nach manchen Streifzügen zwischen der Donau und dem Don festsetzten, wo sie vom persischen Könige Darius ange

2) Herodot, IV. 20.

griffen wurden, der aber dabei fast sein ganzes Heer verloren hat. Die Skythen führten verschiedene Lebensweise, die Einen lebten als Nomaden, und ihre vorzüglichste Beschäftigung war, die Feinde zu überfallen und vor denselben zu entfliehen; Andere aber beschäftigten sich mit dem Ackerbau, und diese wohnten an den beiden Ufern des Dniepr und in Podolien. Die tapferste und zahlreichste Hoide derselben, die sog. Königlichen (чapственная горда = carstvennaja horda) unternahm fortwährend Streifzüge nach Osten bis zum Asovschen Meere, ja bis in die taurische Krim, wo sie viele Grausamkeiten und Räubereien verübten. Die Sitten der Sky then waren rauh und wild, ihr öfterer Verkehr mit den Griechen hat sie nicht zivilisirt, und sie hielten sich eifrig an die Sitten ihrer Väter, daher missglückte auch der Versuch des Philosophen Anacharsis, eines Schülers des atheniensischen Gesetzgebers Solon, welcher ihnen atheniensische Gesetze geben wollte, welcher, obgleich ihr Stammesgenosse, als Opfer seiner edlen That gefallen ist. Auf ihre grosse Zahl und Tapferkeit pochend, fürchteten sie keinen Feind, tranken das Blut ihrer erschlagenen Feinde, kleideten sich mit aus Menschenhaut verfertigten Kleidern und gebrauchten Menschenschädel als Trinkgefässe, ihren höchsten Gott aber verehrten sie in der Gestalt eines Schwertes. Doch ihre Macht nahte sich dem Untergange zu Philipps von Mazedonien Zeiten, welcher sie durch List besiegte, und so war die Macht der Skythen schon gebrochen. Fünfzig Jahre später (um 300 vor Chr.) hiess die Gegend zwischen der Donau und dem Dniester die Steppe der Geten, welche über die Skythen Oberhand gewannen und dieselben verdrängten, so dass bald auch ihr Name verschwand. Bei den späteren Schriftstellern werden mit diesem Namen andere Nationen fälschlich genannt. Es fehlt nun nicht an Schriftstellern, welche in den Skythen Vorfahren der Slaven überhaupt und der Russen im Besonderen sehen wollen 3), und den Namen der Skythen aus dem slovenischen „skytati sia“, d. i. nomadisiren, ableiten; allein diese Ansicht liess man nach näheren Unter

3) So z. B. S. Dolci, de illyr. 1. vet. Venet. 1754; Hartknoch, († 1789) leitet die Slovenen unmittelbar von den Skythen ab; Kleczewski, Sarmatia europ. Leopoli 1769; der Prälat Czajkowski, Roczniki tow. Warszawskiego t. XI. und andere bei Schaffarik, a. a. O. S 9.- 12.

suchungen fallen, und aus den Beschreibungen der Alten über den Körperbau, Sitten und Gewohnheiten der Skythen hält man dieselben für ein mongolisches Volk.*)

2. Die Sarmaten. Sie haben nach dem Berichte des Diodor von Sizilien 5) die Skythen von Osten überfallen und ihrer dortigen Herrschaft für immer ein Ende gemacht. Diese Sarmaten wohnten nach Herodots Bericht ) jenseits der Mäotis und des Tanais, doch waren sie den Alten sehr wenig bekannt; erst im Anfange der christlichen Zeitrechnung treten sie bestimmter auf, namentlich in der Zeit, als die Römer Thrazien und die Donaugegenden unterjochten und so Nachbarn der nördlichen Völker wurden. Seit der Zeit sprechen die römischen Geschichtschreiber ununterbrochen von den Sarmaten, welche zwischen dem Asovschen Meere und der Donau sassen, und in zwei Hauptstämme, Roxolanen nnd Jazygen zerfielen. Die Roxolanen wohnten nach Strabo) um 100 vor Chr. in den Ebenen zwischen dem Dniepr und Dor. als Nomaden, deren Fussvolk war nach Tacitus feig, die Reiterei aber unüberwindlich, und die Jazygen übersiedelten bald in das Land zwischen der Donau und der Theiss. 8) Diese Völkerschaften geriethen mit den römischen Kohorten in einen furchtbaren Krieg, aus welchem sie siegreich hervorgingen, und die Roxolanen verwüsteten Dacien, die Jazygen Moesien. Zu Mithridates Zeiten wurde ihre Macht gebrochen, aber sie bedrängten noch lange Zeit das römische Reich. Die Sarmaten werden von Einigen auch für Vorfahren der Slovenen, besonders der Russen, gehalten, und man will in dem Namen Roxolanen den Namen „Russ" finden, und den Namen Jazygen erklärt man aus dem slovenischen языкъ - jazyk Zunge, Sprache, und diese Ansicht wird von mehreren angesehenen Gelehrten vertreten.")

4) Strahl, a. a. O. I. 4. f.

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5) Diodor l. II. Hi (Sauromatae) multis post annis numero et viribus aucti, magnam Scythiae partem devastarunt, et omnibus, quos debellaverant, internecione sublatis, maximam regionis partem desolavere."

6) Herodot, IV. 21.

7) Strabo, VII.

8) Plinius, hist. natur. IV. 25.

9) So von Ph. Cluwer, Germania antiqua, Lugduni 1616, 1631,

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J. Ch. Jordan, de origine Slavorum, Vindobonae 1745; Dobner, monumenta hist. Boem, Pragae 1764 und andere.

3. Die Alanen erscheinen fast gleichzeitig mit den Jazygen und Roxolanen in der Krimm und im (späteren) südlichen Russland, aber von den Hunnen vertrieben, ziehen sie nach Westen bis nach Spanien, von wo sie sich nach Afrika begeben.

4. Die Gothen kamen von Norden, und schon im dritten Jahrhundert nach Ch. dehnte sich ihre Herrschaft vom baltischen bis zum schwarzen Meere aus, und ihrem mächtigem König Hermanrich gehorchte auch die Krimm und ein grosser Theil des nachmaligen Russland. Nach dem Berichte des gothischen Geschichtschreibers Jornandes 10) beherrschte Hermanrich auch die. Wenden,, eine mächtige Völkerschaft, die in drei Hauptstämme der Wenden, Anten und Slaven getheilt, seit unbekannter Zeit an der Weichsel und dem baltischen Meere, dem sie seinen Namen gab, wohnte, sich bis an die Donau und viele Theile des heutigen Russlands erstreckte und von vielen Gelehrten für das Stammvolk der Russen angesehen wird.

5. Die Hunnen kamen von Nordosten, überfielen um 377 nach Chr. die Alanen und Gothen, verwüsteten das nachmalige Russland und stürzten dann, nur Asche und Schutthaufen hinter sich lassend, das römische Reich, bis sie ihren Untergang fanden, sich noch einige Zeit, nach Jornandes Zeugniss, in den Gegenden zwischen dem Dniester und der Donau hielten, und dann spurlos verschwunden sind. In dieser Zeit war, wie Karamsin (I. 19.) bemerkt, das nachmalige Südrussland eine öde Wüste, wo wilde Horden im Vorbeigehen hausten und nur elende Ueberreste hinterliessen. Die Ostgothen zogen nach Pannonien, der Roxolanen wird nicht mehr erwähnt, sie zogen entweder mit den Hunnen, oder wurden unter dem römischen Imperator Marcianus nach Illiricum und nach anderen Provinzen des römischen Reiches übersiedelt, wo sie mit den Gothen verschmolzen sind und mit den Verluste ihrer Selbständigkeit auch ihren Namen verloren, denn vom Ende des 5. Jahrhunderts spricht die Geschichte nicht mehr von den Gothen. Ein Theil der Anten wohnte damals an

10) Jornandes, de rebus Geticis: Post Herulorum caedem idem Hermanricus in Venetas arma commovit, qui quamvis armis desperiti; sed numerositate pollentes, primo resistere conabantur.... Nam hi, ut initio expositionis, vel catalogo gentis dicere coepimus, ab una stirpe exorti tria nunc nomina reddidere, id est Veneti, Antes, Sclavi, qui quamvis nunc ubique desaeviunt, tamen tunc omnes Hermanrici imperiis serviere."

der Nordküste des schwarzen Meeres und gehorchte dem Winnitar, dem Nachfolger des Gothenkönigs Hermanrich, von welchem sie hart bedrückt wurden. Der Unterdrückten nahm sich der IIunnenkönig Balamber an, und sie waren dann den Hunnen unterthan. Bald nachher, wahrscheinlich im 4. Jahrhunderte kamen die Ungarn (Magyaren) von der Wolga und von den Uralgebirgen und plünderten nach dem Jahre 474 Mösien, Thrazien, ja ihre Streifzüge bedrohten auch Konstantinopel. So war also in den ersten fünf Jahrhunderten in den Gegenden, welche später das russische Reich bildeten, keine Ruhe, es war hier eine ununterbrochene Völkerwanderung.

§. 3.

Die Slovenen, Slaven.

Es gibt wohl wenige Gegenstände in der Geschichte, über welche man so viel geschrieben hätte und worüber so viele Meinungen bestehen würden, als über die Herkunft und die Abstammung der Slaven. Da meinen Einige, dass die Skythen, Andere, dass die Sarmaten wahre Slaven waren, wieder Andere leiten sie von den Heniochen in Kolchis, Andere von den Phöniziern oder Chaldäern, Diese von den Illyriern, Jene von den Indern ab, ja A. Frenzel (de orignie linguac Sorabicae, Budiss. 1693-6) hat die Vorfahren der Slaven in den alten Hebräern entdeckt; und noch Andere suchen sie in dem Gemisch von Völkern, die unter dem Namen der alten Thrazier, Mazedonier, Gothen, Daken, Sarmaten und Skythen in den Geschichtsbüchern vorkommen, und noch Andere glauben, dass die Slaven seit undenklichen Zeiten in der Gegend zwischen dem Dniepr und der Wolga wohnten. Ohne nun darauf näher einzugehen, führe ich nur an, seit wann ausländische Schriftsteller der Slaven gedenken, und dann was der einheimische Chronist Nestor, dem man in neuerer Zeit folgt, darüber erzählt:

Bei den ausländischen Historikern erscheinen die Slaven unter diesem Namen erst im 5. Jahrhunderte, und es bietet sich hier die interessante Erscheinung dar, dass ein Volk, von dem man unter diesem Namen nichts wusste, im 6. Jahrhunderte einen grossen Theil Europas zwischen dem baltischen Meere, der Elbe, der Theiss und dem schwarzen Meere einnimmt. Am Ende des 5. Jahrhunderts

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